Medizinrecht

Beschränkung gastronomischer Angebote wegen Corona

Aktenzeichen  25 NE 21.1647

Datum:
6.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18467
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
IfSG § 28 Abs. 1 S. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 6, § 32
BayIfSMV § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Die Beschränkung gastronomischer Angebote auf den Zeitraum zwischen 5.00 und 1.00 Uhr wegen der Corona-Pandemie beruht auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage, ist verhältnismäßig und mit Art. 12 GG und Art. 3 GG vereinbar.  (Rn. 18, 31 und 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Antragstellerin betreibt in Bayern eine Schankwirtschaft mit Außen- und Innengastronomie, die auch zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle anbietet. Sie beantragt sinngemäß, § 15 Abs. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 5. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 384) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 30. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 467), die mit Ablauf des 28. Juli 2021 außer Kraft tritt (§ 29 13. BayIfSMV), durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit darin gastronomische Angebote nur in der Zeit zwischen 5.00 Uhr und 1.00 Uhr zur Verfügung gestellt werden dürfen.
2. Die angegriffene Regelung hat folgenden Wortlaut:
㤠15 Gastronomie
(1) Gastronomische Angebote dürfen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen unter folgenden Voraussetzungen zur Verfügung gestellt werden:
1. Gastronomische Angebote dürfen nur zwischen 5 Uhr und 1 Uhr zur Verfügung gestellt werden. …“
3. Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihres Eilantrags im Wesentlichen vor, sie verfüge derzeit aufgrund der Einschränkungen durch die 13. BayIfSMV im Innenbereich über 50 Plätze. Grundsätzlich gelte die allgemeine Sperrzeit nach der Gaststättenverordnung zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr. Das Betriebskonzept sei vor allem auch auf den Fußballsport ausgerichtet. Es sei beabsichtigt, die Gäste wieder stärker an das Lokal zu binden. Die Verluste aufgrund der Einschränkungen, insbesondere der Betriebsschließungen, seien allein in diesem Jahr auf 100.000 € zu beziffern. Der Betrieb verfüge über ein ausreichendes Hygienemaßnahmenkonzept. Darüber hinaus habe die Antragstellerin die Empfehlungen der am 12. März 2021 von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) und des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern e.V. vorgestellten Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP umgesetzt. Sowohl im Landkreis Würzburg als auch in der Stadt Würzburg nehme das Infektionsgeschehen aktuell rapide ab. Das Robert-Koch-Institut (RKI) habe bislang an keiner Stelle auf eine mögliche erhöhte Infektions-Gefahrenquelle in Einrichtungen der Gastronomie hingewiesen; ebenso wenig die Gesundheitsämter des Antragsgegners. Infektionsfälle träten vielmehr in anderen Zusammenhängen vermehrt auf. Dementsprechend weise das „Covid-Control“-Konzept des RKI für gastronomische Betriebe nur ein moderates Infektionsrisiko auf. Auch in den täglichen Situationsberichten seien Gaststätten seit Sommer 2020 kontinuierlich an der untersten Schwelle der statistischen Nachweisbarkeit ausgewiesen. Es sei zu berücksichtigen, dass bei der Abklärung des Infektionsumfeldes eines Corona-Infizierten sich dieser mutmaßlich an Gaststättenbesuche werde erinnern können und dass in der Gastronomie eine lückenlose Meldepflicht bestehe.
In rechtlicher Hinsicht rügt die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die angegriffene Regelung halte sich nicht mehr im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage. Es sei nicht ersichtlich, dass die Aufrechterhaltung der Beschränkung gastronomischer Betriebszeiten zur Eindämmung des Infektionsgeschehens notwendig sei. Der Normgeber habe seinen Einschätzungs- und Regelungsspielraum überschritten. Die Begrenzung auf 1.00 Uhr könne nicht nachvollzogen werden, pandemiereduzierende Effekte seien nicht erkennbar. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig. Die Eignung sei nicht zuletzt deshalb fraglich, weil nicht ersichtlich sei, dass die Infektionsgefahr vor Sperrzeitbeginn anders einzuschätzen sei als danach. Jedenfalls sei der Eingriff angesichts rückläufiger Infektionszahlen nicht erforderlich. Das Infektionsumfeld sei als besonders gering einzustufen. Die Antragstellerin arbeite nach einem strikten Hygienekonzept. Als mildere Mittel kämen eine Begrenzung des Alkoholausschanks oder eine Erlaubnis, vollständig geimpfte oder genesene Personen uneingeschränkt zu bewirten, in Betracht. Allein die bessere Kontrollmöglichkeit könne nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden. Vielmehr ließen sich durch eine Erweiterung der Öffnungszeiten sogar Infektionsgefahren aufgrund unkontrollierter Feiern im Familien- und Freundeskreis eindämmen. Es verstoße zudem gegen den Gleichheitssatz, dass nicht zwischen ungeimpften Personen einerseits und geimpften oder genesenen Menschen andererseits differenziert werde. Dies sei sachlich nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus habe der Antragsgegner das Begründungsgebot verletzt. Schließlich gehe auch eine Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, weil ein Schaden für die Gesundheit der Allgemeinheit oder gar eine Überlastung des Gesundheitssystems derzeit nicht zu befürchten sei. Dem stehe ein schwerer und langandauernder Grundrechtseingriff mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die Antragstellerin gegenüber.
4. Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache gegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV hinsichtlich der Anordnung einer Sperrzeit von 1.00 Uhr bis 5.00 Uhr hat unter Anwendung des geltenden Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (1.) bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Aussichten auf Erfolg (2.). Auch eine Folgenabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus (3.).
1. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12).
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
2. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung nicht gegeben.
a) Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Beschränkung gastronomischer Angebote auf den Zeitraum zwischen 5.00 und 1.00 Uhr nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV mit § 32 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 13, § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 20 NE 20.2461 – juris Rn. 22 ff.). Eine weitergehende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
b) Einen formellen Verstoß gegen die Begründungspflicht aus § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG kann der Senat nicht erkennen. Diese Verpflichtung dient dazu, „die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen und damit insbesondere der Verfahrensrationalität wie auch der Legitimationssicherung. Sie gewährleistet als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (BT-Drs. 19/24334, 74). In der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen. Eine empirische und umfassende Erläuterung ist nicht geschuldet (vgl. BT-Drs. 19/24334 S. 74). Dem ist der Verordnungsgeber wohl hinreichend nachgekommen, indem er ausführte, dass vor dem Hintergrund der kontinuierlich sinkenden Anzahl der Neuinfektionen, dem Fortschreiten des Impfprogramms und der nunmehr flächendeckenden Verfügbarkeit von PCR-, POC-Antigentests und Selbsttests zwar weitere Öffnungsschritte unter strengen Auflagen vertretbar erscheinen, die Rücknahme von Maßnahmen aus infektionsschutzfachlicher Sicht insbesondere auch im Hinblick auf das Auftreten der besorgniserregenden Varianten (VOC) indes schrittweise und nicht zu schnell erfolgen sollte. Mit besonderer Besorgnis werde derzeit das Vorkommen der Virusvariante Delta beobachtet, die nach bisherigen Erkenntnissen nochmals eine deutlich höhere Übertragungsfähigkeit zu besitzen scheine und vermutlich auch häufiger zu Krankenhausaufenthalten führe. Der Anteil der VOC Delta werde weiterhin rasch ansteigen (vgl. Begründungen vom 30.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 468, vom 22.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 420, vom 5.6.2021, BayMBl. 2021 Nr. 385, vom 5.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 172, vom 24.2.2021, BayMBl 2021 Nr. 150, vom 12.2.2021, BayMBl. 2021 Nr. 113, vom 25.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 225 und vom 9.4.2021, BayMBl. 2021 Nr. 262). Einer genauen Begründung für die Festlegung des Sperrzeitbeginns auf 1.00 Uhr bedurfte es dagegen nicht. Eine Verpflichtung des Normgebers zu derart detaillierten Erläuterungen seiner Ermessensausübung ginge über die Darlegung der wesentlichen Gründe hinaus und würde die Anforderungen des § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG überspannen.
c) Die angegriffene Norm ist voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit der Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 13, Abs. 3, § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG im Einklang steht und sich bei summarischer Prüfung nicht als unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig erweist.
aa) Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Nr. 13, Abs. 3 IfSG liegen immer noch vor.
(1) Der Deutsche Bundestag hat die in § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vorgesehene Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Blick auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 erstmals am 25. März 2020 getroffen (BT-PlPr 19/154, 19169C). Er hat diese Feststellung seither auch nicht – wie in § 5 Abs. 1 IfSG vorgesehen – aufgehoben und diese Aufhebung im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht, sondern am 18. November 2020, am 4. März 2021 und zuletzt am 11. Juni 2021 den Fortbestand einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG jeweils für weitere drei Monate festgestellt (vgl. BT-Drs. 19/24387; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/27196; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/30398).
(2) Die Regelung ist auch zur Erreichung des Ziels, der Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu begegnen und Neuinfektionen vorzubeugen, geeignet. Durch die zeitliche Begrenzung werden die Kontaktmöglichkeiten in den Gastronomiebetrieben beschränkt und es wird verhindert, dass sich wechselnde Gäste oder Gästegruppen zu dieser Zeit in den Einrichtungen einfinden, vor allem auch in Innenräumen (vgl. OVG Saarl, B.v. 12.11.2020 – 2 B 327/20 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 26.10.2020 – 13 B 1581/20.NE – juris Rn. 54). Unter Berücksichtigung dessen, dass es bereits genügt, wenn das Ziel, durch Kontaktreduzierung einer Weiterverbreitung des Virus entgegen zu wirken, zumindest teilweise erreicht wird, ist von einer grundsätzlichen Geeignetheit der Maßnahme auszugehen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Situation nach Eintritt der Sperrzeit (um 1.00 Uhr) anders darstellt als zuvor. Die Regelung leistet jedenfalls im Zeitraum danach einen Beitrag zur Kontaktreduzierung (vgl. OVG NW, B.v. 26.10.2020 – 13 B 1581/20.NE – a.a.O.). Es ist auch nicht anzunehmen, dass eine mögliche Verlagerung von Kontakten nach Eintritt der Sperrstunde in gleichem Umfang und in gleicher Weise in den privaten Bereich erfolgt.
Der mit Studien und Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts, dessen Expertise der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht beimisst (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 – NJW 2020, 1427 – juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 16), begründete Vorhalt der Antragstellerin, die Infektionsgefahr in Gastronomiebetrieben sei äußerst gering, greift nicht durch. Eine aktuelle Einschätzung dazu, welchen Beitrag Gastronomiebetriebe genau zum Infektionsgeschehen leisten, hat sie nicht vorgelegt. Aussagen zur Beteiligung bestimmter Lebensbereiche (vgl. z.B. Epidemiologischen Bulletin“ 38/20 v. 17.9.2020, https://www…de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf? blob=publicationFile; Intensivstufenkonzept „Control Covid“ des RKI vom 18.2.2021 und vom 1.6.2021, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Stufenplan.pdf? blob=publicationFile) sind zudem vor dem Hintergrund zu sehen, dass es sich bis vor kurzem in den meisten Kreisen noch um ein diffuses Geschehen handelte, so dass oft keine konkrete Infektionsquelle ermittelt werden konnte (vgl. RKI, Risikobewertung vom 15.6.2021; Lagebericht vom 12.3.2021, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Maerz_2021/2021-03-12-de.pdf? blob=publicationFile). Zwar mag es zutreffen, dass sich aufgrund der sinkenden Fallzahlen wieder mehr Infektionsketten nachvollziehen lassen (vgl. RKI, Risikobewertung vom 25.6.2021 https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) und dass sich infizierte Personen bei der Befragung durch die Gesundheitsämter an Besuche in Gastronomiebetrieben in den vergangenen Tagen erinnern dürften, ob damit aber regelmäßig ein wesentlicher Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Ansteckungsquelle verbunden sein wird, erscheint fraglich. Vielmehr ist zu erwarten, dass weiterhin eine Vielzahl von Infektionswegen nicht nachverfolgt werden kann. Hinzu kommt, dass Gastronomiebetriebe von November 2020 bis Juni 2021 in Bayern (aber auch in anderen Ländern) weitgehenden Beschränkungen unterlagen. Daher dürften Vergleiche mit anderen Infektionsorten in diesem Zeitraum nur von beschränkter Aussagekraft sein. Es steht aber außer Zweifel, dass vor allem Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen ohne durchgehende Maskenpflicht, aber mit einer Vielzahl regelmäßig einander unbekannter Personen und längerer Verweildauer ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringen und die Gefahr eines Eintrags der Infektion in das weitere berufliche und private Umfeld dieser Personen in sich bergen (vgl. OVG Saarl, B.v. 12.11.2020 – 2 B 327/20 – juris Rn. 17). Bei der Übertragung des SARS-CoV-2-Virus spielen nämlich Kontakte in Risikosituationen und deren Art und Dauer (wie z.B. Face-to-face-Kontakt, Dauer von Gesprächen und aerosolerzeugende Tätigkeiten) eine besondere Rolle. Die Aerosolausscheidung steigt bei lautem Sprechen, Singen oder Lachen stark an, wobei vor allem in Innenräumen erhöhte Risiken bestehen (vgl. RKI, Risikobewertung vom 25.6.2021 https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html).
(3) Die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose, dass die Beschränkung der Zeiten, in denen gastronomische Leistungen erbracht werden dürfen (in Ausnahme von den allgemeinen Regelungen in §§ 7 und 8 der Bayerischen Gaststättenverordnung – BayGastV mit einer regelmäßigen Sperrstunde von 5.00 bis 6.00 Uhr), weiterhin eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinn des § 28a Abs. 1 Nr. 13, Abs. 3 IfSG darstellt, ist gegenwärtig nicht zu beanstanden; die angegriffene Regelung wird vor allem den besonderen Anforderungen nach § 28a Abs. 3 Satz 11 IfSG gerecht, wonach auch nach Unterschreitung eines in den Sätzen 5 und 6 genannten Schwellenwertes die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen aufrechterhalten werden können, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich ist.
(a) Nach der aktuellen Risikobewertung des RKI (v. 25.6.2021, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) wird die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt insbesondere aufgrund der Verbreitung einiger besorgniserregender SARS-CoV-2 Varianten sowie der noch nicht ausreichend hohen Impfquote weiterhin als hoch eingeschätzt (vgl. auch den aktuellen täglichen Situationsbericht v. 2.7.2021, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jun_2021/2021-06-30-de.pdf? blob=publicationFile). Nach einem Anstieg der Fälle im ersten Quartal 2021 gehen die 7-Tage-Inzidenzen und Fallzahlen sowohl im Bundesgebiet als auch in Bayern seit Ende April deutlich zurück; die landesweite 7-Tage-Inzidenz liegt in Bayern aktuell bei 5,6 (Stand: 5.7.2021; https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page_0/). Der 7-Tage-R-Wert liegt um 1. Der Rückgang betrifft alle Altersgruppen, wobei die Inzidenz in der Altersgruppe der Jugendlichen von 15 bis 19 Jahren und jungen Erwachsenen von 20 bis 34 Jahren, die einen erheblichen Anteil der Zielgruppe nächtlicher Gastronomieangebote (nach 1.00 Uhr) bilden dürften, längerfristig betrachtet erheblich über dem Durchschnitt liegt (https://www…de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/#inzidenz_alter). Auch die COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen sind seit Ende April wieder rückläufig. Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen aber inzwischen zunehmend Menschen unter 60 Jahren, wobei die Therapie schwerer Krankheitsverläufe komplex ist und sich erst wenige Therapieansätze in klinischen Studien als wirksam erwiesen haben (RKI, Risikobewertung v. 25.6.2021, a.a.O.). In Bayern haben bis zum 2. Juli 2021 rund 53,3% der Bevölkerung eine Erstimpfung und 37,5% den vollständigen Impfschutz erhalten, wobei letztere Quote in der Altersgruppe der 18-59 Jährigen bei 35,1% liegt (Impfmonitoring des RKI, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/ Impfquoten-Tab.html). Damit liegt die Impfquote noch deutlich von einer sog. Herdenimmunität entfernt (mehr als 80% vollständig Geimpfte, vgl. https://www…de/nachrichten/politik/corona-rki-geimpfte-spahn-100.html).
Nach § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG sind bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen aber auch absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen. Die Dynamik der Verbreitung einiger Varianten von SARS-CoV-2 (aktuell B.1.1.7 (Alpha), B.1.351 (Beta), P.1 (Gamma) und B.1.617.2 (Delta)), die als besorgniserregende Varianten bezeichnet werden, wird in Deutschland systematisch analysiert. Die Variante Delta wird inzwischen in 37% der Stichproben nachgewiesen, ihr Anteil stieg in den letzten Wochen stark an und es ist damit zu rechnen, dass sie sich gegenüber den anderen Varianten durchsetzen und bereits ab der KW 26 mindestens die Hälfte aller Neuinfektionen ausmachen werde (vgl. hierzu den 16. Bericht des RKI zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland v. 30.6.2021, https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/DESH/Bericht_VOC_2021-06-30.pdf? blob=publicationFile; RKI, Risikobewertung v. 25.6.2021, a.a.O.). Erste vorläufige Ergebnisse deuten laut RKI darauf hin, dass derzeitige Impfungen etwas besser vor einer Infektion mit B.1.1.7 als einer mit B.1.617.2 schützen, wobei nach vollständiger Impfung bei Infektionen mit B.1.617.2 ein hoher Schutz gegen schwere Verläufe besteht. Es liegen aber auch Daten vor, die auf eine erhöhte Übertragbarkeit der Varianten und potenziell schwerere Krankheitsverläufe hinweisen. Demzufolge kann die Verbreitung neuer Varianten zu einer schnellen Zunahme der Fallzahlen und der Verschlechterung der Lage beitragen, solange keine hinreichende Impfquote erreicht ist. Dies hat sich etwa bei der Ausbreitung der Delta-Mutation seit Mai 2021 in England gezeigt, wo zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 30% der Bevölkerung den vollständigen Impfschutz erhalten hatten und wo der Anteil der Delta-Variante an den Gesamtinfektionen rund 90% beträgt. Dort ist die 7-Tage-Inzidenz nunmehr erneut auf einen Stand von weit mehr als 200 (Stand 5.7.2021 vgl. https://www…de/weltweit/vereinigtes%20k%C3%B6nigreich/; https://www…de/politik/corona-in-grossbritannien-england-aufhebung-der-maskenpflicht-steigende-inzidenz-news-90840677.html) angestiegen (bei einer Quote vollständig geimpfter Personen von nunmehr über 40%), wobei auch die Zahl der Hospitalisierungen wieder zugenommen hat und wegen der Priorisierung älterer Bevölkerungsgruppen bei der Impfung vor allem Personen unter 50 Jahren betroffen sind. Das RKI empfiehlt daher auch in der derzeitigen Lage niedriger Inzidenzen, die Abstands- und Hygienemaßnahmen beizubehalten und insbesondere in geschlossenen Räumen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, bis alle, für die ein Impfschutz zugelassen ist, ein Impfangebot erhalten konnten (RKI, Pressekonferenz am 18.6.2021, abrufbar unter https://www…com/watch?v=guPlPAMVmgk). Nach seiner Beurteilung unterstreicht die – gemäß Einschätzung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) leichter von Mensch zu Mensch übertragbare – Delta-Variante die Notwendigkeit einer konsequenten Einhaltung der kontaktreduzierenden Maßnahmen. Das RKI betont daher, dass die Rücknahme von Schutzmaßnahmen aus epidemiologischer Sicht unbedingt schrittweise und nicht zu schnell erfolgen sollte (RKI, Risikobewertung v. 25.6.2021, a.a.O.).
(b) Vor diesem Hintergrund, namentlich der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten und des insbesondere in der Gruppe der jungen Erwachsenen mit Vorerkrankungen noch nicht hinreichenden Impffortschritts, spricht aus ex-ante-Sicht vieles dafür, dass die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV auch bei der derzeit niedrigen landesweiten Inzidenz eine weiterhin notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinn des § 28a Abs. 1 Nr. 13, Abs. 3 Satz 7 IfSG darstellt, die den besonderen Anforderungen nach § 28a Abs. 3 Satz 11 IfSG (noch) gerecht wird. Die Ausdehnung gastronomischer Angebote, vor allem in Innenräumen, geht epidemiologisch mit einer gesteigerten Gefahrensituation einher. Die Sperrzeitregelung soll dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Gästen zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung in der Bevölkerung insgesamt (bis zu einer hinreichenden Immunisierung der Bevölkerung durch Impfung) einzudämmen. Damit wiederum soll die mit einer unkontrollierten Infektionsausbreitung einhergehende Gefahr einer Erkrankung vieler Menschen mit teilweise schwerwiegenden und tödlichen Krankheitsverläufen vermieden werden. Angesichts der Risikobewertung des RKI lässt weder der Umstand, dass gegenwärtig Intensivbetten in einem erheblichen Umfang frei sind, noch der Hinweis darauf, dass sich bisher die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems in Deutschland und damit auch in Bayern nicht realisiert hat, auf eine Verminderung oder gar einen Wegfall der Gefährdungssituation schließen (vgl. OVG NW, B.v. 20.8.2020 – 13 B 1197/20.NE – juris Rn 47; B.v. 27.8.2020 – 13 B 1220/20.NE – juris). Davon, dass das Ziel, die Verbreitung der Pandemie (in Bayern) zu verhindern, bereits erreicht sei, kann unter den dargestellten Gesichtspunkten (Anstieg des Anteils an besorgniserregenden Virusvarianten und noch nicht ausreichend hohe Impfquote) derzeit nicht die Rede sein.
Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass in Gaststätten auf Grund der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus vor allem über Aerosole ein nicht unbeachtliches Ansteckungsrisiko gegeben ist. Die Menge an ausgestoßenem Aerosol nimmt vor allem beim lauten Sprechen erheblich zu (vgl. RKI, Risikobewertung v. 25.6.2021, a.a.O.). Das Ansteckungsrisiko für Gäste, die sich (weitgehend) ohne Maske und unter regelmäßiger Unterschreitung des Mindestabstandes auch in Innenräumen aufhalten dürfen, wächst zudem mit der Dauer des Aufenthalts. Bei herkömmlichen Speiselokalen dürfte die Aufenthaltsdauer im Regelfall begrenzt sein. Sie sind typischerweise darauf ausgerichtet, Gäste nur während des Essens zu bewirten, die sich zudem im Wesentlichen am eigenen Tisch aufhalten und in Tischlautstärke unterhalten. Der Besuch einer Speisegaststätte dehnt sich zumeist auch nicht bis in die Nachtstunden aus. Demgegenüber dürfte eine Bewirtung zwischen 1.00 Uhr und 5.00 Uhr, wie sie die Antragstellerin etwa im Zusammenhang mit der Übertragung von Sportereignissen wie Fußballspielen in ihrer Schankwirtschaft (mit Speiseangebot) anstrebt, weniger vom Verzehr von Speisen geprägt sein, sondern überwiegend vom Konsum alkoholischer Getränke und dem geselligen Verweilen (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 14.7.2020 – 20 NE 20.1572 – juris Rn. 31), bis hin zu gemeinsamen Feiern. Dabei ist bei lebensnaher Betrachtung zu erwarten, dass sich die Besucher vielfach näher kommen sowie häufiger auch jenseits von festen Gästegruppen und in erhöhter Lautstärke kommunizieren, wodurch sich typischerweise die Gefahr einer Übertragung von SARS-CoV-2 durch Tröpfchen und Aerosole wesentlich erhöht. Durch gruppendynamische Prozesse, in vielen Fällen aber auch durch Alkoholisierung, können Gäste auch enthemmt sowie ggf. in ihrer Urteilsfähigkeit beeinträchtigt und dadurch eher geneigt sein, Abstands- und Hygieneregeln zu missachten. Diese Einschätzung wird typischerweise umso stärker zutreffen, je später es ist. Erschwerend kommt hinzu, dass von der Sperrzeit nach 1.00 Uhr in erster Linie gastronomische Angebote in Innenräumen betroffen sein dürften, die ohnehin erhöhte Infektionsrisiken aufweisen. Freischankflächen unterliegen dagegen vielerorts ohnehin zeitlichen Einschränkungen, beispielsweise durch örtliche Sperrzeitregelungen. So geht etwa der Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern e. V. in einem Positionspapier davon aus, dass für die Außengastronomie zwar an sich ebenfalls die allgemeinen Sperrzeiten (nach § 7 Abs. 1 BayGastV von 5.00 bis 6.00 Uhr) gelten, dass diese aber „im Vorhinein durch kommunalrechtliche Bestimmungen in Verbindung mit immissionsschutzrechtlichen Bundesvorschriften eingeschränkt und in der Regel auf 22.00 Uhr festgelegt“ werden (https://www…de/aktuelles/positionen/oeffnungszeiten-aussengastronomie/).
Der Einwand der Antragstellerin, ihre Belüftungs- und Hygienekonzepte könnten in ausreichender Weise zu einer Reduzierung von Ansteckungen mit SARS-CoV-2 beitragen, greift nicht durch. Die Erforderlichkeit wäre nur dann zu verneinen, wenn nach den bekannten Tatsachen eine alternative Schutzmaßnahme die gleiche Wirksamkeit verspricht, indessen die Betroffenen weniger belastet (vgl. BVerfG, B.v. 18.12.1968 – 1 BvL 5,14/64 u.a. – BVerfGE 25, 1/12, 19 f.; B.v. 29.9.2010 – 1 BvR 1789/10 – juris Rn. 21). Dies ist nicht der Fall. In der derzeitigen pandemischen Situation mit einem starken Anstieg der besorgniserregenden Delta-Variante begegnet die Entscheidung des Verordnungsgebers, über die erforderlichen Hygienekonzepte hinaus den Betrieb von gastronomischen Angeboten zeitlich zu beschränken und damit (auch) physische Kontakte in Lokalen zu bestimmten Nachtzeiten gänzlich zu unterbinden, derzeit (noch) keinen durchgreifenden Bedenken. So betont das RKI bei der Frage, ob Lüftungs- und Luftreinigungsanlagen andere Maßnahmen ersetzen können, dass selbst eine effiziente Abreicherung (Reduzierung) von Aerosolen in der Raumluft das Risiko einer Übertragung im Nahfeld, etwa bei face-to-face Kontakt, bei einem Abstand von weniger als 1,5 m nicht effektiv verringern kann; Ansteckungen sind insofern selbst im Freien möglich. Darüber hinaus sind einige wichtige Fragen noch ungelöst, wie etwa die tatsächliche Wirksamkeit im gesamten Raum (vgl. RKI, FAQ „Können Luftreinigungsgeräte bzw. mobile Luftdesinfektionsgeräte andere Hygienemaßnahmen ersetzen?“, abrufbar unter https://www…de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html). Auch ein Verbot, alkoholische Getränke im Zeitraum von 1.00 bis 5.00 Uhr auszuschenken, würde bei lebensnaher Betrachtung kein gleich geeignetes milderes Mittel darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2020 – 20 NE 20.1572 – juris Rn. 33; OVG NW, B.v. 8.7.2020 – 13 B 870/20.NE – juris Rn. 53). Ungeachtet der Vollzugsprobleme wäre davon auszugehen, dass eine erhebliche Anzahl von Gästen zum maßgeblichen Zeitpunkt (1.00 Uhr) bereits alkoholisiert sein dürfte.
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin kommt als milderes Mittel auch die Zulassung gastronomischer Leistungen nach 1.00 Uhr nur für asymptomatische Personen mit einem Impf- oder Genesenennachweis nicht in Betracht. Die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften ließe sich von den dafür verantwortlichen Inhabern nur schwer kontrollieren, wenn es dabei maßgebend auf den Status als Geimpfter oder Genesener ankäme (vgl. die Begründung zur COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung, BR-Drs. 347/21 S. 7). Schon diese Praktikabilitätserwägungen dürften angesichts der dem Normgeber bei Massenerscheinungen zustehenden Befugnis zum Erlass generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen (vgl. VerfGH vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 39 m.w.N.) ausreichen, um die Einbeziehung der Geimpften und Genesenen als ein zur Erreichung des Normzwecks erforderliches Mittel anzusehen (VerfGH, B.v. 28.6.2021 – Vf. 73-VII-20 – juris Rn. 22).
Schließlich kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs berufen, in der die Erforderlichkeit einer früheren Sperrstundenregelung verneint wurde (B.v. 19.6.2020 – 20 NE 20.1127 – BayVBl 2020, 636 = juris; vgl. demgegenüber BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 20 NE 20.2360 – juris). Gegenstand des Verfahrens war nämlich die Begrenzung der Abgabe von Speisen und Getränken im Zeitraum zwischen 6 und 22 Uhr und damit eine erheblich längere Sperrzeit von 8 Stunden statt 4 Stunden (ggf. unter Einrechnung der Sperrstunde nach § 7 Abs. 1 BayGastV 5 Stunden). Zudem war zum damaligen Zeitpunkt noch keine Verbreitung besorgniserregender Varianten festzustellen.
bb) Die angegriffene Verbotsregelung trägt nach summarischer Prüfung auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinn Rechnung. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht übermäßig belastend. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit (noch) gewahrt ist (vgl. dazu BVerfG, B.v. 18.7.2005 – 2 BvF 2/01 – BVerfGE 113, 167/260).
Die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV steht in einem angemessenen Verhältnis zu den grundrechtlich geschützten Belangen der Betroffenen. Das zeitlich begrenzte nächtliche Verbot, gastronomische Angebote zu erbringen, dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter. Ziel ist es, in Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der weiteren Ausbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus entgegenzuwirken (vgl. VerfGH, E.v. 14.9.2020 – Vf. 70-IVa-20 – juris Rn. 24). Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf Umsatzeinbußen. Der auf den Zeitraum der 4 Nachtstunden zwischen 1.00 Uhr und 5.00 Uhr, entfallende Umsatz im Speisenangebot – also dem Bereich, der eine Öffnung vorliegend erst bedingt – dürfte dabei eher gering sein. Auch insgesamt erscheinen die Einbußen nicht unzumutbar, selbst vor dem Hintergrund der bisherigen Belastungen für Gastronomiebetriebe, die aber durch staatliche Leistungen zumindest abgemildert wurden.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin in Bezug genommenen als „ControlCovid“ betitelten „Intensitäts-Stufenkonzept“ des RKI vom 18. Februar 2021 (Stand 1.6.2021), ausweislich dessen zwar bei Gastronomie ein „moderates“, bei Bars und Clubs aber ein „moderates bis hohes“ Infektionsrisiko besteht. Eine Unangemessenheit aufgrund einer geringen Gefährdung ist vielmehr aus den oben genannten Gründen zu verneinen. Angesichts des Zwecks, einer durch eine schnelle Ausbreitung ansteckenderer Mutationen möglicherweise drohenden erneuten Beschleunigung des Infektionsgeschehens, einer Zunahme schwerer, auch tödlicher Krankheitsverläufe bei Menschen, die bislang noch nicht vollständig geimpft werden konnten, und letztlich einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken, sowie im Hinblick auf den hohen Rang der betroffenen Schutzgüter und der weiterhin als hoch einzuschätzenden Gefährdung überwiegen die Gemeinwohlbelange im Verhältnis zu den Beeinträchtigungen für die Betroffenen. Gegen die Angemessenheit der Regelung bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
cc) Eine sachlich nicht gerechtfertigte oder gar willkürliche Ungleichhandlung ist nicht ersichtlich.
Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Normgeber nicht jede Differenzierung; solche bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (BVerfG, B.v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18 u.a. – NJW 2019, 3054 – juris Rn. 94; B.v. 7.2.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240 – juris Rn. 40 ff.).
Dass die Antragstellerin ein Schutz- und Hygienekonzept vorgelegt hat, das bei strikter Einhaltung vielen der potenziell infektionserhöhenden Faktoren begegnet, ändert daran – wie bereits ausgeführt – nichts. Der Normgeber darf besonders bei Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen; Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (VerfGH, E.v. 3.7.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 19; E.v. 15.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 12; E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u.a. – NJW 2014, 3215 – juris Rn. 103). Deshalb ist die Annahme des Verordnungsgebers, beim Aufenthalt in einer Gaststätte in den hier maßgeblichen Nachtstunden komme es bei typisierender Betrachtung zu engeren, aus Gründen des Infektionsschutzes riskanteren und deshalb eher zu unterbindenden Kontakten, nicht von der Hand zu weisen.
Auch die Einbeziehung Geimpfter begegnet aus den oben genannten Gründen keinen durchgreifenden Bedenken. Sportgroßveranstaltungen unter freiem Himmel und Versammlungen, auf die sich die Antragstellerin beruft, betreffen andere Lebenssachverhalte, was die Gefährdungen und die geschützten Rechtsgüter betrifft. Es fehlt daher an der Vergleichbarkeit zu nächtlichen Sperrzeiten für Gastronomiebetriebe.
3. Die Folgenabwägung ergibt, dass die Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung nicht dringend geboten ist.
Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte ein Normenkontrollantrag Erfolg, wäre die Beschränkung der Öffnungszeiten für Gastronomiebetriebe zu Unrecht erfolgt. Durch den weiteren Vollzug der angegriffenen Regelung käme es zu einem teilweise irreversiblen Eingriff insbesondere in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit mit nachteiligen wirtschaftlichen Folgen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin nach eigenen Angaben erhebliche Einnahmeausfälle durch die bisherigen Einschränkungen entstanden sind. Erginge die beantragte einstweilige Anordnung und bliebe ein Normenkontrollantrag erfolglos, hätte die einstweilige Außervollzugsetzung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV zur Folge, dass mit vermehrten Infektionen mit SARS-CoV-2 zu rechnen wäre. Bei der Beurteilung und Abwägung dieser Umstände müssen die beeinträchtigten Interessen, die insbesondere wirtschaftlicher Art sind, weiterhin zurücktreten. Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben, vor denen zu schützen der Staat nach dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG verpflichtet ist (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2020 – 1 BvR 899/20 – juris Rn. 13), sind sie derzeit noch nachrangig. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die wirtschaftlichen Folgen durch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen etwas abgemildert werden können.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 28. Juli 2021 außer Kraft tritt (§ 29 13. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht angebracht ist.
C.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben