Medizinrecht

Betriebsuntersagung von Spielhallen wegen Corona-Pandemie

Aktenzeichen  20 NE 20.2484

Datum:
30.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33421
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
IfSG § 28, § 28a, § 32
8. BayIfSMV § 11 Abs. 6

 

Leitsatz

1. Die Anwendnung von § 28a IfSG auf die 8. BayIfSMV wirft zahlreiche Rechtsfragen auf, die einer Klärung im Eilverfahren nicht zugänglich sind;  die Erfolgsaussicht eines gegen die 8. BayIfSMV gerichteten Normenkontrollverfahrens erscheint vor dem Hintergrund dieser Rechtsfragen offen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die befristete Untersafung von Spielhallen nach § 11 Abs. 6 der 8. BayIfSMV erscheint bei summarischer Prüfung nicht offensichtlich unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1. Mit ihrem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO begehrt die Antragstellerin sinngemäß, den Vollzug von § 11 Abs. 6 der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. Oktober 2020 (2126-1-12-G, BayMBl. Nr. 616, im Folgenden: 8. BayIfSMV) einstweilen auszusetzen, soweit dieser die Schließung von Spielhallen anordnet.
2. Der Antragsgegner hat am 30. Oktober 2020 durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die streitgegenständliche Verordnung erlassen, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
㤠11
Freizeiteinrichtungen (…)
(6) Bordellbetriebe, Prostitutionsstätten, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Clubs, Diskotheken, sonstige Vergnügungsstätten und vergleichbare Freizeiteinrichtungen sind geschlossen.“
Die 8. BayIfSMV ist seit dem 2. November 2020 in Kraft und tritt mit Ablauf des 30. November 2020 außer Kraft (§ 28 Satz 1 8. BayIfSMV).
3. Die Antragstellerin, die in Bayern mehrere Spielhallen betreibt, trägt zur Begründung ihres mit Schriftsatz vom 2. November 2020 gestellten Eilantrags vor, die angegriffene Vorschrift sei ein nicht von einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage gedeckter und nicht hinreichend gerechtfertigter Eingriff in ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Insbesondere sei die Betriebsuntersagung nicht erforderlich zur Eindämmung des Infektionsgeschehens, da dem Verordnungsgeber mildere und gleich effektive Mittel zur Verfügung ständen. Dem Spielhallenbetrieb sei kein nennenswerter Anteil am Infektionsgeschehen nachgewiesen worden, auch weil in den Spielhallen keine infektiologisch kritischen Situationen entstünden. Insofern seien die bereits getroffenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen ausreichend. Schließlich sei auch die Gefahr zu berücksichtigen, dass sich die Kunden illegalen und damit nicht regulierten Glücksspielangeboten im Internet zuwendeten. Weiter handele es sich um eine nicht sachlich gerechtfertigte Gleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG, weil insbesondere die Betriebe des Groß- und Einzelhandels sowie Friseurbetriebe weiterhin geöffnet bleiben dürften. Auch die angekündigten außerordentlichen Wirtschaftshilfen führten nicht zur Zumutbarkeit der Grundrechtseingriffe. Selbst wenn ein finanzieller Ausgleich überhaupt geeignet wäre, die Verhältnismäßigkeit ansonsten unzumutbarer Grundrechtseingriffe herzustellen, sei derzeit noch überhaupt nicht absehbar, wann die angekündigten Hilfen gewährt werden könnten und ob die Antragstellerin hiervon profitieren werde.
4. Der Antragsgegner tritt dem Eilantrag entgegen. Die angegriffene Norm sei von Ermächtigungsgrundlage in § 28 IfSG umfasst. Ein Verstoß gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz oder den Parlamentsvorbehalt liege nicht vor.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache gegen § 3 Abs. 1, § 4, § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 und § 24 Abs. 1 8. BayIfSMV sind unter Anwendung des Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (1.) bei der nur möglichen summarischen Prüfung als offen anzusehen (2.). Eine Folgenabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus (3.).
1. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn – wie hier – die in der Hauptsache angegriffenen Normen in quantitativer und qualitativer Hinsicht erhebliche Grundrechtseingriffe enthalten oder begründen, sodass sich das Normenkontrollverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweisen dürfte.
Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12).
2. Nach diesen Maßstäben geht der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsache offen sind.
a) Der Senat hat inzwischen mehrere Eilanträge auf vorläufige Außervollzugsetzung von Bestimmungen der 8. BayIfSMV im Rahmen von Folgenabwägungen abgelehnt (vgl. B.v. 5.11.2020 – 20 NE 20.2468 – juris; B.v. 6.11.2020 – 20 NE 20.2466; B.v. 11.11.2020 – 20 NE 20.2485 – juris; B.v. 12.11.2020 – 20 NE 20.2463 – juris). Dabei ist er durchweg von offenen Erfolgsaussichten in den Hauptsachen ausgegangen. Auf diese Entscheidungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend Bezug genommen.
An der Rechtsauffassung offener Erfolgsaussichten hält der Senat auch nach Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl I S. 2392) fest. Zwar ergänzen § 28a Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 14 IfSG etwa für Betriebsschließungen Regelbeispiele für notwendige Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Die Anwendung von § 28a IfSG auf die 8. BayIfSMV wirft aber zahlreiche Rechtsfragen auf, die einer Klärung im Rahmen des Eilverfahrens nicht zugänglich sind.
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20 – juris) und der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH, E.v. 16.11.2020 – Vf. 90-VII-20 – BeckRS 2020, 31088) haben Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen gegen Betriebsschließungen nach der 8. BayIfSMV im Rahmen von Folgenabwägungen abgelehnt.
b) Die Antragstellerin hat keine Gründe vorgetragen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten. Vor dem Hintergrund des Ziels des Verordnungsgebers, nicht nur besonders „infektionsgefährliche“ oder nicht schlechthin (lebens-)notwendige Kontakte zu verhindern, sondern eine nur auf bestimmte Lebensbereiche und Wirtschaftszweige begrenzte Kontaktreduzierung unter ausdrücklicher Tolerierung von Kontakten in anderen Situationen zu erreichen, erscheint die befristete Untersagung von Spielhallen nach § 11 Abs. 6 8. BayIfSMV bei summarischer Prüfung nicht offensichtlich unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig.
aa) Die Untersagung des Betriebs von Spielhallen dürfte grundsätzlich geeignet sein, die Reduzierung von Kontakten und damit einer Vermeidung möglicher Ansteckungen zu fördern. Sie trägt – als Teil des Maßnahmenbündels, mit dem der Verordnungsgeber dem Anstieg der Infektionszahlen begegnet – dazu bei, dass persönliche Begegnungen reduziert und das Infektionsgeschehen verlangsamt wird.
bb) Die Maßnahme erweist sich voraussichtlich als erforderlich, weil sich bei prognostischer Beurteilung kein gleich wirksames, die Normbetroffenen weniger belastendes milderes Mittel zeigt. Zwar können auch Hygienekonzepte zu einer Reduzierung von Ansteckungen mit SARS-CoV-2 beitragen. In der gegenwärtigen Phase der Pandemie, die von einem diffusen Ausbruchsgeschehen geprägt ist und in der ein Großteil der Infektionen nicht (mehr) zurückverfolgt werden kann (vgl. RKI, Lagebericht vom 25.11.2020, S. 2, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neu-artiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11-25-de.pdf? blob=publi-cationFile; RKI, Epidemiologisches Bulletin 38/2020 vom 17.9.2020, abrufbar unter https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/6944/38-2020-DOI-Infektionsumfeld.pdf-?sequence= 4& isAllowed =y), ist die Prognose des Verordnungsgebers, dass die zwischenzeitlichen, vordringlich auf Einhaltung von Abstand und Hygiene ausgerichteten Maßnahmen nicht mehr genügen, sondern dass die Kontakte der Bevölkerung insgesamt deutlich verringert werden müssten, nicht offensichtlich fehlerhaft.
cc) Die (befristete) Betriebsuntersagung erweist sich auch nicht als offensichtlich unangemessen. Der Senat verkennt nicht, dass die Maßnahme gravierend in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Normbetroffenen eingreift. Gleichwohl erscheint das mit der 8. BayIfSMV umgesetzte Gesamtkonzept einer Schließung insbesondere freizeitbezogener Betriebe bei summarischer Prüfung als nicht von vorneherein unangemessene Reaktion auf das derzeit stark verschärfte pandemische Geschehen (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2020 – 20 NE 20.2468 – juris). Die Maßnahmen stehen im Einklang mit der Risikobewertung des Robert-Koch-Instituts (vgl. RKI, Risikobewertung zu COVID-19 Stand: 11.11.2020, abrufbar unter https://www.rki.de/D-E/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; jsessionid=F534A836AC1EC351000FA6EB0413AD2A.internet062).
dd) Ebenso wenig liegt der angegriffenen Bestimmung ein offensichtlicher Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde. Das vom Normgeber zugrunde gelegte Konzept der Schließung von Teilbereichen des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens – vor allem im Bereich der Freizeitgestaltung – erscheint bei summarischer Prüfung nicht erkennbar willkürlich. Die Betriebsuntersagungen sind Teil dieses Gesamtkonzeptes bzw. Maßnahmenbündels, welches das Offenhalten von Schulen und Kindertagesstätten und eine weitgehende Aufrechterhaltung des Berufslebens und der wirtschaftlichen Produktivität als Ausgangspunkt hat. Nach Vornahme dieser Priorisierung auf Erwerbsleben und Bildung ist es aus der hier maßgeblichen ex-ante-Sicht denkbar, in einer Phase der fehlenden Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten und einer großen Zahl diffus auftretender Ansteckungen mit dem SARS-CoV-2-Virus die (von allgemeinen Kontaktverboten begleiteten, § 3 Abs. 1 8. BayIfSMV) Kontaktbeschränkungen im Bereich der Freizeitgestaltung der Bürger zu verorten, um das Pandemiegeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Kontrolle über die Infektionswege wieder zu erlangen. Letztlich soll so eine Überlastung des Gesundheitswesens mit der Folge tödlicher Krankheitsverläufe verhindert werden (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2020 – 20 NE 20.2468 – juris Rn. 20 f.; vgl. auch NdsOVG, B.v. 6.11.2020 – 13 MN 433/20 – juris Rn. 62).
3. Bei der Annahme offener Erfolgsaussichten der Hauptsache ergibt die gebotene Folgenabwägung zwischen dem Gewicht des Eingriffs in die betroffenen Schutzgüter der Antragstellerin, insbesondere in ihr Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, und dem Gewicht des Schutzguts Leben und Gesundheit der Allgemeinheit, dass die von der Antragstellerin dargelegten (insbesondere wirtschaftlichen) Folgen hinter den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen zurücktreten müssen.
Das pandemische Geschehen ist weiterhin angespannt. Nach dem Lagebericht des RKI vom 25. November 2020 (abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Inf-AZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11-25-de.pdf? bl-ob=publicationFile) ist weiterhin eine große Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Die Inzidenz der letzten sieben Tage beträgt deutschlandweit 140 Fälle pro 100.000 Einwohner. Der Anteil der COVID-19-Fälle in der älteren Bevölkerung nimmt weiter zu. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in Bayern mit 173 deutlich über der bundesweiten Gesamtinzidenz. In zahlreichen Landkreisen kommt es zu einer zunehmend diffusen Ausbreitung von SARS-CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind. Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Fälle ist im vergangenen Monat von 655 Patienten am 15. Oktober 2020 auf 3.781 Patienten am 25. November 2020 angestiegen. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch ein, für Risikogruppen als sehr hoch. Nach wie vor gibt es keine zugelassenen Impfstoffe und die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und langwierig (vgl. Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 11.11.2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Aufgrund dieser dramatischen Entwicklung des Infektionsgeschehens muss das Interesse der Antragstellerin an der Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs hinter dem Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung zurücktreten.
In dieser Situation ergibt eine Folgenabwägung, dass die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen – insbesondere die mögliche Eröffnung weiterer Infektionsketten durch eine Öffnung von Spielhallen schwerer ins Gewicht fallen als die (wirtschaftlichen) Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs, zumal die Bundesregierung einen Ausgleich wirtschaftlicher Verluste der Betriebe in Aussicht gestellt hat (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2020 – 20 NE 20.2468 – juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 26.10.2020 – 13 B 1581/20.NE – juris Rn. 70; OVG LSA, B.v. 4.11.2020 – 3 R 218/20 – BeckRS 2020, 29264 – Rn. 64; OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.11.2020 – OVG 11 S 94/20 – juris Rn. 60; NdsOVG, B.v. 6.11.2020 – 13 MN 433/20 – juris Rn. 66 ff.). Dass die Antragstellerin bezweifelt, von den in Aussicht gestellten Hilfen profitieren zu können, steht einer Berücksichtigung dieser Ausgleichszahlungen im Rahmen einer Folgenabwägung, die alle Normadressaten zu erfassen hat, nicht entgegen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von der Antragstellerin angegriffene Bestimmung bereits mit Ablauf des 30. November 2020 außer Kraft tritt (§ 28 8. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht angebracht ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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