Medizinrecht

Erfolgloser Normenkontrolleilantrag gegen FFP2-Maskenpflicht

Aktenzeichen  20 NE 21.1012

Datum:
18.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7911
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
12. BayIfSMV  § 6 Nr. 3, § 8 S. 2, § 9 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 3 S. 2, § 12 Abs. 1 S. 4 Nr. 3, § 20 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, Abs. 5, § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. b
IfSG § 28a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 4, S. 5, S. 10
GG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Anordnung einer zeitlich stark begrenzten und auf wenige Situationen des Alltagslebens beschränkten Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske in der 12. BayIfSMV ist auf eine gegenwärtig nicht zu beanstandende Gefährdungsprognose gestützt und verhältnismäßig (Fortführung von u.a. VGH München, BeckRS 2021, 1837). (Rn. 12 und 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der in Bayern lebt, beantragt nach § 47 Abs. 6 VwGO die vorläufige Außervollzugsetzung der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. März 2021 (12. BayIfSMV, BayMBl. Nr. 171) in der Fassung vom 9. April 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 261), soweit eine FFP2-Maskenpflicht angeordnet wird.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Tragen einer FFP2-Maske verursache bei ihm erhebliche Beschwerden beim Atmen bis hin zum Gefühl der akuten Atemnot. Die FFP2-Maskenpflicht greife in seine allgemeine Entscheidungsfreiheit (Art. 2 GG) ein und sei unverhältnismäßig. Nur bei korrekter Anwendung übertreffe die Wirksamkeit einer FFP2-Atemschutzmaske im Allgemeinen jene von chirurgischem Mund-Nasen-Schutz. Für die Bevölkerung bestehe jedoch weder die Möglichkeit, die passende Maske auszuwählen, noch erfolge eine Schulung. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger verleite die mit dem Tragen der FFP2-Masken verbundene Atemerschwernis zum falschen Tragen und zum Atmen durch die Leckagen. Dies betreffe besonders ältere Personen und Personen mit Lungen- oder Herzerkrankungen. Den fundierten Bedenken zum Trotz habe es der Verordnungsgeber unterlassen, selbst Studien zur Effizienz der FFP2-Masken in Auftrag zu geben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache gegen die 12. BayIfSMV, soweit darin eine FFP2-Maskenpflicht angeordnet wird, hat unter Anwendung des Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (1.) bei summarischer Prüfung keine durchgreifende Aussicht auf Erfolg (2.).
1. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12).
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
2. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 14) voraussichtlich nicht gegeben.
a) Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die FFP2-Maskenpflicht nach § 6 Nr. 3, § 8 Satz 2, § 9 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 und § 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 1. Halbsatz, § 20 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz, Abs. 5 und § 23 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b. 12. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG (Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung) eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage haben (BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 20 NE 20.2461 – juris Rn. 24 ff.). Eine weitergehende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
b) Die angegriffenen Regelungen sind voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit den Ermächtigungsgrundlagen im Einklang stehen und sich bei summarischer Prüfung nicht als unverhältnismäßig erweisen.
aa) Zur Begründung kann zunächst auf die Senatsrechtsprechung verwiesen werden. Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der FFP2-Maskenpflicht hat der Senat zuletzt mit Beschlüssen vom 9. Februar 2021 (Az. 20 NE 21.239 – BeckRS 2021, 1837), vom 4. Februar 2021 (Az. 20 NE 21.283 – BeckRS 2021, 1681), vom 2. Februar 2021 (Az. 20 NE 21.195 – BeckRS 2021, 1836) und vom 26. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.171 – BeckRS 2021, 796) zur 11. BayIfSMV abgelehnt.
bb) Die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose ist auch für die angegriffenen Regelung gegenwärtig nicht zu beanstanden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Verordnungsgebers, die Geltungsdauer der 12. BayIfSMV bis zum 18. April 2021 zu verlängern (§ 1 Nr. 11 der Verordnung zur Änderung der 12. BayIfSMV vom 25.3.2021, BayMBl. 2021 Nr. 124) wie auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 28a Abs. 3 Satz 4, 5 und 10 IfSG vor.
Die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz) betrug am 14. April 2021 bundesweit 153 und in Bayern 173. Wegen der Überschreitung des Schwellenwertes von 50 sind nach § 28a Abs. 3 Satz 4 und 5 IfSG umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen. Nach der seit dem 29. März 2021 geltenden Fassung der Norm (BGBl. 2021 I S. 370) sind bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen absehbare Änderungen des Infektionsgeschehens durch ansteckendere, das Gesundheitssystem stärker belastende Virusvarianten zu berücksichtigen (§ 28a Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz IfSG). Bei der Prüfung der Aufhebung oder Einschränkung der Schutzmaßnahmen nach den Sätzen 9 bis 11 sind insbesondere auch die Anzahl der gegen COVID-19 geimpften Personen und die zeitabhängige Reproduktionszahl zu berücksichtigen (§ 28a Abs. 3 Satz 11 IfSG).
Nach dem Situationsbericht des RKI vom 13. April 2021 (abrufbar unter: https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/ Apr_2021/2021-04-13-de.pdf? blob=publicationFile) steigt die 7-Tages-Inzidenz für ganz Deutschland seit Mitte Februar 2021 stark an und liegt bereits bei über 100/100.000 Einwohner. Das Geschehen ist nicht regional begrenzt, die Anzahl der Landkreise mit einer 7-Tages-Inzidenz über 100/100.000 Einwohner nimmt ebenfalls seit Mitte Februar 2021 deutlich zu. Etwa seit Mitte März hat sich der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt. Der 7-Tage-R-Wert ist weiter gestiegen und liegt über 1, wobei der Einfluss der Osterfeiertage zu beachten ist. Die COVID19-Fallzahlen stiegen in den letzten Wochen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen. Auch bei den über 80-Jährigen hat sich der wochenlang abnehmende Trend nicht fortgesetzt. Beim Großteil der Fälle ist der Infektionsort nicht bekannt. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat.
Insgesamt ist die VOC B.1.1.7 inzwischen in Deutschland der vorherrschende COVID-19-Erreger (vgl. nun auch § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 IfSG i.d.F.v. 29.3.2021, BGBl. I S. 370). Das ist besorgniserregend, weil die VOC B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist als andere Varianten. Zudem vermindert die zunehmende Verbreitung und Dominanz der VOC B.1.1.7 die Wirksamkeit der bislang erprobten Infektionsschutzmaßnahmen erheblich. Der Anstieg der Fallzahlen insgesamt und der Infektionen durch die VOC B.1.1.7. werden nach den Prognosen u.a. des RKI zu einer deutlich ansteigenden Anzahl von Hospitalisierungen und intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten führen. Bundesweit ist seit Mitte März wieder ein deutlicher Anstieg der COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen (ITS) zu verzeichnen.
cc) Die in den angefochtenen Bestimmungen ausgesprochene Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske gehört zu den Katalogmaßnahmen des § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG. Sie kann nach § 28a Abs. 6 Satz 1 IfSG kumulativ neben weiteren Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung angewendet werden, soweit und solange es für eine wirksame Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 erforderlich ist. Dabei sind soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und auf die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 vereinbar ist, § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG.
Mit der Aufnahme in den Katalog der Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG hat der Gesetzgeber die Entscheidung, dass es sich dabei grundsätzlich um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handeln kann, vorweggenommen. Die angegriffene Maßnahme dient der Vermeidung der Virusübertragung in Situationen wie der Benutzung der Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs und beim Einkaufen in den zulässigerweise geöffneten Geschäften des Einzelhandels oder beim Abholen vorbestellter Waren, in welchen das Abstandsgebot zu anderen Menschen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV (§ 28a Abs. 1 Nr. 1 IfSG) nicht verlässlich eingehalten werden kann.
Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/23944 S. 32 vom 3. November 2020), lässt sich dazu entnehmen:
„Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) nach Nummer 3 ist ein zentraler Baustein zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2. Sie stellt eine notwendige und einfache Schutzmaßnahme dar. Wissenschaftlichen Studien belegen den signifikanten Nutzen zur Verringerung der Infektionszahlen (vgl. etwa https://www…de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Mund_Nasen_Schutz.html; siehe auch https://www…int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/question-and-answers-hub/q-adetail/q-a-on-covid-19-and-masks). Der mit der Maskenpflicht verbundene grundsätzlich sehr geringe Eingriff in die Handlungsfreiheit der Betroffenen ist angesichts des überragend wichtigen Ziels des Infektionsschutzes bei steigenden Infektionszahlen hinzunehmen.“
Dieser Begründung lässt sich unter Verweis auf die Veröffentlichungen des RKI nur entnehmen, dass der parlamentarische Gesetzgeber auch FFP2-Masken als grundsätzlich geeignetes Mittel zur Infektionsbekämpfung ansieht, da sie in den in Bezug genommenen Veröffentlichungen des RKI neben den sogenannten „Community-Masken“ und medizinischen Gesichtsmasken genannt werden und dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm auch im Hinblick auf ihre qualitativen Unterschiede bekannt waren (https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_ Coronavirus/Arbeitsschutz_Tab.html; https://www…de/DE/Themen/Arbeitsgestal-tung-im-Betrieb/Coronavirus/pdf/Schutzmasken.pdf? blob=publicationFile& v=18; https://www…de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutz-masken.html). Es bestehen bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Gesetzgeber, der die Verpflichtung zum Tragen einer MNB als notwendige Schutzmaßnahme ansieht, soweit sie angesichts des Infektionsgeschehens sich im Übrigen als verhältnismäßig darstellt, den Verordnungsgeber auch dazu legitimiert hat, qualitative Anforderungen an die MNB verbindlich festzulegen.
dd) Die Verpflichtung zum Tragen einer Maske in FFP2-Qualität erweist sich als vor-aussichtlich verhältnismäßig. Da die Übertragung des Virus hauptsächlich durch Aerosole stattfindet, erscheint die zeitlich stark begrenzte und auf wenige Situationen des Alltagslebens beschränkte Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske sowohl geeignet als auch in einer Lage anhaltend hoher Infektionszahlen jedenfalls aus ex-ante-Sicht als erforderlich, um Infektionen in Situationen zu vermeiden, in welchen das Abstandsgebot möglicherweise nicht hinreichend beachtet werden kann oder aus anderen Gründen eine erhöhte Infektionsgefahr anzunehmen ist.
Da die Filterfunktion von FFP2-Masken höher ist als die von chirurgischen Masken oder von Community-Masken (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 20 NE 20.955 – BeckRS 2020, 7701), ist nicht ersichtlich, dass dasselbe Schutzniveau mit milderen Mitteln erreicht werden könnte. Bei der Festlegung dieses Schutzniveaus dürfte dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zukommen. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung von sachwidrigen Erwägungen hätte leiten lassen (vgl. etwa Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) und der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) zur Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Personennahverkehr und Einzelhandel vom 15. Januar 2021) sind – bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung – nicht ersichtlich. Der Einwand des Antragstellers, FFP2-Masken hätten gegenüber medizinischen oder Community-Masken keine höhere Schutzfunktion, ist unzutreffend. Sie gewährleisten aufgrund ihrer höheren Filterleistung (94% Filterleistung bei Testaerosolen) – jedenfalls bei ordnungsgemäßer Anwendung – sowohl einen erhöhten Fremd- als auch einen erhöhten Selbstschutz (Hinweise des BfArM zur Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen, medizinischen Gesichtsmasken sowie partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP-Masken), Nr. 3, https://www…de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html). Dabei dürfte die Verwendung anderer Arten mit niedrigerem Schutzniveau der Mund-Nase-Bedeckung kein milderes Mittel zur Erreichung desselben Zwecks und damit keinen geringeren Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit darstellen. Denn der grundrechtsrelevante Eingriff liegt nicht in der Qualität und Beschaffenheit der MNB, sondern in der Verpflichtung zur Bedeckung von Mund und Nase und damit im Wesentlichen in einem Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Trägers. Insoweit bestand bisher ein (für sich nicht als Rechtsposition geschütztes) Wahlrecht des Antragstellers, das durch die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske in besonders definierten Situationen beschränkt wird.
An der Angemessenheit der auf §§ 28a Abs. 1 Nr. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützten Maßnahme bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Die negativen Folgen für den Antragsteller stehen nicht außer Verhältnis zu dem mit den Maßnahmen verfolgten Zweck. Gefahren für die Gesundheit durch das Tragen von partikelfilternden Masken dürften angesichts der jeweils kurzen Tragedauer nicht zu befürchten sein (vgl. für den Einsatz von FFP2-Masken am Arbeitsplatz: DGUV Regel 112-190, Anhang 2; https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/1011). Soweit eine Person aus gesundheitlichen Gründen zum Tragen einer FFP2-Maske nicht in der Lage sein sollte, besteht die Befreiungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 12. BayIfSMV.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von dem Antragsteller angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 18. April 2021 außer Kraft tritt (§ 30 12. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht erscheint.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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