Medizinrecht

Nigeria, alleinerziehende Mutter mit 5-jährigem Kind ohne unterstützende familiäre Strukturen – kein Abschiebungsverbot, Asthmaerkrankung und psychosomatische Beschwerden ebenfalls nicht durchgreifend für Abschiebungsverbot, schwere depressive Episode – nicht glaubhaft, mangelhaftes ärztliches Attest, Erwerbsfähigkeit nicht in relevanter Weise eingeschränkt, Behandelbarkeit von Asthma und psychischen Erkrankungen in Nigeria, Verfügbarkeit und Finanzierbarkeit von Psychopharmaka und Asthmamedikamenten

Aktenzeichen  W 1 K 22.30071

Datum:
21.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 7808
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Wartung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Nigeria. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 31.01.2022 erweist sich – soweit er noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – vielmehr als rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 31. Januar 2022 und macht sich diese zu eigen, § 77 Abs. 2 AsylG. Darüber hinaus ist Folgendes auszuführen:
1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat nur in begründeten Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer dieser Vorschrift widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 m.w.N.). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der EMRK auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu unterhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprächen (vgl. BVerwG, a.a.O., unter Verweis auf EGMR, U.v. 27.5.2008 – N./Vereinigtes Königreich, Nr. 2656/05 – NVwZ 2008, 1334 Rn. 42, juris Leitsatz). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich demgegenüber keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen ableiten (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 25). Daher können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse die Garantie aus Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an welchem die Abschiebung endet (BVerfG, a.a.O., unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.6.2011 – Sufi und Elmi, Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681, juris Leitsatz).
Vorliegend kann dahinstehen, ob es sich bei der Region E … im Bundesstaat E …, wo die Klägerin zu 1 aufgewachsen ist, um ihre Herkunftsregion handelt oder aber um den Bundesstaat A … …, wo die Klägerin zu 1 zuletzt mit ihrem früheren Ehemann gewohnt hat, wobei sie jedoch mit diesem zwangsverheiratet worden sei. Denn die beiden Klägerinnen sind unabhängig davon, ob diesen an den beiden zuvor genannten Orten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK droht, jedenfalls in einer der Großstädte im Süden Nigerias vor einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe, insbesondere in Form einer zwangsweisen Beschneidung, einer Verfolgung durch den früheren Ehemann der Klägerin zu 1, deren ehemalige Ziehmutter, die Person, an die sie zum Zwecke der Zwangsprostitution verkauft worden sei, sowie durch die dortigen allgemeinen Sicherheits- und Lebens-/Versorgungsverhältnisse, sicher.
Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln über die Lage im Bundesstaat Nigeria sowie einschlägiger Rechtsprechung besteht grundsätzlich in den meisten Fällen – und so auch hier – die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung, Repressionen Dritter sowie Fällen massiver regionaler Instabilität durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies gilt etwa auch für Frauen oder Mädchen, denen in der Herkunftsregion eine Zwangsbeschneidung droht oder die in Europa vor Zwangsprostitution geflohen und diesbezüglich noch verschuldet sind (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 56 f.). Auch im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage ist den vorliegenden Erkenntnismitteln zumindest nicht zu entnehmen, dass die Bedrohungslage durch Terrorismus und Gewalt in Nigeria landesweit gleichermaßen herrscht. Vielmehr gibt es regionale und örtliche Unterschiede und infolgedessen zahlreiche Landesteile und Städte in Nigeria, in denen sich die Klägerin gefahrlos niederlassen kann. Den Klägerinnen ist es auch möglich und zumutbar, sich in einem anderen Teil Nigerias aufzuhalten. Die Klägerin zu 1 stammt eigenen Angaben zufolge ursprünglich aus dem Bundesstaat E … und sei christlichen Glaubens. Die Klägerin zu 1 kann sich daher gemeinsam mit ihrer Tochter, der Klägerin zu 2, beispielsweise in eine der zahlreichen Großstädte, insbesondere Abuja oder im christlich geprägten Südwesten des Landes, nach Lagos oder Ibadan, begeben, wo sie sich etwa auch dem Schutz von Nichtregierungsorganisationen für Frauen anvertrauen kann (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, S. 45 ff.). Die Klägerinnen genießen Freizügigkeit in ganz Nigeria, so dass sie ihren Wohn- und Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen können. Wenn sie nicht von sich aus Kontakt zu dem früheren Ehemann der Klägerin zu 1 oder ihrer Ziehmutter aufnehmen, ist es unwahrscheinlich, dass sie nach mehr als fünf Jahren der Abwesenheit außerhalb ihrer Heimatregion aufgefunden werden, zumal Nigeria inzwischen rund 200 Millionen Einwohner hat, eine Fläche von 925.000 Quadratkilometern aufweist und dabei nicht über ein funktionsfähiges Meldesystem verfügt. Daher ist eine landesweite Verfolgung nicht zu erwarten, erst recht nicht durch Privatpersonen wie den früheren Ehemann der Klägerin (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 53 ff.).
Das Vorbringen der Klägerin zu 1 beim Bundesamt steht der Annahme einer Verfolgungsfreiheit in den genannten Großstädten nicht entgegen. Auf die dortige Frage, ob sie einen Umzug innerhalb ihres Heimatlandes seinerzeit in Betracht gezogen habe, hat die Klägerin zu 1 bezeichnenderweise auch nur erklärt, dass sie daran nicht gedacht habe. Nachdem die Klägerinnen ihre Klage auf die Feststellung von Abschiebungsverboten haben beschränken lassen, gehen sie offenbar selbst nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer geschlechtsbezogenen Verfolgung nach § 3 AsylG oder aber von einem ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG aus. Dies erscheint auch insoweit nachvollziehbar, als die Klägerin zu 1 auf Befragen beim Bundesamt geäußert hat, dass sie auch bereits in ihrer Herkunftsregion E … in einem Umfeld aufgewachsen sei, in dem Frauen nicht beschnitten worden seien. Das erste Mal, dass sie davon gehört habe, sei gewesen, als sie in das Haus ihres Ehemannes gekommen sei. Ihre eigene Tochter werde sie nicht beschneiden lassen, sondern gegen ein etwaiges derartiges Ansinnen vorgehen und diese Person stoppen. Auch Gefahren durch die frühere Ziehmutter der Klägerin zu 1 oder durch die Frau, an die sie zum Zwecke der Zwangsprostitution in Libyen verkauft worden sei, sind in den genannten Großstädten nicht zu erwarten, da zu der Ziehmutter seit der angegebenen Zwangsverheiratung kein Kontakt mehr bestehe und die Frau, an die sie verkauft worden sei, bei der Überfahrt nach Italien ertrunken sei. Eine Kontaktaufnahme oder konkrete Nachstellungen bestehen insoweit nicht, was auch für den früheren Ehemann der Klägerin zu 1 gilt.
Zwar geht aus den vorliegenden Erkenntnismitteln hervor, dass ein Umzug in einen anderen Landesteil unter Umständen mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein kann, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, an dem sie kein soziales Umfeld haben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 17). Von den Klägerinnen ist jedoch gleichwohl vernünftigerweise zu erwarten, dass sie sich in dem Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative niederlassen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass im Südwesten Nigerias die reale Gefahr droht, in einen gewaltsamen Konflikt hineingezogen zu werden (vgl. VG Minden, U.v. 14.3.2017 – 10 K 2413/16.A – juris). Das Gericht verkennt nicht, dass alleinstehende Frauen und deren minderjährige Kinder insbesondere im konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen diskriminiert werden. Ein Umzug in eine der südwestlichen Großstädte trifft alleinstehende Frauen – auch mit minderjährigen Kindern – wie die Klägerin – in der Regel gleichwohl nicht übermäßig hart, zumal sie dort eher Akzeptanz erfahren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 15; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 47). Auch kann nach der Erkenntnismittellage allgemein festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse vielmehr aus selbständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird. Üblicherweise ist es für alleinstehende Mütter möglich, Arbeit zu finden. Die meisten von ihnen arbeiten auch – abhängig vom Bildungsgrad – z.B. in der Landwirtschaft, im Kleingewerbe, als Reinigungskraft oder Haushaltshilfe, oder sie betreiben eine Straßenküche. Frauen nehmen eine zunehmend vitale Rolle in der informellen Wirtschaft, der Landwirtschaft und beim Verkauf von Nahrungsmitteln ein. Frauen im informellen Sektor nehmen ihrer Kinder meist zur Arbeit mit. 18% der nigerianischen Haushalte werden von Frauen geführt. Alleinstehende Frauen können eigenständig Wohnungen mieten sowie leben und arbeiten – vor allem in größeren Städten (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 42, 47, 66 f.; so auch: OVG NRW, U.v. 18.5.2021 – 19 A 4607/19.A – juris; EASO, Country Guidance: Nigeria, October 2021, S. 166 f.).
Auch wenn staatliche Unterstützungsleistungen nicht gewährt werden, ist das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der Klägerinnen davon überzeugt, dass diese unter Überwindung von Anfangsschwierigkeiten die Möglichkeit haben, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen, um so jedenfalls ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die 25-jährige Klägerin zu 1 ist jung und erwerbsfähig (vgl. hierzu im Einzelnen unten). Sie hat im Heimatland die Schule bis zur 5. Klasse besucht. Überdies verfügt sie jedenfalls über gewisse erwerbswirtschaftliche Vorerfahrungen, indem sie in Nigeria auf Geheiß ihrer Ziehmutter Wasser verkauft hat. Hierdurch hat sie bereits in jungen Jahren unter Beweis gestellt, dass sie auch unter schwierigen Bedingungen in der Lage ist, Geldmittel zu erwirtschaften. Die Klägerin zu 1 hat darüber hinaus bis zu ihrer Ausreise knapp 20 Jahre in Nigeria gelebt und kennt damit die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sodass es ihr auch nach der Rückkehr möglich sein wird, sich dort zurechtzufinden. Es ist daher nicht ersichtlich, dass es der Klägerin zu 1 und ihrer Tochter, der Klägerin zu 2, nicht möglich sein wird, in Nigeria Fuß zu fassen und den erforderlichen Lebensunterhalt zu erwirtschaften, auch wenn sie nicht auf ein familiäres Netzwerk in Nigeria zurückgreifen könnten. Zudem gibt es in Nigeria zahlreiche Tätigkeiten, für deren Aufnahme kaum eigene Mittel erforderlich sind und die mit der Mutterrolle verbunden werden können und auch keiner besonderen Aus- oder Vorbildung bedürfen, da sie im Wege der Berufspraxis erlernt werden können (vgl. etwa BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 62.). Erforderlich und ausreichend ist insoweit zudem, dass die Klägerin zu 1 durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem notwendigen Lebensunterhalt Erforderliche für sie und ihre Tochter erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, die nicht den überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – NVwZ 2007, 590; OVG NW, U.v. 17.11.2008 – 11 A 4395/04.A – juris Rn. 47). Durch ihre in Europa gesammelten Erfahrungen befinden sich die Klägerinnen zudem in einer vergleichsweise guten Position, da sie von diesen auch zukünftig in Nigeria werden profitieren können.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu 1, die auch für die Erwirtschaftung des Lebensunterhalts der Klägerin zu 2 Sorge tragen muss, wird auch nicht durch die bei ihr diagnostizierten Erkrankungen infrage gestellt (vgl. ergänzend auch unter 2.). Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin zu 1 nicht mehr an einer Tuberkulose leidet. Denn diese wurde im Rahmen einer mehrmonatigen Therapie in Italien ausbehandelt und ist seither auch nicht mehr ausgebrochen, wie sich aus den ärztlichen Attesten des Dr. M. vom 17. September 2020 sowie der Sozialstiftung … vom 8. Februar 2021 ergibt. Dagegen leidet die Klägerin gemäß Attest des Dr. M. vom 17. September 2020 an einem endogenen Asthma bronchiale, das in diesem ärztlichen Schreiben als leichtgradig beschrieben wird und wogegen der Klägerin zu 1 zuletzt (vgl. Medikationsplan des Dr. G. vom 8.6.2021) Salbutamol bei Bedarf sowie Viani (Wirkstoff Salmeterol) verordnet wurden, wobei Klägerin angegeben hat, dass sie die Atembeschwerden bereits seit Jahren (bereits in Afrika) gehabt habe und ihr die Therapie mit Viani sowie dem Bedarfsspray nicht helfe (vgl. Attest der Sozialstiftung … vom 8.2.2021). Für die von der Klägerin zu 1 geltend gemachten Thorax-Schmerzen sowie Atemnot wurden keine Hinweise auf eine körperliche Erkrankung, sondern am ehesten eine psychische/psychosomatische Genese festgestellt (vgl. Atteste der Sozialstiftung … vom 9.12.2020 sowie 8.2.2021). Schließlich wurde der Klägerin zu 1 am 11. Mai 2021 vom Krankenhaus für Psychiatrie in L. eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert, wobei die Klägerin die Klinik bereits am Folgetag der Aufnahme – auf eigenen Wunsch – wieder verlassen hat und das dortige Attest nicht den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. § 60a Abs. 2c) Sätze 2 und 3 AufenthG entspricht (vgl. dazu näher unter 2.). Ihr wurde das Antidepressivum Mirtazapin verordnet (vgl. Medikationsplan des Dr. G. vom 8.6.2021). Dass die Klägerin zu 1 insoweit in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung wäre, ist nicht erkennbar, sodass mangels Vorliegens eines aktuelleren Attests betreffend eine psychische Erkrankung nicht davon auszugehen ist, dass die diagnostizierte depressive „Episode“ zum Entscheidungszeitpunkt noch fortdauert.
Vor diesem Hintergrund wird in der Gesamtschau für das Gericht nicht ersichtlich, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu 1 in entscheidungserheblicher Weise eingeschränkt oder gar aufgehoben wäre. Entgegenstehendes lässt sich auch den eingereichten ärztlichen Attesten nicht entnehmen. Es ist darüber hinaus weder vorgetragen noch darüber hinaus attestiert oder gar offensichtlich, dass die Klägerin zu 1 zur Erhaltung ihrer Erwerbsfähigkeit der genannten Medikamente bedarf. Auch diesbezüglich enthalten die vorgelegten ärztlichen Schreiben keine Hinweise, insbesondere auch keine Aussagen zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, etwa im Falle eines Behandlungsabbruchs, § 60a Abs. 2c) Satz 3 AufenthG. Aber selbst wenn man von einer zwingenden Notwendigkeit der genannten Medikamente zur Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit ausginge, so wären diese in Nigeria erhältlich (vgl. hierzu auch unter 2.) und für die Klägerin zu 1 durch eine – ihr jedenfalls infolge der Medikation mögliche – Erwerbstätigkeit auch zu finanzieren. Gerade für die Anfangszeit nach Rückkehr könnten ihr auch Medikamente mitgegeben werden bzw. sie könnte diese aus den ihr zugänglichen Rückkehrhilfen (vgl. oben; https://www…de/de/programmes; https://www…de/de/countries/nigeria) finanzieren. Unabhängig davon existieren auch ausreichend Erwerbsmöglichkeiten, die nicht mit schwerer körperlicher Arbeit einhergehen, wie etwa eine von ihr bereits früher ausgeübte Verkaufstätigkeit, sodass der Erwerbsfähigkeit jedenfalls auch nicht das diagnostizierte Asthma bzw. die von ihr angegebene Atemnot entgegenstehen (wobei den vorgelegten ärztlichen Unterlagen Einschränkungen hinsichtlich der Schwere der Tätigkeit bereits nicht zu entnehmen sind).
Dass die Klägerinnen nicht in eine Lage geraten würden, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkäme, gilt umso mehr, als dem Gericht Erkenntnisse über internationale Bemühungen vorliegen, in Nigeria Zentren für Rückkehrer und Migrationsberatungszentren weiter auszubauen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 23; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 47 f.). Speziell hinsichtlich Frauen verfügt Nigeria über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen kümmern, ihnen bei der Reintegration helfen, als zentrale Anlaufstelle fungieren und auch eine mehrmonatige Rehabilitierung (psychologische Betreuung) sowie Berufstraining anbieten (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, S. 47 f.; siehe dazu auch VG Cottbus, B.v. 29.5.2020 – 9 L 226/20.A – juris), wovon auch die hiesigen Klägerinnen profitieren können. Überdies steht es den Klägerinnen frei, ihre finanzielle Situation in Nigeria aus eigener Kraft zu verbessern und Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen oder sich an karitative Einrichtungen vor Ort zu wenden, um Unterstützung und Starthilfe zu erhalten und erste Anfangsschwierigkeiten gut überbrücken zu können. So können nigerianische ausreisewillige Personen etwa Leistungen aus dem REAG-Programm, dem GARP-Programm, dem Reintegrationsprogramm ERRIN sowie dem „Bayerischen Rückkehrprogramm“ erhalten (https://www…de/de/countries/nigeria; http://www…bayern.de/assets/stmi/lfar/bayerische_richtlinie_zur_förderung_der_freiwilligen_rückkehr_-_bayerisches_rückkehrprogramm_-_vom_30.08.2019.pdf). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die Klägerinnen nicht darauf berufen können, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es den Klägerinnen möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Nigeria freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen.
An der Beurteilung ändert des Weiteren auch die weltweite COVID-19-Pandemie nichts.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln bzw. allgemein zugänglichen Quellen gibt es in Nigeria wie in anderen afrikanischen Ländern auch relativ wenig belegte Covid-19-Infizierte, was damit zusammenhängen kann, dass vergleichsweise wenige Tests durchgeführt werden (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentationen Nigeria vom 31.1.2022, S. 1; Nigeria Centre for Disease Control https://covid19.ncdc.gov.ng/; https://www…info/coronavirus/country/nigeria/; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern (im Folgenden: Länderinformation COVID-19-Pandemie) vom Juni 2020, S. 27 ff.; EASO Special Report: Asylum Trends and COVID-19 vom 11.6.2020, S. 10, 14 ff.). Nigeria ist nach Angaben der Bundesregierung von Covid-19 weiterhin betroffen (vgl. https://www…de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_0). Jedoch bleibt der nigerianische Staat nicht untätig, wobei in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedliche Maßnahmen getroffen werden (vgl. Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 27 ff.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 12 sowie vom 23.3.2020, S. 2). Im Hauptstadtbezirk sowie in Lagos gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 0:00 bis 4:00 Uhr. Ebenso gilt weiterhin die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im öffentlichen Raum. Die Behörden können die Einhaltung der Maskenpflicht und von Bewegungsbeschränkungen jederzeit überprüfen, Verstöße sanktionieren und Temperaturmessungen an öffentlichen Orten durchführen. Geschäfte, Banken, Märkte, Hotels und Unternehmen sind unter Einhaltung von strengen Hygienemaßnahmen geöffnet, Restaurants dürfen in manchen Bundesstaaten nur im Außenbereich bewirten. Bars und Nachtclubs sind geschlossen. Menschenansammlungen mit mehr als 50 Personen bleiben grundsätzlich untersagt. Die Bundesstaaten können religiöse Versammlungen von mehr als 50 Personen unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen zulassen. Einzelne Bundesstaaten haben Bewegungsbeschränkungen und Auflagen innerhalb der Bundesgrenzen verhängt. Für den Inlandsflugverkehr gelten die gängigen Abstands- und Hygieneregeln sowie eine Maskenpflicht. Der internationale Flugverkehr findet derzeit grundsätzlich statt. Die nigerianischen Landesgrenzen sind offiziell wieder geöffnet; bei Grenzübertritt ist jedoch mit Behinderungen zu rechnen. Bei der Einreise sind Vorgaben etwa zu Online-Anmeldung, negativen Covid-19-Tests und etwaiger Quarantäne zu beachten (vgl. https://www…de/de/aussenpolitik/laender/nigerianode/nigeriasicherheit/205788#content_0; BFA, a.a.O., S. 1).
Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation in Nigeria aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie 2020 verschlechtert hat (vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria vom 3.9.2021, S. 1 f., vom 23.11.2020, S. 5 f.; Bundesamt für …, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: 6/2020, S. 28 f.; EASO Special Report: Asylum Trends on COVID-19 vom 11.6.2020, S. 15; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 9.7.2020, S. 1 ff, 11 ff.; auch Handelsblatt vom 2.6.2020, https://www…com/politik/international/pandemie-das-coronavirus-verschaerft-diewirtschaftlichen-und-sozialen-probleme-afrikas/25873896. html), allerdings mit ca. 1,8% weniger stark als befürchtet (https://www…de/gtai-de/trade/wirtschaftsumfeld/wirtschaftsausblick/nigeria/leicht-verbesserte-aussichten-fuer-die-naechsten-jahre-258662), hält es das Gericht zum jetzigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht für hinreichend beachtlich wahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart negativ entwickeln werden, dass vom Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. dem Fehlen der Zumutbarkeit einer internen Schutzmöglichkeit ausgegangen werden kann. Für den Eintritt einer dahingehenden Verschlechterung der humanitären Verhältnisse in Nigeria fehlen dem Gericht zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) greifbare Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie ein Gegensteuern des nigerianischen Staates erkennbar ist. So wurde ein Notfallfonds für das „Nigeria Centre for Disease Control“ eingerichtet, ebenso wie Konjunkturpakete, um die Auswirkungen für Haushalte und Betriebe zu lindern, insbesondere unter Berücksichtigung der ärmsten und vulnerablen Personen; außerdem wurden Nahrungsmittel und Saatgut verteilt. Insbesondere Geschäfte, Banken, Märkte, Hotels und Unternehmen dürfen mit Auflagen wieder öffnen. Bei der Lebensmittelversorgung ist es zu keinen überdurchschnittlichen Engpässen gekommen, auch wenn in manchen Bereichen ein erheblicher Preisanstieg verzeichnet wurde. Darüber hinaus sind internationale Organisationen und internationale NGO´s auch in Nigeria mit Unterstützung und Hilfsmaßnahmen zur Eindämmung und Abfederung der Pandemie aktiv (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: 6/2020, S. 28 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 10.6.2020, S. 3 und 8 f. sowie vom 9.7.2020, S. 11 ff.; https://reliefweb.int/report/nigeria/ nigeria-humanitarian-fund-allocation-covid-19-and-humanitarian-response, vom 16.6.2020; https://www…com/26444/coronavirus-recession-in-nigeria-likely-despite-measures-in-place/, vom 20.4.2020; AllAfrica vom 3.7.2020, https:// allafrica.com/stories/20207030189.html; TheConversation vom 21.6.2020, https://theconversation.com/nigerias-post-covid-19-recovery-plan-has-some-merit-but-it-misses-the-mark-140974). Zudem hat der internationale Währungsfonds Soforthilfen für Nigeria in Höhe von 3,4 Milliarden US-Dollar gewährt (https://www…org/en/News/Articles/ 2020/04/28/ pr20191-nigeria-imf-executive-board-approves-emergency-support-to-address-covid-19, vom 28.4.2020). Die USA haben 104 Millionen USD zusätzlicher humanitärer Unterstützung für Nigeria zugesagt (https://reliefweb.int/report/nigeria/united-states-announces-nearly-104-million-additional-humanitarian-assistance vom 12.3.2021). Das Gericht geht zudem davon aus, dass gerade der für viele Nigerianer als Einnahmequelle bedeutende informelle Sektor nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen auch der Klägerin zu 1 wieder zur Verfügung steht (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 10.6.2020, S. 3 ff und 8 f.; vom 9.7.2020, S. 5 f., 11 ff.; Handelsblatt vom 2.6.2020, https://www…com/politik/international/pandemie-das-coronavirus-verschaerft-die-wirtschaftlichen-und-sozialen-probleme-afrikas/ 25873896.html; AllAfrica vom 16.7.2020, https://allafrica.com/stories/ 202007160781.html).
Der nigerianische Arbeitsmarkt stellt sich angespannt, aber robust dar (vgl. VG Stuttgart, U.v. 29.7.2020 – A 7 K 2895/20 – juris Rn. 30). Zwar kam es im April und Mai 2020 zu einem vorübergehenden pandemiebedingten Einbruch. Hier konnten nur 43 Prozent der befragten Haushalte eine Beschäftigung angeben. Bereits im Juni 2020 wurde jedoch eine deutliche Erholung des Arbeitsmarktes erkennbar. Zuletzt im Dezember 2020 lag der Beschäftigungsanteil auf dem Stand vor der Coronakrise und in ländlichen Regionen sogar leicht darüber. Ein Wachstum kann vor allem der landwirtschaftliche Sektor verzeichnen (National Bureau of Statistics, Covid-19- Impact Monitoring Round 7 & 8 December 2020, abrufbar unter https://nigerianstat.gov.ng/ elibrary). Bereits im 4. Quartal 2020 hat die Wirtschaft jedoch wieder zu expandieren begonnen. 2021 sollte sie, getragen von Ölpreisen um 60 USD pro Fass, um 1,5-2,5% real wachsen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria vom 31.01.2022, S. 1 f.). Der Internationale Währungsfond hat seine Wachstumsprognose für 2021 auf real 2,6% nach oben korrigiert, womit der wirtschaftliche Einbruch von 1,8% im Jahr 2020 ausgeglichen werden konnte. Für die nächsten Jahre wird ein durchschnittliches Wachstum zwischen 2,6 und 3,8% erwartet (https://www…de/gtai-de/trade/nigeria/wirtschaftsumfeld1/nigerias-wirtschaft-auf-leichtem-erholungskurs-258662). Laut dem National Bureau of Statistics ist Nigerias Wirtschaft 2021 um 3,4% gewachsen. Dies ist das stärkste Wachstum seit 8 Jahren. Die jüngsten Zahlen zeigen außerdem, dass die Wirtschaftsleistung zuletzt durch den Nicht-Öl-Sektor gestärkt wurde, insbesondere durch die Landwirtschaft, die 2021 ein Wachstum von 4,73% aufwies (BAMF Briefing Notes, KW 8/2022, 21.02.2022, S. 9).
Gerade angesichts der zuletzt wieder positiveren Entwicklung, der regionalen Unterschiede und dem unterschiedlichen Vorgehen der einzelnen Bundesstaaten bestehen weiterhin ausreichende Möglichkeiten, sich ein Existenzminimum zu erwirtschaften, so dass eine Rückkehr nach Nigeria zumutbar ist. Bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung kommt es zudem zu keinem Mangel, der über das übliche Maß hinausgehen würde (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 9.7.2020, S. 13). So wie Restriktionsmaßnahmen zurückgenommen werden, werden die Möglichkeiten für die tägliche Arbeit ansteigen und den Zugang auch zu Non-Food-Artikeln verbessern (FEWS-NET, Nigeria Food Security Outlook Update, August 2020; FEWS NET, Nigeria Food Security Outlook Update, February to September 2021).
Nach alledem gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich Wirtschaft und Versorgungslage der Bevölkerung trotz internationaler humanitärer Hilfe, Gegensteuerns des nigerianischen Staates und lokaler Hilfsbereitschaft infolge der Pandemie derart verschlechtert hätte, dass die Klägerinnen nicht mehr in der Lage wären, ihren Lebensunterhalt sicherzustellen (ebenso: OVG NRW, U.v. 18.5.2021 – 19 A 4604/19.A – juris; VG Würzburg, B.v. 1.7.2020 – W 8 S 20.30762; VG Cottbus, B.v. 29.5.2020 – 9 L 226/20.A – juris U.v. 29.5.2020 – 9 K 112/19.A – juris).
Gegebenenfalls können die Klägerinnen auf private Hilfsmöglichkeiten oder Hilfsorganisationen zurückgreifen, sodass sie nicht völlig mittellos wären und sich in Nigeria etwa auch mit Medikamenten, Desinfektionsmitteln oder Gesichtsmasken versorgen könnte. Zudem könnten ihr bei Bedarf diese Dinge für eine Übergangszeit mitgegeben werden (vgl. OVG NW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 19 CS 19.2136).
2. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Anspruch auf Abschiebungsverbote ergibt sich auch nicht aus § 60 Abs. 7 AufenthG. Individuelle Abschiebungshindernisse i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind vorliegend nicht ersichtlich. Scheidet bereits die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aus, so liegt in der Regel erst recht keine extrem zugespitzte Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung (Extremgefahr) vor.
Vorliegend ergibt sich ein solches Abschiebungsverbot auch nicht aus gesundheitlichen Gründen. Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 ff. AufenthG besteht eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes aus gesundheitlichen Gründen kann zum einen der Fall sein, wenn eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Herkunftsland wegen des geringen Versorgungsstandes generell nicht verfügbar ist. Ein derartiges Abschiebungsverbot kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser oder ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat der Abschiebung ergeben, die dazu führen, dass der Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 -, juris, Rn. 15; BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 -, juris, Rn. 9). Für die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG genügt allerdings ebenso wenig wie im Asylrecht die theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr ist der Begriff der „Gefahr“ im Sinne dieser Vorschrift im Ansatz kein anderer als der im allgemeinen asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ angelegte (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 -, juris, Rn. 20; so bereits zur Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG: BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 15.95 -, NVwZ 1996, 476 (478)). Wie sich nunmehr auch aus § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG ergibt, muss sich jeder ausreisepflichtige Ausländer in medizinischer Hinsicht grundsätzlich auf den in seinem Herkunftsstaat allgemein üblichen Standard verweisen lassen.
Zu den bei der Klägerin zu 1 vorliegenden gesundheitlichen Störungen wird zunächst auf die obigen Ausführungen unter 1. zur Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu 1 verwiesen (endogenes Asthma bronchiale, psychisch/psychosomatisch bedingte Thorax-Schmerzen/Atemnot, Diagnose einer schweren depressiven Episode am 11.5.2021). Vorliegend ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 1 unter einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Denn für eine solche wesentliche Verschlechterung enthalten die vorgelegten Atteste keine Anhaltspunkte. Bezüglich des diagnostizierten Asthma bronchiale drängt sich dies zusätzlich deshalb auf, da im Attest des Dr. M. vom 17. September 2020 lediglich von leichtgradigen Störungen die Rede ist. Zusätzlich ist im Hinblick darauf sowie auf die geltend gemachte Atemnot zu berücksichtigen, dass die Klägerin gegenüber der Sozialstiftung … am 8. Februar 2021 angegeben hat, dass diese Beschwerden bereits seit der Zeit ihres Aufenthalts in Afrika bestanden haben, sodass davon auszugehen ist, dass die Klägerin damit bereits früher im Heimatland ohne schwerwiegende Folgen gelebt hat. Gleichzeitig ist nichts dafür ersichtlich, aus welchen Gründen sich dies im Rückkehrfalle nunmehr abweichend darstellen sollte. Was das Vorliegen einer psychischen Erkrankung angeht, so ist das Vorliegen einer am 11. Mai 2021 diagnostizierten schweren depressiven Episode im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan. Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, dass dort – wie bereits unter 1. ausgeführt – von einer „Episode“ die Rede ist und keine substantiierten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass diese Episode aktuell weiterhin fortbesteht, nachdem seither bereits neun Monate vergangen sind und keine aktuelleren ärztlichen Atteste zu deren Fortdauer vorgelegt wurden. Überdies ist die Klägerin zu 1 selbst offensichtlich bereits zum damaligen Zeitpunkt nicht vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung ausgegangen, nachdem sie die Klinik seinerzeit auf eigenen Wunsch bereits am Tag nach ihrer Aufnahme wieder verlassen hat. Darüber hinaus entspricht das vorgenannte Attest auch nicht den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2 c) Sätze 2 und 3 AufenthG. Denn dieses enthält namentlich nichts zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, was im Übrigen auch für sämtliche anderen vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen gilt. Darüber hinaus sind aus dem Attest des Krankenhauses für Psychiatrie in L. vom 11. Mai 2021 die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist, sowie die Methode der Tatsachenerhebung weder erkennbar noch nachvollziehbar, zumal die Patientin kein Deutsch gesprochen habe, bei Aufnahme gar nicht habe sprechen wollen und sie bereits am Folgetag auf eigenen Wunsch entlassen worden sei.
Unabhängig davon sind die genannten Erkrankungen im Herkunftsland der Klägerin behandelbar und entsprechende Medikamente zu deren Behandlung erhältlich. Asthma bronchiale ist eine in Nigeria häufig vorkommende Erkrankung, die dort behandelbar ist. Die gängigsten Medikamente sowie inhalative Glukokortikoide und Beta 2 – Mimetika sind erhältlich (so etwa das auch bei der Klägerin zu 1 zur Anwendung kommende Salbutamol) und für einen durchschnittlichen Nigerianer auch bezahlbar (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 18.1.2010, S. 4; Auskunft des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland Lagos an das VG Oldenburg vom 28.9.2010; Home Office, Nigeria: Medical and healthcare issues, January 2020, S. 31; VG Augsburg, U.v. 5.12.2017 – Au 7 K 17.3552 – juris). Zudem sind in Nigeria auch psychiatrische Erkrankungen jedenfalls in Städten und städtischen Gebieten ärztlich behandelbar, wenngleich insoweit deutliche Einschränkungen im Hinblick auf eine ausreichende Anzahl von Behandlern bestehen. Insbesondere ist in Nigeria auch der der Klägerin zu 1 verschriebene Wirkstoff Mirtazapin beziehbar (vgl. Home Office, Nigeria: Medical and healthcare issues, January 2020, S. 16 f., 29). Überdies sind im Bereich der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen ergänzend auch Nichtregierungsorganisationen tätig (vgl. MedCOI, Country Fact Sheet, Access to healthcare: Nigeria, S. 103 f.).
Rückkehrer finden jedenfalls in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor, die im öffentlichen Gesundheitssektor allerdings in der Regel unter europäischem Standard liegt. In den Apotheken sind die gängigen Medikamente erhältlich. Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet allerdings keine kostenfreie Medikamentenversorgung; die Patienten müssen für die Medikamente selbst aufkommen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 5.12.2020, S. 24 f.). Die Kosten für die o.g. Medikamente kann die Klägerin zu 1 jedoch in zumutbarer Weise durch eigene Erwerbstätigkeit finanzieren, die ihr entsprechend obiger Ausführungen unter 1. auch möglich ist. Überdies kann die Klägerin zu 1 auch ergänzende Rückkehrhilfen, auch zur Finanzierung medizinischer Versorgung, in Anspruch nehmen (vgl. https://www…de/de/programmes; https://www…de/de/countries/nigeria). Unabhängig davon lässt sich – wie bereits unter 1. ausgeführt – den vorgelegten ärztlichen Schreiben nichts dazu entnehmen, dass die Klägerin zu 1 der ihr verordneten Medikamente überhaupt zwingend bedarf. Diesbezüglich lässt sich den vorgelegten Attesten nichts entnehmen; diese enthalten auch keine Angaben zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben.
Schließlich ist die Klägerin zu 1) gehalten, im Bedarfsfall die Möglichkeiten des – zugegebener Maßen mangelhaften – nigerianischen Gesundheits- und Sozialsystems in Anspruch zu nehmen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria, Stand: 31.1.2022, S. 63 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: September 2020, vom 5.12.2020, S. 24 ff.).
Nach alledem ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Klägerin zu 1 im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen droht. Für die Klägerin zu 2 sind gesundheitliche Einschränkungen nicht vorgetragen worden.
An Vorstehendem ändert auch die weltweite COVID-19-Pandemie nichts, zumal die Klägerinnen nicht substantiiert vorgebracht haben, dass und inwieweit ihnen persönlich aufgrund der Pandemie zum jetzigen Zeitpunkt eine konkrete Gefahr mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen könnte. Die Sperrwirkung des § 60a AufenthG wird damit nicht durchbrochen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein und in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird.
Die derzeitige COVID-19-Pandemie stellt in Nigeria mangels einer solchen Abschiebestopp-Anordnung allenfalls eine allgemeine Gefahr dar, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen kann (so auch: OVG NRW, U.v. 22.6.2021 – 19 A 4386/19.A – juris; U.v. 18.5.2021 – 19 A 4604/19.A – juris). Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn es zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke, d.h. zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage erforderlich ist (vgl. etwa BVerwG, 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris; Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerecht, 13. Aufl. 2020, § 60 AufenthG, Rn. 100 m.w.N.). Die drohende Gefahr, dass die Klägerinnen sich in Nigeria mit dem SARS-CoV-2-Virus infizieren, muss nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – BVerwGE 115, 1 m.w.N. – juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage den baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – juris sowie VG Cottbus, B.v. 29.5.2020 – 9 L 226/20.A – juris mit Bezug auf VG Bayreuth, U.v. 21.4.2020 – B 8 K 17.32211; OVG NRW – U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris m.w.N.; vgl. auch schon etwa VG Würzburg, B.v. 17.6.2020 – W 8 S 20.30629 – juris; U.v. 8.6.2020 – W 8 K 20.30044, W 8 K 20.30074, W 8 K 20.30181 – jeweils juris; B.v. 27.5.2020 – W 8 S 20.30549 – juris; m.w.N.).
Eine solche extreme, konkrete Gefahrenlage ist vorliegend für die Klägerinnen im Hinblick auf die Verbreitung des Coronavirus für das Gericht derzeit nicht erkennbar. Die 25- bzw. 5-jährigen Klägerinnen ohne relevante Vorerkrankungen gehören nicht zu der Personengruppe mit einem höheren Risiko für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der COVID-19 Erkrankung (vgl. https://www…de/DE/Content/ InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html; jsessinid= DC346DA1D7E1A04E3FB153F23B3AF998. internet092#doc13776792bodyText15). Selbst wenn man jedoch aufgrund der Asthmaerkrankung der Klägerin zu 1 bei dieser von einem erhöhten Risiko ausgehen würde (differenzierend: https://www…de/gesundheit-verstehen/coronavirus/coronavirus-asthma-234646; https://www…de/coronavirus-worauf-achten-bei-asthma.html), so besteht nach Überzeugung des Gerichts gleichwohl nicht die für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Klägerin zu 1 alsbald nach ihrer Rückkehr nach Nigeria an Covid-19 erkranken und die Erkrankung bei ihr dann auch einen schwerwiegenden Verlauf nehmen würde. Denn auch bei Patienten mit Vorerkrankungen bilden schwerwiegende Krankheitsfolgen keinesfalls den Regelfall (https://www…de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html; jsessinid=C2F368A7CDFDF3931FC30694E33C70D6.internet081#doc13776792bodyText12). Unter Berücksichtigung der aktuellen Fallzahlen (vgl. https://www…info/coronavirus/country/nigeria/) und des damit einhergehenden Ansteckungsrisikos besteht vielmehr in Nigeria derzeit nach dem oben dem genannten Maßstab keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Klägerinnen. Sie müssen sich letztlich, wie hinsichtlich etwaiger anderer Erkrankungen, wie etwa Malaria, HIV, Masern, Cholera, Lassa-Fieber, Meningitis oder Tuberkulose, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und eines schweren Verlaufs teilweise um ein Vielfaches höher liegt als bei dem Coronavirus (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: 6/2020, S. 25 f.; EASO Special Report: Asylum Trends on COVID-19 vom 11.6.2020, S. 14 f.; vgl. zu Malaria OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4479/19.A – juris; VG Karlsruhe, U.v. 26.2.2020 – A 4 K 7158/18 – juris), im Bedarfsfalle auf die Möglichkeiten des – zugegebenermaßen mangelhaften – nigerianischen Gesundheits- und Sozialsystems (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: 06/2020, S. 25 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria, Stand: 25.5.2020, S. 56 ff. und 51 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: September 2019, vom 16.1.2020, S. 22 ff.) verweisen lassen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus auch in Nigeria nicht in allen Landesteilen gleich hoch ist. Vielmehr gibt es erhebliche regionale Unterschiede (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: 6/2020, S. 27 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 10.6.2020, S. 5 f und 8 sowie vom 23.3.2020, S. 2; New York Times vom 17.5.2020, https://www…com/2020/05/17/world/africa/coronavirus-kano-nigeria-hotspot.html) beim Risiko, angesteckt zu werden. Darüber hinaus bestehen – wie auch in anderen Staaten, etwa in Deutschland – individuell persönliche Schutzmöglichkeiten, wie das Tragen einer Gesichtsmaske oder die Wahrung von Abstand zu anderen Personen, um das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren. Schließlich hat in Nigeria im März 2021 auch die Imagekampagne gegen Covid-19 begonnen. Hierzu wurden zunächst ca. vier Millionen Impfdosen aus dem internationalen COVAX-Programm nach Nigeria geliefert. Insgesamt sollen 16 Millionen Dosen das Land in den kommenden Monaten erreichen. Bis 2022 will Nigeria 70 Millionen Einwohner geimpft haben (https://www…de/ausland/afrika/ impf-gerechtigkeit-afrika-101.html vom 2.3.2021).
Gegebenenfalls können die Klägerinnen auch auf private Hilfsmöglichkeiten oder Hilfsorganisationen zurückgreifen, sodass sie nicht völlig mittellos wären und sich in Nigeria etwa auch mit Medikamenten, Desinfektionsmitteln oder Gesichtsmasken versorgen könnten. Abgesehen davon könnten den Klägerinnen bei Bedarf auch Medikamente, Desinfektionsmittel oder Gesichtsmasken für eine Übergangszeit mitgegeben werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 19 CS 19.2136).
Letztlich bestehen auch an der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und der auf § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG beruhende Abschiebungsandrohung nach Nigeria keine Bedenken. Die Entscheidung in Ziffer 6 des angegriffenen Bundesamtsbescheides, die Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate festzusetzen, basiert auf § 11 AufenthG. Nach Abs. 3 der genannten Vorschrift wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten. Vorliegend wurde eine Frist von 30 Monaten festgesetzt. Ein Ermessensausfall liegt nicht vor. Ermessensfehler nach § 114 Satz 1 VwGO wurden ebenfalls weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Die Klägerin zu 1 wurde im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt zu schutzwürdigen Belangen hinsichtlich des Einreise- und Aufenthaltsverbotes befragt und hat hierbei lediglich ihre Tochter, die Klägerin zu 2, benannt, der wie der Klägerin zu 1 selbst jedoch kein Bleiberecht in Deutschland zusteht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt keine ermessensrelevanten wesentlichen Bindungen festgestellt und das Einreise- und Aufenthaltsverbot im streitgegenständlichen Bescheid auf 30 Monate und damit auf die Hälfte der Maximalfrist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festgesetzt hat (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 11 ZB 16.30463 – juris).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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