Medizinrecht

Versorgung mit cannabishaltigen Arzneimitteln

Aktenzeichen  L 4 KR 119/18 B ER

Datum:
25.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15893
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V § 2 Abs. 1a, § 13 Abs. 3a, § 31 Abs. 6
SGG § 86b Abs. 2
BtmG § 13 Abs. 2 S. 1
BtMVV § 9

 

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen der Versorgung eines Versicherten mit cannabishaltigen Arzneimitteln im einstweiligen Rechtsschutz. (Rn. 38 – 48) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 2 KR 590/17 ER 2018-01-19 Bes SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 19. Januar 2018 wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller ab 1. März 2018 bis 30. April 2018 ein verfügbares Cannabispräparat als Arzneimittel als Sachleistung zur Verfügung zu stellen bzw. in diesem Zeitraum bereits entstandene Kosten, mit Ausnahme des Zuzahlungsbetrages, zu erstatten.
II. Die Beschwerdeführerin trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners.

Gründe

I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Anspruch auf Versorgung mit einem verfügbaren cannabishaltigen Arzneimittel.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Ast.) hatte am 22. Januar 2016 bei der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Ag.) die Kostenübernahme für Cannabisflos beantragt. Es besteht eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bei Läsionen des Plexus brachialis links mit Schädigung des Nervus axillaris links bei Zustand nach Operation wegen Bizepstendinitis und subakromialer Bursitis links 2013 nach Schulterluxation mit Bankart-Läsion links und nachfolgender Operation im Jahre 2005, ferner eine chronische Lumboischialgie links, ADHS, rezidivierende depressive Episoden, chronische Gastritis mit Ulcus veritriculi und Refluxösophagitis sowie ein Reizdarmsyndrom (vgl. Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 16. März 2018).
Die Ag. forderte weitere ärztliche Unterlagen an, die am 28. April 2016 bei ihr eingingen. Mit Bescheid vom 11.05.2016 lehnte sie den Antrag ab. Den Widerspruch wies die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016 zurück. Die Medizinalcannabisblüten der Sorten Bedrocan, Bedica, Bedrobinol und Bediol würden als Rezepturarzneimittel verwendet, so dass sich die rechtliche Beurteilung nach den Grundsätzen der sog. neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden richte. Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert habe. Eine Empfehlung des G-BA zur Anwendung von Medizinalcannabisblüten bei bestimmten Erkrankungen liege nicht vor. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus § 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1a SGB V sei vorliegend nicht erfüllt. Soweit sich der Ast. auf ein neues Gesetzesvorhaben beziehe, sei dieses noch nicht in Kraft getreten.
Mit der Klage zum Sozialgericht Augsburg (Az.: S 2 KR 675/16) hat der Ast. den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme weiterverfolgt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2017, eingegangen am 2. März 2017, stellte der Ast. einen Neuantrag. Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) lehnte die Ag. auch diesen Antrag mit Bescheid vom 21. März 2017 ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2018 zurück. Es seien keine ärztlichen Angaben zu anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen vorgelegt worden.
Bereits mit am 29. November 2017 eingegangenem Schreiben hat der Ast. einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt; er hat die Verpflichtung der Ag. begehrt, dass diese die Kosten für Cannabisflos als notwendiges Arzneimittel bei bestehender Schmerzkrankheit übernehme. Er hat auf das o.g. Hauptsacheverfahren S 2 KR 675/16 verwiesen. Nach Erlass der neuen gesetzlichen Regelung durch die Bundesregierung habe er erneut einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, über den noch nicht entschieden worden sei. Da er keine Rückantwort der Krankenkasse erhalten habe, seien die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V zu diskutieren. Mit Erlass der neuen Regelung hätte er seine bisherige Genehmigung der Bundesopiumstelle zurückgeben müssen, aufgrund derer er bis zu diesem Zeitpunkt Cannabisprodukte erlangen konnte. Er sei dringend auf dieses Medikament angewiesen, die bisherigen Schmerzmedikamente würden keine Wirkung zeigen. Ohne Schmerzmittel würde sich die Schmerzsituation massiv in ein unerträgliches Ausmaß zuspitzen. Die Ärzte würden bescheinigen, dass eine Therapie mit Cannabisprodukten sinnvoll sei. Bisher habe er sich das Medikament mit Genehmigung der Bundesopiumstelle auf eigene Kosten verordnen lassen. Diese Kosten würden sich derzeit auf ca. 12.500 bis 15.000 EUR belaufen. Eine weitergehende finanzielle Belastung sei nicht mehr möglich. Er habe auch bereits Schulden gemacht, um das Medikament bezahlen zu können.
Mit Schreiben vom 01.12.2017 hat der Ast. mitgeteilt, dass nach Auskunft seiner Apotheke aktuell nicht alle Medikamente verfügbar seien, so dass der Antrag dahingehend abzuändern sei, die Kostenübernahme für alle verfügbaren Sorten eines Cannabispräparates auszudehnen.
Die Ag. hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 SGB V seien nicht erfüllt, insbesondere sei nicht belegt, dass zugelassene Alternativpräparate nicht zur Verfügung stünden. Insgesamt würde selbst durch die behandelnden Ärzte eher die Vorstellung bei einem Schmerztherapeuten vorgeschlagen (Klinikum A-Stadt vom 30.05.2016). Der MDK sei daher zum Ergebnis gekommen, dass derzeit keine Bewertung möglich ist. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V. Der Antrag müsse hinreichend bestimmt sein. Im vorliegenden Fall sei zunächst ein Cannabispräparat beantragt worden, am 25. April 2016 dann Cannabisflos bzw. Bedrocan, das beigefügte Schreiben des Klinikums A-Stadt vom 16. Dezember 2015 habe von „Polamidon“ gesprochen. Der Antrag vom 28. Februar 2017 sei mit Bescheid vom 21. März 2017 abgelehnt worden. Im Übrigen sei auch ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Der Ast. hat klargestellt, dass es ihm nicht um den Antrag aus dem Jahr 2016 gehe, sondern um den erneuten Antrag mit Vorlage einer neuen Verordnung nach Inkrafttreten der neuen Regelung der Verordnung von Cannabis im Jahr 2017. Der Antrag sei am 21. Juli 2017 gestellt worden. Mit dem Antragsformular der Ag. seien noch diverse ärztliche Unterlagen eingereicht worden. Auf diesen Antrag hin habe der Antragsteller bis heute nichts gehört. Erst auf Nachfrage durch seine Mutter sei seitens der Ag. bestätigt worden, dass ein Antrag vom 21. Juli 2017 eingegangen sei.
Außerdem wurde geltend gemacht, dass der Ast. bereits 2014 eine stationäre Schmerztherapie über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen durchgeführt habe. Anschließend sei die Schmerztherapie 2014/2015 in Bad W. über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen durchgeführt worden. Ein positiver Erfolg sei nicht eingetreten. Nach den Informationen des Ast. über die Ärzte werde eine weitere multimodale Schmerztherapie nicht mehr bewilligt. Es seien sämtliche Analgetica ausprobiert worden, die er entweder nicht vertragen habe oder die starke Nebenwirkungen zeigten. Der Ast. hat ferner einen Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 27. Dezember 2017 eingereicht. Da dem Ast. kein Cannabis mehr zur Verfügung stehe, sei eine erneute Vorstellung in der Schmerzambulanz erforderlich gewesen. Auch bisher sei keine ausreichende Linderung der Schmerzen eingetreten. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Ast. mitgeteilt, dass er zurzeit ca. 1.000 EUR Krankengeld erhalte, Vermögen habe er keines. Außerdem wurde mitgeteilt, dass nach Rücksprache mit Dr. S. sämtliche Medikamente wegen sehr starker Nebenwirkungen abgesetzt werden mussten. Die Ag. hat mitgeteilt, dass es sich beim „Antrag vom 21.07.2017“ lediglich um einen Arztfragebogen vom 21. Juli 2017 handele, der sich ebenfalls auf die Versorgung mit Cannabisblüten beziehe. Dies stelle keinen Neuantrag dar.
Ab 9. Januar bis Ende Februar 2018 ist zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Schwaben ein stationärer Rehabilitationsaufenthalt in der Klinik B. durchgeführt worden.
Für den Ast. ist klargestellt worden, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mögliche Leistungen ab dem 29. November 2017 betreffe. Die Reha-Maßnahme hätte ursprünglich zum 27. Dezember 2017 beginnen sollen, aus gesundheitlichen Gründen hätte jedoch eine Verschiebung erfolgen müssen. Der Ast. hat weitere Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen vorgelegt. Verordnungen für Cannabis seien in zwei Apotheken eingereicht worden.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2018 die Ag. gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorläufig verpflichtet, dem Ast. ab 29. November 2017 bis 30. April 2018 ein verfügbares Cannabispräparat als Arzneimittel als Sachleistung zur Verfügung zu stellen bzw. in diesem Zeitraum bereits entstandene Kosten zu erstatten. Vorliegend seien sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Das Gericht hat ausgeführt, dass sich zwar ein Anordnungsanspruch nicht aus einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V ergebe, dass jedoch die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 SGB V glaubhaft gemacht seien. Insoweit sei zum einen glaubhaft gemacht, dass eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne des § 31 Abs. 6 SGB V vorliege. Auch der MDK sei in seiner Stellungnahme vom 9. März 2017 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei vorgelegter Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) von einer schwerwiegenden Erkrankung ausgegangen werden könne. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass dem Ast. aufgrund der Schmerzsymptomatik über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte am 17. Juli 2015 eine Erlaubnis zur Einnahme und den Erwerb von Cannabis erteilt worden sei. Diese Erlaubnis habe jedoch mit Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung zurückgesandt werden müssen. Aufgrund dessen und der vorliegenden Befunde der behandelnden Ärzte gehe auch das Gericht davon aus, dass eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne von § 31 Abs. 6 SGB V glaubhaft gemacht sei.
Des Weiteren habe auch bereits der MDK in seiner Stellungnahme festgestellt, dass bei dem Versicherten laut der vorliegenden Befunde bereits 2015 Cannabinoide eingesetzt wurden, so dass eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf nachvollzogen werden könne.
Auch die weitere Voraussetzung des § 31 Abs. 6 SGB V hat das Sozialgericht als glaubhaft gemacht angesehen und sich dabei auf den vorliegenden Befund und die Einschätzung des Facharztes für Anästhesiologie R. W. bezogen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Einführung des § 31 Abs. 6 SGB V auch zum Zweck gehabt habe, die Therapiehoheit der behandelnden Ärzte zu stärken. Insoweit sei der Arzt W. als behandelnder Arzt zum Ergebnis gekommen, dass unter Berücksichtigung der zu erwartenden Nebenwirkungen der alternativen Behandlungsmöglichkeiten und des Krankheitszustandes des Ast. Alternativen nicht zur Anwendung kommen könnten, sondern Cannabispräparate versucht werden sollten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass § 31 Abs. 6 SGB V auch den Zweck habe, den Versicherten nicht aufzuerlegen, sämtliche alternativen Behandlungsmöglichkeiten zunächst auszuprobieren und insoweit über lange Zeit schwerwiegende Nebenwirkungen ertragen zu müssen, bevor eine Therapiealternative mit Cannabisarzneimitteln zum Zuge komme (Sozialgericht – SG – Bremen vom 24.10.2017, S 7 KR 227/17 ER). Insoweit ergebe sich aus den vorliegenden Befunden von Herrn W. u.a. die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. In seinem Befundbericht im Hauptsacheverfahren vom März 2017 habe er berichtet, dass beim Ast. sämtliche Analgetica ausprobiert worden seien, die vom Patienten nicht vertragen wurden bzw. starke Nebenwirkungen hätten. In seinem Arztbrief vom 6. Juni 2016 werde berichtet, dass in einem ausführlichen Gespräch mit dem Ast. allgemeine schmerztherapierelevante Vorschläge gemacht worden seien, vor allem was die Analgeticaeinnahme betreffe. Beim Ast. seien sämtliche Analgetica ausprobiert worden, die vom Patienten nicht vertragen würden bzw. starke Nebenwirkungen gehabt hätten. Dieselbe Feststellung findet sich auch in einem Arztbrief des Herrn W. vom 1. März 2017 und vom 3. Juli 2017. Im Arztfragebogen für die Ag. vom 21. Juli 2017 stelle Herr W. die Erkrankungen des Ast., d.h. therapieresistente Schmerzen, dar und weise darauf hin, dass die Erkrankung seines Erachtens schwerwiegend sei. Neben den therapieresistenten Schmerzen bestünden noch eine Schultersteife links, Depressionen, Schlafstörungen sowie eine chronische Lumboischialgie. Aufgrund der therapieresistenten Schmerzen stünden allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsoptionen nicht zur Verfügung.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass laut dem Befund des Klinikums A-Stadt vom 27. Dezember 2017 die Ausstrahlung von der Lendenwirbelsäule (LWS) nach peripher mittlerweile andauernd vorhanden sei und dieser Schmerz eine zunehmende Immobilität des Patienten bedinge. Aufgrund eines zeitgleich seit Jahren bestehenden Reizdarmsyndroms sei der Ast. sehr an der Medikamenteneinnahme limitiert. Die folgerichtig begonnenen Therapieversuche seien immer wieder durch extremen Juckreiz am ganzen Körper beendet worden. Um die Opiatdosis zu minimieren und die Vigilanz aufrechtzuerhalten, werde derzeit eine Kombination mit Cannabisblüten angewandt.
Das Sozialgericht hat keinen begründeten Ausnahmefall, welcher die Ag. zur Ablehnung der Genehmigung berechtigen würde, gesehen.
Schließlich hat das Sozialgericht aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu den finanziellen Verhältnissen des Ast. auch die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes angenommen.
Im Rahmen der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmenden Interessenabwägung nach § 86 b Abs. 1 S. 2 SGG hat das Sozialgericht eine Befristung für den Zeitraum bis zum 30. April 2018 für ausreichend erachtet.
Die Ag. hat am 21. Februar 2018 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt und zur Begründung vorgebracht, zum einen bestehe kein Anordnungsgrund, da eine Vielzahl von Schmerzmedikamenten als Alternativen zur Verfügung stünde. In den letzten zwei Jahren habe der Ast. als Schmerztherapeutikum nur DHC 120/60, Diclofenac und Morphin erhalten. Angesichts der Fülle der möglichen Schmerzmedikamente auf dem Markt und der demgegenüber geringen Verordnungen sei nicht nachvollziehbar, dass ausschließlich Medizinal-Cannabisblüten zur Schmerzbekämpfung wirksam seien. Für die Zeit vor dem Erlass der einstweiligen Anordnung am 19. Januar 2018 fehle im Übrigen das Rechtsschutzbedürfnis.
Es bestehe zum anderen auch kein Anordnungsanspruch, da kein Anspruch auf inhalative Cannabinoide wie Bedrocan bestehe. Unklar sei, welche Diagnostik gesichert sei, welche Schmerzmedikamente genommen wurden, wer sie verordnet habe und welche Nebenwirkungen festgestellt wurden. Ferner hat die Ag. auf die vorangegangene Abhängigkeitsproblematik beim Ast. hingewiesen. Im Übrigen sei aus pharmakologischer Sicht nicht zu erwarten, dass Cannabisblüten in Bezug auf das Schmerzgeschehen angesichts der potenziellen Schwankungen im Gehalt der relevanten Inhaltsstoffe besser wirkten. Standardisierte Rezepturarzneimittel bzw. Fertigpräparate wie Sativex seien eindeutig zu bevorzugen.
Der Ast. hat darauf hingewiesen, dass die Ag. früher auch die Kostenübernahme für die Präparate Dronabinol und Sativex abgelehnt habe; er habe deshalb Privatrezepte und auch die Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erhalten.
Auf gerichtliche Nachfrage hat der Ast. verschiedene Arztberichte sowie eine Auflistung über die behandelnden Ärzte, Diagnosen und Medikation seit 2005 sowie Ausdrucke der Apotheke über vom Ast. bezogene Medikamente mit Kostenaufstellung im Zeitraum für 2016 und für die Zeit vom 1. November 2015 bis 6. Dezember 2017 übersandt. Der Ast. hat mit Schriftsatz vom 16. April 2018 mitgeteilt, dass ihm vom 29. November 2017 bis 30. April 2018 keine Kosten entstanden seien, da er bis zum Abschluss der Reha-Maßnahme Ende Februar 2018 aufgrund eines ab Oktober 2017 bestehenden Lieferengpasses für Cannabisblüten auf eine Opiumtinktur zurückgegriffen habe. Im Anschluss habe die Ag. für die Monate Februar und März 2018 die Kosten für Cannabisblüten als Sachleistung in Ausführung des Beschlusses vom 19. Januar 2018 vorläufig übernommen. Nach einem Attest des Arztes W. vom 10. November 2017 sei beim Ast. das Arzneimittel Sativex unwirksam gewesen und von diesem nicht vertragen worden. Nach Angabe des Klinikums A-Stadt vom 16. März 2018 zeigte es keine Wirkung, aber auch keine Nebenwirkung. Bezüglich Marinol und Nabilon liegt nach Angaben des Ast. keine ärztliche Verordnung vor. Der behandelnde Schmerztherapeut hat nach Angaben des Ast. eine derartige Verordnung nicht für sinnvoll erachtet.
Am 12. April 2018 hat der Ast. beim Sozialgericht Augsburg einen weiteren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, gerichtet auf Übernahme der Kosten für ein Cannabispräparat/Cannabisflos als notwendiges Arzneimittel bei bestehender Schmerzkrankheit weiter über den 30. April 2018 hinaus, gestellt. Beigefügt war ein Bericht des Klinikums A-Stadt vom 16. März 2018.
Da die Beteiligten übereinstimmend zunächst nicht von einer Eilbedürftigkeit ausgegangen sind, hat der Senat das vom Sozialgericht im Hauptsacheverfahren eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. M. K. vom 4. Mai 2018 abgewartet. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das vorliegende HWS-Syndrom sowie rezidivierende Schulterbeschwerden rechts keine schwerwiegende Erkrankung in Sinne des § 31 Abs. 6 SGB V darstellten; anders sei dies zu beurteilen bei dem chronischen Schultergelenkschmerzen mit Schulterteilsteife links. Unklar sei hierbei aber, warum die Beweglichkeitseinschränkung bislang noch nicht erfolgreich therapiert werden konnte. Das chronisch pseudoradikuläre Lumbalsyndrom mit Ausstrahlung sei ebenfalls als schwerwiegende Erkrankung einzustufen, falls der Nachweis eines wesentlichen morphologischen Korrelats gegeben wäre, was vorliegend unklar sei. Im Übrigen lägen nicht-orthopädische Erkrankungen vor, für deren Beurteilung es eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bedürfe. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass – auf orthopädischem Fachgebiet – die allgemein anerkannten und dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlungen angewandt bzw. ausprobiert wurden, der Ast. diese jedoch nicht vertragen habe oder sie starke Nebenwirkungen gezeigt hätten. Nach Aktenlage habe sich eine positive Wirkung der Cannabismedikation gezeigt.
Mit Beweisanordnung vom 15. Mai 2018 hat das Sozialgericht ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben, das zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorlag.
Nach Ansicht der Ag. ist der Sachverständige Dr. K. zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich der geklagten orthopädischen Beschwerden – chronische Schultergelenkschmerzen und Lumbalsyndrom – diese nicht diagnostisch verifiziert werden könnten. Hinsichtlich der verordneten Medikamente, insbesondere bzgl. Sativex, müssten weitere Ermittlungen durchgeführt werden.
Nach Angaben der Ag. war der Ast. in 2017 nicht zuzahlungsbefreit; für 2018 habe er keinen Antrag gestellt.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 19. Januar 2018 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzuweisen.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die beigezogenen Gerichtsakten sowie die Akten der Ag. Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff SGG zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Streitig ist die vorläufige Kostenübernahme für den Zeitraum vom 29. November 2017 bis 30. April 2018. Nach eigenen Angabe des Ast. sind in der Zeit bis „Ende Februar 2018“ jedoch keine Kosten angefallen, da wegen eines Lieferengpasses keine Cannabisblüten bezogen wurden und auf eine Opiumtinktur zurückgegriffen wurde, die nicht streitgegenständlich ist. Insoweit ist das Antragsinteresse des Ast. für die Zeit vom 29. November 2017 bis 28. Februar 2018 entfallen und die Beschwerde insoweit begründet. Im Anschluss wurden die Kosten für Cannabisblüten vorläufig als Sachleistung in Ausführung des Beschlusses vom 19. Januar 2018 übernommen.
Im Übrigen verbleibt es jedoch – für die Monate März und April 2018 – bei der Entscheidung des Sozialgerichts. Da der Ast. gemäß Auskunft der Ag. für 2018 eine Befreiung von den Zuzahlungen nicht beantragt hat, sind allerdings die Zuzahlungen von 10.- EUR nicht zu erstatten.
Der Anspruch auf Versorgung mit Cannabisblüten richtet sich im einstweiligen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG. Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden (Bayer. Landessozialgericht, Az.: L 2 B 354/01 U ER).
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden sind (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 290 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO). Die Glaubhaftmachung begnügt sich bei der Ermittlung des Sachverhaltes als Gegensatz zum Vollbeweis mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Dagegen dürfen die Anforderungen an die Erkenntnis der Rechtslage, d.h. die Intensität der rechtlichen Prüfung, grundsätzlich nicht herabgestuft werden. Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist grundsätzlich das materielle Recht, das vollumfänglich zu prüfen ist. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so verlangt der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz eine Eilentscheidung anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05).
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Gemäß § 136 Abs. 3 SGG wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts insbesondere zu § 13 Abs. 3 a SGB V und zu den Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V verwiesen. Ergänzend weist der Senat unter Bezugnahme auf das Vorbringen der Ag. im Beschwerdeverfahren auf Folgendes hin:
Nach § 31 Abs. 6 SGB V haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (§ 31 Abs. 6 S. 2 SGB V).
Nach der Gesetzesbegründung soll der Anspruch auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln nur in „eng begrenzten Ausnahmefällen“ gegeben sein (BT-Drs. 18/8965 S. 14 und 23).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist bei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotener summarischer Prüfung der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als allenfalls offen anzusehen.
Der Ast. hat mit Schreiben vom 28. Februar 2017, eingegangen am 2. März 2017, aufgrund der Neuregelung des § 31 Abs. 6 SGB V die Kostenübernahme für eine Versorgung mit Cannabisblüten beantragt. Der behandelnde Arzt befürwortete diese Behandlung. Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf allerdings einer vertragsärztlichen Verordnung gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V in entsprechender Form (BSG v. 16. Dezember 1993, BSGE 73, 271). Die Versorgung mit Cannabisblüten bedarf zudem grundsätzlich der Verordnung auf einem Betäubungsmittelrezept (§ 11 Abs. 5 S. 1 Arzneimittel-Richtlinie in Verbindung mit § 13 Abs. 2 S. 1 BtmG, § 8 Abs. 1 S. 1 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) vom 20. Januar 1998 (idF von Art. 43 Gesetz vom 29. März 2017, BGBl I, S. 626), welches die in § 9 BtMVV vorgeschriebenen Angaben enthält (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. September 2017, Az.: L 11 KR 3414/17 ER-B – juris Rn. 24; Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 24. April 2018, Az.: L 5 KR 112/18 B ER mit weiteren Ausführungen; a.A. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. März 2018, Az.: L 5 KR 16/18 B ER, wonach ein Anspruch auf Genehmigung der Versorgung mit cannabishaltigen Arzneimitteln nicht zwingend voraussetzt, dass bereits eine vertragsärztliche Verordnung ausgestellt wurde: juris, Rn. 17).
Der Senat kann offen lassen, ob stets eine vertragsärztliche Verordnung auf einem Betäubungsmittelrezept erforderlich ist, denn vorliegend ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass Ausgang des Verwaltungs- und Hauptsacheverfahrens bereits der Antrag vom 22. Januar 2016 war. Dem Ast. war unstreitig von dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte am 17. Juli 2015 eine Erlaubnis zur Einnahme und den Erwerb von Cannabis erteilt worden. Zum anderen lehnte die Ag. diesen ursprünglichen Antrag mit Bescheid vom 11.Mai 2016 ab, wobei sie sich nicht auf Gesichtspunkte der Verordnung berief, sondern auf einen damaligen Ausschluss aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. In der Folge musste seitdem eine Verordnung über ein Privatrezept bzw. über die Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtmG erfolgen.
Inzwischen liegt inzwischen ein orthopädisches Gutachten des Dr. K. vom 4. Mai 2018 vor, das auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen ist. Der Sachverständige sieht grundsätzlich in den chronischen Schultergelenkschmerzen links mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung sowie in dem chronischen pseudoradikulären Lumbalsyndrom mit Ausstrahlung und Beweglichkeitseinschränkung eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V. Das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung bestätigte auch der MDK in seiner Stellungnahme vom 9. März 2017.
Ferner verweist der Sachverständige unter Bezugnahme auf den aktenkundigen Therapieverlauf darauf, dass bzgl. dieser beiden Erkrankungen die allgemein anerkannten und dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlungen angewandt bzw. ausprobiert wurden. Er verweist hierbei auf die Behandlungen durch den Anästhesiologen W. und die Ärzte im Klinikum A-Stadt. Nach Feststellung des Sachverständigen ist die bisher ausprobierte Medikation entweder vom Ast. nicht vertragen worden oder es zeigten sich starke Nebenwirkungen insbesondere im Sinne eines schmerztherapeutisch diagnostizierten Reizdarmsyndroms bzw. einer chronischen Gastritis mit Ulcus ventriculi und Refluxösophagitis. Vor allem die Einnahme von NSAR-Präparaten zur Schmerzbekämpfung verbieten sich deshalb beim Ast. Die unter 1. b) genannte Voraussetzung des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V ist damit grundsätzlich ebenfalls als erfüllt anzusehen.
Schließlich bejaht der Sachverständige eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf und bescheinigt beim Ast. eine deutliche Verbesserung des Krankheitsverlaufs durch die Einnahme der Cannabisblütenmedikation. Er verweist insoweit u.a. auf den letzten Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 16. März 2018. Auch der MDK hat in der genannten Stellungnahme eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf als nachvollziehbar angesehen.
Der Ag. ist jedoch zuzubilligen, dass zum einen Unklarheiten hinsichtlich der Behandlung der Beweglichkeitseinschränkung der Schulterbeschwerden links bestehen; bezogen auf die Ausführungen des Sachverständigen erscheint dem Senat ggf. klärungsbedürftig, warum die Beschwerden so lange andauern. Ähnliches gilt für das chronische pseudoradikuläre Lumbalsyndrom, für das der Sachverständige den röntgenologischen bzw. kernspintomografischen Nachweis eines wesentlichen morphologischen Korrelates anregt, welches die Schmerzsymptomatik dann erklären könnte. Diese weitere Abklärung sowie eine weitere medizinische Sachverhaltsaufklärung wie von der Ag. angeregt müssen jedoch ggf. dem Hauptsacheverfahren überlassen werden und können nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgen. Schließlich bestehen vor allem neurologisch zu beurteilende Beschwerden wie insbesondere eine Läsion des Plexus brachialis links mit Schädigung des Nervus axillaris links im Raum, die einer weiteren gutachterlichen Abklärung bedürfen, wie vom Sozialgericht in die Wege geleitet.
Im Hinblick auf den erneuten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für die Zeit ab 1. Mai 2018 und die Dauer des bisherigen Verfahrens erscheint es dem Senat nicht angezeigt, auch dieses weitere Gutachten abzuwarten. Entgegen der Ag. sieht der Senat aber bereits in dem orthopädischen Gutachten deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V beim Ast. vorliegen. Ergänzend ist hierbei auch auf die insoweit eindeutigen Äußerungen der behandelnden Ärzte bzw. des Klinikums A-Stadt zu verweisen, so dass bei summarischer Prüfung derzeit von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Erfolgs einer Klage ausgegangen werden kann.
Aber selbst wenn der Senat von einer offenen Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren ausgeht, ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundsätzlichen Belange des Ast. und der Ag. sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Hinsichtlich des Ast. ist vor allem seine gesundheitliche Situation und die objektivierten Schmerzzustände zu berücksichtigen, also nach Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz geschützte Güter, bei der Ag. das Interesse an einer im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit möglichst wirtschaftlichen Behandlung. Ferner berücksichtigte der Senat die Nebenwirkung von Cannabisblütenprodukten wie insbesondere Abhängigkeiten, wie sie auch beim Ast. aktenmäßig belegt sind. Vor dem Hintergrund der ärztlichen Darlegungen ist den Interessen des Ast. hier der Vorrang einzuräumen.
Hinsichtlich der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes verweist der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts. Die bisherige Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, mit der der Ast. zuvor Cannabisprodukte erlangen konnte, hat der Ast. nach Änderung des § 31 Abs. 6 SGB V zurückgegeben.
Auch eine zeitliche Befristung wie vom Sozialgericht vorgenommen erscheint sachgerecht, wobei der auf Verlängerung gerichtete Neuantrag wie dargelegt nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Der Beschluss des Sozialgerichts war daher wie geschehen nur teilweise abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt das jeweilige teilweise Obsiegen der Beteiligten.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


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