Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Festsetzung eines höheren Streitwerts

Aktenzeichen  6 W 22/18

Datum:
23.11.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33651
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 3
GKG § 48 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

3 T 1087/18 2018-07-05 Bes LGWUERZBURG AG Würzburg

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 05.07.2018, Az. 3 T 1087/18, abgeändert. Der Streitwert wird auf 8.802,06 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer weiteren Beschwerde die Festsetzung eines höheren Streitwerts.
Die Klägerin hat die Beklagten mit Klageschrift vom 09.03.2018 auf Zahlung von Mietzinsrückständen, auf Räumung und Herausgabe der Mieträume sowie auf Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung ab April 2018 in Höhe von 363,78 € brutto verklagt.
Im Termin vom 16.05.2018 haben die Beklagten nach zwischenzeitlichen Teilzahlungen den noch offenen Teil des Zahlungsanspruchs anerkannt. Im Übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Das Amtsgericht hat den Streitwert nicht, wie von der Klägerin beantragt, auf 8.802,06 €, sondern lediglich auf 5.538,10 € festgesetzt. Es hat hierbei den Antrag auf künftige Nutzungsentschädigung mit der 3-fachen Monatsbruttomiete angesetzt (1.091,34 €).
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin führte nur zur Korrektur eines Rechenfehlers (5.528,10 €), blieb in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht führte aus, zwar sei für die Bemessung eines Antrags auf Zahlung einer künftigen Nutzungsentschädigung grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO von einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugehen. Es lägen hier jedoch besondere Umstände vor, weil das Amtsgericht Würzburg gemäß § 272 Abs. 4 ZPO Räumungssachen vorrangig behandle und die gerichtlichen Verfahren daher in aller Regel – wie auch der vorliegende Fall zeige – in drei Monaten beendet seien.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde, der nicht abgeholfen worden ist.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach § 66 Abs. 4, § 68 Abs. 1 S. 5, S. 6 GKG zulässig.
Die weitere Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Der Streitwert ist auf 8.802,06 € festzusetzen. Dabei ist für den Zahlungsanspruch auf künftige Nutzungsentschädigung ein Betrag von 4.365,36 € (12 x 363,78 €) anzusetzen.
Zutreffend geht das Landgericht mit der ganz herrschenden Meinung davon aus, dass die Bestimmung des Streitwerts einer zu zahlenden künftigen Nutzungsentschädigung nicht entsprechend § 9 ZPO (42 Monatsmieten), sondern gemäß § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu erfolgen hat (OLG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2016, 8 W 62/15, Tz. 11; OLG Celle, Beschluss vom 17.02.2014, 2 W 32/14, Tz. 3; OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2012, 5 W 745/12, Tz. 9; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.01.2011, 5 U 158/10, Tz. 9). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeitraum, in dem mit einem Abschluss des Verfahrens – einschließlich der Räumung -zu rechnen ist, regelmäßig mit drei Monaten bemessen werden kann. Denn zu berücksichtigen ist neben der Dauer des Erkenntnisverfahrens auch die Dauer der Vollstreckung. Der Zeitraum für die Vollstreckung ist regelmäßig mit sechs Monaten anzusetzen (OLG Hamburg, a.a.O., Tz. 12). Was das Erkenntnisverfahren anbelangt, ist zu berücksichtigen, dass in Mietsachen nicht selten auch Beweisaufnahmen erforderlich sind, so dass insoweit trotz der nach dem Gesetz gebotenen (§ 272 Abs. 4 ZPO) und beim zuständigen Amtsgericht auch praktizierten vorrangigen Sachbehandlung ebenfalls der Ansatz eines Zeitraums von sechs Monaten grundsätzlich sachgerecht erscheint (ebenso OLG Dresden, a.a.O., Tz. 10). Der Senat schließt sich daher dem bereits von anderen Obergerichten vertretenen Grundsatz an, dass auch in einfach gelagerten Fällen regelmäßig eine Zeitspanne von zwölf Monaten anzunehmen ist (OLG Dresden, a.a.O., Tz. 10; OLG Hamburg, a.a.O., Tz. 12; OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 13).
Umstände, die auf eine kurzfristige Räumung seitens der Beklagten hindeuten, sind der Klageschrift im vorliegenden Fall nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass – rückblickend betrachtet – das Erkenntnisverfahren in weniger als drei Monaten beendet werden konnte und eine Räumung nicht mehr erforderlich war, hat außer Betracht zu bleiben.
III.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 68 Abs. 3 S. 1 GKG. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 S. 2 GKG.


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