Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Prozessführungsbefugnis bei auf die Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Schadensersatzansprüchen

Aktenzeichen  1 S 4370/16

Datum:
22.2.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 158001
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1, § 15 Abs. 3
BGB § 249 Abs. 1, Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Zur gerichtlichen Geltendmachung eines sich aus der Überschreitung des zulässigen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums aus §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG iVm § 280 Abs. 1 BGB bzw. aus einer Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums aus § 823 I BGB ergebenden, auf die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes (hier auf Neuanpflanzung eines beseitigten Baums) gerichteten Schadensersatzanspruchs fehlt dem einzelnen Wohnungseigentümer die Prozessführungsbefugnis. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Auf die Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichtete Schadensersatzansprüche sind, auch wenn Inhaber dieser Ansprüche die einzelnen Eigentümer sind und nicht die Gemeinschaft, im Interesse einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einheitlich, dh aufgrund einer gemeinschaftlichen Entscheidung der Berechtigten, geltend zu machen. In einer WEG besteht eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft iSd § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Gemeinschaftseigentums. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

484 C 19455/13 WEG 2016-01-07 Schlussurteil AGMUENCHEN AG München

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Amtsgerichts München vom 07.01.2016, Az. 484 C 19455/13 WEG, dahingehend abgeändert,
dass der Antrag des Klägers, die Beklagten zu verurteilen, auf dem Gemeinschaftseigentum der WEG auf der Sondernutzungsfläche ihres Reihenhauses, im beigefügten Lageplan mit Nr. 14 bezeichnet, folgende Bäume gemäß beigefügtem Freiflächengestaltungsplan wieder einzupflanzen: 1 X im Gartenbereich des Hauses Nr. 14 lt. Aufteilungsplan, im beigefügten Lageplan mit RP bezeichnet und dort grün umrandet, abgewiesen wird
und der Kläger die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz zu tragen hat.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil das Amtsgerichts München ist, soweit es nicht abgeändert wurde, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H. von 110 % des aus diesem sowie dem in Ziffer 1 genannten Urteil des Amtsgerichts Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger und die Beklagten sind Mitglieder der WEG. Das gemeinschaftliche Grundstück ist mit insgesamt 14 Reihenhäusern und einer Tiefgarage bebaut. An den Räumen der Reihenhäuser wurde jeweils Sondereigentum begründet. Die Beklagten sind Inhaber des Sondereigentums an sämtlichen Räumen des im Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichneten Reiheneckhauses. Westlich daran schließt das im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichnete Reihenhaus an. Der Kläger ist Inhaber des Sondereigentums an sämtlichen Räumen des wiederum westlich neben dem Reihenhaus Nr. 13 gelegenen, im Aufteilungsplan mit Nr. 12 bezeichneten Reihenhauses. Nördlich von den Reihenhäusern befindet sich der gemeinschaftliche Zuweg zu den Häusern. Neben diesem, an der Grenze zum Nachbargrundstück befanden bzw. befinden sich mehrere Hainbuchen. Zwei der Hainbuchen wurden vollständig entfernt. Drei weitere wurden von den Beklagten von ursprünglich ca. 7 m auf ca. 3,5 m heruntergeschnitten. Zudem haben die Beklagten eine Robinia, die sich im südlich ihres Reihenhauses Nr. 14 gelegenen Gartenbereich befand, gefällt. Der Kläger verlangt von den Beklagten die Neuanpflanzung von insgesamt 5 Hainbuchen anstelle der entfernten bzw. heruntergeschnittenen Bäume sowie die Neuanpflanzung einer Robina an der Stelle, wo sich die von den Beklagten entfernte zuvor befand.
Die für die streitgegenständliche Wohnungseigentümergemeinschaft geltende, als Anlage zur Teilungserklärung im Grundbauch eingetragene Gemeinschaftsordnung, enthält in § 1 Ziffer 1. u.a. die folgenden Regelungen:
„Durch die nachfolgenden Regelungen sollen die Wohngebäude vertikal wirtschaftlich so aufgeteilt sein, dass der/die jeweiligen Eigentümer eines Wohnungseigentums für die Instandhaltung, Instandsetzung und Unterhaltung seiner/ihrer Einheit einschließlich der umgebenden konstruktiven Teile des Gebäudes, unabhängig davon, ob es sich um Sonder- oder Gemeinschaftseigentum handelt, ausschließlich und allein zuständig ist. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Daches (z.B. durch Anbringung von Dachgauben und/oder Dachfenstern) oder innerhalb eines Wohnungsleigentums sich befindliche Zwischendecken (z.B. durch Anbringung von Verbindungstreppen).
Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, im Bereich seines Sondereigentums und des seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Gemeinschaftseigentums bauliche Veränderungen vorzunehmen und Außenanlagen einschließlich der Bepflanzung zu ändern, sofern hierzu die erforderlichen öffentliche-rechtlichen Genehmigungen erteilt sind und zwingende Nachbarrechte bzw. zwingende Rechte anderer Wohnungseigentümer dadurch nicht beeinträchtigt werden.
Durch Änderungen von Bauteilen des Sondereigentums darf das architektonische Erscheinungsbild nicht gestört werden.

Diese Rechte stehen entsprechend mehreren Wohnungseigentümern zu, soweit Gemeinschaftseigentum ihrem gemeinsamen Sondernutzungsrecht unterliegt.
Im vorgenannten Rahmen erteilen die übrigen Wohnungseigentümer zu diesen Maßnahmen bereits heute gegenseitig unwiderruflich ihre Zustimmung, soweit rechtlich möglich.
In § 2 wurden sodann einzelnen Eigentümern Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen. U.a. wurde gemäß § 2 Ziffer 2. a) den jeweiligen Inhabern eines jeden Wohnungseigentums jeweils diejenige Fläche, welche in dem der Teilunserklärung als Analge V beigefügten Plan rot umrandet und mit SNR sowie der gleichen Nummer wie das betreffende Wohnungseigentum gekennzeichnet ist, samt den darauf befindlichen im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteilen zur alleinigen Nutzung zugewiesen.“
Hierzu heißt es in § 2 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung:
Die Sondernutzungsrechte umfassen jeweils auch die im Bereich dieser Sondernutzungsflächen liegenden baulichen Anlagen und Einrichtungen, wie Terrassen, Zugänge, Abmauerungen etc. und die im Bereich dieser Grundstücksflächen liegenden sonstigen Außenanlagen, wie Bäume, Sträucher etc.
Die streitgegenständliche Robina befand sich dabei im Bereich derjenigen Grundstückfläche, die gemäß § 2 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung sowie dem als Anlage V der Teilungserklärung beigefügten Plan den Beklagten als Inhaber des Sondereigentums an den Räumen des Reihenhauses Nr. 14 zur alleinigen Nutzung zugewiesen wurde.
In § 2 Ziffer 3 der Gemeinschaftsordnung ist weiter folgendes bestimmt:
Der jeweilige Sondernutzungsberechtigte hat dafür Sorge zu tragen, dass andere Wohnungseigentumseinheiten durch Pflanzen nicht verschattet werden.
Der jeweilige Inhaber des Sondernutzungsrechts an Garten- und Terrassenflächen ist verpflichtet, diese Flächen sorgsam zu behandeln und stets gepflegt zu halten, Pflanzungen sind auf Kosten des jeweiligen Sondernutzungsberechtigten vorzunehmen.
Der Kläger ist u.a. der Ansicht, die Entfernung der Robina stelle eine unzulässige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar. Außerdem hätte die Robina auch deshalb nicht entfernt werden dürfen, weil sie im Freiflächengestaltungsplan, der Teil der für das Grundstück erteilten Baugenehmigung sei, als zu erhaltende Bepflanzung eingezeichnet sei. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes liege nicht vor. Eine Veränderung der Bepflanzung sei nach der Gemeinschaftsordnung überdies nur dann zulässig, wenn hierfür eine öffentlich-rechtliche Genehmigung vorliege. Eine solche sei aber nicht e eilt worden.
Die Beklagten sind u.a. der Meinung, sie wären aufgrund der Regelungen in der Gemeinschaftsordnung dazu berechtigt gewesen, die Robina zu fällen. Diese habe andere Wohneinheiten verschattet. Zudem sei das Wurzelwerk derart schädlic für die darunter liegende Garage und das angrenzende Mauerwerkt gewesen, dass es keine andere Möglichkeit gegeben habe, als den Baum zu fällen. Die Robinia sei auch nicht in dem Freiflächengestaltungsplan eingezeichnet, vielmehr befänden an der fraglichen Stelle im Plan eine Weigelie und eine Eibe, die allerdings nie durch die Gemeinschaft gepflanzt worden seien. Für die Fällung der Robina sei eine öffentlich-rechtliche Genehmigung, insbesondere eine solche nach der Baumschutzverordnung, nicht erforderlich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Klägers auf Neuanpflanzung von fünf Hainbuchen mit Teilurteil vom 30.06.2015 abgewiesen.
Mit Schlussurteil vom 07.01.2016 hat das Amtsgericht die Beklagten dazu verurteilt, im Gartenbereich des Reihenhauses im Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichnet folgende Bäume wieder einzupflanzen: Eine Robina im beigefügten Lageplan mit RP bezeichnet und dort grün umrandet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe aus § 1004 I BGB i.V. mit §§ 15 III, 14 Nr. 1 WEG ein Anspruch auf Beseitigung der Störung und Widerherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes zu, den er auch alleine geltend machen könne. Die Beseitigung der Robina überschreite die Grenze des nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Mitgebrauchs, da hierdurch der optische Gesamteindruck der Gartenanlage verändert worden sei. Die Robina habe einen Sichtschutz gegenüber der Fassade des dahinterliegenden Wohnhauses dargestellt. Die Wegnahme dieses Sichtschutzes stelle eine Beeinträchtigung dar. Die Beseitigung des Baumes sei auch nicht aufgrund der in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelungen zulässig gewesen, da diese Veränderungen im Bereich des Sondereigentums bzw. des der alleinigen Nutzung einzelner Eigentümer unterliegenden Gemeinschaftseigentums nur unter der Voraussetzung erlaube, dass zwingende Rechte anderer Wohnungseigentümer dadurch nicht beeinträchtigt werden. Eine Verletzung zwingender Rechte sei jedoch gegeben, da die Beseitigung zu einer Veränderung des optischen Erscheinungsbildes und damit zu einem Nachteil des Klägers i.S. des § 14 Nr. 1 WEG geführt habe und der Sichtschutz zu dem dahinterliegenden Anwesen dem Kläger genommen worden sei. Auch die von den Beklagten behauptete Verschattung anderer Wohneinheiten rechtfertige die Beseitigung der Robina nicht, da der Bestandsschutz eines bei Erwerb des Wohnungseigentums vorhandenen Baumes Vorrang vor dem Interesse eines Eigentümers an der Beseitigung einer Verschattung habe. Allenfalls hätte eine Verschattung einen Rückschnitt des Baumes gerechtfertig. Einen Beweis dafür, dass durch das Wurzelwerk des Baumes die Garagendecke beschädigt worden sei, seien die Beklagten schuldig geblieben, da sie den vom Gericht geforderten Vorschuss für die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage nicht eingezahlt haben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Gegen das Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt und beantragen:
Das Urteil des Amtsgerichts München vom 07.01.2016 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihrer Anträge wiederholen die Parteien im Wesentlichen ihren Vortrag aus der 1. Instanz.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache auch begründet. Dem Kläger fehlt für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Neuanpflanzung einer Robina an der Stelle, an der sich die von Beklagtenseite entfernte Robina befand, die Prozessführungsbefugnis, so dass die Klage bereits unzulässig ist.
1. Ungeachtet des Umstandes, dass sich der streitgegenständliche Baum auf einer Fläche befand, an der den Beklagten als Eigentümer der Räume des Reihenhauses Nr. 14 nach den in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelungen das alleinige Nutzungsrecht eingeräumt wurde, stand die Robina im gemeinschaftlichen Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer der WEG. Denn das Sondernutzungsrecht lässt die sachenrechtliche Zuordnung des Nutzungsgegenstandes zum Gemeinschaftseigentum unverändert (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2014, Az: V ZR 315/13, juris Rn. 19, Bärmann, 13. Aufl., Rn 74 zu § 13 WEG). Insbesondere konnte an der Grundstücksfläche kein Sondereigentum begründet werden, da die Grundstücksflächen gemäß § 1 V WEG zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören, Sondereigentum hieran also nicht gemäß §§ 3 I, 5 I WEG begründet werden kann (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn. 87 zu § 5 WEG). Damit stand aber auch der sich auf dieser Fläche befindliche Baum als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks i.S. des § 94 BGB im gemeinschaftlichen Eigentum. Sofern die Beklagten zum Fällen der Robina nicht aufgrund der zwischen den Eigentümern getroffenen Vereinbarungen oder eines wirksamen Beschlusses berechtigt waren, hätten sie sich daher gemäß §§ 14 Nr. 1 WEG, 15 III WEG i.V. mit § 280 I BGB sowie gemäß § 823 I BGB den anderen Eigentümern gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Denn das Fällen und damit Zerstören eines im im gemeinschaftlichen Eigentums stehenden Baumes überschreitet, sofern es nicht ausdrücklich durch Vereinbarung oder Beschluss gestattet ist, den nach § 14 Nr. WEG zulässigen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Zur gerichtlichen Geltendmachung eines sich aus der Überschreitung des zulässigen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums aus §§ 14 Nr. 1, 15 III WEG i.V. mit § 280 I BGB bzw. aus einer Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums aus § 823 I BGB ergebenden, auf die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes gerichteten Schadensersatzanspruchs fehlt dem Kläger allerdings die Prozessführungsbefugnis. Denn gemäß § 249 I, II BGB hat der Geschädigte hier grundsätzlich die Wahl zwischen Naturalrestitution, also der Wiederherstellung des Zustandes, der ohne den Eintritt des zum Ersatz verpflichtenden Umstandes bestehen würde und Geldersatz. Dieses Wahlrecht würde den übrigen Eigentümern genommen und dadurch in ihr Recht zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen, wenn ein Einzelner den Anspruch ohne ihre Ermächtigung selbständig geltend machen könnte. Schon deshalb sind solche auf die Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichtete Schadensersatzansprüche, auch wenn Inhaber dieser Ansprüche die einzelnen Eigentümer sind und nicht die Gemeinschaft, im Interesse einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einheitlich, d.h. aufgrund einer gemeinschaftlichen Entscheidung der Berechtigten, geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2014, Az: V ZR 25/13, juris Rn 17; BGH, Urteil vom 11.12.1992, Az: V ZR 118/91, juris, Rn. 10 ff). In einer WEG besteht daher eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft i.S. des 10 VI Satz 3, Halbsatz 1 WEG für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Gemeinschaftseigentums (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2014, Az: V ZR 25/13, juris Rn 17; Bärmann, 13. Aufl., Rn 249 zu § 10 WEG). Der im Beschluss des Bayerischen Obersten Landgerichts vom 30.07.1998, Az: 2Z BR 54/98 hierzu vertretenen Ansicht, dass solche Schadensersatzansprüche von den einzelnen Eigentümern als Individualanspruch ohne Ermächtigung der übrigen Eigentümer geltend gemacht werden können (vgl. BayObLG, Beschluss vom 30.07.1998, Az: 2 BR 54/98, juris Rn. 12) ist aus den genannten Erwägungen nicht zuzustimmen. Sie steht zudem im Widerspruch zu der zuvor zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.
2. Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Neuanpflanzung einer Robina durch die Beklagten und damit auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes auch nicht auf § 15 III WEG i.V. mit § 1004 I BGB stützen. Anders als bei Ansprüchen auf Ersatz des Schadens wegen einer Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums ist der einzelne Wohnungseigentümer zwar grundsätzlich dazu befugt, Beseitigungsansprüche aus § 15 III WEG i.V. mit § 1004 I BGB ohne eine Ermächtigung der übrigen Wohnungseigentümer geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2014, Az: V ZR 25/13, juris Rn 17; BGH, Urteil vom 05.12.2014, Az: V ZR 5/14, juris Rn 6; BGH, Urteil vom 11.12.1992, Az: V ZR 118/91, juris, Rn. 14). Der Anspruch aus § 1004 I BGB ist jedoch nur auf die Beseitigung der Beeinträchtigung durch deren Abstellung für die Zukunft, nicht hingegen auf die Herstellung des früheren Zustandes durch Beseitigung ihrer Folgen, die nur als Schadensersatz nach § 823 BGB bzw. vorliegend auch nach § 14 Nr. 1 WEG i.V. mit § 280 BGB verlangt werden kann, gerichtet (vgl. Palandt, 76. Aufl., Rn 28 zu § 1004 BGB; BGH, Urteil vom 12.12.2003, Az: V ZR 98/03, juris Rn 8). Die von dem Kläger vorliegend verlangte Ersatzpflanzung ist hingegen gerade auf eine Beseitigung der bereits eingetretenen Einwirkungsfolgen gerichtet und kann daher nur unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gemäß § 14 Nr. 1 WEG i.V. mit § 280 BGB und § 823 I BGB verlangt werden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 30.07.1998, Az: 2 BR 54/98, juris Rn 17; BGH, Urteil vom 11.12.1992, Az: V ZR 118/91, juris). Selbst wenn man zu der Annahme käme, dass konkurrierend zu den sich aus § 14 Nr. 1 WEG i.V. mit § 280 BGB und § 823 I BGB ergebenden Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums auch ein Anspruch gemäß § 15 III WEG i.V. mit § 1004 I BGB gegeben wäre, so wäre wegen der hierzu in Konkurrenz stehenden, auf dieselbe Rechtsfolge gerichteten Schadensersatzansprüche der Kläger nicht dazu berechtigt, den Beseitigungsanspruch ohne Ermächtigung durch die übrigen Anspruchsinhaber geltend zu machen. Denn würde man dies zulassen, so könnte hierdurch wiederum das allen Berechtigten im Rahmen des ihnen zustehenden Schadensersatzanspruchs aus § 14 Nr. 1 WEG i.V. mit § 280 BGB und § 823 I BGB zukommende Wahlrecht zwischen Naturalrestitution (§ 249 I BGB) und Geldersatz (§ 249 II BGB) vereitelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.2014, Az: V ZR 25/13, juris Rn 17). Auch bestünde die Gefahr, dass der Schuldner mit zwei verschiedenen Gläubigern konfrontiert wäre, wenn die Eigentümer gemeinsam den ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch und ein einzelner Eigentümer daneben den Beseitigungsanspruch nach § 1004 I BGB geltend machen könnte.
3. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch in der Sache nicht gegeben sein dürfte, weil die Beklagten nach der in § 1 Nr. 1, 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung, wonach jeder Wohnungseigentümer u.a. dazu berechtigt ist, im Bereich des seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Gemeinschaftseigentums bauliche Veränderungen vorzunehmen und Außenanlagen einschließlich der Bepflanzung zu ändern, sofern hierzu die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erteilt sind und zwingende Nachbarrechte bzw. zwingende Rechte anderer Wohnungseigentümer dadurch nicht beeinträchtigt werden, die auf der ihnen zur Sondernutzung zugewiesenen Grundstücksfläche befindliche Robina zu fällen.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann die Regelung in § 1 Nr. 1, 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung nicht so verstanden werden, dass bauliche Veränderungen und Änderungen der Außenanlagen einschließlich der Bepflanzung nur dann zulässig sind, wenn sie sich im Rahmen des nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Gebrauchs halten. Dagegen spricht schon der Wortlaut der Bestimmung der solche Maßnahmen nur dann verbietet, wenn dadurch zwingende Rechte der anderen Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden. Unter zwingenden Rechten werden üblicherweise aber nur solche verstanden, die nicht durch Vereinbarung abbedungen werden können. Hierzu zählt die Vorschrift des § 14 Nr. 1 WEG aber gerade nicht (vgl. Bärmann, 13. Aufl., Rn 2 zu § 14 WEG). Wollte man dies anders sehen, wären bauliche Veränderungen an den einzelnen Reihenhäusern weitgehend ausgeschlossen, da diese, jedenfalls dann, wenn sie von außen sichtbar sind, regelmäßig über den nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Gebrauch hinaus gehen. Dies würde aber dem erkennbaren Zweck der Regelung in § 1 Nr. 1, 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung zuwiderlaufen und diese weitgehend leerlaufen lassen. Dass den einzelnen Eigentümer hinsichtlich der Gestaltung des Reihenhauses, in dem sich die in seinem Sondereigentum stehenden Räumlichkeiten befinden und der an dieses Haus anschließenden ihnen zur Sondernutzung zugewiesenen Grundstücksfläche weitergehende Befugnisse eingeräumt werden sollten als nach dem Gesetz vorgesehen, kommt auch in § 1 Nr. 1, 1. Absatz der Gemeinschaftsordnung zum Ausdruck, wonach die Instandsetzung, Instandhaltung und Unterhaltung des Gebäude einschließlich der dieses umgebenden konstruktiven Teile dem jeweiligen Eigentümer zugewiesen wurde, in dessen Sondereigentum die darin befindlichen Räume stehen und diesem auch das Recht zum Anbringen von Dachgauben und/oder Dachfenstern an diesem Gebäude eingeräumt wurde. Die Regelung in § 1 Nr. 1, 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung ist daher richtig so auszulegen, dass der jeweilige Sondernutzungsberechtigte grundsätzlich auch solche Änderungen an der Bepflanzung durchführen darf, die über das nach § 14 Nr. 1 WEG zugelassene Maß hinaus gehen, sofern nicht Nachbarrechte oder zwingende, d.h. nicht abdingbare Rechte anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden und die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erteilt sind.
Die Beseitigung der Robina verstößt weder gegen zwingende Nachbarrechte noch verletzt sie zwingende Rechte der anderen Wohnungseigentümer. Insbesondere stellt der Anspruch auf unveränderter Beibehaltung des optischen Erscheinungsbildes der Außenanlagen kein zwingendes Recht der Wohnungseigentümer dar, sondern kann durch Vereinbarung durchaus eingeschränkt werden. Unschädlich ist schließlich, dass die Beklagten nicht im Besitz einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung für die Entfernung der Robina sind. Nach der Regelung in § 1 Nr. 1, 2. Absatz der Gemeinschaftsordnung hätte eine solche nämlich nur erholt werden müssen, wenn sie nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen auch tatsächlich erforderlich war und nicht etwa bei jeder Vornahme einer baulichen Veränderung bzw. Änderung der Außenanlage einschließlich der Bepflanzung, selbst wenn die Maßnahme nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften genehmigungsfrei ist. Jede andere Auslegung wäre letztlich auch nicht praktikabel. Denn wenn eine Maßnahme nach öffentlich-rechtlichen Bestimmungen genehmigungsfrei ist, wird eine öffentlich-rechtliche Genehmigung in der Regel von den zuständigen Behörden nicht erteilt werden. Für die Entfernung der Robina bedurfte es aber keiner öffentlich-rechtlichen Genehmigung. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht München vom 24.03.2015 ausweislich des Protokolls dieser Verhandlung selbst ausgeführt hat, betrug der Stammumfang der von den Beklagten gefällten Robina ca. 80 cm. Einen Beweis dafür, dass der Baum einen größeren Stammumfang hatte, hat der Kläger auch nicht angeboten. Laubbäume, die in 100 cm Höhe über den Erdboden einen Stammumfang von 100 cm nicht überschreiten und die keine Ersatzpflanzungen sind, fallen aber nicht in den Schutzbereich der Baumschutzverordnung der Gemeinde Unterföhring (BSchVO) und können ohne Genehmigung entfernt werden (§ 4 Nr. 2 BSchVO). Das hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2015 der als Zeuge vernommene Leiter des Umweltamtes der Gemeinde Unterföhring, Otto Kraus, der dort für die Erteilung von Genehmigungen nach der Baumschutzverordnung zuständig ist, so gesehen. Das Erfordernis der Erholung einer Genehmigung für die Entfernung der Robina ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Bebauungsplan i.V. mit dem Freiflächengestaltungsplan, unabhängig von der Frage, ob dort die Robina als zur erhaltender Baumbestand eingezeichnet ist. Wie der Zeuge K. als Mitarbeiter der Gemeinde Unterföhring dem Amtsgericht München nämlich im Schreiben vom 22.04.2015, bei dem es sich um eine amtliche Auskunft i.S. des § 273 II Nr. 2 ZPO handelt, mitgeteilt hat, wurde der Gemeinde Unterföhring seitens des Landratsamtes München im Bezug auf die für das Anwesen erteilte Baugenehmigung erklärt, dass Auflagen zur Erhaltung des Baumbestandes heute in Bereichen ohne Bebauungsplan mangels rechtlicher Grundlage nicht mehr gemacht werden und daher eine solche Auflage in der Baugenehmigung von 1993 nicht vollzogen würde. Diese Auskunft des Landratsamtes München an die Gemeinde Unterföhring liegt dem Schreiben der Gemeinde Unterföhring vom 22.04.2015 als Anlage bei. Damit steht aber fest, dass auch die Baugenehmigung einer Entfernung der Robina nicht entgegen stand.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens in 1. Instanz beruht auf § 91 I ZPO. Die Berufung des Klägers gegen das vom Amtsgericht erlassene Teilurteil vom 30.06.2015, welche unter dem Az: 1 S 13878/15, ebenfalls bei der hiesigen Kammer anhängig war, wurde mit Urteil vom heutigen Tag zurückgewiesen, so dass dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz insgesamt aufzuerlegen waren.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
3. Die Revision war gemäß § 543 II ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der inmitten stehenden Rechtsfragen betreffend die Prozessführungsbefugnis des Klägers für den von ihm geltend gemachten Wiederherstellungsanspruch zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt vor, wenn eine für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher höchstrichterlich nicht geklärt, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und wenn sie das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, weil sie sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Dabei kann sich die Grundsatzbedeutung einer Rechtsfrage auch ohne Streit in Rechtsprechung oder Literatur allein aus ihrem Gewicht für die beteiligten Verkehrskreise ergeben (Zöller, 31. Aufl., Rn 11 zu § 543 ZPO; Thomas/Putzo, 37. Aufl., Rn 20 zu § 511 ZPO). Dies ist hier anzunehmen. Zum einen gibt es zur Frage, ob der Anspruch auf Wiederherstellung eines beseitigten Baumes ein reiner Schadensersatzanspruch ist, der nur auf § 823 BGB bzw. 280 BGB gestützt werden kann, oder ob die Wiederherstellung gemäß § 1004 BGB verlangt werden kann, keine einheitliche Rechtsprechung. So geht das BayObLG in der Entscheidung vom 30.07.1998, Az: 2Z BR 54/98 davon aus, dass die Beseitigung einer Grundstücksbepflanzung nicht als bauliche Veränderung i.S. von § 22 I WEG anzusehen ist, die Wiederherstellung einer Anpflanzung nicht der Rückgängigmachung einer baulichen Veränderung gleichgesetzt und auf § 1004 I Satz 1 BGB gestützt werden kann, sondern nur unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gemäß § 823 I, II, 1004 I, 249 I BGB verlangt werden kann (BayObLG, Beschluss vom 30.07.1998, Az: 2Z BR 54/98, juris Rn 17). Ebenso wird in der Entscheidung des BGH vom 11.12.1992, Az: V ZR 118/91 wegen des dort geltend gemachten Anspruchs auf Neuanpflanzung einer zuvor gefällten Birke ein Anspruch gemäß § 1004 I BGB nicht weiter in Erwägung gezogen, sondern werden allein Schadensersatzansprüche geprüft (BGH, Urteil vom 11.12.1992, Az: V ZR 118/91, juris Rn 8-17). Andererseits geht der BGH im Urteil vom 15.10.1999, Az: V ZR 77/99 davon aus, dass ein Anspruch auf Wiederherstellung einer abgeholzten Hecke sowohl auf § 1004 I BGB als auch auf § 823 II i.V. mit §§ 1004, 922 Satz 3, 249 I BGB gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 15.10.1999, Az: V ZR 77/99, juris Rn 15). Zum anderen lässt sich der Entscheidung des BGH vom 07.02.2014, Az: V ZR 25/13 nicht entnehmen, ob im Falle einer Konkurrenz von Beseitigungsansprüchen nach § 1004 I BGB mit Schadensersatzansprüchen nach § 823 I BGB i.V. mit § 249 I BGB für die Ansprüche insgesamt eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, oder ob der einzelne Eigentümer den auf § 1004 I BGB gestützten Beseitigungsanspruch jedenfalls so lange selbständig geltend machen kann, wie die Gemeinschaft von einer Geltendmachung des konkurrierenden Schadensersatzanspruchs absieht.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde bereits mit im Termin vom 21.12.2016 verkündeten Beschluss auf € 4.000,00 festgesetzt. Zugleich wurde die Streitwertfestsetzung für die 1. Instanz von Amts wegen gemäß § 63 III Nr. 2 GKG abgeändert und der Streitwert für die 1. Instanz auf € 24.000,00 festgesetzt.


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