Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Schadensersatz, Unfallversicherung, Amtshaftung, Berufsgenossenschaft, Heilbehandlung, Rechtsweg, Verletzung, Sonderzuweisung, Anspruch, Streitgegenstand, Verschulden, Vereinbarung, Zulassung, Vorverfahren, gesetzlichen Unfallversicherung, Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, Zulassung der Rechtsbeschwerde

Aktenzeichen  4 W 46/20

Datum:
6.8.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 56233
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

33 O 218/12 2017-05-17 Urt LGASCHAFFENBURG LG Aschaffenburg

Tenor

Die Verfahrensbeteiligten, namentlich der Beklagte und Beschwerdegegner (im Folgenden: Beklagter), erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den nachstehenden Ausführungen binnen eines Monats.

Gründe

1. Der Senat erinnert zunächst an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur öffentlichrechtlichen Amtsträgereigenschaft eines Durchgangsarztes, wenn dieser im Auftrag der Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entscheidung über die Durchführung einer allgemeinen oder besonderen Heilbehandlung trifft (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2020 – VI ZR 281/19 -, juris, Rn. 13, m. w. N.).
Ebenso wird vom Bundesgerichtshof, in Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes, wonach eine ärztliche Heilbehandlung regelmäßig keine Ausübung eines öffentlichen Amtes darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2020 – VI ZR 281/19 -, juris, Rn. 12), eine den Anwendungsbereich des § 839 Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 34 Satz 1 GG eröffnende hoheitliche Tätigkeit in Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes auch bei der Durchführung einer Eingangsuntersuchung und der nachfolgenden Diagnosestellung angenommen (BGH, Urt. v. 10.03.2020 – VI ZR 281/19 -, juris, Rn. 14).
Hierüber scheint zwischen den Parteien, nicht zuletzt auch aufgrund der durch die wirksame Streitverkündung der gegenwärtigen Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) im Vorverfahren vor dem Landgericht Aschaffenburg, welches mit rechtskräftigem und auf Verurteilung der Beklagten aus Amtshaftung lautenden Ersturteil vom 17.05.2017 geendet hat (LG Aschaffenburg, Urt. v. 17.05.2017 – 33 O 218/12 -), weder dem Grunde noch der Rechtsfolge nach Streit zu bestehen.
2. Der Senat weist sodann darauf hin, dass nach seiner derzeitigen Auffassung die Herangehensweise des Erstgerichts in Bezug auf die Beantwortung der Frage, ob es für eine Bestimmung der Rechtswegeröffnung im vorliegenden Fall, entweder zu den ordentlichen Gerichten (§§ 13, 17 GVG) oder zu den Sozialgerichten (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG), jedenfalls nicht vollumfänglich einer rechtlichen Überprüfung wird standhalten können.
a) Das Erstgericht hat dargelegt, weshalb es bei der von der Klägerin anfänglich selbst herangezogenen Anspruchsgrundlage, § 280 BGB i.V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII (so Klageschrift v. 20.12.2017, S. 21), und der rechtlichen Natur eines solchen Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung eines öffentlichrechtlichen Vertrags, um welchen es sich bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten nun einmal handelt (vgl. Etwa nur BSG, Urt. v. 12.01.2020 – B 2 U 28/08 R -, juris, Rn. 9, m. w. N.), für sich genommen folgerichtig zur Eröffnung des Sozialgerichtsweges gem. § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG gelangt ist (vgl. Insoweit grundlegend BSG, Beschluss vom 22.04.2009 – B 13 SF 1/08 R -, juris, Rn. 11; BSG, Beschluss vom 06.09.2007 – B 3 SF 1/07 R -, juris, Rn. 9; jew. m. w. N.).
Dies begegnet, für sich genommen auch zunächst keinen rechtlichen Vorbehalten.
b) Vorerst nicht beizutreten vermag der Senat indessen der Frage, ob im vorliegenden Fall eine gesetzliche – oder gar verfassungsrechtliche – Rechtswegeröffnung im Sinne einer Sonderzuweisung vorhanden ist, namentlich die des Art. 34 Satz 3 GG.
Der Ablehnung einer zu den ordentlichen Gerichten aufdrängenden Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO vermag der Senat insoweit, da im Falle einer anzunehmenden Verletzung eines öffentlichrechtlichen Vertrags hieraus gerade keine Rechtswegeröffnung zu den ordentlichen Gerichten stattfände, sofern zudem ein Bürger gegenüber dem Staat als Kläger aufträte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.03.2016 – 7 B 45/15 -, juris, Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.11.2017 -L 1 KR 484/15 -, juris, Rn. 69), noch beitreten, allerdings erscheint auch dies eher von nachrangiger Bedeutung.
aa) Das Erstgericht hat sich zwar im Ansatz durchaus auch mit dieser Frage und der naheliegenden Vorschrift des Art. 34 Satz 3 GG auseinandergesetzt. Der Senat teilt aber nicht die Annahme des Erstgerichts, wonach es sich bei Art. 34 Satz 3 GG nur um eine (institutionelle) Garantie einer vom einfachen Gesetzgeber erst noch auszufüllende Rechtswegeröffnung oder Sonderzuweisung handle. Selbst in der (Kommentar-)Literatur zu Art. 34 GG die von der Erstentscheidung singulär zitierte Meinung keineswegs einhellig geteilt wird oder auch nur als „herrschend“ bezeichnet werden kann.
bb) Der Senat vermag zwar zunächst die Richtigkeit der angeführten Kommentarfundstelle als solche zu bestätigen, wonach es sich bei Art. 34 Satz 3 GG „nur“ um eine verfassungsrechtliche prozessuale Garantie in Gestalt einer Rechtswegregelung handeln soll (so Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 305 ), die, wie dies etwa bei institutionellen Garantien, beispielsweise der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 1 und 2 GG) des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) der Fall ist, vom einfachen Gesetzgeber auszufüllen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.01.2020 – 2 BvR 2055/16 -, juris, Rn. 31, m. w. N. – zu Art. 33 Abs. 5 GG; BVerfG, Urt. v. 21.11.2017 – 2 BvR 2177/16 -, juris, Rn. 77, m. w. N. – zu Art. 28 Abs. 1 und 2 GG).
Diese Ansicht stützt sich, soweit aus der vorgenannten Fundstelle unmittelbar erkennbar, allerdings nur auf eine weitere, vom Erstgericht nicht weiter in den Blick genommene, Kommentarfundstelle (Dagtoglou, BK-GG, Art. 34 Rn. 357; zitiert nach Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 305 ).
Anderweitig innerhalb der Kommentarliteratur finden sich indessen nicht wenige Stimmen, wonach Art. 34 Satz 3 GG – ebenso wie Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG -, eine verfassungsunmittelbare und damit jedenfalls vom einfachen (Bundes-)Gesetzgeber unverrückbare Rechtswegeröffnung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus Amtshaftung wie aber auch für den Regress des Staates gegenüber dem die Amtshaftung auslösenden Beamten im staatshaftungsrechtlichen Sinne darstellt (vgl. etwa Antoni, in: Hömig/Wolf, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 9; Detterbeck, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 86; Grzeszick, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 34 Rn. 34, 40). Auch außerhalb der Kommentarliteratur wird von namhaften Stimmen eine verfassungsunmittelbare Rechtswegeröffnung durch Art. 34 Satz 3 GG angenommen (etwa Ossenbühl/Cornils, in: Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Teil Rn. 122).
cc) Der Senat verkennt auch nicht, dass, wenngleich dies bekanntermaßen nicht immer ein „ultimativ schlagendes Argument“ sein muss, die unterschiedliche Wortwahl des Verfassungsgesetzgebers, der in Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG einerseits den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten ausdrücklich für „offen“ erklärt, in Art. 34 Satz 3 GG dagegen – scheinbar – nur einen „Ausschluss“ des ordentlichen Rechtswegs seinerseits ausgeschlossen hat.
Bei näherer Betrachtung – und Rückgriff auf die allgemein vom Gesetzgeber geregelte Ausschließlichkeit eines Rechtsweges für ein und denselben Streitgegenstand (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) – regeln Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 34 Satz 3 GG das Gleiche, nämlich die – ausschließliche – Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten (für Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG ausdrücklich auch Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 750). Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass, gerade auch im Hinblick auf die in Rede stehende Eröffnung des Sozialgerichtsrechtswegs über § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG, nach Maßgabe von § 202 Satz 1 SGG i.V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG die Eröffnung des Sozialgerichtsweges die Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten, nach § 13 GVG letztlich zu den Zivilgerichten, jedenfalls vorübergehend (arg. e. § 17a GVG), „sperren“ würde und umgekehrt.
dd) Diese Annahme findet ihre, wenn auch „nur“ einfachgesetzliche, Stütze unmittelbar in der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, wonach durch die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG die – ohnehin in der Normenhierarchie höherrangigeren – Vorgaben der Art. 14 Abs. 3 Satz 4 und Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleiben (so auch BGH, Urt. v. 12.03.2020 – I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22).
ee) Und schließlich hat auch der Gesetzgeber im Zuge der Neufassung der §§ 17 und 17a GVG durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 4. VwGOÄndG (Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens , BGBl I S. 2809 ) unmissverständlich, sowohl in Art. 14 Abs. 3 Satz 4 als auch in Art. 34 Satz 3 GG, jeweils eine unmittelbare Eröffnung des ordentlichen Rechtswegs erblickt (vgl. BT-Drs. 11/7030, S. 37: „Eine Ausnahme gilt für die Fälle, in denen das Grundgesetz (Art. 14, 34) den ordentlichen Rechtsweg vorschreibt.“).
c) Vor diesem Hintergrund erscheint die gegenwärtig vom Erstgericht ausgesprochene Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten nur insoweit zutreffend, als von der Klägerin Ansprüche verfolgt werden, die ohne verdrängende Sonderzuweisung nach Art. 34 Satz 3 GG allein der Rechtswegeröffnung nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG unterfallen.
Dies wiederum betrifft vorliegend lediglich die als „Mehrkosten“ geltend gemachten höheren Behandlungskosten, die sich als Schadensersatz aus Pflichtverletzung eines öffentlichrechtlichen Vertragsverhältnisses (§ 280 Abs. 1 BGB i.V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII) begründen lassen.
Für den Anspruch auf Schadensersatz aufgrund vorangegangener Haftungsüberleitung auf die gegenwärtige Klägerin als vormalige Beklagte aus dem hoheitlichen Tätigwerden des gegenwärtigen Beklagten nach Maßgabe von Art. 34 Satz 1 GG und der nun verfolgte Regress nach Maßgabe von Art. 34 Satz 2 GG ist demgegenüber allein der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gem. Art. 34 Satz 3 GG eröffnet.
d) Der Senat tendiert dazu, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) nur für den unmittelbar aus Art. 34 Satz 2 GG folgenden Regressanspruch für eröffnet zu erklären.
Insoweit handelt es sich materiellrechtlich wie auch prozessual um einen eigenen Verfahrensgegenstand, der sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach seinen Ursprung allein in der Haftungsüberleitung des Art. 34 Satz 1 GG findet. Für die zwischen den Parteien im Streit stehenden „Mehrkosten“ als weitere Folge des klägerseitig behaupteten haftungsbegründenden Fehlverhaltens des Beklagten wäre, auch nach Auffassung des Senats, allein der Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG) eröffnet. Im vorliegenden Fall wären dies nach den Darlegungen der Klägerin in der Klageschrift wohl die mit der Klage in Ziff. 3 ebenfalls geltend gemachten „Mehrkosten“ in Höhe von 78.987,07 €.
aa) Nach Ansicht des Senats steht einer diesbezüglichen Zuweisung zu den Sozialgerichten die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Eröffnung einer rechtswegüberschreitenden Sachkompetenz des Gerichts des zulässigen Rechtswegs durch § 17 Abs. 2 GVG nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 – I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22).
Der Umstand, dass ein im eröffneten Rechtsweg zuständiges Gericht über Normen zu befinden hat, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden, erzwingt für sich alleine eine anderweitige Rechtswegeröffnung nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 – I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22; BGH, Beschluss vom 04.12.2003 – I ZB 19/03 -, juris, Rn. 25 ff.). Anders ist dies allerdings zu beurteilen, wenn verschiedene prozessuale Ansprüche, also Streitgegenstände, vorliegen, über die gegebenenfalls auch etwa durch ein Teilurteil entschieden werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 – I ZR 126/18 -, juris, Rn. 19 ff.).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den „Mehrkosten“ nicht um einen materiellrechtlich geltend gemachten Anspruch, der auf zwei alternative Anspruchsgrundlagen, Amtshaftung und Vertragsverletzung, gestützt werden kann. Vielmehr lassen sich diese absehbar von vornherein nur als Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines sozialrechtlichen Vertragsverhältnisses begründen, wohingegen allein der daneben geltend gemachte „Regressschaden“, der aus dem Vorprozess stammt, in welchem die gegenwärtige Klägerin qua Haftungsüberleitung Beklagte gewesen war, sowohl auf eine solche einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage (§ 280 Abs. 1 BGB i.V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII) wie auch auf Art. 34 Satz 2 GG gestützt werden könnte. Nur für diesen Anspruch besteht aber die – verfassungsrechtlich zwingende – Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten nach Art. 34 Satz 3 GG.
bb) Die Eröffnung einer rechtswegüberschreitenden Sach- und Entscheidungskompetenz nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG erfordert einen einheitlichen Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs und nicht nur einen bestimmten materiellrechtlichen Anspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 – III ZB 59/13 -, juris, Rn. 13 ff., m. w. N.). Der somit in den Blick zunehmende zweigliedrige Streitgegenstand bestimmt sich durch Klageantrag einerseits und Lebenssachverhalt andererseits (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 – III ZB 59/13 -, juris, Rn. 16, m. w. N.). Die vorgenannte Kompetenz wird durch den 1991 neu gefassten § 17 Abs. 2 GVG aber nur dann eröffnet, wenn ein Klageanspruch als solcher auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete, Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 – III ZB 59/13 -, juris, Rn. 14).
Fehlt es in Bezug auf einen Klagegegenstand an einer solchen alternativen Anspruchsbegründbarkeit, die ihrerseits wiederum zur Eröffnung verschiedener Rechtswege führen würde, kommt unter anderem auch deshalb keine „Verklammerung“ über § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG in Betracht, weil anderenfalls eine gänzlich zur Disposition der Parteien stehende Befassung eines bestimmten Gerichtszweiges allein nach Maßgabe der Ausgestaltung der konkreten Klage trotz Vorliegens mehrerer abtrennbarer Klagegegenstände möglich wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 – III ZB 59/13 -, juris, Rn. 20 ff., m. w. N.).
cc) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der abtrennbare Teil des Rechtsstreits, der unzweifelhaft allein dem sozialgerichtlichen Rechtsweg nach Maßgabe von § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG zuzuordnen sein wird, auch dorthin zu verweisen sein wird.
Es ist zwar seit längerem anerkannt, dass gerade auch bei öffentlichrechtlichen Vertragsbeziehungen Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB) – und damit letztlich auch aus entsprechendem Regress (Art. 34 Satz 2 GG) – neben Ansprüchen aus Pflichtverletzungen der öffentlichrechtlichen Sonderbedingung, namentlich des öffentlichrechtlichen Vertragsverhältnisses, entstehen und auch geltend gemacht werden können (vgl. etwa BGH, Urt. v. 05.06.2008 – III ZR 225/07 -, juris, Rn. 18; BGH, Urt. v. 22.11.2007 – III ZR 280/06 -, juris, Rn. 7). Dies kann im vorliegenden Fall aber, wie aufgezeigt, allein zu einer Rechtswegeröffnung zu den ordentlichen Gerichten nur in Bezug auf die klägerseitig geltend gemachten Amtshaftungsansprüche, hier aus Innenregress nach Maßgabe von Art. 34 Satz 2 GG mit der Vorgabe des Art. 34 Satz 3 GG, führen und keine „anspruchs- und gegenstandsübergreifende“ Ausstrahlung haben.
dd) Der Senat hält schließlich die Darlegungen der Klägerin zu dem Vorliegen eines jedenfalls möglicherweise sogar grob fahrlässigen Fehlverhaltens des Beklagten, welches jedenfalls Voraussetzung für einen amtshaftungsrechtlichen Rückgriff wäre (Art. 34 Satz 2 GG), nach den Maßstäben, die an die Darlegung doppelrelevanter Tatsachen, hier nämlich einerseits für die Rechtswegeröffnung und sodann für die Begründetheit der Klage, zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21.10.2015 – VII ZB 8/15 -, juris, Rn. 25; grundlegend BGH, Beschluss vom 27.10.2009 – VIII ZB 42/08 -, juris, Rn. 13 ff., m. w. N.), als hinreichend dargetan an. Die Frage eines zumindest grob fahrlässigen Vorgehens ist im vorliegenden Fall im Lichte des Art. 34 Satz 3 GG nicht nur anspruchsbegründend (Art. 34 Satz 2 GG), sondern zugleich auch rechtswegeröffnend (Art. 34 Satz 3 GG).
Soweit es somit „nur“ auf einen schlüssigen Vortrag der Klägerin hierzu ankommt, darf, namentlich vor dem Hintergrund der wirksamen Streitverkündung im Vorverfahren, auf die Ausführungen des Gerichts im Urteil des Vorverfahrens (LG Aschaffenburg, Urt. v. 17.05.2017 – 33 O 218/12 -, S. 14 ff.) Bezug genommen werden, wonach nicht nur ein einfacher Behandlungsfehler, sondern ein grober Behandlungsfehler, welcher zur Beweislastumkehr zu Gunsten der vormaligen Klägerin gegenüber der damaligen Beklagten und gegenwärtigen Klägerin hinsichtlich der Kausalität geführt hat, festgestellt worden ist. Die Klägerin hat dies zudem expressis verbis in ihrer Klageschrift unter Rekurs auf § 630h Abs. 5 BGB ausgeführt (vgl. Klageschrift, S. 16u f.).
e) Im gegenwärtigen Verfahrensstadium obliegt es nicht dem Senat, die Frage der „Rückwirkung“ einer vom Erfüllungsgehilfen des Beklagten grob behandlungsfehlerhaft vorgenommenen ärztlichen Behandlung unter dem Blickwinkel amtshaftungsrechtlicher Maßstäbe (Art. 34 Satz 2 GG) abschließend dahingehend zu beurteilen, ob und inwieweit allein durch die Delegierung an den Erfüllungsgehilfen, dessen Verschulden sich der dessen Dienste im eigenen Pflichtenkreis Bedienende an sich vollumfänglich zurechnen lassen muss (§ 278 Satz 1 BGB; vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 11.05.2017 – III ZR 92/16 -, juris, Rn. 19, m. w. N.), ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann.
In der Rechtsprechung finden sich durchaus Ansätze, bei vergleichbarer Interessenlage eine grobe Verletzung von Berufs- oder Organisationspflichten, gerade im ärztlichmedizinischen Bereich, jedenfalls in der Auswirkung auf die Beweislastverteilung, einem groben Behandlungsfehler gleichzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 11.05.2017 – III ZR 92/16 -, juris, Rn. 24, m. w. N.).
f) Dem steht auch nicht entgegen, dass eine Zurechnung von Fehlern eines vom Durchgangsarzt hinzugezogenen anderes Arztes jedenfalls dann nicht mehr für die hoheitliche Tätigkeit des Durchgangsarztes relevant sind, wenn die hoheitliche Tätigkeit ihrerseits bereits mit der Entscheidung der Anordnung der besonderen Heilbehandlung nach Durchführung von Erstuntersuchung und Erstdiagnose beendet gewesen ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2020 – VI ZR 281/19 -, juris, Rn. 22). Denn vorliegend steht zwischen den Parteien gerade im Streit, ob und inwieweit sich der Beklagte als Durchgangsarzt gerade im vorgenannten, dem hoheitlichen Tätigwerden zuzuordnenden Bereich, sich überhaupt eines Dritten bedienen durfte.
3. Der Senat sieht abschließend gegenwärtig keine Veranlassung für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V. m. Abs. 3 i.V. m. Abs. 2 ZPO.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V. m. Abs. 3 i.V. m. Abs. 2 ZPO ist nicht geboten, da eine höchstrichterlich zu klärende Rechtsfrage, namentlich vor dem eindeutigen rechtlichen Hintergrund der Amtswaltereigenschaft eines Durchgangsarztes, als welcher der Beklagte vorliegend dem Grunde nach für die Klägerin tätig geworden ist, nicht zu erkennen ist.
Die zu klärende Rechtsfrage zur Rechtswegeröffnung ist sodann aufgrund des eindeutigen und einhelligen Meinungsstandes in der Literatur sowie der klaren Rechtsprechung und auch der eindeutigen Vorgaben des Grundgesetzes weder von grundsätzlicher Bedeutung noch bedarf es insoweit einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Der Senat weist vorsorglich schon jetzt daraufhin, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden, Beschluss vom 27.08.2019 – 4 W 497/19 -, juris), der ebenfalls ein Hinweisbeschluss vorausgegangen ist (OLG Dresden, Beschluss vom 22.07.2019 – 4 W 497/19 -, juris), der vom Senat gegenwärtig beabsichtigen Abänderung der von der Klägerin angegriffenen Entscheidung nicht entgegensteht, weshalb auch keine Zulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) geboten ist.
Dies deshalb, weil – auch – das OLG Dresden in seiner endgültigen Entscheidung und zuvor bereits in seinem Hinweisbeschluss unmissverständlich die Rechtsauffassung vertreten hat, dass – jedenfalls – für die Geltendmachung eines Anspruchs einer öffentlichrechtlichen Körperschaft nach vorheriger Inanspruchnahme aus Amtshaftung infolge von auf diese – in der Passivlegitimation – übergegangenen Rechts (Art. 34 Satz 1 GG) gegenüber des die Amtshaftung auslösenden Amtswalters die ordentlichen Gerichte – und damit letztlich die Zivilgerichte (§ 13 GVG) – zuständig sind (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22.07.2019 – 4 W 497/19 -, juris, Rn. 8; OLG Dresden, Beschluss vom 27.08.2019 – 4 W 497/19 -, juris, Rn. 3).


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