Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Unberechtigtes Parken durch Mietwagen

Aktenzeichen  5 S 5210/19

Datum:
17.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55388
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 862 Abs. 1 S.2
ZPO § 513 Abs. 1, § 522 Abs. 2, § 529 Abs.1 § 546

 

Leitsatz

Verfahrensgang

36 C 7252/18 2019-07-08 Urt AGNUERNBERG AG Nürnberg

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 08.07.2019, Az. 36 C 7252/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

1. Die Klägerin unterhält private Parkflächen und stellt diese gegen Gebühr zum Parken zur Verfügung. Sie nimmt die Beklagte, eine Fahrzeugvermieterin, auf Unterlassung in Anspruch, nachdem am 11.01.2018 eines der von der Beklagten gehaltenen Fahrzeuge ohne gültigen Parkschein bei der Klägerin abgestellt war. Das betreffende Fahrzeug war zu dieser Zeit an eine Berliner GmbH vermietet. Dies teilte die Beklagte der Klägerin in der Klageerwiderung am 21.12.2018 mit. Den im schriftlichen Verfahren am 11.04.2019 gestellten Antrag, es ab sofort zu unterlassen, den von der Beklagten gehaltenen Pkw unberechtigt auf dem Parkgelände selbst abzustellen oder durch eine dritte Person abstellen zu lassen, wies das Amtsgericht mit Urteil vom 08.07.2019 mangels Vorliegen von Wiederholungsgefahr zurück.
2. Hiergegen wendet sich die Berufung, mit welcher vor allem geltend gemacht wird, dass Amtsgericht verkenne die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen der Wiederholungsgefahr, wie sie in der Entscheidung vom 18.12.2015 (Az. V ZR 160/14) zum Ausdruck komme. Die als Mieterin mitgeteilte juristische Person könne nicht gefahren sein. Der Klägerin sei es aufgrund der Auskunft der Beklagten auch sonst nicht möglich, den Fahrer ausfindig zu machen. Zudem fördere die Rechtsauffassung des Amtsgerichts Parkverstöße, denn die Klägerin laufe bei eingeleiteten Klageverfahren auf Unterlassung stets Gefahr zu unterliegen, wenn eine Auskunft erst während des Klageverfahrens erteilt werde. Der Halter eines Fahrzeugs könne dieses Vorgehen dann auch sanktionslos beliebig oft wiederholen.
3. Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass nach § 529 ZPO die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen oder die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht. Es ist zunächst von dem im angefochtenen Urteil zu Grunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Denn gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten oder neue Tatsachen zu berücksichtigen sind. Konkrete Anhaltspunkte für fehlerhafte oder lückenhafte Feststellungen im Sinn des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen nicht. Das Endurteil des Amtsgerichts ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und steht zur Überzeugung der Kammer entgegen der Berufung auch nicht im Widerspruch zu der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
(a) Das Amtsgericht bejaht zutreffend die Verantwortlichkeit der Beklagten als Zustandsstörerin und hat im Einklang mit der Rechtsprechung das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr verneint. Fallen wie vorliegend Halter und Fahrer des Fahrzeugs auseinander, knüpft die Zurechnung der durch das unberechtigte Parken verursachten Besitzstörung an die freiwillige Überlassung des Fahrzeugs an den Fahrer an. Die Beklagte als Zustandsstörerin kann unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt. Denn erst dieses Verhalten macht bei wertender Betrachtung künftige Besitzstörungen wahrscheinlich (vgl. BGH, aao., Rn. 27). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, denn im Zeitpunkt der Antragstellung -und auf den stellt das Amtsgericht zu Recht abhatte die Beklagte, die Auskunft erteilt.
(b) Entgegen der Berufung führt dies auch nicht dazu, dass die Klägerin ihre Besitzschutzansprüche nicht durchsetzen kann. Denn selbst wenn, wie vorliegend, als Mieter eine juristische Person benannt wird, kommt diese -neben einer Zurechnung für Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter analog § 31 BGBjedenfalls auch als mittelbarere Handlungstörerin in Betracht, wenn sie die Beeinträchtigung durch einen Dritten, z.B. einen Mitarbeiter, adäquat kausal verursacht hat und in der Lage ist, sie zu verhindern bzw. abzustellen (vgl. Fritzsche, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, Beck´scher Online-Kommentar, 51. Edition, Stand 01.08.2019, § 862 Rn. 8, § 1004, Rn. 18).
(c) Schließlich verfängt die Berufung auch nicht, soweit sie darauf verweist, dass sich die Halter in vergleichbaren Fällen jeweils ungestraft durch eine Auskunftserteilung erst nach Klageerhebung aus der Verantwortung ziehen können, indem sie eine anfänglich begründete Klage rückwirkend (sic) unbegründet werden lassen. Dies verfängt schon deshalb nicht, weil dann der beklagte Halter regelmäßig die anfallenden Prozesskosten tragen muss. Anfänglich begründete Klagen können durch Veränderung der Umstände im Laufe des Verfahrens -ex nuncunbegründet werden. Dies führt -unabhängig davon, ob es sich um einen Leistungs- oder Unterlassungsanspruch handeltzur Erledigung des Rechtsstreits, weil kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Die Klägerin ist durch § 91a ZPO davor geschützt, die Kosten ihres ursprünglich begründeten Rechtsschutzbegehrens tragen zu müssen. Voraussetzung ist jedoch, dass sie die Erledigung des Rechtsstreits erklärt. Nachdem die Klageseite dies vorliegend nicht getan hat, hatte das Amtsgericht in der Sache zu entscheiden.
4. Im Hinblick auf die offensichtlich nicht bestehenden Erfolgsaussichten des Berufungsvorbringens empfiehlt die Kammer zu prüfen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten wird. Auf die mit einer Rücknahme der Berufung verbundene Kostenersparnis durch Reduktion von vier auf zwei Gerichtsgebühren wird hingewiesen.


Ähnliche Artikel


Nach oben