Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zwangsgeld gegen Verwalter nach Verurteilung zur Erstellung einer Jahresabrechnung

Aktenzeichen  36 T 9951/19

Datum:
5.2.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6225
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 362
WEG § 28 Abs. 3, Abs. 5
ZPO § 568, § 767, § 887 Abs. 1, § 888 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Anspruch auf Erstellung der Abrechnung ist erfüllt, wenn der Verwalter eine den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung vorlegt, die schlüssig ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

481 C 11835/17 WEG 2019-07-03 Bes AGMUENCHEN AG München

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 3.7.2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Gegen die Schuldnerin … GmbH wird zur Erzwingung der ihr in dem rechtskräftigen Endurteil des AG München vom 18.10.2017 auferlegten Handlung, nämlich
– aus der Jahresabrechnung abgeleitete Jahreseinzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2014 (laufend vom 01.03.2014 bis 31.12.2014) für die Wohnungseigentümergemeinschaft A… München zu erstellen
– aus der Jahresabrechnung abgeleitete Jahreseinzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2015 (laufend von 01.10.2015 bis 31.12.2015) für die Wohnungseigentümergemeinschaft A… München zu erstellen,
ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 750 € (d.h. insgesamt 1.500 €) verhängt, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 100,00 € ein Tag Zwangshaft.
Die Vollstreckung des Zwangsmittels entfällt, sobald die Schuldnerin … GmbH den oben genannten Verpflichtungen nachkommt.
2. Im übrigen wird der Antrag der Antragsteller zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht München werden gegeneinander aufgehoben.
II. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin 2/3 und die Antragsteller 1/3.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Das vorliegende Beschwerdeverfahren betrifft die Vollstreckung der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erstellung der Jahresabrechnungen 2014 und 2015 aus dem Endurteil des Amtsgerichts München vom 18.10.2017 (Bl. 18/22 d.A.).
Die Antragsteller haben unbestritten vorgetragen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 3.10.2015 gefasste Beschluss betreffend die Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen 2014 wegen fehlender Prüfbarkeit rechtskräftig für ungültig erklärt worden sei. Der in der Eigentümerversammlung vom 22.11.2016 vorgelegte Entwurf der Jahresabrechnung 2015, welcher gemäß dem für 2014 verwendeten Abrechnungsschema erstellt worden war, wurde in der Eigentümerversammlung vom 26.11.2016 abgelehnt.
Mit Endurteil vom 18.10.2017 hat das Amtsgericht München die Antragsgegnerin verurteilt, die Jahresgesamtabrechnung mit abgeleiteten Jahreseinzelabrechnungen für das Rumpfwirtschaftsjahr 2014 sowie für das Wirtschaftsjahr 2015 für die streitgegenständliche WEG zu erstellen. Auf das Endurteil (Bl. 20/22 d.A.) wird Bezug genommen. Das Endurteil wurde der Antragsgegnerin am 23.10.2017 zugestellt.
Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit Druckdatum 17.5.2018 neue Abrechnungsentwürfe (AG 1) vorgelegt. Die Antragsteller rügen insoweit erneut, dass die Abrechnungen nicht schlüssig und damit nicht genehmigungsfähig seien.
Der mit Schriftsatz vom 7.2.2018 (Bl. 29/31 d.A.) gestellte Antrag, gerichtet darauf, gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin gemäß § 888 Abs. 1 ZPO ein Zwangsgeld zu verhängen, wurde mit Beschluss vom 23.5.2018 (Bl. 44/45 d.A.) zurückgewiesen.
Daraufhin wurde mit Schriftsatz vom 22.10.2018 (Bl. 53/56 d.A.) ein erneuter Antrag gemäß § 888 ZPO auf Festsetzung eines Zwangsgeldes bis zu 25.000 € gegen die Antragsgegnerin, ersatzweise Zwangshaft von bis zu sechs Monaten gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin gestellt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3.7.2019 gegen die Antragsgegnerin zur Erzwingung der ihr in dem rechtskräftigen Endurteil vom 18.10.2017 auferlegten Handlung, nämlich aus der Jahresabrechnung abgeleitete Jahreseinzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2014 und eine Jahresgesamtabrechnung mit abgeleiteten Jahreseinzelabrechnungen für das Jahr 2015 zu erstellen, ein Zwangsgeld von 2.500 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 100 € ein Tag Zwangshaft verhängt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die titulierten Verpflichtungen teilweise nicht erfüllt habe. So genüge die Jahresgesamtabrechnung 2015 den Anforderungen an die Schlüssigkeit nicht. Insoweit sei auf der Ausgabenseite der in der Spalte „Gesamt“ angegebene Betrag in Höhe von 310.197,92 € heranzuziehen, mit der Konsequenz, dass sich dann ein Endkontostand von – 179.307,11 € ergeben müsse. Tatsächlich belaufe sich dieser jedoch auf – 114.764,63 €, wobei das Gericht davon ausgehe, dass vorliegend seitens der Schuldnerin nicht mit stringent verwendeten Vorzeichen gerechnet worden sei.
Die Jahresabrechnung 2014 genüge zwar noch den Anforderungen an die Schlüssigkeitsprüfung, da zu unterstellen sei, dass Guthaben, Einnahmen und Geldzuflüsse aus buchhalterischen Gründen mit einem Minusvorzeichen dargestellt seien. Jedoch seien die Einzelabrechnungen 2014 nicht schlüssig aus der Jahresgesamtabrechnung abgeleitet. In der Gesamtabrechnung seien als „sonstige Einnahmen“ 4.770,25 € ausgewiesen, welche in den Einzelabrechnungen keine Berücksichtigung gefunden hätten. Spiegelverkehrt gelte dasselbe für die Ausgabenseite im Bereich der Heizkosten.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Beschluss (Bl. 111/113 d.A.) Bezug genommen.
Der Beschluss wurde dem Beklagtenvertreter am 4.7.2019 zugestellt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ging am 18.7.2019 beim Beschwerdegericht ein. Die Frist zur Begründung der Beschwerde wurde letztlich bis 17.10.2019 verlängert.
Die Beschwerde wird damit begründet, dass der klägerische Anspruch gemäß § 362 BGB erloschen sei. Hierfür genüge es, wenn die Abrechnung den formellen Anforderungen im Wesentlichen genüge. Das Amtsgericht habe schon diesen Prüfungsmaßstab verkannt. Bei der Jahresabrechnung 2015 habe das Amtsgericht im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung auf der Ausgabenseite den in Spalte „Girokonto“ genannten Betrag in Höhe von 374.740,40 € heranziehen müssen; damit gehe die Jahresabrechnung 2015 genau auf. Soweit das Amtsgericht bei der Jahresabrechnung 2014 die beiden Positionen „sonstige Einnahmen“ und „Heizkosten“ moniere, seien diese beiden Positionen im Schriftsatz vom 22.3.2019 nachvollziehbar erläutert worden. Diesen Schriftsatz habe das Gericht vollständig nicht zur Kenntnis genommen; insoweit werde die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt. Bei der Position „sonstige Einnahmen“ handele es sich um Mahngebühren/Verwalterzustimmung bzw. Erstattung von Zahlungen, die auf dem WEG-Konto nur als durchlaufende Posten geparkt gewesen seien. Auch bei den Heizkosten sei die vom BGH gebotene Rechnungsabgrenzung vorgenommen. Tatsächlich hätten die in den Einzelabrechnungen angesetzten Beträge jeweils den Heizkostenabrechnungen 2014 und 2015 entsprochen. Nachdem jedoch durch entsprechende Vorauszahlungen in den jeweiligen Vorjahren 2014 bzw. 2015 mehr an Vorauszahlungen an Versorger gezahlt wurde als tatsächlich verbraucht worden sei, seien die überschießenden Beträge im Wege der Rechnungsabgrenzung dem jeweiligen Folgejahr zuzurechnen.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Beschwerdebegründung vom 17.10.2019 (Bl. 132/138 d.A.), eingegangen beim Beschwerdegericht am gleichen Tag, Bezug genommen.
Die Antragsteller haben dahingehend erwidert, dass die in letzter Fassung vorgelegte Jahresgesamtabrechnung 2014 und die daraus abgeleiteten Einzelabrechnungen nicht schlüssig seien. Das Amtsgericht habe zu Recht ausgeführt, dass in der Gesamtabrechnung „sonstige Einnahmen“ von 4.770,25 € ausgewiesen worden seien, die in den Einzelabrechnungen nicht berücksichtigt wurden. Eine Erläuterung, weshalb dem so sei, fehle in der Abrechnung. Der diesbezügliche Vortrag in der Beschwerdebegründung sei nicht nachvollziehbar und verspätet. Ferner wird erneut eine Differenz zu den bereits erstinstanzlich vorgelegten Kontoauszügen gerügt. Vom 1.1.2014 bis 31.12.2014 seien über das WEG-Konto Ausgaben in Höhe von 150.861,26 € getätigt worden; im gleichen Zeitraum seien dem Konto Einnahmen in Höhe von 299.059,38 € zugeflossen (Anlage Ast 5). In der Gesamtabrechnung 2014 seien dagegen die Einnahmen mit 282.515,25 € und die Ausgaben mit 134.317,13 € berücksichtigt. In Höhe der Differenz fehle der Verwendungsnachweis. Die Jahresgesamtabrechnung 2015 bleibe ebenfalls unschlüssig.
Wegen der Beschwerdeerwiderung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 28.10.2019 (Bl. 146/148 d.A.) Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.11.2019 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Zur Begründung wird erneut ausgeführt, dass nach Ansicht des Gerichts im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung der Jahresgesamtabrechnung auf die Spalte „Gesamt“ abzustellen sei, da die Jahresgesamtabrechnung alle Geldflüsse und nicht nur die auf dem Girokonto berücksichtigen müsse. Es sei damit nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Schlüssigkeitsprüfung, wie die Beklagte meine, ausschließlich auf die Spalte „Girokonto“ beziehen solle. Für das Gericht sei trotz Berücksichtigung des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 22.3.2019 nicht erkennbar, weshalb Leistungen des Voreigentümers auf dem Verbands-Konto verbleiben und nicht an die Eigentümer ausgeschüttet werden dürften. Ferner sei die Argumentation der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Heizkosten, die nicht vollständig auf die Eigentümer umgelegt worden seien, unter Berücksichtigung der aktuellen BGH-Rechtsprechung nicht nachvollziehbar.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Beschluss (Bl. 142/144 d.A.) Bezug genommen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 Abs. 1, 567 Abs. 1, 2, 569 zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Notfrist eingelegt; die erforderliche Beschwerdesumme gemäß § 567 Abs. 2 ist erreicht. Insoweit ist vorauszuschicken, dass ein Zwangsgeld für das Wirtschaftsjahr 2014 nur für die Erstellung der Jahreseinzelabrechnungen verhängt wurde. Bezüglich der Jahresgesamtabrechnung 2014 ist das Gericht davon ausgegangen, dass diese den an sie zu stellenden Anforderungen an die Schlüssigkeitsprüfung noch genügt. Insoweit ist der titulierte Anspruch also erfüllt; die Antragsteller haben keine sofortige Beschwerde eingelegt. Auf die Einwendungen der Antragsteller in Bezug auf den vorgelegten Entwurf der Jahresgesamtabrechnung 2014 war daher seitens des Beschwerdegerichts nicht einzugehen. Dies betrifft insbesondere die klägerseits monierte Differenz zwischen den sich aus den Kontoauszügen 2014 ergebenden Beträgen und den in der Jahresabrechnung ausgewiesenen Einnahmen und Ausgaben (vgl. auch Beschwerdeerwiderung S. 2 und 3).
2. Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
2.1. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Das Amtsgericht hat auch zu Recht ein Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO verhängt, soweit es die Erstellung von aus der jeweiligen Jahresgesamtabrechnungen abgeleiteten Einzelabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2014 und 2015 betrifft. Im übrigen, d.h. betreffend die Verhängung eines Zwangsgeldes zur Erstellung der Jahresgesamtabrechnung 2015 war der Beschluss aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen.
Die Verurteilung eines Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG für Kalenderjahre, für die er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 2 durch Verhängung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken. Dies hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich so entschieden, nachdem sich die Verpflichtung des Verwalters bei der Aufstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen er selbst die Verwaltungsgeschäfte geführt hat, nicht auf die Auswertung der Belege beschränkt, sondern dieser darüber hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen hat. Diese Verpflichtung kann nur vom Verwalter und nicht von Dritten erfüllt werden (BGH, NZM 2016, 770 ff.). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, dass sich die Jahresabrechnung eines Verwalters insoweit nicht von der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters unterscheidet, die gleichfalls verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt. Die Verurteilung eines Vermieters zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung deshalb als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken (BGH, NJW 2006, 2706, Rdnr. 13). Nichts anderes könne für die Verurteilung zur Aufstellung einer Jahresabrechnung für den relevanten Zeitraum gelten (a.a.O.).
2.2. Danach kam grundsätzlich die Verhängung eines Zwangsgeldes gemäß § 888 Abs. 1 ZPO in Betracht. Der Schuldner ist jedoch nicht nur im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO, sondern auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO mit seinem Einwand zu hören, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt (BGH, a.a.O.). Dies ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts bezüglich des titulierten Anspruchs auf Erstellung der Jahresgesamtabrechnung 2015 der Fall.
2.2.1. Zunächst ist folgender Prüfungsmaßstab herauszuarbeiten: Nach herrschender und zutreffender Auffassung, der sich das Beschwerdegericht anschließt, ist der Anspruch des einzelnen Eigentümers auf Erstellung der Abrechnung erfüllt, wenn der Verwalter eine den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung vorlegt. Er kann dann nicht die Vorlage einer neuen oder die Berichtigung des vorgelegten Entwurfs verlangen, solange die vom Verwalter vorgelegte, den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung (vgl. dazu OLG Hamm, NJW-RR 1993, 847, 848) nicht von der Mehrheit der Eigentümer in Eigentümerversammlung verworfen oder ein die Abrechnung bestätigender Eigentümerbeschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist (OLG München, NZM 2007, 292 ff.; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 5.11.1987, Az.: BReg 2Z 112/87; Jennißen/Jennißen, WEG, 6. Auflage, § 28, Rdnr. 182 b; Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 28, Rdnr. 108; vgl. dazu auch BayObLG, NJW-RR 2000, 462, 463). Da nämlich die Frage, wie die Jahresabrechnung richtig aufzustellen ist, im Einzelfall durchaus schwierig gelagert sein kann und gemäß § 28 Abs. 5 WEG über die Abrechnung die Wohnungseigentümer zu beschließen haben, kann die Entscheidung der Frage, ob der Abrechnungsanspruch erfüllt ist, nicht in die Hände eines Einzelnen gelegt werden und es muss genügen, dass der vom Verwalter vorgelegte Entwurf die formellen Anforderungen im Wesentlichen einhält und die Abrechnung in sich schlüssig ist. Dabei ist auch zu sehen, dass die Eigentümer nicht verpflichtet sind, die vom Verwalter vorgelegte Abrechnung unverändert zu genehmigen; vielmehr können sie die Abrechnung auch mit einzelnen Änderungen beschließen, wenn sie der Auffassung sind, dass die vorgelegte Abrechnung in einzelnen Punkten fehlerhaft ist. Auch können sie eine fehlerhafte Abrechnung in Bestandskraft erwachsen lassen. Es liegt zunächst im Ermessen der Wohnungseigentümergemeinschaft, darüber zu beschließen, ob sie die vorgelegten Abrechnungen als formell und sachlich richtig ansehen wollen (Jennißen, a.a.O.). Dieser Befugnis der Eigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG, über die Abrechnung Beschluss zu fassen, würde nur vorgegriffen bzw. diese würde entwertet, wenn ein einzelner Eigentümer bereits vor einer Beschlussfassung über die vom Verwalter vorgelegte Abrechnung diese vom Gericht – sei es auch nur inzident im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens – vollständig auf Mängel überprüfen lassen könnte. Unerheblich für die Frage, ob der Verwalter seiner Verpflichtung zur Erstellung der Abrechnung nachgekommen ist, ist daher, ob die Jahresabrechnung an einzelnen sachlichen Fehlern leidet. Vielmehr haben die Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung zunächst durch Beschluss zu entscheiden. Sodann ist der Einzelne darauf beschränkt, seine Einwendung im Anfechtungsverfahren geltend zu machen. In diesem Sinne ist der Prüfungsmaßstab bei der Frage der Erfüllung der Abrechnungspflicht, wie die Beschwerdeführerin zu Recht einwendet, von vorneherein beschränkt, wie eingangs ausgeführt.
2.2.2. Danach kam die Verhängung eines Zwangsgeldes in Bezug auf die Erstellung der Jahresgesamtabrechnung 2015 nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin hat einen Entwurf vorgelegt, der den wesentlichen formellen Anforderungen genügt. Insbesondere ist auch – noch – die erforderliche rechnerische Schlüssigkeit gegeben. Zwar ist die Darstellung insoweit auf den ersten Blick nicht ganz klar, als zwischen der Spalte „Girokonto“ und der Spalte „Gesamt“ unterschieden wird und dort verschiedene Beträge ausgewiesen werden, da sämtliche Bewegungen auf dem Girokonto nach dem Zu-/Abflussprinzip auch und gerade in der Gesamtabrechnung abzubilden sind, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt. Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch, dass der relevante Unterschied in der Position „Auszahlung aus Abrechnungsguthaben“ liegt. Dieser Betrag war nicht auf die einzelnen Eigentümer umzulegen, da er sich auf frühere Wirtschaftsjahre bezieht (vgl. Spielbauer/Then, a.a.O., § 28, Hinweise zu den Jahresabrechnungen Anlagen 4-6 (ECLI:H:18)). Er gehört jedoch nach dem geltenden Zu-/Abflussprinzip in die betreffende Gesamtabrechnung, wo er gerade fehlt. Da aber aus der Zusammenschau der Spalten – noch – erkennbar ist, dass der tatsächliche Zahlungsfluss hier in der Spalte „Girokonto“ abgebildet wird, war damit letztlich im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung auf diese Spalte abzustellen, nachdem diese auch nach der Darstellung im übrigen sämtliche Ausgaben ausweist.
Ob die Gesamtabrechnung weiter in einzelnen Punkten sachliche Fehler enthält, war nach den obigen Ausführungen hier nicht zu prüfen. Dies gilt u.a. auch für die Rügen der Klägern betreffend unzulässige weitere Abgrenzungen im Vermögensstatus etc.; darauf kommt es ohnehin nicht an, da sich der Genehmigungsbeschluss der Eigentümer grundsätzlich nicht auf die Vermögensübersicht erstreckt (Spielbauer/Then, a.a.O., § 28, Rdnr. 58; LG Rostock, ZMR 2019, 795 ff.). Gleiches gilt für den Erläuterungsteil, wobei nach hiesiger Berechnung die Überträge in Höhe von 22.799,63 € mit der Gesamtabrechnung – unter Berücksichtigung der weiter eingestellten Position von 71,32 €- im übrigen wohl übereinstimmen.
Die Gemeinschaft wird zunächst über den vorgelegten Entwurf der Gesamtabrechnung 2015 abzustimmen haben. Die Verhängung eines Zwangsgeldes insoweit kommt derzeit nicht in Betracht.
2.2.3. Bezüglich der jeweiligen Einzelabrechnungen für 2014 und 2015 ist jedoch der titulierte Anspruch nicht durch Erfüllung erloschen. Soweit quasi als Muster die Einzelabrechnung der Kläger für das Wirtschaftsjahr vorgelegt wurde (Ast 4), genügt diese nicht den dargestellten formalen Anforderungen. Die Jahresabrechnung hat eine übersichtliche Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben unter Angabe des jeweiligen Schlüssels, nach dem diese auf die einzelnen Miteigentümer verteilt werden, wobei die Einzelabrechnungen aus der Gesamtabrechnung abzuleiten sind. Soweit sich Abweichungen ergeben, sind diese verständlich in der Abrechnung zu erläutern. Daran fehlt es hier, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt. So wird in der Jahresabrechnung 2014 bei den Einnahmen ein Betrag in Höhe von 4.770,25 € genannt, der bei den abrechnungsrelevanten Beträgen – und damit auch in den Einzelabrechnungen – nicht auftaucht. Soweit die Antragsgegnerin dies schriftsätzlich in der Beschwerdebegründung erläutert hat, ist dies zwar nicht verspätet, da entsprechende Ausführungen bereits im erster Instanz mit Schriftsatz vom 22.3.2019 (Bl. 90/95 d.A.) erfolgt sind. Darauf kam es jedoch nicht an. Die Jahresabrechnung muss aus sich heraus für einen durchschnittlichen Eigentümer verständlich und nachvollziehbar sein. Die erforderliche Überprüfbarkeit bzw. Plausibilität ist dabei dann nicht gewährleistet, wenn der einzelne Wohnungseigentümer das Abrechnungswerk bzw. den diesen erläuternden Vermögensstatus gar nicht oder nur dann nachvollziehen kann, wenn er sich das Maßgebende selbst beschafft oder dies erst noch einer ergänzenden Darstellung – gegebenenfalls im Prozess – bedarf (LG Dortmund, ZMR 2016, 640 ff.; LG Berlin, ZWE 2013, 374, 375). Auch in der Jahresabrechnung 2015 werden sonstige Einnahmen in Höhe von 4.268,40 € ausgewiesen, welche in den Einzelabrechnungen fehlen. Eine konkrete Erläuterung hierzu, d.h. um welche Einnahmen es sich handelt und aus welchem Grunde diese nicht umzulegen sind, fehlt auch hier. Im Erläuterungsteil finden sich lediglich Ausführungen zu Zinsen und Sonderumlagen; diese sind jedoch in der Abrechnung unter der Rubrik „Sonstige Erlöse“ gesondert ausgewiesen. Auch hier fehlt es damit an der erforderlichen Ableitung der Einzelabrechnungen aus der Gesamtabrechnung
Spiegelbildlich gilt dies auch für die Ausgabenseite. Bei einzelnen Positionen (Wasser, Heizung etc.) wird bei den Ausgaben offensichtlich dahingehend differenziert, ob diese für das laufende Jahr oder für abweichende Jahre erfolgt sind und in der Spalte „Abrechnungsrelevante Beträge“ entsprechende Abzüge vorgenommen. Der BGH hat Rechnungsabgrenzungen für periodenfremde Zahlungen generell für unzulässig erklärt (BGH vom 17.2.2012, Az.: V ZR 251/19). Soweit in der früheren Rechtsprechung Ausnahmen vom reinen Zu-/Abflussprinzip zugelassen und eine Rechnungsabgrenzung für Heizkosten und Kalt- und Warmwasser zugelassen wurde, wenn nach der Gemeinschaftsordnung nach Verbrauch abzurechnen ist, ist diese Rechtsprechung nunmehr überholt (so auch Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage, § 28, Rdnr. 46, 47). Für die Heizkosten gelten besondere Anforderungen; diese sind nach den zwingenden Vorschriften der Heizkostenverordnung auf der Grundlage des gemessenen Verbrauchs umzulegen. Da sich in diesem Fall ausnahmsweise die Einzelabrechnungen nicht aus der Gesamtabrechnung herleiten lassen, ist die in der jeweiligen Einzelabrechnung enthaltene Abweichung deutlich zu kennzeichnen und mit einer verständlichen Erläuterung zu versehen (vgl. exemplarisch die Darstellung bei Spielbauer/Then, a.a.O., § 28, Rdnr. 65 „Heizölkostenverteilung“). Die verausgabten Gelder für die angeschafften, aber noch nicht verbrauchten Brennstoffe werden nach dem allgemeinen oder dem sonst vereinbarten Schlüssel umgelegt (BGH, a.a.O.). Um eine Doppelbelastung zu vermeiden, ist dieser Betrag im Folgejahr den Eigentümern entsprechend anzurechnen bzw. gutzuschreiben (Spielbauer, a.a.O.). Auch dies berücksichtigen die Einzelabrechnungen 2014 und 2015, die sich, wie ausgeführt, in diversen Positionen so nicht aus der Gesamtabrechnung formell ableiten lassen, nicht. Es erschließt sich auch nicht, wie sich der zur Gesamtabrechnung 2015 differierende Betrag Heizkostenabrechnung in den Einzelabrechnungen in Höhe von 96.720,94 € errechnet und zusammensetzt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird im übrigen Bezug genommen.
2.2.4. Bezüglich der Höhe des Zwangsgeldes hat sich das Beschwerdegericht an dem vom Amtsgericht festgesetzten Betrag orientiert. Für die Erstellung der Jahreseinzelabrechnungen 2014 und 2015 erscheint jeweils ein Betrag in Höhe von 750 € angemessen.
3. Die Kostenentscheidung für das Verfahren vor dem Amtsgericht München beruht auf §§ 891 Satz 3, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Von den vier in erster Instanz gestellten Anträgen (Jahresgesamtabrechnungen 2014 und 2015 sowie Einzelabrechnungen 2014 und 2015) blieben zwei – nämlich die Verhängung eines Zwangsgeldes betreffend die Erstellung der beiden Gesamtabrechnungenohne Erfolg, so dass dem Beschwerdegericht insoweit eine Kostenaufhebung angemessen erschien.
III.
1. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 891 Satz 3, 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO. Nachdem in zweiter Instanz drei titulierte Verpflichtungen (Jahresgesamtabrechnung 2015, Jahreseinzelabrechnungen 2014 und 2015) betroffen waren und der Beschluss des Amtsgerichts in bezug auf das für die Erstellung der Jahresgesamtabrechnung 2015 verhängte Zwangsgeld aufzuheben war, hat von den Kosten des Beschwerdeverfahrens die Antragsgegnerin 2/3 und die Antragsteller 1/3 zu tragen.
2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.
3. Eine Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren war nicht veranlasst. Gemäß Kostenverzeichnis KV-Nr. 2121 fällt eine Festgebühr an.
4. Gemäß § 568 ZPO entscheidet der Einzelrichter.


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