Sozialrecht

Rechtmäßige Kürzung kindbezogener Betriebskostenförderung im Falle des Ausfalls von pädagogischem Personal nach Ablauf eines Monats

Aktenzeichen  M 17 K 15.5172

Datum:
17.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AVBayKiBiG AVBayKiBiG § 17 Abs. 4
SGB X SGB X § 63 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 49a
BGB BGB § 276 Abs. 2, § 818 Abs. 3, § 819
VwGO VwGO § 91 Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 S. 3
VwVfG VwVfG § 80 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Bei dem Begriff des Härtefalls in § 17 Abs.4 S. 4 AVBayKiBiG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist.  (redaktioneller Leitsatz)
2. Voraussetzung für ein Absehen von der Förderkürzung ist, dass der Förderungsempfänger unverschuldet nicht in der Lage war, die Fördervoraussetzungen einzuhalten. Dagegen scheidet ein Härtefall aus, wenn der Träger nicht alles in seinem Verantwortungsbereich unternommen hat, um einen ausreichenden Personaleinsatz schnellstmöglich wieder sicherzustellen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Nr. 3 des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2015 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer kindbezogener Betriebskostenförderung hat; der Bescheid vom 15. Mai 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2015 sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO; s.u. 1. – 4.). Lediglich die (erste) Nr. 3 des Widerspruchsbescheids war aufzuheben, da die dort enthaltene Kostenentscheidung nicht korrekt ist (s.u. 5.).
1. Gemäß § 17 Abs. 1 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (AVBayKiBiG) in der für das Betriebsjahr 2012/2013 geltenden Fassung vom 16. August 2012 ist zur Absicherung des Einsatzes ausreichenden pädagogischen Personals für je 11,0 Buchungszeitstunden der angemeldeten Kinder jeweils mindestens eine Arbeitsstunde des pädagogischen Personals anzusetzen (Anstellungsschlüssel von 1:11,0; Abs. 1). Ein Abweichen der tatsächlichen Beschäftigung von der nach Abs. 1 erforderlichen Arbeitszeit des pädagogischen Personals ist im Krankheitsfall, bei Ausscheiden von pädagogischem Personal oder bei sonstigen Fehlzeiten für die Dauer eines Kalendermonats förderunschädlich. Fristbeginn ist der Erste des folgenden Kalendermonats nach Entfallen der Voraussetzungen des Abs. 1. Eine längere Fehlzeit führt – unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit der Kinder – für jeden weiteren begonnenen Kalendermonat zu einem Abzug in Höhe des auf den jeweiligen Kalendermonat entfallenden Förderbetrags der Einrichtung. In Härtefällen kann mit Zustimmung des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen ganz oder teilweise von der Förderkürzung abgesehen werden (§ 17 Abs. 4 AVBayKiBiG).
2. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten unstrittig, dass der Anstellungsschlüssel von 1:11,0 vom 25. Juni 2013 bis einschließlich 16. August 2013 nicht eingehalten wurde. Dieser Verstoß ist gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 AVBayKiBiG im ersten Kalendermonat, das heißt im Juli 2013, förderunschädlich. Damit soll dem Träger Gelegenheit und Zeit gegeben werden, auf unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa die Erkrankung einer Erzieherin, innerhalb eines angemessenen Zeitraums durch entsprechende Personalmaßnahmen zu reagieren. Ab dem zweiten Kalendermonat, hier also August 2013, erfolgt dagegen grundsätzlich ein kompletter Abzug der Fördermittel für den jeweiligen Monat, wobei es aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 4 Satz 3 AVBayKiBiG weder auf ein Verschulden des Klägers ankommt noch sonst von der Beklagten Ermessenserwägungen zu berücksichtigen sind.
3. Lediglich wenn ein Härtefall vorliegt, kann die Beklagte von dem ihr in § 17 Abs. 4 Satz 4 AVBayKiBiG eingeräumten Ermessen Gebrauch machen und ganz oder teilweise von der Förderkürzung absehen.
Ein derartiger Härtefall liegt hier jedoch nicht vor:
3.1 Bei dem Begriff des „Härtefalls“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Sinn und Zweck ist es dabei, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen nicht selten Schwierigkeiten haben, geeignetes Fachpersonal zu rekrutieren bzw. bei krankheitsbedingten oder sonstigen Fehlzeiten entsprechenden Ersatz zu erlangen (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 12 ZB 14.800 UA Rn. 5f.).
Da die Förderkürzung die Regel und das Absehen davon die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme darstellt, muss der jeweilige Sachverhalt allerdings eine gewisse Atypik aufweisen. Dass die Härtefallregelung erst mit Wirkung zum 1. September 2008 eingeführt wurde (Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, § 17 AVBayKiBiG, Rn. 310), während bis dahin jedes Abweichen von den gesetzlichen Mindestanforderungen zwingend zu einer Kürzung der Förderung führte (Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 1. Aufl. 2006, AVBayKiBIG, § 17 Ziffer 4.4.), spricht für das gesetzgeberische Anliegen, von der Härtefallregelung nur äußerst restriktiv Gebrauch zu machen. Voraussetzung ist damit, dass der Förderungsempfänger unverschuldet nicht in der Lage war, die Fördervoraussetzungen einzuhalten (vgl. Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, § 17 AVBayKiBiG Rn. 310) bzw. die Förderkürzung auf Fehlzeiten des Personals zurückzuführen ist, auf die der Träger keinen Einfluss hatte oder keinen Einfluss nehmen konnte, was insbesondere der Fall ist, wenn wegen Fachkräftemangels geeignetes (Ersatz-)Personal nicht gewonnen werden konnte (BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 12 ZB 14.800 UA Rn. 6, 12; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 3. Aufl. 2013 § 17 AVBayKiBiG Anm. 4.8). Umgekehrt scheidet ein Härtefall aus, wenn der Träger nicht alles in seinem Verantwortungsbereich unternommen hat, um das Unterschreiten der Arbeitszeiten zu verhindern bzw. um einen ausreichenden Personaleinsatz schnellstmöglich wieder sicherzustellen.
3.2 Im vorliegenden Fall hatte der Kläger aber Einfluss auf die Überschreitung des Anstellungsschlüssels und er hat auch nicht alles Erforderliche unternommen, um diese Überschreitung zu verhindern:
a) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob es dem Kläger finanziell zumutbar gewesen wäre, eine Personalreserve vorzuhalten, um etwaige krankheitsbedingte Ausfallzeiten des Personals abfangen zu können. Denn zumindest hätte er sich wesentlich früher um Ersatz für die erkrankte Mitarbeiterin kümmern müssen. Der Kläger selbst führt an, dass deren Erkrankungsdauer „unkalkulierbar“ gewesen sei. Daher hätte er sich nicht darauf verlassen dürfen, dass die Mitarbeiterin rechtzeitig wieder gesund wird, sondern sich vorsichtshalber um eine (vorübergehende) Ersatzkraft kümmern müssen. Tatsächlich wurde aber erst nach der zweiwöchigen Schließzeit im August, das heißt frühestens Mitte August, nach Ersatz gesucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Mitarbeiterin vorlagen. Spätestens nach der zweiten oder dritten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung musste dem Kläger aber klar sein, dass eine baldige Rückkehr der Erzieherin nicht gewährleistet ist. Wenn er sich trotzdem auf eine rechtzeitige Rückkehr verlässt, tut er dies auf eigenes Risiko. Er kann sich dann aber nicht auf einen Härtefall berufen, da er nicht alles Zumutbare zur Vermeidung der Fehlzeiten unternommen hat.
b) Ebenso wäre es dem Kläger möglich gewesen, einer anderen Mitarbeiterin, die vom 18. Juli 2013 bis 18. August 2013 in Urlaub war, den Urlaub erst ab dem 19. Juli 2013 zu genehmigen. Unstrittig wäre in diesem Fall die Frist des § 17 Abs. 4 AVBayKiBiG unterbrochen worden, so dass im August 2013 keine Förderkürzung erfolgt wäre.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite geht es hierbei auch nicht darum, ob das Unterlassen der Urlaubssperre für einen einzigen Tag einen gravierenden Verstoß darstellt. Der (gravierende) Verstoß ist die Überschreitung des Anstellungsschlüssels und hier ist allein maßgeblich, dass der Kläger nicht alles Erforderliche getan hat, um die Einhaltung des Anstellungsschlüssels sicherzustellen, was jedoch Voraussetzung für die Bejahung eines Härtefall ist. Damit geht auch der Einwand, die Kürzung sei unverhältnismäßig, weil es nur um einen einzigen Urlaubstag gehe, ins Leere.
c) Außerdem hätte der Kläger auch die Buchungszeiterhöhungen um 20 Stunden im Juli und August 2013 unterlassen bzw. rückgängig machen können. Zumindest hätte er – falls die Erhöhung bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit den Eltern vereinbart worden war – versuchen können, diese Vereinbarung zu kündigen.
d) Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger dem EDV-Programm „KiBiG.web“ grundsätzlich entnehmen kann, wenn in seiner Einrichtung in einem Monat zu wenig Personal vorhanden ist. Es liegt dann in seiner Organisationsverantwortung, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Hier hat der Kläger das „KiBiG.web“ unstrittig nicht ordnungsgemäß geführt, das heißt Eintragungen nicht zeitnah vorgenommen (vgl. a. z. B. Bl. 27 der Behördenakte). Etwaige darauf beruhende Unklarheiten über die Personalsituation in seiner Einrichtung liegen aber ebenfalls in seinem Verantwortungsbereich und hätten durch eine entsprechende sorgfältige Vorgehensweise vermieden werden können.
e) Schließlich greift auch der Einwand der Klägerseite, dass es unverhältnismäßig bzw. treuwidrig sei, wenn sich die Beklagte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe zwar die Leistung des Klägers zu Nutze mache, um die Ansprüche der Bürger auf Kinderbetreuung zu erfüllen, zugleich aber dafür keinerlei finanzielle Gegenleistung erbringe, ins Leere. Zum einen ist diese Situation bei sämtlichen Kindertageseinrichtungen in … gegeben, so dass schon aus diesem Grund kein atypischer Fall vorliegt, der einen Härtefall im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 4 AVBayKiBiG begründen könnte. Zum anderen handelt es sich bei der kindbezogenen Förderung einerseits und der Verpflichtung zur Bereitstellung einer ausreichenden Zahl an Kindergartenplätzen andererseits (vgl. § 24 SGB VIII) um zwei voneinander getrennte Rechtsgebiete mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen und Sanktionen. Es ist Aufgabe des Trägers, die Fördervoraussetzungen des BayKiBiG bzw. AVBayKiBiG einzuhalten, ansonsten muss er mit entsprechenden Förderkürzungen rechnen. Bestätigt wird diese Einschätzung auch durch den Umstand, dass die hier streitgegenständliche kindbezogene Förderung nicht allein von der Beklagten, sondern zur Hälfte vom Freistaat Bayern getragen wird.
3.3 Die Nichterfüllung der Fördervoraussetzungen war demnach vom Kläger selbst verschuldet, indem er zumindest die erforderliche Sorgfalt im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB außer Acht gelassen hat (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 12 ZB 14.800 UA Rn. 8f.). Daher kann auch dahinstehen, ob ihn die Auswirkungen der Förderkürzung zwingend mit unbilliger Härte treffen müssten, damit die Härtefallregelung überhaupt greifen kann (vgl. Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, § 17 AVBayKiBiG, Rn. 310).
Die Endabrechnung wurde daher zu Recht auf (nunmehr) 222.274,37 € festgesetzt, d. h. zu Recht ein Abzug in Höhe von 22.052,03 € für die Überschreitung des Anstellungsschlüssels im August 2013 vorgenommen.
4. Da die Förderung in rechtmäßiger Weise für den Monat August 2013 gekürzt wurde (s.o. 1. – 3.), hat der Kläger zu hohe Abschlagszahlungen erhalten. In dem Bescheid vom 12. Oktober 2012, mit dem die Abschlagszahlungen bewilligt worden waren, war darauf hingewiesen worden, dass die endgültige Höhe der kindbezogenen Betriebskostenförderung im Rahmen der Endabrechnung festgesetzt wird und dass die Bewilligung des Abschlags nicht mit der Feststellung verbunden ist, dass alle Fördervoraussetzungen nach dem BayKiBiG erfüllt sind. Bei dieser Gewährung von Abschlagszahlungen handelte es sich somit um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt, weil dieser seinem Inhalt nach dahingehend eingeschränkt war, dass er gegenstandslos wird, sobald die endgültige Entscheidung ergeht (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 12 ZB 14.752 – UA Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 36 Rn. 8f., 20). Da die Gewährung der – zu hohen – Abschlagszahlung mit der – niedrigeren – Endabrechnung weggefallen ist, war ein ausdrücklicher Aufhebungsbescheid nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 12 ZB 14.752 – UA Rn. 18).
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Überzahlung ist somit der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 49a Rn. 4, 27ff.) bzw. Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG in analoger Anwendung (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 12 ZB 14.752 – UA Rn. 20: offengelassen).
Die Voraussetzungen beider Rechtsgrundlagen sind hier erfüllt:
Die Überzahlung erfolgte durch Bescheid und damit im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses sowie rechtsgrundlos, da kein Anspruch auf Förderung für den Monat August 2013 besteht (s.o. 1. – 3.).
Auf Entreicherung kann sich der Kläger nicht berufen, da § 818 Abs. 3, § 819 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht anwendbar sind bzw. eine analoge Anwendung von Art. 49a Abs. 2 BayVwVfG von vornherein ausscheidet (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 12 ZB 14.752 – UA Rn. 21 m. w. N.).
Auch Vertrauensschutz des Betroffenen steht der Rückforderung nicht entgegen, da es gerade im Wesen der Vorläufigkeit der Abschlagszahlungsgewährung steht, dass Vertrauen auf die Endgültigkeit der Regelung nicht entstehen kann (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 12 ZB 14.752 – UA Rn. 21 m. w. N.).
5. Lediglich die (erste) Nr. 3 des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2015 war aufzuheben, da in dieser dem Kläger fälschlicherweise die Kosten des Widerspruchsverfahrens vollständig auferlegt wurden, obwohl dem Widerspruch hinsichtlich der Überbelegungskonsequenz in den Monaten Dezember 2012 und Januar 2013 (40.711,45 €) stattgegeben wurde. Da der Kläger im Vorverfahren somit lediglich in Höhe von 22.052,03 € (Anstellungsschlüssel im August 2013) unterlegen war, hätten ihm auch nur (etwa) 1/3 der Kosten auferlegt werden dürfen.
6. Da nach dem oben Gesagten (s. 1. – 3.) kein Härtefall im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 4 AVBayKiBiG vorliegt, war der in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensspielraum nicht eröffnet. Für einen Verbescheidungsausspruch, wie er mit dem ersten Hilfsantrag begehrt wird, besteht daher kein Raum.
7. Auch der zweite Hilfsantrag, die Beklagte zu verpflichten, wegen des teilweise erfolgreichen Widerspruchsverfahrens eine Kostenlastgrundentscheidung zu treffen, die gesetzlichen Gebühren festzusetzen sowie die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären, hat keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob diese Klageänderung sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO ist, steht dem Antrag auch die fehlende Passivlegitimation der Beklagten entgegen. Zwar behält diese als Ausgangsbehörde trotz Eintritts des Devolutiveffekts grundsätzlich die Sachentscheidungskompetenz neben der entsprechenden Kompetenz der Widerspruchsbehörde. Das bedeutet aber nur, dass sie dem Widerspruch gegebenenfalls abhelfen kann (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 16a). Dagegen fällt es allein in die Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde – hier der Regierung von Oberbayern als Behörde des Freistaats Bayern -, die Kosten des Widerspruchsverfahrens festzusetzen. Richtiger Beklagter wäre somit der Freistaat Bayern. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bzw. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, da sich diese Vorschriften zur Zuständigkeit für die Kostenlastentscheidung nicht verhalten, sondern nur regeln, welcher Rechtsträger dem Widerspruchsführer die Aufwendungen tatsächlich zu erstatten hat.
Zudem dürfte dem Antrag auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da die Kostengrundentscheidung in Nr. 3 des Widerspruchsbescheids bereits aufgrund der entsprechenden Anfechtungsklage des Klägers aufgehoben wurde (s.o. 5.) und zu erwarten ist, dass sich eine Behörde auch ohne Vollstreckungsdruck an dem Urteil orientieren und eine entsprechende neue Kostenentscheidung treffen wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014 zu § 42 Rn. 21 unter Verweis auf BVerwGE 38, 99).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Festsetzung der im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten der Höhe nach nur auf entsprechenden Antrag bei der Behörde in einem zweiten, gesonderten Kostenfestsetzungsverfahren erfolgt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 80 Rn. 8) und daher schon aus diesem Grund nicht Gegenstand dieses Gerichtsverfahrens sein kann.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO abzuweisen. Im Vergleich zu der hier streitgegenständlichen Förderung in Höhe von 22.052,03 €, hinsichtlich derer der Kläger unterlegen ist, ist die antragsgemäße Aufhebung der (ersten) Nr. 3 des Widerspruchsbescheids – und damit letztendlich die von der Beklagten aufgrund des teilweise erfolgreichen Widerspruchs des Klägers zu tragenden Rechtsanwaltsgebühren im Vorverfahren in Höhe von (etwa) 2/3 – von untergeordneter Bedeutung.
Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

BAföG – das Bundesausbildungsförderungsgesetz einfach erklärt

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, sorgt seit über 50 Jahren für finanzielle Entlastung bei Studium und Ausbildung. Der folgende Artikel erläutert, wer Anspruch auf diese wichtige Förderung hat, wovon ihre Höhe abhängt und welche Besonderheiten es bei Studium und Ausbildung gibt.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben