Sozialrecht

Verpflegungsgeld der DDR-Zollverwaltung als AAÜG-relevantes Entgelt

Aktenzeichen  L 1 RS 1/11

Datum:
3.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 70239
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
AAÜG § 6, § 8
SGB IV § 14, § 17

 

Leitsatz

Das den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist seit 1978 als überführungsrelevantes Entgelt nach dem AAÜG zu berücksichtigen. (amtlicher Leitsatz)

Verfahrensgang

S 7 RS 1/09 2011-10-31 GeB SGLANDSHUT SG Landshut

Tenor

I.
Auf die Berufung der Beklagten werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 31.10.2011 und der Bescheid vom 01.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2009 abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 11.12.2003 ab Mai 2008 teilweise zurückzunehmen und als weitere tatsächlich erzielte Arbeitsentgelte nur
Verpflegungsgeld für die Zeiträume
ab 1. Jan. bis 31. Dezember 1978 in Höhe von 1.642,44 Mark der DDR (M)
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1979 in Höhe von 1.642,44 M
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 1.561,50 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1981 in Höhe von 1.094,96 M
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1982 in Höhe von 821,82 M
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1983 in Höhe von 1.612,04 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1984 in Höhe von 1.555,44 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1985 in Höhe von 1.551,24 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1986 in Höhe von 1.492,61 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1987 in Höhe von 1.643,64 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1988 in Höhe von 1.643,64 M,
ab 1. Januar bis 31. Dezember 1989 in Höhe von 1.643,64 M,
ab 1. Januar bis 30. September 1990 in Höhe von 1.232,73 M
festzustellen. Für die Zeit vor Mai 2008 wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger über die Rücknahme des Bescheids vom 11.12.2003 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
II.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Klage des Klägers abgewiesen.
III.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits zu einem Drittel zu erstatten.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und bezüglich des Verpflegungszuschlags nur teilweise begründet, bezüglich des Reinigungszuschusses voll begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage bezüglich des Verpflegungsgelds nur zum Teil zutreffend – nämlich ab 01.01.1978 – stattgegeben; im Tenor werden insoweit die tatsächlich nachgewiesenen Jahresbeträge des Verpflegungsgeldes ergänzt. Das in der Zeit vom 01.09.1981 bis 30.06.1982 gezahlte Verpflegungsgeld wird dabei nicht berücksichtigt. Mangels Beschäftigung bzw. Tätigkeit bei der Zollverwaltung in dieser Zeit liegt keine Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 5 AAÜG vor, so dass insoweit auch kein Arbeitsentgelt bescheinigt werden kann.
Der Bescheid vom 01.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2009 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch darauf, dass die Beklagte den Bescheid vom 11.12.2003 ab Antragstellung (Mai 2008) insoweit zurücknimmt, als Verpflegungsgeld – wie aus dem Urteilstenor ersichtlich – als Arbeitsentgelt ab 1978 zu berücksichtigen ist. Für die Zeit vor Mai 2008 ist die Beklagte verpflichtet, den Kläger über die Rücknahme des Bescheids vom 11.12.2003 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen ist die Klage des Klägers unbegründet.
Die Rücknahme richtet sich nach § 44 Abs. 2 SGB X, der auch im Rahmen des AAÜG anwendbar ist (§ 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG). Danach ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er (anfänglich) rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X), soweit er noch Rechtswirkungen hat. Die Rücknahme hat (gebundene Entscheidung) für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes „Sozialleistungen“ zu Unrecht nicht erbracht oder „Beiträge“ zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen „kann“ (Ermessen) der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, also über die Fälle des Abs. 1 S 1 a. a. O. hinaus, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Nach der Rechtsprechung des BSG soll sich § 44 Abs. 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte beziehen, die – anders als die feststellenden Verwaltungsakte im Überführungsbescheid – unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare „Sozialleistungen“ betreffen (BSGE 69, 14, 16); der Rücknahmeanspruch des Klägers kann sich danach nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).
Für die Vergangenheit kann daher hier nur eine Verpflichtung zur Entscheidung der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ausgesprochen werden.
Der Bescheid vom 11.12.2003 ist im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe (anfänglich) rechtswidrig gewesen, weil das Verpflegungsgeld als tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt – ab 1978 – festzustellen gewesen wäre.
Anspruchsgrundlage für die Feststellung der (zusätzlichen) Arbeitsentgelte gegenüber dem Kläger ist § 8 Abs. 3 AAÜG. Danach hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt derjenigen Mitteilung bekannt zu geben, die dem zuständigen Rentenversicherungsträger zu übermitteln ist. Die Mitteilung beinhaltet insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit des Berechtigten zu einem Zusatzversorgungssystem und das daraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten.
Nach § 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG ist Versorgungsträger für die Sonderversorgungssysteme der Anlage 2 der jeweilige Funktionsnachfolger gemäß Art. 13 des Einigungsvertrags. Die Beklagte ist für die Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR (Anlage 2 Nr. 3 AAÜG) als zuständige oberste Bundesbehörde Funktionsnachfolgerin im Sinne des § 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG, Art. 13 Abs. 2 EinigVtr.
Bei dem Verpflegungsgeld handelt es sich um tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, bestimmt sich nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
In der Auslegung dieser Vorschrift folgt der Senat der inzwischen gefestigten und ausdrücklich auch auf die Sonderversorgungssysteme anwendbaren Rechtsprechung des BSG (s. insbes. BSG, Urteil vom 30.10.2014 – B 5 RS 1/13 R, juris Rn. 15f; Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, juris).
Das BSG (s. Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, juris Rn. 18ff) hat hierzu ausgeführt:
„§ 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG definiert nicht den Begriff des Arbeitsentgelts. Der Gesetzestext besagt nur, dass den Pflichtbeitragszeiten iSd § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) das „erzielte Arbeitsentgelt“ zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort „erzielt“ folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem „aufgrund“ seiner Beschäftigung „zugeflossen“, ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. Insoweit ist auch noch zu erkennen, dass es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln muss.
Das BSG führt weiter aus, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf das „erzielte Arbeitsentgelt“ unabhängig von einer Beitragspflicht abstellt (BSG, a.a.O, juris Rn. 21). Die Bezugnahme auf den Verdienst mit dem Klammerzusatz „§ 256a Abs. 2 SGB VI“ beinhalte keine Definition. Keineswegs sei aufgrund der Bezugnahme das berücksichtigungsfähige Entgelt nach den Regeln des „256a Abs. 2 SGB VI“ zu ermitteln; dies hätte nach Ansicht des BSG zur Folge, dass nur der Verdienst feststellungsfähig wäre, für den Beiträge zur Sozialpflichtversicherung der DDR und ggf. zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtet worden wären. Die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR hätten aber bezweckt, die Mitglieder besser zu stellen.
Welche inhaltliche Bedeutung dem Begriff „Arbeitsentgelt“ iS des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zukommt, bestimmt sich nach § 14 SGB IV und nicht nach dem Recht der ehemaligen DDR (BSG, a.a.O, Rn. 24 ff).
Das BSG (vgl. Urteil vom 29.10.2015 – B 5 RS 8/14 R -, juris) hat für die vorliegenden Fragen eine zweistufige Prüfung ausdrücklich vorgegeben:
Zunächst ist die Prüfung des Sachverhalts anhand § 14 SGB IV durchzuführen.
Sollte sich danach ergeben, dass es sich bei dem hier streitigen Verpflegungsgeld um Arbeitsentgelt iS von § 14 SGB IV handelt, ist in einem zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i. V. m. § 1 der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung – Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.2015 – B 5 RS 8/14 R -, juris Urteil vom 23.7.2015, B 5 RS 9/14 R – Juris Rn. 14 Urteil vom 30.10.2014, B 5 RS 1/13 R – SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 Rn. 15 und B 5 RS 1/14 R – Juris Rn. 15, Urteil vom 23.08.2007 – B 4 RS 4/06 R – SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 Rn. 24 f, 34 f). Ein Ausschluss kommt nach § 17 SGB IV i. V. m. § 1 ArEV allein dann in Betracht, wenn „Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen“ sowohl „zusätzlich“ zu Löhnen und Gehältern gezahlt werden als auch lohnsteuerfrei sind. Dabei müssen beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes darf nicht allein im Blick auf die Steuerfreiheit von Einnahmen bejaht werden. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist eine abschließende Qualifizierung des Verpflegungsgeldes als Arbeitsentgelt davon abhängig, dass sich dieses nicht als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung darstellt und auch kein Tatbestand bundesdeutschen Steuerrechts erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2014 – B 5 RS 3/14 R – juris Rn. 18). Dabei ist das am 1.8.1991 – dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG – geltende Steuerrecht maßgeblich (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 23.7.2015 – B 5 RS 9/14 R – juris Rn. 14, Urteil vom 30.10.2014 – B 5 RS 1/13 R -, SozR 4-8570 § 6 Nr. 6, juris 15ff).
Für die Prüfung der einzelnen Schritte fordert das BSG die Feststellung der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen, z. B. Zahlungsbeginn, -unterbrechung und -ende, konstante oder schwankende Höhe, Entgeltfortzahlung an dienstfreien Tagen, einsatz(un)abhängige Gewährung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.05.2014, B 12 R 18/11 R) sowie die Feststellung und exakte zeitliche Zuordnung desjenigen DDR-Rechts, aus dem sich der Sinn des in Frage stehenden Verpflegungsgeldes ergibt (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 Rn. 29).
Nach Ansicht des Senats wird unter Berücksichtigung dieser Vorgaben das gezahlte Verpflegungsgeld von § 14 SGB IV grundsätzlich erfasst.
Nach § 14 SGB IV in der am 01.08.1991 geltenden Fassung sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV erfasst grundsätzlich solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (vgl. BSGE 60, 39, 40).
Es genügt für die Anwendung von § 14 SGB IV jeder rechtlich relevante Bezug zum Arbeitsverhältnis (s. BSG vom 29.10.2015, B 5 RS 8/14 RS, juris Rn. 29 m. w. N.); ein „synallagmatisches Verhältnis“ von Arbeit und Entgelt ist zwar im Einzelfall ausreichend, nicht aber stets notwendig. Ob ein derartiger Bezug im Einzelfall vorliegt, ist durch Feststellung und exakte zeitliche Zuordnung desjenigen DDR-Rechts zu ermitteln, aus dem sich der Sinn der infrage stehenden Zuwendungen ergibt. Dessen abstrakt-generelle Regelungen dienen insofern als „generelle Anknüpfungstatsachen“ (s. BSG, a.a.O).
Die als tatsächliche Anknüpfungstatsachen heranzuziehenden Normen des DDR-Rechts sprechen für die Einordnung des Verpflegungsgelds unter § 14 SGB IV:
Die Besoldungsordnung 1965 galt ab 01.08.1965 (s. Nr. 9.21). Ihr Anwendungsbereich – und auch der ihrer Nachfolgeregelungen – betraf nach Nr. 1.01 die Angehörigen der Zollverwaltung der Deutschen Demokratischen Republik, die in einem Verpflichtungsverhältnis standen. Sie waren somit für den Kläger anwendbar, der ab 01.11.1965 zunächst als Zollunterassistent bei der Zollverwaltung verpflichtet wurde.
Der Senat ordnet unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Besoldungsordnung das dem Kläger tatsächlich gezahlte Verpflegungsgeld – unabhängig von seiner Bezeichnung – unter den Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 SGB IV ein. Die tatsächliche Höhe des gezahlten Verpflegungsgelds ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den im Tatbestand aufgeführten Daten, die sich auf den Besoldungsstammkarten des Klägers entnehmen lassen und den auch insoweit übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten. Die Jahresbeträge ergeben sich aus der Hochrechnung der Monatsbeträge unter Berücksichtigung von Besonderheiten in einzelnen Jahren, wie im Tatbestand dargestellt.
Es besteht eine kausale Verknüpfung (vgl. Werner in jurisPK § 14, Rn. 36) des gezahlten Verpflegungsgelds mit dem Verpflichtungs- bzw. Dienstverhältnis. Die Beschäftigung kann nicht hinweg gedacht werden, ohne dass beim Kläger die Einnahme aus dem Verpflegungsgeld entfallen wäre.
Nach den Besoldungsordnungen waren Beginn und Ende des individuellen Beschäftigungsverhältnisses für die Zahlung des Verpflegungsgeldes ausschlaggebend, da das Verpflegungsgeld nur an die Mitarbeiter der Zollverwaltung gezahlt wurde.
Auch diente das Verpflegungsgeld – wie die Vollverpflegung – ersichtlich dem Erhalt der Leistungsfähigkeit des Klägers für seine Beschäftigung. Mit dieser Zwecksetzung entspricht das Verpflegungsgeld letztlich einer wesentlichen Aufgabe von Arbeitsentgelt schlechthin (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2016, L 22 R 631/12, Rn. 85), nämlich als „Broterwerb“ die Grundbedürfnisse des Beschäftigten zu sichern.
Die jeweiligen Regelungen der Besoldungsordnungen zur Nicht- bzw. Weiterzahlung des Verpflegungsgeldes loteten jeweils aus, wie eng der Zusammenhang mit der Beschäftigung sein musste. Er endete dann, wenn die Nahrungsaufnahme der Beschäftigung nicht mehr zugute kommen konnte, wie etwa im Fall der unbezahlten Freizeit oder des unentschuldigten Fernbleibens. Andererseits blieb der Zusammenhang mit der Beschäftigung im Fall von Krankheit oder Urlaub durchaus erhalten; auch diese Zeiten dienen der Regeneration und dem Erhalt der Arbeitskraft. Selbst der Schulbesuch dient im weiteren Sinn der verbesserten Einsatzfähigkeit und steht damit in einem weiteren Zusammenhang mit der Beschäftigung.
Durch den in diesen Regelungen der dargestellten Besoldungsordnungen insgesamt noch klar erkennbaren Bezug zum Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich das Verpflegungsgeld von dem sog. Sperrzonenzuschlag, den das BSG in seiner – von der Beklagten zitierten – Entscheidung vom 29.01.2004 (B 4 RA 19/03 R) nicht als Arbeitsentgelt angesehen hat. Dieser ist nicht wegen der Beschäftigung, sondern wegen der allgemeinen Erschwernisse im Sperrgebiet als Entschädigung gezahlt worden; er orientierte sich lediglich der Höhe nach am Arbeitslohn.
Das Verpflegungsgeld verliert seinen Charakter als Arbeitsentgelt auch nicht deshalb, weil es sich um eine Sozialleistung handeln würde. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf die Entscheidung des BSG vom 02.08.2000(B 4 RA 41/99 R), wonach Sozialleistungen wie das Krankengeld der DDR nicht zu den mit der Beschäftigung erzielten Einnahmen zählen.
Die Zahlung des Verpflegungsgelds findet seine Grundlage aber in den genannten Besoldungsordnungen und nicht in einem anderen, unabhängig von dem individuellen Dienstverhältnis, geltenden Gesetz wie etwa der Ehegattenzuschlag oder das Kindergeld. Soweit die Besoldungsordnung 1986 sich auf solche Leistungen bezieht, verweist sie zugleich ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen und nennt in einer Fußnote die entsprechende Verordnung (z. B. bei Nr. 4.6 Fußnote 2: Verordnung über staatliches Kindergeld vom 12. März 1987). Im Übrigen werden die Ausgaben für das Verpflegungsgeld im Haushaltsplan der Zollverwaltung verortet und dort auch nicht unter den sozialen Aufwendungen sondern unter den Versorgungs- und Unterhaltungsausgaben.
Soweit sich die Beklagte auf das Gesetz zur Abschaffung der Lebensmittelkarten vom 28.05.1958 bezieht, so wurde zwar aufgrund dieses Gesetzes § 5 der Vergütungsordnung 1957 zum 01.06.1958 neu gefasst (5. Durchführungsbestimmung).
Dies macht das Verpflegungsgeld aber nicht zu einer von der konkreten Beschäftigung unabhängigen staatlichen Sozialleistung.
Das Gesetz sah zwar zugleich mit der Abschaffung der Lebensmittelkarten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenslage breiter Schichten vor, zu denen etwa die Erhöhung der Löhne und Gehälter gehörte. Aus den Regelungen des Gesetzes wird aber der Charakter der Zulagen als Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis und nicht als Sozialleistungen des Staates deutlich. Der ausdrücklichen Regelung zur Steuer- und Beitragsfreiheit hätte es sonst nicht bedurft (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2016, juris Rn. 91).
Im Übrigen hat die Vergütungsordnung 1957 – wie die Prozessbevollmächtigte zutreffend ausführt – auch bereits vor der Abschaffung der Lebensmittelkarten einen Verpflegungszuschlag vorgesehen. Wie sich aus den Beschlussvorlagen des Leiters des AKZW vom 12.09.1955 und vom 13.09.1955 ergibt, wurde die Vergütungsordnung 1957 u. a. vor dem Hintergrund eingeführt, dass die materielle Lage der Mitarbeiter angesichts der bisherigen Fluktuation deutlich erhöht werden sollte.
Mit der 5. Durchführungsbestimmung wurde damit in Folge des Gesetzes zur Abschaffung der Lebensmittelkarten das Verpflegungsgeld lediglich erhöht, ohne dass dadurch dessen Charakter als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV grundlegend geändert worden wäre; Zollhilfskräfte erhielten seitdem mehr Verpflegungsgeld, nämlich 3,35 DM, Zolloffiziere täglich 2,20 DM von der Zollverwaltung. Die Zahlung erfolgte wie bisher monatlich mit dem Gehalt.
Soweit die Beklagte geltend macht, es läge ggf. nur eine Aufwandsentschädigung vor, ordnet der Senat den Schwerpunkt dieser Argumentation bei der Prüfung der steuerrechtlichen Frage nach dem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse ein.
Für die Anwendung des § 14 SGB IV genügt es, wenn mit dem Verpflegungsgeld jedenfalls auch eine Ersparnis von allgemeinen Aufwendungen zur Lebensführung vorliegt (vgl. Werner, jurisPK § 14 SGB IV Rn. 43). Bei der echten Aufwandsentschädigung würde hingegen überhaupt kein nennenswerter eigener Vermögensvorteil auf Seiten des Arbeitnehmers verbleiben (Werner, a. a. O.).
Da das Verpflegungsgeld keinen unerheblichen Betrag ausmacht, kann auch nicht von einem durchlaufenden Posten gesprochen werden, der sich auf den laufenden Lebensstandard nicht ausgewirkt haben kann (so LSG. Berlin-Brandenburg, juris Rn. 97).
Der zweite Prüfungsschritt führt nach Ansicht des Senats allerdings dazu, dass das Verpflegungsgeld erst ab 1978 als Arbeitsentgelt berücksichtigt werden kann.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1983 (BGBl I 1983, 1532) ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Nach Satz 2 ist eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.
Mit der entsprechenden Anwendung der Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung – ArEV – wird die Gleichstellung mit dem bundesdeutschen Sozialversicherungssystem gewährleistet. Es gelten im Übrigen die Vorschriften des Einkommenssteuerrechts, die am 01.08.1991 bestanden (s.o.).
Nach § 1 ArEV waren einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 nichts Abweichendes ergibt.
Als zusätzliche Einnahmen zu Löhnen und Gehältern werden alle Einkünfte verstanden, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat und die neben dem laufenden Gehalt oder Lohn gezahlt werden. Stets zusätzlich sind freiwillige Arbeitgeberleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht (s. Werner in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB IV, § 17 SGB IV, Rn. 7).
Der Senat sieht das Verpflegungsgeld nach dem Sinn und Zweck der DDR-Regelungen als zusätzliche Einkünfte im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV an.
Es handelte sich zwar nicht um eine freiwillige Leistung. In den jeweils geltenden Besoldungsordnungen war ein Anspruch auf das Verpflegungsgeld geregelt. So heißt es zum Beginn der Zahlung jeweils, dass die Zahlung ab dem Tag vorzunehmen ist, an dem die Voraussetzung eintritt.
Die Regelungen in den Besoldungsordnungen unterscheiden aber stets zwischen den Dienstbezügen, die an den Dienstgrad, die Dienststellung und das Dienstalter anknüpfen, und anderen zweckbezogenen Leistungen wie dem Verpflegungsgeld. Das Verpflegungsgeld wird dabei jeweils immer im systematischen Zusammenhang mit dem Wohnungsgeld geregelt. In der Besoldungsordnung 1965 werden diese Leistungen zwar noch unter der Überschrift „Besoldung“ mitgeregelt und erst in der Besoldungsordnung 1986 als „weitere Zahlungen“ neben der Besoldung eingeordnet. Aus den inhaltlichen Regelungen zum Verpflegungsgeld, die seit Beginn der klägerischen Tätigkeit gelten, wird aber der zusätzliche Charakter der Zahlung schon dadurch deutlich, dass sie nicht unmittelbar an die Arbeitsleistung anknüpft, sondern als Ersatz für die freie Vollverpflegung gezahlt wird. Das Verpflegungsgeld entfällt – unabhängig von der Arbeitsleistung – bei Teilnahme an der (angewiesenen) Vollverpflegung. Die Höhe differenziert im Wesentlichen nicht nach Dienstgraden sondern danach, ob an Grenzzollämtern Dienst verrichtet wird oder nicht; sie orientiert sich in der Höhe auch an übergeordneten Interessen, wie sie mit dem Gesetz zur Abschaffung der Lebensmittelkarten zum Ausdruck gekommen sind.
Auch die Regelung, dass die Zahlung monatlich „mit“ der Besoldung erfolgt, spricht für den zusätzlichen Charakter der Zahlung, sonst hätte es diese Bestimmung nicht gebraucht. Für die Zusätzlichkeit der Leistung spricht letztlich auch, dass sie nicht der Beitragspflicht zum Versorgungsfonds unterlag und lohnsteuerfrei nach DDR-Recht war. Die Frage der Steuerpflichtigkeit im Sinne der ArEV ist zwar nach dem am 01.08.1991 geltenden Bundesrecht zu beantworten. Für die Charakterisierung des Verpflegungsgelds als „zusätzlich“ sieht es der Senat aber als zulässig an, auch die genannten Regelungen der DDR-Normen zur Steuer- und Beitragsfreiheit als tatsächliche Anknüpfungstatsachen heranzuziehen.
Der Senat ist der Ansicht, dass es sich bei dem Verpflegungsgeld um zusätzliche Leistungen handelte, die bis 1978 im überwiegend eigenen betrieblichen Interesse des Arbeitgebers gezahlt worden sind.
Vorteile sind nicht als steuerbarer Arbeitslohn, sondern als Auslagenersatz anzusehen, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen (BSG, Urteil vom 26.05.2004 – B 12 KR 5/04 R – SozR 4-2400 § 14 Nr. 3, juris Rn. 16ff; BFHE 203, 53, 56 = BStBl II 2003, 886, 887). Vorteile haben danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das trifft nach der Rechtsprechung des BFH dann zu, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH besteht zwischen dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers und der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses eine Wechselwirkung mit der Folge, dass das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers umso geringer erscheint, je höher die Bereicherung des Arbeitnehmers ist (BFHE 203, 53, 57 = BStBl II 2003, 886, 888; BFHE 159, 513, 517 = BStBl II 1990, 472, 474).
Die Zollverwaltung hatte an der Zahlung des Verpflegungsgelds ein eigenes betriebliches Interesse. Sinn und Zweck der Zahlung leitet der Senat dabei aus den DDR-Normen und deren Entstehungsgeschichte bzw. deren Änderungen als tatsächliche Anknüpfungspunkte ab.
Daraus ergibt sich, dass der Sinn und Zweck des Verpflegungsgeldes zunächst eng mit der avisierten Unterbringung der Mitarbeiter in Gemeinschaftsunterkünften und der dort zu gewährenden Vollverpflegung zusammenhing.
Wie sich aus der Beschlussvorlage des Leiters des AKZKW vom 12.09.1955 zur Verbesserung der Kaderarbeit im AKZW ergibt, sollten u. a. Maßnahmen ergriffen werden, um in ausreichendem Maß Nachwuchs zu gewinnen und zu binden. U. a. wurde darauf hingewiesen, dass zur damaligen Zeit in einer großen Anzahl von Dienststellen an die Mitarbeiter eine Gemeinschaftsverpflegung ausgegeben wurde, die Möglichkeit allerdings nicht an allen Dienststellen bestand. Die Unterschiede wurden bei Versetzungen, die oftmals aus Sicherheitsgründen erforderlich waren, als außerordentlich störend angesehen.
In der Beschlussvorlage des Leiters des AKZW vom 13.09.1956 wird u. a. auch auf die besondere Bedeutung körperlich volleinsatzfähiger Mitarbeiter für den bewaffneten Dienst hingewiesen (S. 4).
Aus diesen Quellen und den Veränderungen der jeweiligen Besoldungsordnungen und Verpflegungsordnungen lässt sich herauslesen, dass anfangs angestrebt wurde, möglichst viele Mitarbeiter in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen und dort eine gesunde Vollverpflegung mit verpflichtender Teilnahme anzubieten.
So wird in der Verpflegungsordnung von 1965 zu Beginn herausgestellt, dass die ordnungsgemäße Versorgung mit Verpflegung eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährleistung der operativen Dienstdurchführung darstellt. Es wurden ausdrücklich neuste ernährungswissenschaftliche und medizinische Erkenntnissen zur Erreichung hoher Leistungen herangezogen. Die Höhe des Verpflegungsgelds war ganz eng an dem tatsächlich für nötig gehaltenen Verpflegungsaufwand bemessen. Dabei war eine Befreiung von der Vollverpflegung in Gemeinschaftsunterkünften nur ganz ausnahmsweise bei Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung möglich.
Auch in den ersten Vergütungs- bzw. Besoldungsordnungen war vorgesehen, dass das Verpflegungsgeld grundsätzlich nur im Ausnahmefall ausgezahlt werden sollte. Es bestand ein deutliches Regel-Ausnahmeverhältnis in § 5 der Vergütungsordnung von 1957 und Nr. 5.31 der Besoldungsordnung 1965.
Unter Nr. 5.21 in der ab 01.01.1978 geltenden Fassung der 4. Änderung war das Regel-Ausnahmeverhältnis von Vollverpflegung versus Verpflegungsgeld dagegen umgekehrt. Nach Nr. 5.21 erhielten die Mitarbeiter grundsätzlich Verpflegungsgeld nach Grundnorm I und II (Mitarbeiter an Grenzzollämtern); erst in Nr. 5.24 wurde ausgeführt, dass das Verpflegungsgeld dann nicht gezahlt wurde, wenn u. a. Vollverpflegung angewiesen wurde (Nr. 5.24). Verpflegungsgeld wurde nun auch bei Schulbesuch und Aspirantur gewährt, bei dem der Bezug zum unmittelbar körperlichen Einsatz gelockert war. Entsprechend hieß es in der ab 1978 geltenden Versorgungsordnung 4/77 zu Beginn auch nur noch, dass die Verpflegungsversorgung die Aufgabe habe, zur Erhaltung und Erhöhung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit beizutragen. Vollverpflegung wurde nach Nr. 1.6 in den Dienststellen nur noch unter bestimmten politisch-operativen Bedingungen auf besondere Weisung ausgegeben. Erstmals gab es auch eine Gemeinschaftsverpflegung auf Kalkulationsbasis, die den individuellen Bedürfnissen stärker Rechnung tragen sollte. Der Einzelne war insoweit auch bei gemeinsamer Verpflegung freier, seinen individuellen Bedürfnissen nach Auswahl und Menge Rechnung zu tragen (1.7). Jeder Mitarbeiter sollte die Möglichkeit erhalten, sich mit dem finanziellen Satz der Grundnorm selbst zu verpflegen (2.2 Abs. 2).
In der Besoldungsordnung 1/86 wurde in Nr. 4.2.1 nur noch eine Grundnorm genannt; das Verpflegungsgeld wurde als konstanter Durchschnittsbetrag (136,97 M) gezahlt.
In der Verpflegungsordnung vom 01.08.1989 finden sich in den Grundsätzen keine Ausführungen mehr dazu, welchen Beitrag die Verpflegungsversorgung zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit hat. An erster Stelle geht es um die Versorgung mit einer qualitativ hochwertigen, schmackhaften, ausreichenden, hygienisch einwandfreien und gesundheitsfördernden Verpflegung.
Der Senat ist deshalb bei einer Gesamtwürdigung der Interessenlage, über die nicht nur die Besoldungsordnungen sondern auch die in den Versorgungsordnungen niedergelegten Regelungen Anhaltspunkte geben, der Auffassung, dass bis Ende 1977 der Verpflegung der Zollmitarbeiter für die Zollverwaltung ganz wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Betriebsfunktion zukam und damit auch der mit dem Verpflegungsgeld verfolgte betriebliche Zweck noch ganz im Vordergrund stand. Ausgehend von Zeiten der Lebensmittelknappheit und erschwerten Versorgungslagen sowie einem eingeschränkten Wohnungsmarkt erscheint es auch durchaus plausibel, dass die Zollverwaltung zum Erhalt der Leistungsfähigkeit und der Versetzbarkeit sowie zur Gewinnung geeigneter Kräfte eine Vollverpflegung in Wohnheimen anstrebte, die die ernährungsphysiologischen Anforderungen der Tätigkeit mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit optimal in Einklang bringen sollte. Ohne diese Organisation erschien der Zollverwaltung die Ausübung der sicherheitsrelevanten Aufgaben nicht möglich. Die Zahlung des Verpflegungsgelds stellte insoweit nur eine notwendige Begleiterscheinung dar, weil die jedenfalls konzeptuell angestrebte Zurverfügungstellung von Wohnheimen mit Vollverpflegung noch nicht ausreichte. Der Hinweis des Thüringer LSG (Urteil vom 28.10.2015, S. 35), dass nicht in Gemeinschaftsunterkünften Untergebrachte von der kostenlosen Vollverpflegung ausgeschlossen waren, lässt sich nach Ansicht des Senats schlüssig mit dem Erfordernis der genauen Kalkulation der Nahrungsmittel in den Unterkünften erklären und widerspricht nach der Gesamtkonzeption nicht dem betrieblichen Zweck des Verpflegungsgelds. Bis 1977 handelte es sich bei dem Verpflegungsgeld nach den o.g. Anknüpfungstatsachen durchaus um ein Surrogat für die Vollverpflegung.
Die als Regel vorgesehene Vollverpflegung zum Erhalt der Arbeitsproduktivität war bis dahin auch strikt reglementiert (Teilnahmepflicht). Möglicherweise wurde nach dem sozialistischen Menschenbild insoweit sogar eine Deckung von Eigeninteresse mit betrieblichem Interesse gesehen – im Sinne des 7. Gebots der von Walter Ulbricht im Juli 1958 auf dem 5. Parteitag der SED verkündeten „Zehn Gebote der sozialistischen Moral“, die 1963 (S. 122f) bis 1976 im Parteiprogramm der SED aufgenommen waren: „Du sollst stets nach Verbesserung Deiner Leistungen streben, sparsam sein und die sozialistische Arbeitsdisziplin festigen.“
Das Eigeninteresse der Angehörigen der Zollverwaltung an der Ernährung und Verpflegung und auch an dem Verpflegungsgeld trat aber ab 1978 stärker hervor. In der ab 1978 geltenden Versorgungsordnung wird deutlich, dass es der Zollverwaltung nur noch um einen „Beitrag“ zur Versorgung und zum Erhalt der Leistungsfähigkeit ging. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis hatte sich auch im Normverständnis der Besoldungsordnung umgekehrt. Es wird nun im Grundsatz Verpflegungsgeld gewährt, das nur im Ausnahmefall u. a. der angewiesenen Vollverpflegung nicht gezahlt wird.
Mit der kalkulierten Gemeinschaftsverpflegung wurde selbst in den gemeinsamen Unterkünften ein individueller Freiraum belassen. Mit dem Verpflegungsgeld konnte sich der Empfänger einen vom Eigeninteresse geleiteten Vorteil verschaffen. Die Verwendung des Verpflegungsgelds an Bedienstete außerhalb der Unterkünfte – das zuletzt monatlich auch pauschaliert war – wurde ohnehin nicht kontrolliert.
Mit diesen Änderungen trug die Zollverwaltung offenbar auch der Tatsache Rechnung, dass die Nutzung gemeinsamer Wohnunterkünfte praktisch selten geworden war (s. Zeitzeugenbericht). Die in der letzten Verpflegungsordnung beschriebene Aufgabe einer schmackhaften hygienisch hergestellten Verpflegung geht nicht mehr primär von einem gerade für die besondere Beschäftigung benötigten Lebensmittelumsatz aus.
Die Privatnützlichkeit des Verpflegungsgeldes wurde deshalb seit 1978 nicht mehr von dem eigenbetrieblichen Interesse überdeckt. Das Verpflegungsgeld ist daher zutreffend seitdem als Entgelt zu berücksichtigen. Dabei kommt es nach Ansicht des Senats auf die Gesamtkonzeption nach den DDR-Regelungen als Anknüpfungstatsachen an und nicht darauf, dass der Kläger selbst ganz überwiegend nicht an der Vollverpflegung teilgenommen hat.
Der Senat sieht ebenso wie das Sozialgericht keine Sonderregelung, nach der das Verpflegungsgeld nach dem am 01.08.1991 geltenden Steuerrecht ausdrücklich lohnsteuerfrei gewesen wäre. Das Verpflegungsgeld fällt nicht unter § 3 Nr. 4c EStG.
Soweit die Vorschrift überhaupt entsprechend angewendet werden kann, betrifft sie jedenfalls nach der steuerrechtlichen Auslegung nur ausnahmsweise, nämlich die „im Einsatz“ gezahlten Zuschüsse; Zuschüsse, die im normalen Dienst gezahlt werden, waren danach nicht steuerfrei (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2016, juris Rn. 122).
Das Verpflegungsgeld ist im Übrigen ab 1991 auch von der Beklagten als steuerpflichtig behandelt worden.
II.
Der Reinigungszuschuss rechnet dagegen nach Ansicht des Senats zu keiner Zeit zum Arbeitsentgelt.
Die Zahlung des Reinigungszuschusses in Höhe von 3,50 Mark pro Monat wurde erst mit Wirkung vom 01.01.1969 eingeführt und löste die bis dahin geltende Erstattung von verauslagten Beträgen für Uniformreinigungen durch die Zahlung eines Pauschbetrags ab (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 28.10.2015, L 3 R 664/12).
Die Besoldungsordnung 1973 regelte den monatlichen Reinigungszuschuss erstmals unter Nr. 5.30. Die Besoldungsordnung 1986 sah für ständige Uniformträger einen Reinigungszuschuss zur Besoldung weiterhin in Höhe von 3,50 Mark vor. Die bisherigen Regelungen wurden fortgeführt.
Der Reinigungszuschuss steht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis. Gerade das dienstlich veranlasste Tragen der Uniform führt zu dem Erfordernis der Reinigung.
Es handelt sich hier um einen Aufwendungsersatz (vgl. Thüringer LSG, a. a. O.), der bereits nicht von § 14 SGB IV erfasst wird. Eine Ersparnis von Aufwendungen zur allgemeinen Lebensführung liegt nicht vor, weil das Uniformtragen nur betrieblich veranlasst ist. Das Tragen der Uniform befriedigt kein allgemein menschliches Bedürfnis, sondern wird klar ersichtlich aus ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen zur Verfügung gestellt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2016, L 22 R 631/12).
Jedenfalls handelt es sich aber um zusätzliche Entgelte, die sich bei objektiver Würdigung nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinungen einer betriebsfunktionalen Zielsetzung darstellen. Auch hier ist entscheidend, dass das Tragen der Uniform und deren Reinigung im Interesse der Zollverwaltung lagen, die Angehörigen als hoheitlich handelnde Personen auszuweisen und ihnen ein einheitliches und beeindruckendes Erscheinungsbild zu geben. Dahinter trat jedes private Interesse zurück (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.02.2016, L 33 R 631/12, juris Rn. 165).
Dies gilt für die Zuverfügungstellung der Uniform genauso wie für die dem Kläger gewährten Zuschüsse, um die typische Berufskleidung funktionstüchtig zu erhalten.
Die Reinigungszuschüsse sind auch steuerfreie Beträge nach § 3 Nr. 12 Satz 2 bzw. Nr. 50 EStG. Soweit der Kläger argumentiert, dass der Reinigungszuschuss die tatsächlich angefallenen Kosten deutlich überstieg, verweist der Senat auf die ausführlichen Darlegungen des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.02.2016, L 22 R 631/12, juris Rn. 176ff, das exemplarisch auf der Grundlage des Statistischen Jahrbuchs für die Jahre 1970 und 1971 überzeugend ausführt, dass der Reinigungszuschuss in etwa der Deckung der Kosten entsprach, die für die Uniformreinigung und die Schuhbesohlungen jährlich pauschal erforderlich war.
Im Übrigen wurde auch im Schreiben des BMF vom Dezember 1990 (Hinweise zur Gehaltszahlung ab 01.01.1991), auf das sich die Klägerin bezogen hat, das Reinigungsgeld ausdrücklich vom steuer- und versicherungspflichtigen Einkommen ausgenommen.
Da der Kläger letztlich nur teilweise Recht erhalten hat, ist dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen, da der Senat den rechtlichen Vorgaben des BSG detailliert folgt und die Würdigung der DDR-Normen nur eine Tatsachenwürdigung darstellt


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