Strafrecht

Coronavirus, SARS-CoV-2, Vergewaltigung, Freiheitsstrafe, Hauptverhandlung, Angeklagte, Gesamtfreiheitsstrafe, Leistungen, Fahrerlaubnis, Wohnung, Strafzumessung, Unterkunft, Strafaussetzung, Verletzung, Angeklagten, Staatsanwaltschaft, zwei Wochen, psychische Erkrankung, veruntreuende Unterschlagung

Aktenzeichen  1 KLs 123 Js 9931/15

Datum:
30.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44913
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Angeklagte ist schuldig der Vergewaltigung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung.
II. Er wird deswegen unter Einbeziehung der mit Urteil des Amtsgerichts Aue vom 16.01.2018 (Az: Z HRW 1 Ls 230 Js 4136/17 jug) in der Fassung des Urteils des Landgerichts Chemnitz vom 17.08.2018 (Az: 2 Ns 230 Js 4136/17 jug) verhängten Einzelstrafen, nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe und unter weiterer Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 06.02.2019 (Az: 6 Ds 520 Js 12905/18), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 3 Monaten verurteilt.
III. Von der Gesamtfreiheitsstrafe gelten 3 Monate als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt.
IV. Die auf die Bewährungsauflage im einbezogenen Verfahren des Amtsgerichts Aue (Az: Z HRW 1 Ls 230 Js 4136/17 jug) geleisteten Geldzahlungen werden im Umfang von 3 Wochen auf die Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet.
V. Der Angeklagte … wird verurteilt, an die Adhäsionsklägerin …für die verfahrensgegenständlichen Taten in der Zeit von April bis Juni 2015 ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.07.2016 zu zahlen.
VI. Es wird festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Adhäsionsklägerin … sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in der Zukunft aufgrund der verfahrensgegenständlichen Taten entstehen werden, zu ersetzen, sofern sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
VII. Es wird festgestellt, dass die Forderung in Ziffer V. auf einer vorsätzlichen Straftat beruht.
VIII. Das Urteil ist in Ziffer V. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10%.
IX. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens, die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin sowie die besonderen gerichtlichen Kosten des Adhäsionsverfahrens und die der Adhäsionsklägerin dabei entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S.2 Nr.1 (a.F.), 223 Abs. 1, 230 Abs. 1, 53 StGB

Gründe

Der Angeklagte ist mehrfach, darunter auch wegen Vergewaltigung vorbestraft.
Der mit der Nebenklägerin … seit April 2015 in einer Beziehung lebende Angeklagte vollzog ca. zwei Wochen nach Beginn der Beziehung, nachdem auch bereits mehrfach einvernehmlicher Geschlechtsverkehr stattgefunden hatte, unter Anwendung von körperlicher Gewalt gegen den Willen der Geschädigten … in deren Wohnung den vaginalen Geschlechtsverkehr.
Im Juni 2015 verletzte er die Nebenklägerin … bei einem Streit mit bedingtem Vorsatz an deren körperlicher Unversehrtheit.
Der Angeklagte, der die Vergewaltigung bestreitet und die Körperverletzung als Versehen darstellt, ist der Tatbegehung überführt aufgrund der glaubhaften Angaben der Geschädigten ….
Der Angeklagte handelte in beiden Fällen bei voll erhaltener Schuldfähigkeit.
I.
Persönliche Verhältnisse usw. …
Der Angeklagte ist in Deutschland wie folgt vorbestraft:
1. 23.09.1997 AG STOLLBERG (U1219) -1 CS 420 JS 31558/97 – Rechtskräftig seit 12.11.1997 Tatbezeichnung: Hausfriedensbruch mit Beleidigung Datum der Tat: 06.06.1997 Angewandte Vorschriften: STGB § 123, § 185, § 194 ABS. 1
20 Tagessätze zu je 20,00 DM Geldstrafe.
2. 22.06.1998 AG STOLLBERG (U1219) -1 CS 420 JS 20084/98 – Rechtskräftig seit 09.07.1998 Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung Datum der Tat: 24.03.1998 Angewandte Vorschriften: STGB § 223 ABS. 1, § 230 ABS. 1
40 Tagessätze zu je 20,00 DM Geldstrafe.
3. 08.12.1998 AG STOLLBERG (U1219) -1 CS 510 JS 41936/98 – Rechtskräftig seit 29.12.1998 Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Pflichtversicherung Datum der Tat: 01.10.1998 Angewandte Vorschriften: PFLVG § 1, § 6 ABS. 1
20 Tagessätze zu je 25,00 DM Geldstrafe.
4. 18.04.2000 AG CHEMNITZ (U1206) -6 DS 510 JS 42601/99 – Rechtskräftig seit 26.04.2000 Tatbezeichnung: Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung tateinheitlich in 3 Fällen Datum der Tat: 21.08.1999 Angewandte Vorschriften: STGB § 315 C ABS. 1 NR. 1 A, ABS. 3 NR. 2,
§ 223 ABS. 1, § 229, § 230 ABS. 1, § 52, § 69, § 69 A
90 Tagessätze zu je 20,00 DM Geldstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 17.07.2000.
5. 19.03.2003 AG STOLLBERG (U1219) -2 DS 230 JS 43743/02 – Rechtskräftig seit 27.03.2003 Tatbezeichnung: Eigenmächtige Abwesenheit in 2 Fällen, Dienstflucht Datum der letzten Tat: 30.09.2002 Angewandte Vorschriften: STGB § 53, § 56, ZDG § 52, § 53 ABS. 1
9 Monate Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 2 Jahre.
6. 01.04.2003 AG CHEMNITZ (U1206) -3 CS 610 JS 39079/02 – Rechtskräftig seit 07.07.2003 Tatbezeichnung: Gefährliche Körperverletzung, vorsätzliche Körperverletzung mit Beleidigung Datum der letzten Tat: 20.09.2002 Angewandte Vorschriften: STGB § 185, § 194 ABS. 1, § 223 ABS. 1, § 224 ABS. 1 NR. 4, § 230 ABS. 1, § 25 ABS. 2, § 52, § 53, § 56
18 Monate Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahre.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 19.03.2003+2 DS 230 JS 43743/02+U1219+AG STOLLBERG.
Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
7. 20.11.2003 AG CHEMNITZ (U1206) -3 DS 840 JS 25785/03 – Rechtskräftig seit 20.11.2003 Tatbezeichnung: Ausübung der tatsächlichen Gewalt über einen verbotenen Gegenstand mit fahrlässiger Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Schusswaffe Datum der letzten Tat: 19.01.2003 Angewandte Vorschriften: STGB § 52, § 55, § 56, WAFFG § 33 ABS. 3 NR. 1 A, NR. 3, ABS. 4
19 Monate Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 19.11.2006.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 01.04.2003+6 CS 610 JS 39079/02+U1206+AG CHEMNITZ.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 19.03.2003+2 DS 230 JS 43743/02+U1219+AG STOLLBERG.
Bewährungszeit verlängert bis 12.02.2008.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 23.05.2008.
8. 22.12.2005 AG Chemnitz (U1206) -3 Cs 610 Js 35008/05 – Rechtskräftig seit 03.05.2006 Tatbezeichnung: Beleidigung Datum der Tat: 20.08.2005 Angewandte Vorschriften: StGB § 185, § 194
70 Tagessätze zu je 25,00 EUR Geldstrafe.
9. 20.01.2006 AG Erfurt (Y1106) -Cs 810 Js 37614/05 – Rechtskräftig seit 17.02.2006 Tatbezeichnung: Beleidigung in 2 Fällen Datum der letzten Tat: 20.10.2005 Angewandte Vorschriften: StGB § 185, § 194, § 52
60 Tagessätze zu je 10,00 EUR Geldstrafe.
10. 17.08.2006 LG Gera (Y1200) -321 Js 14422/06 1 Kls – Rechtskräftig seit 17.08.2006 Tatbezeichnung: Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung in TE mit Beleidigung sowie Körperverletzung in TE mit Sachbeschädigung Datum der letzten Tat: 12.04.2006 Angewandte Vorschriften: StGB § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 185, § 195, § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 239 Abs. 1, § 303 Abs. 1, § 303 c, § 46a Nr. 1, § 49, § 52, § 53, § 54, § 56
2 Jahre Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 5 Jahre.
Bewährungshelfer bestellt.
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
11. 23.02.2007 AG Chemnitz (U1206) -3 Ds 610 Js 35008/05 – Rechtskräftig seit 07.03.2007
100 Tagessätze zu je 21,00 EUR Geldstrafe.
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 22.12.2005+3 Cs 610 Js 35008/05+U1206+AG Chemnitz.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 20.01.2006+Cs 810 Js 37614/05+Y1106+AG Erfurt.
12. 22.03.2007 Amtsgericht Berlin-Tiergarten (F1101) -(261b Ds) 3093 PLs 2798/06 (99/06) – Rechtskräftig seit 22.03.2007 Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung, Beleidigung in zwei Fällen Datum der letzten Tat: 24.05.2006 Angewandte Vorschriften: StGB § 223, § 185, § 53, § 56
8. Monate Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahre.
Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
13. 11.10.2007 LG Gera (Y1200) -321 Js 14422/06 1 KLs (40)17 – Rechtskräftig seit 21.02.2008
2. Jahre 4 Monate Freiheitsstrafe
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 17.08.2006+321 Js 14422/06 1 Kls+Y1200+LG Gera.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 22.03.2007+(261b Ds) 3093 PLs 2798/06 (99/06)+F1101+AG Berlin-Tiergarten.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 10.12.2014.
Ausgesetzt durch: 29.11.2010+12 StVK 751/10+B1200+LG Freiburg im Breisgau.
Bewährungshelfer bestellt.
Bewährungszeit verlängert bis 10.12.2016.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 11.07.2018.
Führungsaufsicht nach vollständiger Verbüßung der Strafe bis 11.07.2023.
Bewährungshelfer bestellt.
14. 25.03.2013 AG Aue Zw. Stollberg (U1225) -Z 2 Cs 600 Js 6449/13- Rechtskräftig seit 14.12.2013 Tatbezeichnung: Erschleichen von geringwertigen Leistungen in 3 Fällen Datum der letzten Tat: 07.11.2012 Angewandte Vorschriften: StGB § 265 a Abs. 1, § 265 a Abs. 3, § 248 a, § 53
60 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
15. 02.10.2014 AG Aue Zw. Stollberg (U1225) -2 Ds 600 Js 23279/14- Rechtskräftig seit 04.11.2015 Tatbezeichnung: Freiheitsberaubung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung sowie der Beleidigung und der Sachbeschädigung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen Datum der letzten Tat: 07.12.2013 Angewandte Vorschriften: StGB § 239 Abs. 1, § 240 Abs. 1, § 240 Abs. 2, § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 185, § 194 Abs. 1, § 303 Abs. 1, § 303 c, § 52, § 53, § 56
1. Jahr 3 Monate Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 4 Jahre.
Bewährungszeit verlängert bis 03.05.2020.
Bewährungszeit verlängert bis 03.11.2020.
Bewährungshelfer bestellt.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 22.12.2020.
Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
16. 03.05.2016 AG Chemnitz (U1206) -14 Cs 920 Js 16421/16 – Rechtskräftig seit 25.05.2016 Tatbezeichnung: Steuerhinterziehung Datum der letzten Tat: 31.10.2014 Angewandte Vorschriften: StGB § 22, § 23, § 25, AO § 369 Abs. 1 Nr. 1, § 369 Abs. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 1
25 Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe.
17. 09.05.2016 AG Aue Zw. Stollberg (U1225) -2 Ds 520 Js 24065/15- Rechtskräftig seit 13.12.2016 Tatbezeichnung: Veruntreuende Unterschlagung, Verbreitung von pornographischen Schriften in 3 Fällen Datum der letzten Tat: 17.12.2014 Angewandte Vorschriften: StGB § 184 Abs. 1 Nr. 6, § 246 Abs. 1, § 246 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53, § 54, § 55
5. Monate 2 Wochen Freiheitsstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 03.05.2016+14 Cs 920 Js 16421/16+U1206+AG Chemnitz.
Strafvollstreckung erledigt am 11.07.2018.
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
18. 01.03.2017 AG Aue (U1202) -2 Cs 520 Js 6316/17 – Rechtskräftig seit 18.03.2017 Tatbezeichnung: Erschleichen von Leistungen Datum der Tat: 21.12.2016 Angewandte Vorschriften: StGB § 265 a Abs. 1, § 265 a Abs. 3, § 248 a
20 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe.
Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
19. 16.01.2018 AG Aue (U1202) -Z HRW 1 Ls 230 Js 4136/17 jugRechtskräftig seit 25.08.2018 Tatbezeichnung: Sexueller Missbrauch von Kindern, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern Datum der letzten Tat: 28.09.2016 Angewandte Vorschriften: StGB § 176 Abs. 1, § 176 a Abs. 2 Nr. 1, § 176 a Abs. 4, § 53, § 56
2. Jahre Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahre.
Bewährungshelfer bestellt.
Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
usw. …
20. 06.02.2019 AG Chemnitz (U1206) -6 Ds 520 Js 12905/18 – Rechtskräftig seit 14.02.2019 Tatbezeichnung: Betrug Datum der Tat: 31.10.2014 Angewandte Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2
80 Tagessätze zu je 30,00 EUR Geldstrafe.
Die Gründe der Entscheidung des Amtsgerichts Chemnitz lauten wie folgt:
usw. …
II.
Sachverhalt
1. Vorgeschichte
Anfang April 2015, wohl am 04.04.2015, lernte der Angeklagte über ein Singleportal im Internet … aus … kennen. Von da an hielt er sich regelmäßig über Nacht in deren Wohnung in der …str. in … auf. Es entwickelte sich eine intensive Beziehung. Von Anfang an kam es zu einvernehmlichen sexuellen Kontakten zwischen beiden. Zugleich war das Verhältnis jedoch auch geprägt von ständigen Streitereien. Ein Problem war dabei unter anderem die Eifersucht der … auf andere Frauen, mit welchen der Angeklagte Kontakt hatte.
2. Tatgeschehen
a) Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt Mitte April 2015, etwa zwei Wochen nach Beginn der Beziehung am 04.04.2015, kam es wieder zu einem verbalen Streit zwischen beiden. Zur Beendigung des Konflikts legte sich die Nebenklägerin … auf die Couch im Wohnzimmer. Der Angeklagte folgte ihr und wollte Sex. … wies das Verlangen des Angeklagten nach sexuellem Kontakt eindeutig zurück. Der Angeklagte, der erkannte, dass die Nebenklägerin nicht bereit war, mit ihm sexuell zu verkehren, wollte dies nicht akzeptieren und entschloss sich, seinen Wunsch auch gegen deren Willen gewaltsam durchzusetzen. Er drehte deshalb die seitlich auf der Couch liegende Nebenklägerin auf den Rücken und hielt ihre beiden Handgelenke über ihrem Kopf fest. Dann drückte er gegen ihren Widerstand ihre Beine auseinander, indem er sein Knie zwischen ihre Oberschenkel presste. Obwohl die Nebenklägerin dem Angeklagten sagte, er solle sie in Ruhe lassen und hierbei weinte, führte er ohne Kondom den vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch.
b) Trotz dieses Vorfalls beendete die Nebenklägerin die Beziehung zum Angeklagten nicht. In der Folge gab es auch wieder einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Beide stritten jedoch auch wieder häufig miteinander.
Am Abend des 02. auf den 03.06.2015 forderte … den Angeklagten nach einem verbalen Streit auf, die Wohnung zu verlassen. Da der Angeklagte sich weigerte, packte die Nebenklägerin dessen Tasche im Schlafzimmer und wollte ihn aus der Wohnung weisen. Der Angeklagte akzeptierte dies nicht, riss der Nebenklägerin die Tasche aus der Hand und schleifte die Nebenklägerin durch ihre Wohnung, wobei er sie am Hals und an den Armen packte.
Die Nebenklägerin erlitt hierdurch Schmerzen und verletzte sich, wie der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, durch das Anschlagen an eine Zimmertüre am linken Schienbein, an welchem sie eine längs verlaufende ca. 20 cm lange Schürfung davontrug.
Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung dieser Körperverletzung bejaht.
Der Angeklagte handelte in beiden Fällen bei voll erhaltener Schuldfähigkeit.
3. Nachtatgeschehen / Folgen der Tat:
Nachdem der Angeklagte zunächst am 04.06.2015 mit dem Zug aus … weggefahren war, kehrte er eine Woche später wieder zurück und gelangte am 11.06.2015 zusammen mit … in deren Wohnung. Er gab vor, nur seine Sachen zusammenpacken zu wollen. Der Aufforderung von …, die Wohnung zu verlassen, kam er nicht nach. … verständigte daraufhin die Polizei, die den Angeklagten, der sich nach wie vor weigerte, die Wohnung zu verlassen, aus der Wohnung brachte und ihn wegen dessen Renitenz in Sicherungsgewahrsam nahm. Zudem sprach die Polizei ein Kontaktverbot aus.
… erstattete Strafanzeige. In diesem Zusammenhang wurden erstmals die Vorfälle der Vergewaltigung und der Körperverletzung bekannt.
Noch während des laufenden Kontaktverbotes nahm der Angeklagte wiederum Kontakt zu … auf, was diese zuließ. Es folgte zusammen mit dem damals 7 Jahre alten Sohn der … ein gemeinsamer Ausflug in einen Freizeitpark. Es kam auch wieder zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr.
Anfang August 2015 teilte … in zwei gleichlautenden Schreiben an die Kriminalpolizei … und an die für den Wohnsitz des Angeklagten zuständige Polizeiinspektion … mit, dass sie die Strafanzeige gegen den Angeklagten zurücknehmen möchte und keine strafrechtliche Verfolgung mehr wünsche. Beide Schreiben waren vom Angeklagten vorgefertigt und von … unterzeichnet worden.
Anschließend kam es zu einem gemeinsamen Ostsee-Urlaub des Angeklagten und der Geschädigten mit Sohn sowie mit zwei weiteren Bekannten. Der eine Woche dauernde Urlaub, der der Versöhnung dienen sollte, führte rasch zu neuerlichem Streit und zum finalen Zerwürfnis des Angeklagten mit der Geschädigten.
Am 25.08.2015 begab sich … wegen ihrer Probleme, vor allem auch wegen der gegenständlichen Vorfälle, zur ambulanten Behandlung in die Ambulanz des Bezirkskrankenhauses …, wo sie mehrere Termine wahrnahm.
III.
Beweiswürdigung
1. Feststellungen zu persönlichen Verhältnissen
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen, … der die vom Angeklagten ihm gegenüber im Rahmen der Exploration am 31.07.2017 gemachten Angaben wiedergab. Auf Nachfrage hat der Angeklagte diese Angaben als richtig bestätigt. Hierzu ergänzend und für den Folgezeitraum hat der Angeklagte selbst Angaben gemacht. Außerdem hat die Kammer Berichte aus der Führungsaufsicht verlesen. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der gemachten Angaben und legt diese dem Urteil zugrunde.
Die Feststellungen zur psychiatrischen Vorgeschichte und zum Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung basieren auf den Angaben des Sachverständigen …, denen sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugung anschließt.
Die Feststellungen zum Konsum von Alkohol und Drogen beruhen auf den glaubhaften eigenen Angaben des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung.
Hier führte er aus, dass Alkohol für ihn noch nie ein Problem gewesen sei. Auch am Tag der behaupteten Vergewaltigung habe er nichts getrunken gehabt. Mit Drogen hatte er nichts zu tun. Die Angaben des Angeklagten werden insoweit auch bestätigt durch die Angaben der Zeugin …, die bestätigt, dass dieser in aller Regel nicht betrunken war.
Auf Nachfrage des Gerichts räumte der Angeklagte ein, dass er im Rahmen der Exploration gegenüber dem Sachverständigen … am 31.07.2017 Angaben über einen erheblichen Konsum von Alkohol und Drogen nur aus taktischen Gründen gemacht hatte, um in den vorzugswürdigen Genuss einer Unterbringung nach § 64 StGB kommen zu können. Aus diesem Grund habe er unzutreffende Angaben gemacht und seinen tatsächlichen Alkoholkonsum deutlich übertrieben sowie seinen Drogenkonsum unzutreffend dargestellt.
Die falschen Angaben hatten dazu geführt, dass der Sachverständige in seinem schriftlichen vorbereitenden Gutachten – bereits damals unter Hinweis auf die Zweifelhaftigkeit der Angaben zum Konsum von Alkohol und Drogen, welche von einem vorliegenden Klinikbericht erheblich nach oben abwichen – eine tatsächlich offensichtlich nicht bestehende Abhängigkeitserkrankung von Alkohol und Stimulanzien diagnostiziert hatte.
Die Vorstrafen beruhen auf dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Im dargestellten Umfang verlesen wurden auch die Sachverhalte bzw. weitergehend Entscheidungsgründe aus den Urteilen. Der Vollstreckungsstand wurde jeweils wie wiedergegeben festgestellt. Die hierzu ergangenen Feststellungen wurden vom Angeklagten als zutreffend anerkannt.
2. Feststellungen zum Sachverhalt
Die Feststellungen unter II. sind das Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung.
Der Angeklagte, der die Taten bestreitet, ist der Tatbegehung überführt.
Die Kammer hat, den glaubhaften Angaben der Zeugin … folgend, keinen Zweifel, dass sowohl die Vergewaltigung (Ziffer II.2 a) als auch die Körperverletzung (Ziffer II.2. b) wie von der Zeugin … geschildert und festgestellt, tatsächlich erfolgt sind.
2.1 Die Einlassung des Angeklagten
2.1.1. Angaben in der Hauptverhandlung
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung am 08.06.2021 wie folgt zur Sache eingelassen:
Die Tatvorwürfe treffen nicht zu.
Er habe … Anfang 2015 über das Internet kennengelernt. In der Beziehung habe es viele Diskrepanzen gegeben. Man könne sagen, es habe Streit von Anfang an gegeben. … habe auch noch Probleme mit ihrem Ex-Mann gehabt.
2015 habe er im Raum … selbständig als Trockenbauer gearbeitet. Zu der Zeit habe er in einem Dorf bei … eine Unterkunft gehabt. … habe ihn das erste Mal in … abgeholt und mit ihrem PKW mit nach … genommen. In der Folge sei er immer öfter zu ihr gekommen. Nach der Arbeit sei er praktisch jeden Tag zu ihr gefahren. Er sei dabei stets mit dem Zug gefahren und immer erst gegen 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr eingetroffen. Er habe dann aber schon gegen 03.00 Uhr wieder aufstehen müssen. In der Regel habe er von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr gearbeitet.
Zum Ablauf der Beziehung gab er an, es habe jeden Tag Streit gegeben. Dies deshalb, weil … jeden Tag eine Flasche Wein getrunken habe. Er habe sich liebevoll um den damals siebenjährigen Sohn der … gekümmert und zu diesem ein gutes Verhältnis gehabt.
Zum Tatvowurf der Vergewaltigung gab er an, dass es auch an diesem Tag Streit gegeben habe. Er sei auch sehr laut geworden. … sei daraufhin ins Wohnzimmer. Er sei ihr alsbald nachgegangen. Er habe sich auf der Couch neben sie gesetzt. Er habe sie küssen wollen. Sie habe Nein gesagt. Er sei dann wieder zurückgegangen ins benachbarte Zimmer. Kurze Zeit später sei sie gekommen und habe sich lautstark beschwert, warum er nicht für sie da sei und sich nicht um sie kümmere. Gegen 01.00 Uhr sei sie erneut gekommen und habe ganz heftig auf seinen Beinen herumgeklopft. Sie habe heftig auf seine Unterschenkel eingeschlagen.
In der Folge gab er in weinerlichem, aber leicht aggressivem Ton an, er habe sich jeden Tag von ihr demütigen lassen. Irgendwann sei er heimgefahren. Er habe dann zunächst keinen Kontakt gehabt. Sie habe ihn dann permanent angerufen. Dies sei im Zeitraum von 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr erfolgt. Sein Anwalt, Rechtsanwalt …, habe noch alle diese Unterlagen. Auf Nachfrage gab er an, dass er diese Eintragungen nicht der Polizei gezeigt habe.
Zu dem Tatvorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung gab er an, dass er gehen und die Wohnung verlassen wollte. Ihr Sohn habe geschlafen. Sie aber habe herumgeschrien. Er habe seine Sachen packen wollen. Er habe sie von hinten genommen, weil ihr Sohn in seinem Zimmer schlief. Er habe dies getan, damit der Sohn nicht aufwache. Dabei sei er gestolpert. Sie sei an der Schwelle oder am Türrahmen hängengeblieben. Dabei sei es zu der Verletzung am Schienbein gekommen. Er habe von hinten mit zwei Armen um sie gegriffen, sie seien gemeinsam „umgefallen“. Dies sei auf der Schwelle gewesen. Ihre Verletzung am Schienbein sei in dem Zusammenhang entstanden. Daraufhin habe sie ihn aus der Wohnung geschmissen. Es sei schweinekalt gewesen, er habe im Busch schlafen müssen. Er habe eine Kneipe gefunden und sei mit dem Zug auf die Arbeit gefahren. Danach sei er trotzdem wieder zu ihr.
Auch am 11.06.2015 sei er wieder zu ihr gekommen. Er habe seine Sachen packen wollen. Er habe sich geweigert zu gehen. Er habe noch sein Handy gewollt, das sie genommen hatte. Die Polizei sei dann gekommen. Er habe seine Tasche nehmen wollen. Dies sei ihm nicht erlaubt worden. Er sei dann unsanft aufs Bett geworfen worden.
Im Rahmen des Polizeieinsatzes sei ihm ein Kontaktverbot vom 12.06. bis 26.06.2021 auferlegt worden. Über einen Arbeitskollegen sei er schließlich an seine Klamotten gekommen.
Bei … sei es jeden Tag nur ums Saufen gegangen. Sie habe gesoffen, jeden Tag eine Flasche Rosé. Ihr sei es jeden Tag schlecht gegangen. So sei ihre ganze Beziehung abgelaufen.
Auf Nachfrage, ob sie (illegale) Substanzen einnahm, gab er an, er wisse es nicht, glaube jedoch nicht.
Er selbst habe gar keinen Alkohol getrunken, er habe Cola oder Wasser getrunken. Wenn er arbeite, trinke er nichts. Er habe zu der Zeit in … gearbeitet. Alkohol habe bei ihm nie ein Rolle gespielt. Drogen bei ihm gar nicht. Auch an dem Tag der behaupteten Vergewaltigung habe er nichts getrunken.
Er wisse nicht, warum er immer wieder zu ihr hingegangen sei.
An mehreren Tagen habe sie ihn rausgeschmissen. Er habe im Busch im Freien schlafen müssen. Er wisse nicht, warum er wieder hin sei. Vielleicht sei es das Sexuelle gewesen. Dies sei gegangen bis er im August seine neue Freundin kennengelernt habe.
Auf weitere Nachfrage, warum er trotzdem über einen längeren Zeitraum immer wieder hingefahren sei, gab er an, dass eigentlich in jeder seiner Beziehungen ein Kind dabei gewesen sei. Der Sohn der … sei 7 oder 8 Jahre alt gewesen. Er habe einen Sohn, den er jahrelang nicht sehen habe dürfen. Wahrscheinlich sei es das gewesen, warum er an der Beziehung mit … festgehalten habe.
Auf Nachfrage des Gerichts konnte er den Namen des Jungen, …, nicht nennen.
Weiter gab er an, wahrscheinlich habe er als Mann sich nicht aus der Beziehung zu gehen trauen.
Er habe das alles mit … klären wollen. Deswegen sei es Mitte August zu einem gemeinsamen Ostsee-Urlaub gekommen. Während dieser Zeit sei … permanent am Durchdrehen gewesen. Er selbst habe rausgewollt, aber nicht gedurft. Sie habe ihn vor Ort „eingesperrt“.
Seit August 2015 habe er eine neue Freundin, seit Oktober 2015 sei er mit dieser zusammen. Es handle sich um ….
2.1.2 Angaben vor dem Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht am 19.07.2016
In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Bayreuth-Schöffengericht am 19.07.2016, über die der damalige Vorsitzende des Schöffengerichts, der Zeuge …, berichtete, hatte der Angeklagte folgende Angaben zur Sache gemacht:
Er habe sie nie angefasst, wenn sie nicht wollte. Sie hatten jeden Tag Streit gehabt.
Am Sofa habe er sie aufmuntern wollen. Er habe sie in den Arm genommen und küssen wollen. Sie habe gesagt „lass mich in Ruhe“. Er sei dann in die Küche gegangen.
Einmal habe sie seine Sachen aus dem Schrank in den Flur geschmissen. Er sei dann gegangen, ohne seine Sachen mitzunehmen. Sie habe dabei rumgeschrien, sie habe ihm ständig gedroht, dass sie zur Polizei gehe.
Ihre Verletzung habe einen anderen Grund gehabt. Sie habe ihn weggestoßen, er habe sich an ihr festgehalten und sie seien dann beide umgefallen.
Nach der Beziehung habe er nur seine Sachen holen wollen. Sonst habe er keinen Kontakt mehr aufgenommen. Er habe sie nie zur Rücknahme der Anzeige gedrängt. Sie habe ihm geschrieben, dass sie die Anzeige zurückgenommen habe.
Auf Vorhalt des Schreibens der Anzeigerücknahme gegenüber der Polizei … gab er an, von dem Schreiben wisse er nichts. Er habe es nicht geschrieben. Er habe auch nur von einem Hausfriedensbruch gewusst.
Es habe gleich am ersten Abend sexuellen Kontakt gegeben. Es habe vor und nach dem Vorfall sexuelle Kontakte gegeben. Von Juli bis September habe sie ihm öfter auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass sie zur Polizei gehe und dass er sie verarschen würde. Was sie bei der Polizei gewollt habe, habe sie ihm nicht gesagt. Sie habe auch gewusst, dass er wegen Vergewaltigung in Haft gewesen sei.
2.1.3 Angaben bei Sachverständigenexploration am 31.07.2017
Im Rahmen der Exploration durch den Sachverständigen … am 31.07.2017 hatte der Angeklagte zu den tatgegenständlichen Vorwürfen Folgendes angegeben:
Er habe … über eine Single-Börse kennengelernt. Ab April 2015 sei man zusammen gewesen. Von Anfang an hätte es praktisch jeden Tag Streit gegeben. Sie habe täglich eine Flasche Wein getrunken. Sie sei total eifersüchtig gewesen, er habe nichts mit anderen Frauen schreiben dürfen.
Der Tatvorwurf der Vergewaltigung würde so nicht stimmen. Es hätte an dem Tag gar keinen Sexualkontakt gegeben. Es sei nur zutreffend, dass man Streit hatte. Sie habe getrunken gehabt, er nicht. Er habe auf der Heimfahrt zu ihr zuvor Marihuana geraucht und wäre daher eigentlich relativ gechillt gewesen. Dass er solche Substanzen konsumierte, habe damals niemand außer seinem besten Freund gewusst. Er habe sie an dem Tag küssen wollen, das habe sie aber nicht gewollt. (Allgemein merkte der Angeklagte an, dass ihn die Zeugin … auch geschlagen habe).
Zu dem Vorfall vom 11.06.2015 [Polizeieinsatz] gab er an, dass ihm … gesagt habe, er solle gehen. Es habe zwei Wochen zuvor keinen Kontakt gegeben gehabt. Sie habe nachdenken wollen, wie es weitergeht. In diesem Zeitraum habe er zuhause in … geschlafen und sei von dort aus mit Kollegen zur Arbeit gefahren. Er habe dann seine Sachen holen wollen und habe sie dabei vor die Entscheidung gestellt, wie es jetzt weitergehen solle. Er hatte fertiggepackt und habe gehen wollen. Er habe allerdings sein Handy haben wollen, was ihm … nicht herausgegeben habe. Sie habe von Beweismitteln gesprochen, sie habe die Polizei gerufen. Er habe auch so lange warten wollen, um dann sein Handy zu bekommen. Die Polizei aber habe ihm einen Platzverweis erteilt, man habe ihn polizeilich aufs Bett geknallt und festgenommen.
Zum Tatvorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung gab er an, die große Schürfwunde am Bein der … habe nicht aus dieser Situation gestammt. Diese sei schon von ihm, aber nicht mit Absicht zugefügt.
2.2 Die Angaben der Zeugin …
Die Einlassung des Angeklagten ist widerlegt aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugin ….
Diese hat den Sachverhalt in der Hauptverhandlung sowohl hinsichtlich der Vergewaltigung als auch hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung wie festgestellt geschildert.
2.2.1 Angaben der … im Rahmen der Hauptverhandlung
Im Einzelnen hat die Zeugin in der Hauptverhandlung angegeben:
Die Beziehung habe damit begonnen, dass sie ihn über Lovoo, eine Single-Plattform kennengelernt habe. Zum ersten Treffen sei sie mit einer Freundin, …, hingefahren. Im Vorfeld hatte sie mehrfach mit ihm telefoniert. Sie habe zu der Zeit Probleme mit ihrem Ex-Mann gehabt, wegen ihrem Kind. Der Angeklagte sei anfangs nett und verständnisvoll gewesen. Er habe ihr zugehört. Er habe ihr das Gefühl vermittelt, dass er ihr helfe, dass er für sie da sei. Er habe damals bei … gewohnt. Beim ersten Treffen habe sie ihn mit dem Auto abgeholt. … sei dabei gewesen, diese habe viel mitbekommen von der nicht ganz normalen Beziehung der beiden. Sie selbst sei oft nach … gefahren, habe ihn mit ihrem PKW zur Arbeitsstelle gefahren. Nach der Arbeit sei der Angeklagte auch mal mit dem Zug gekommen. Anfangs habe es täglichen Kontakt gegeben und eine Zeit, da sei er fast jeden Tag da gewesen. Wenn dann sei er nach seiner Arbeit, in der Regel gegen 19.00 Uhr bis 20.00 Uhr, spätestens 20:30 Uhr gekommen. Ihr Sohn sei da noch wach gewesen, weil mit diesem habe der Angeklagte auch gespielt.
Zur Vergewaltigung gab sie an, auch hier habe es Streit gegeben. Sie sei rüber ins Wohnzimmer, habe auf dem Sofa schlafen wollen. Der Angeklagte sei nachgekommen. Er habe Sex gewollt. Sie habe keinen Sex gewollt und dies dem Angeklagten deutlich zu verstehen gegeben. Er sei auf sie, habe sie festgehalten, ihre Hände nach oben festgehalten, ihre Beine auseinandergedrückt und dann alles gemacht, was er wollte. Auf Nachfrage gab sie an, dass er Geschlechtsverkehr ohne Kondom bis zum Samenerguss gemacht habe. Wie lange der Vorgang gedauert habe, könne sie nicht sagen. Spontan äußerte sie, „6 Jahre dauert es schon“, womit sie die Zeit seit dem Vorfall meinte, von dem sie nach wie vor mitgenommen ist. Der Angeklagte sei in der Folge dageblieben. Auf Nachfrage, ob er sie auch gebissen hatte, gab sie an, ja da war was, aber was genau, könne sie jetzt nicht mehr sagen.
Auf Vorhalt bestätigte die Zeugin, dass sie damals einen String getragen habe. Der Angeklagte habe diesen, wie auch bei anderen Gelegenheiten, zur Seite und sei dann in sie eingedrungen.
Zur Körperverletzung gab sie an, der Angeklagte habe sie von der Küche ins Wohnzimmer geschleift. Sie sei mit dem Schienbein gegen die Tür. Ihr Sohn habe in seinem Zimmer geschlafen. Der Angeklagte habe sie an den Haaren gezogen und geschleift. An einen genaueren Ablauf könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Sie habe so viele Sachen im Kopf.
Nach dem Vorfall der Körperverletzung habe sie sich in ärztliche Behandlung zu Frau … begeben. Der Angeklagte sei dann erstmal weggefahren. Als sie einige Tage später mit … vom Einkaufen heimgekommen sei, sei der Angeklagte wieder dagestanden vor ihrer Wohnung. Er sei vor der Tür gesessen und ihr einfach in ihre Wohnung gefolgt, sei einfach mit reingegangen. Sie habe ihm gesagt, dass er gehen solle. Das habe er nicht gemacht. Sie habe ihm gedroht, dass sie die Polizei holen werde. Das habe sie dann an dem Tag, am 11.06.2021 endlich gemacht und geschafft.
Trotz bestehenden Kontaktverbots habe der Angeklagte auf allen Kanälen versucht, wieder zu ihr Kontakt aufzunehmen, was ihm dann auch letztlich gelungen sei. Danach sei es zum gemeinsamen Besuch von mehreren Freizeitparks gekommen. …, ihr Sohn, der ihr alles bedeute, habe diese Parks so sehr gemocht. Ansinnen des Angeklagten sei gewesen, dass sie die gegen ihn erstattete Anzeige zurücknehme. Das habe sie dann getan. Der Angeklagte habe Schreiben dazu für sie vorgefertigt gehabt. Sie habe diese dann unterzeichnet. In dem Urlaub an der Ostsee habe man es nach alledem noch einmal versucht. Es habe alsbald in dem totalen Streit geendet.
2.2.2 Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin …
An der Richtigkeit der Angaben der Zeugin … hat die Kammer keinen Zweifel.
Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer nach einer umfassenden kritischen Gesamtwürdigung der Glaubwürdigkeit der Person … und der Prüfung der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.
2.2.2.1 Zeugentüchtigkeit / Aussagekompetenz
An der Zeugentüchtigkeit der Zeugin … hat die Kammer trotz der in ihrer Person vorhandenen Besonderheiten keinen Zweifel.
Der Sachverständige …, hat ausgeführt, dass die Zeugin, bei der vor 15 und 20 Jahren wegen einer Essstörung stationäre Behandlungen erfolgt waren, sich am 25.08.2015 zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung in die Institutsambulanz des … begab und dort in der Folge mehrere ambulante Termine wahrnahm. Bei der Zeugin wurde eine rezidivierend depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode, eine Bulimia nervosa, ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, eine rezidivierende Anpassungsstörung, Angstzustände sowie der Verdacht auf eine histrionische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 20.12.2016, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung vom 14.12.2016, war die Zeugin … in der Lage, detailgetrau über die Vergangenheit zu berichten. Hinweise auf eine Störung des gespeicherten Materials fanden sich nicht. Eine Einschränkung der Reproduktionsfähigkeit war ebenfalls nicht festzustellen, sodass zum damaligen Zeitpunkt die Zeugin uneingeschränkt zeugentüchtig war.
Beruhend auf einer im Auftrag der Kammer am 07.05.2021 erfolgten weiteren Untersuchung gab der Sachverständige … an, dass die Zeugin … auch weiterhin uneingeschränkt aussagetüchtig als Zeugin ist. Sie sei ohne Einschränkungen in der Lage, einen Sachverhalt überhaupt wahrzunehmen, ihn in der Zeit bis zur Zeugenaussage im Gedächtnis zu behalten, den Sachverhalt im Wesentlichen vollständig ohne Beeinflussung von außen wiederzugeben, Erlebtes von der eigenen Phantasie zu unterscheiden und verfüge über die sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten, um das Erlebte vor Gericht schildern zu können.
Dieser sachverständigen positiven Einschätzung zur uneingeschränkt gegebenen Zeugentüchtigkeit, die sich auch mit dem eigenen Eindruck der Kammer, den diese aufgrund der ausführlichen Einvernahme der Zeugin in der Hauptverhandlung vom 08.06.2021 gewonnen hat, deckt, schließt sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugung an.
2.2.2.2 Aussageentstehung und Aussageentwicklung
Die Zeugin … hat den Vorfall der Vergewaltigung von Mitte April 2015 nicht unmittelbar danach angezeigt.
Auf Nachfrage dazu, gab sie in der Hauptverhandlung an, sich damals nicht getraut zu haben, den Angeklagten anzuzeigen. Sie habe vielmehr ihre Beziehung mit dem Angeklagten fortgesetzt. Auch in der Folge habe es wieder einvernehmliche Sexualkontakte mit dem Angeklagten gegeben.
Die Zeugin …, eine Nachbarin, die in dem Stockwerk über … wohnte, bestätigte insoweit die Angaben der Zeugin …, dass sie ihr gegenüber einmal zeitnah zu dem Vorfall gesagt habe, dass er sie vergewaltigt habe. … habe sich jedoch nicht getraut, ihn anzuzeigen.
Auch am 11.06.2015 hat … zunächst nicht wegen Vergewaltigung Strafanzeige erstattet. Sie hat vielmehr die Polizei zu Hilfe gerufen, nachdem der Angeklagte sich entgegen ihrer Aufforderung geweigert hatte, ihre Wohnung zu verlassen. Im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz ist aus der Schilderung des Verlaufs der Beziehung und von mehreren Körperverletzungen zu ihrem Nachteil heraus eher nebenbei der Vorwurf der Vergewaltigung erstmals polizeilich bekannt geworden.
Der eingesetzte Polizeibeamte POK … von der PI … schilderte dazu als Zeuge, dass am 11.06.2021 nach der erfolgten Ingewahrsamnahme des renitenten Angeklagten nochmals persönlicher Kontakt mit … aufgenommen wurde. … sei völlig aufgelöst gewesen und es sei nur schwer möglich gewesen, ein strukturiertes Gespräch mit dieser zu führen. Eine förmliche Vernehmung sei daher nicht erfolgt, da dies der Zustand der Zeugin …nicht zuglassen hätte.
… habe angegeben, dass sie den Angeklagten, über die Internetplattform „Lovoo“ kennengelernt habe. Seitdem halte er sich immer wieder bei ihr in … auf. Nach der Schilderung der … sei er in der ganzen Zeit öfter gewalttätig zu ihr gewesen und habe sie geschlagen. Er habe ihr außerdem immer wieder gedroht, dass er ihr den Sohn (wobei es sich nicht um das gemeinsame Kind handelte) wegnehmen werde. Der Angeklagte habe von ihr immer wieder Geschlechtsverkehr gefordert. Diesem Wunsch sei sie auch meist nachgekommen. Einmal sei jedoch der Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen durchgeführt worden. Den genauen Tag habe sie nicht nennen können.
Auf die Frage, warum sie ihn immer wieder in die Wohnung lasse, konnte sie keine schlüssige Antwort geben. Sie gab an, dass er immer wieder Gelegenheiten nutze, die Wohnung zu betreten, wenn sie nichts dagegen machen könne, beispielsweise wenn Einkaufstüten in die Wohnung getragen werden.
Auch im Rahmen der ersten ausführlichen polizeilichen Zeugenvernehmung vom 12.06.2021, worüber die Kriminalbeamtin … berichtete, hat die Zeugin … nicht von Anfang an gesagt, dass sie vergewaltigt wurde, sondern ausführlich die Höhen und Tiefen der Beziehung sowie eine Vielzahl von Vorfällen zu ihrem Nachteil, unter anderem die gegenständliche Körperverletzung, geschildert und die Vergewaltigung eher beiläufig erwähnt. Dafür spricht auch der markante protokollierte Wortlaut, der zutreffend mit („einmal gegen meinen Willen mit mir gepennt“) widergegeben wurde.
Dem Polizeieinsatz vom 11.06.2015 ging ein Besuch bei der Psychologin … vom 10.06.2015 (einen Tag zuvor) voraus. …, die sich ganz überwiegend wegen Essstörungen auch zuvor in Behandlung befand, hat teilweise auch über Gewalterfahrungen berichtet, wobei dies nicht näher konkretisiert wurde. Vergewaltigung war dabei nicht Thema.
Aus den beiden Schreiben vom 01.08.2015, gerichtet einmal an die Kripo … und einmal an die Polizei …, unterzeichnet jeweils von … mit dem Inhalt, dass sie die Strafanzeige gegen den Angeklagten zurücknehmen möchte und keine strafrechtliche Verfolgung mehr wünsche, kann nicht geschlossen werden, dass ihre Bezichtigung des Angeklagten zu Unrecht erfolgt ist.
Dies ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin … zu den Umständen des Zustandekommens der beiden Schreiben.
Die dazu in der Hauptverhandlung gemachten Angaben der Zeugin … decken sich dabei mit ihren Angaben in der polizeilichen Vernehmung vom 16.09.2015, über die die Zeugin PHMin … berichtete.
Demnach gab die Zeugin an, dass der Angeklagte nach der Anzeigeerstattung noch während des Laufs des Kontaktverbots wieder mit ihr Kontakt aufgenommen habe. Es sei auch wieder zu Treffen gekommen. Der Angeklagte habe sie gebeten, die Anzeigen zurückzunehmen. Er selbst habe die Schreiben mit ihrem Laptop gefertigt. Sie habe die Schreiben unterzeichnet. Nachdem sie die Schreiben versandt hatte, sei es zu dem gemeinsamen Ostsee-Urlaub gekommen.
Für die Glaubhaftigkeit dieser plausiblen Angaben der Zeugin spricht, dass ihr – auch nach ihren Angaben beim Amtsgericht-Bayreuth Schöffengericht gar keine Adresse sowie die Zuständigkeit der für den Wohnsitz des Angeklagten zuständigen Polizeiinspektion … bekannt war. Sie nahm auch nicht in Anspruch, dass sie dabei vom Angeklagten beispielsweise massiv unter Druck gesetzt worden sei. Die Rücknahme der Anzeigen sei aber in Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an dem Ostseeurlaub erfolgt.
Soweit der Angeklagte hier angab, die Schreiben an die Polizeibehörden nicht verfasst zu haben, lügt er.
2.2.2.4 Aussageverhalten der Zeugin …
a) Die Kammer war sich bei Würdigung der Angaben der Zeugin … bewusst, dass im Kernbereich eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation zugrundliegt, wobei bei beiden Vorfällen nur der Angeklagte und die Zeugin … anwesend waren, weshalb es maßgeblich auf die Glaubhaftigkeit von deren Angaben ankommt.
b) Die Kammer verkennt auch nicht, dass die Zeugin …, die sich dem Verfahren als Nebenklägerin angeschlossen hat und mit einer Adhäsionsklage ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 8.000 Euro begehrt, wobei sie zuletzt von Unterstützungsleistungen lebte, ein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, was grundsätzlich ein mögliches Motiv für eine Falschbezichtigung darstellen könnte.
Einschränkend ist jedoch zu sehen, dass die Zeugin … vorliegend ein ihr gesetzlich zustehendes Recht (Adhäsionsklage) wahrnimmt und sie zudem – wie ihr bewusst ist – wegen der finanziellen Situation des Angeklagten kaum davon ausgehen kann, dass sich gegen diesen finanzielle Ansprüche realisieren lassen werden.
c) Die Kammer hat bei der Glaubhaftigkeitsprüfung der Angaben der … die aussagepsychologische Nullhypothese zugrunde gelegt, dass deren Angaben unwahr und nicht erlebnisbasiert sind, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Dabei haben sich weder Anhaltspunkte für eine bewusste Lüge noch für eine Aussagebeeinflussung durch Irrtum oder Suggestion ergeben.
d) Bei der Würdigung der Angaben der Zeugin … in der Hauptverhandlung war zu berücksichtigen, dass die 2015 erfolgten Vorfälle mittlerweile bereits 6. Jahre zurückliegen, was die Erinnerung in Details erheblich erschwerte.
Zudem gab die Zeugin auf Nachfrage in der Vernehmungssituation der aktuellen Hauptverhandlung an, dass sie sich gar nicht gut fühle. Als sie die Ladung zum Termin erhalten habe, habe sie diese zunächst zur Seite gelegt. Sie – die nunmehr zum wiederholten Male, insgesamt auch zum dritten Mal in einer gerichtlichen Tatsacheninstanz vernommen wurde – habe nicht wieder damit konfrontiert werden wollen. Es habe ein Verdrängungsmechanismus bei ihr eingesetzt.
Die Nebenklägervertreterin, RA´in …, führte im Plädoyer ergänzend aus, dass die Zeugin … zu keinem Zeitpunkt von ihr irgendwelche Unterlagen oder Protokolle ihrer früheren Vernehmungen sehen habe wollen. Sie (die Zeugin) sei davon ausgegangen, dass sie Erlebtes selbst richtig wiedergeben werde können.
e) In der Hauptverhandlung hat die Zeugin … die Sachverhalte aus ihrer Sicht, so gut sie sich erinnern konnte, neutral und sachlich, insbesondere ohne Belastungseifer geschildert. Soweit es in der Vernehmung um den Tatvorwurf der Vergewaltigung und damit auch um intime Einzelheiten dazu ging, war eine enorme psychische und physische Belastung für die Zeugin aufgrund der Vernehmungssituation deutlich erkennbar und ersichtlich.
Die Zeugin schilderte die Beziehung nicht einseitig, sondern räumte ein, dass es häufig gegenseitigen Streit gab. Auch den Angeklagten stellte sie nicht einseitig negativ dar, sondern gab auch Umstände an, die für diesen günstig waren. So schilderte sie, dass der Angeklagte anfangs und teilweise auch später, als sie sich ihm weiter zuwendete, auch nett zu ihr gewesen sei. Auch habe sich der Angeklagte gut mit ihrem Sohn verstanden und zum Beispiel mit diesem Spiele gezockt, was sie als positiv angab.
Auch gab sie sich selbst Mitverantwortung und äußerte sich selbstkritisch. Möglicherweise habe sie nicht oft genug nein zum Angeklagten gesagt. Direkt danach gefragt, warum sie sich nicht früher, von dem Angeklagten getrennt habe, insbesondere nach der Vergewaltigung, gab sie an, dass sie dazu als Person nicht stark genug gewesen sei.
2.2.2.5 Aussageinhalt der Zeugin …
Inhaltlich decken sich die von der Zeugen … in der Hauptverhandlung gemachten Angaben in allen wesentlichen Punkten im Kerngeschehen mit ihren zuvor im gesamten Verfahren gemachten Angaben, was für deren Glaubhaftigkeit spricht.
Der Kammer stand dazu eine breite Beurteilungsgrundlage zur Verfügung. Im Laufe der Dauer des Verfahrens von 6 Jahren war sie insgesamt sechsmal vernommen worden:
a) In der ersten polizeilichen Zeugenvernehmung am 12.06.2015 führte sie aus, etwa zweieinhalb Wochen nach dem Kennenlernen habe er unter Festhalten mit ihr gepennt. Man habe vorher Streit gehabt, sei dann zusammen auf das Sofa zum Schlafen, wobei er sie fest in den Arm genommen habe und gesagt habe, sie würden dies schaffen. Er habe sich dann auf sie draufgelegt, mit einer Hand am Hals festgehalten und ganz fest reingedrückt. Er habe dann die Arme genommen, über dem Kopf festgehalten, sie habe dann nur noch den Kopf zur Seite gedreht und geweint und er habe sein Geschäft getan. Er habe mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt. Sie habe einen Slip angehabt. Es wäre ein String gewesen, den der Angeklagte einfach zur Seite geschoben habe. Dann wäre er in sie eingedrungen. Dies habe er öfters gemacht.
Sie wisse dies genau, weil dies beim ersten Mal so ein Schock für sie gewesen sei.
Auf Nachfrage der Kriminalbeamtin, ob sie deutlich mitgeteilt habe, als er die Hände festgehalten habe, dass sie keinen Sex haben wolle, führte die Zeugin aus, sie habe zu ihm gesagt: Hör auf, sie habe auch geweint und die Luft angehalten. Es sei deutlich zu verstehen gewesen, dass sie dies nicht möchte.
b) Die zweite polizeiliche Vernehmung vom 16.09.2015, nach Eingang der Schreiben, in denen sie mitgeteilt hatte, die Anzeigen gegen den Angeklagten zurücknehmen zu wollen, befasste sich hauptsächlich mit dem Zustandekommen und den Umständen der Versendung der beiden Schreiben an die Polizei.
c) In der ermittlungsrichterlichen Vernehmung am 21.01.2016 gab die Zeugin … zu dem Vorfall der Vergewaltigung an, dass der Vorfall etwa zwei Wochen nach Beginn der Beziehung im April erfolgt sei. Hier habe es zunächst eine Diskussion gegeben. Der Angeklagte habe Sex haben wollen. Dies habe sie abgelehnt. Er habe es nicht akzeptiert, sie auf den Rücken gedreht und unter dem T-Shirt am Busen angefasst. Er habe sie am Hals gepackt und auch am Hals gebissen. Er habe sie dann versucht zu küssen, was sie durch Wegdrehen des Kopfes verhindert habe und sie habe ihn aufgefordert, es zu lassen und habe geweint. Er habe die Arme angefasst, über dem Kopf gegen das Sofa gedrückt und sei anschließend eingedrungen. Er sei mit seinem Knie zwischen ihre Beine und habe diese auseinandergedrückt, wogegen sie sich nicht habe wehren können. Während der ganzen Zeit habe er die Hände über dem Kopf festgehalten. Die Unterhose habe er ausgezogen.
Vor diesem Vorfall habe es bereits fünf Mal einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben. Auch nach diesem Vorfall habe es wieder einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben. Ihn anzuzeigen habe sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht getraut. Sie habe dem Angeklagten auch mitgeteilt, wenn sie keinen Sex haben wollte, aber es sei auch schon so gewesen, dass sie es über sich ergehen hat lassen.
d) In der Vernehmung vom 19.07.2016 vor dem Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht, worüber der Zeuge …, damals Vorsitzender des Schöffengerichts berichtete, und wozu ergänzend das Protokoll verlesen wurde, hat die Zeugin wie folgt ausgesagt:
Ich mache derzeit eine Therapie wegen meiner psychischen Probleme, die hatte ich zuvor auch schon.
Sie hatten einen Streit. Es sei um andere Frauen gegangen. Sie sei permanent angelogen worden. Sie habe ihm nicht gesagt, dass er kommen soll. Er habe gemeint, dann brauche er nicht für die Unterkunft bezahlen. Sie sei auf der Seite gelegen. Er habe ihr die Arme über den Kopf und diese festgehalten. Er habe sie in den Hals gebissen, sei mit dem Knie zwischen ihre Beine gegangen und habe dann den Geschlechtsverkehr durchgeführt. Beißen gehöre für sie nicht zum Sex. Danach habe er sie in den Arm genommen und gemeint, dass es ihm leid tue.
Danach sei die Beziehung wie vorher gewesen. Sie sei in der Dusche nie auf dem Boden gewesen. Sie habe auch nie gesagt, „Fick mich“. Er aber habe immer duschen wollen. Sie habe meistens nachgegeben, weil das besser gewesen sei.
Zur Körperverletzung gab sie an, sie habe ihn rausschmeißen wollen. Er sei aber nicht gegangen. Sie habe dann seine Tasche gepackt. Er sei ihr hinterher, habe ihr den Mund zugehalten und sie durch die Wohnung geschleift.
Sie habe die Beziehung nicht aufgeben wollen, sondern dass er sich Hilfe sucht.
Sie habe sich bei der Vergewaltigung ängstlich, wehrlos und dreckig gefühlt. Er habe ihr erst danach erzählt, dass er schon mal was hatte.
Den Brief an die Polizei habe er auf ihrem Laptop geschrieben. Von der Polizei … habe sie nichts gewusst. Er habe gesagt, dass er von der Polizei dort etwas bekommen habe.
Der Zeuge R. … gab an, dass das Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht der Zeugin geglaubt und den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt habe.
e) In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Bayreuth am 04.02.2019, über die der Zeuge …, zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzender der Berufungskammer, berichtete, hatte die Kammer einen dringenden Tatverdacht für die Vorfälle der Vergewaltigung und der vorsätzlichen Körperverletzung in allen wesentlichen Punkten mit der Vorinstanz identisch entsprechend den Angaben der Zeugin … festgestellt.
Ergänzend habe … damals angegeben, dass es ihr zur Tatzeit infolge einer vorausgegangenen Trennung psychisch nicht gut gegangen sei. Der Angeklagte habe anfangs auf sie sehr verständnisvoll gewirkt, weswegen sie sich auf die Beziehung zu ihm eingelassen habe. Aufgefallen sei ihr, dass er oft „Sex gewollt habe“ und dass er dabei teilweise sehr grob vorgegangen sei. Einmal sei sogar ihr damals 8-jähirges Kind daneben gestanden, das habe ihn offensichtlich nicht gestört. Nach dem Vorfall von April 2015 habe sie eine Freundin anrufen und um Hilfe bitten wollen, was ihr der Angeklagte jedoch untersagt und ihr das Handy abgenommen habe. Auch nach ihrem Kind habe er sie nicht sehen lassen.
Zu dem Streit, der dem Vorfall vom 02.06.2015 vorausgegangen sei, sei es gekommen, weil sie ihm Vorwürfe wegen Kontakten zu anderen Frauen gemacht habe. Sie sei damals nicht im eigentlichen Sinne eifersüchtig gewesen, sondern mehr verärgert und enttäuscht darüber, dass sie belogen worden sei.
Insgesamt könne sie nicht sagen, dass der Angeklagte immer nur „schlecht“ zu ihr gewesen sei. Er sei in vielen Fällen wieder auch sehr verständnisvoll gewesen, habe auch zu ihrem Kind eine gute Beziehung gehabt. Sie sei damals einfach nicht von ihm losgekommen. Unter den damaligen Vorfällen leide sich noch heute, sie könne seither keine Beziehung mehr führen und sei nach wie vor in therapeutischer Behandlung.
Auch der Zeuge … gab an, dass die Kammer den Angaben der … damals uneingeschränkt geglaubt habe und die Sache daher wegen der aus ihrer Sicht nicht ausreichenden Strafgewalt an das erstinstanzlich zuständige Landgericht verwiesen hat.
f) Die Zeugin … hat damit in allen Vernehmungen zum Kerngeschehen der Vergewaltigung von Anfang an konstant und damit glaubhaft angegeben, dass sie für den Angeklagten deutlich vernehmbar dessen Ansinnen nach Sex zurückgewiesen hat, und sich dieser gleichwohl auf der Couch auf sie gelegt hat, ihre Hände festgehalten hat und gegen ihren Widerstand mit seinen Knien ihre Beine auseinandergedrückt hat und sodann gegen ihren Willen vaginal in sie eingedrungen ist.
g) Der Aussagekonstanz zum Kerngeschehen steht der Inhalt eines Aktenvermerks der Zeugin KHKin …, nicht entgegen.
In dem Vermerk ist dokumentiert, dass es vor der Vergewaltigung Streit und Schläge gegeben habe. Anschließend habe sie stundenlang bewegungslos auf einem Stuhl sitzen müssen. Danach habe der Beschuldigte sie zum Sex aufgefordert. Sie habe mitgeteilt, dass sie keinen Sex wollte, ehe es zur Vergewaltigung gekommen sei.
Die Zeugin … gab dazu an, dass es am Morgen des 12.06.2021 lediglich ihre Aufgabe gewesen sei, abzuklären, ob überhaupt ein Sexualdelikt im Raum stehe und gegebenenfalls einen Vernehmungstermin mit der Zeugin … zu vereinbaren. Eine Vernehmung habe sie gerade nicht durchgeführt. Aus den knappen Angaben der Zeugin habe sich die Erforderlichkeit der Durchführung einer Vernehmung ergeben, welche im Anschluss durch die Kollegin … durchgeführt worden sei. An Einzelheiten oder einen Wortlaut der Mitteilung konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Bei dem Aktenvermerk handelt es sich damit nicht um eine Vernehmung, sondern nur um eine stichpunktartige Zusammenfassung einer Vielzahl am Telefon in Kürze mitgeteilter Informationen, sodass eine fehlerhafte Wiedergabe von Zusammenhängen von der Zeugin … selbst und von der Kammer nicht ausgeschlossen werden kann.
Für die inhaltliche Unrichtigkeit des Aktenvermerks betreffend einen genauen Geschehensablauf spricht auch, dass die Zeugin … nach Beseitigung eines Missverständnisses in der sodann zeitnah am selben Tag erfolgten Vernehmung eindeutig mitgeteilt hat, dass ein Zusammenhang der Vergewaltigung zu dem nach Überzeugung der Kammer ebenfalls tatsächlich erfolgten Vorgang, bei dem die Zeugin … an einem anderen Tag stundenlang auf einem Stuhl sitzen musste, in zeitlicher Hinsicht nicht gegeben war.
h) Die Kammer verkennt nicht, dass die Zeugin … die Vergewaltigung wenig detailreich geschildert hat. Jedoch sind derartige originelle Details bei dem erfolgten „Standardfall“ einer Vergewaltigung mit Festhalten, Auseinanderpressen der Beine und vaginalem Eindringen auch nicht zu erwarten. Die Zeugin konnte auf Nachfrage zumindest sicher zum Ablauf (…im Anschluss an einen vorangegangenen Streit außerhalb des Wohnzimmers…) und zur Kleidungssituation angeben, dass sie neben einem T-Shirt einen String trug, der Angeklagte diesen einfach zur Seite schob und sodann in sie eindrang. Zudem konnte sie sich erinnern, dass der Angeklagte versuchte sie zu küssen, was sie abwehrte. Insoweit stimmen ihre Angaben im Übrigen mit den Angaben des Angeklagten, der in seiner bestreitenden Einlassung einen konkreten Geschehensablauf in Erinnerung hatte, überein, der ebenfalls angab, dass er, nach einem Streit der Geschädigten ins Wohnzimmer gefolgt sei und erfolglos versuchte, die Zeugin … zu küssen.
i) Die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin … wird auch nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass sie sich in Randbereichen nicht erinnern konnte und die Aussage in Randbereichen Friktionen aufweist.
Dieser Umstand spricht vielmehr für eine Erlebnisbasiertheit, da nach 6 Jahren ein Nachlassen der Erinnerung zu erwarten ist. Derartige Unschärfen sprechen indiziell dafür, dass es sich um tatsächlich Erlebtes und nicht um die Wiedergabe einer perfekt ersonnen, bis ins kleinste Detail durchdachten und jederzeit abrufbaren, erfundenen Geschichte handelt.
j) Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin … spricht letztlich auch nicht ihr ambivalentes Verhalten in Bezug auf die Person des Angeklagten.
Trotz ständiger Streitereien von Anfang an hat die Zeugin auch nach der alsbald erfolgten Vergewaltigung und nach weiteren Vorfällen zu ihrem Nachteil, u.a. nach der verfahrensgegenständlichen vorsätzlichen Körperverletzung, die Beziehung zum Angeklagten fortgesetzt und auch später, vor allem auch nach dem polizeilichen Rauswurf und dem angeordneten Kontaktverbot sowohl wieder mit diesem Kontakt aufgenommen als auch wieder einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt. Zudem hat sie Schreiben an die Polizei gesandt, dass sie die Strafanzeigen zurücknehmen möchte, später jedoch erklärt, dass sie nun doch eine Verfolgung wünsche.
Dieses Verhalten der Zeugin … mag zwar auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar sein, jedoch ist es für die Kammer ohne Weiteres erklärbar aufgrund des Charakters der … und aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falles.
Unmittelbar darauf angesprochen, warum sie sich trotz der Vergewaltigung und der Körperverletzung und dem Polizeieinsatz mit Kontaktverbot immer wieder auf den Angeklagten eingelassen hatte, gab sie an, dass sie als Person nicht stark genug gewesen sei, um sich von diesem final zu trennen. Dazu sei sie eine zu schwache Person. Außerdem habe sie an eine Besserung der Situation geglaubt.
Gepaart mit der nötigen Durchsetzungsfähigkeit und Penetranz des Angeklagten, welcher der Geschädigten körperlich überlegen war und aufgrund des Umstandes, dass sie durch die Vergewaltigung und weitere Machtdemonstrationen zunächst eingeschüchtert war, sich später aber wieder mit diesem einließ, ehe es beim Oststee-Urlaub zum finalen Zerwürfnis kam, ist dieser ungewöhnliche Ablauf für die Kammer plausibel.
k) Anhaltspunkte, dass die Zeugin … den Angeklagten durch eine erfundene Geschichte sowohl hinsichtlich der Vergewaltigung als hinsichtlich der Körperverletzung zu Unrecht belasten könnte, haben sich für die Kammer auch im übrigen nicht ergeben. Ein tragendes Motiv für eine derartige massive Falschbelastung hat sich nicht ergeben.
l) Für ein „Hineintherapieren“, im Sinne einer suggestiven Beeinflussung der Zeugin …, haben sich – wie auch aus den Angaben der einvernommenen Zeugin … ersichtlich – weder zu diesem Zeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt irgendwelche Anhaltspunkte ergeben.
2.2.5 Bestätigung der Angaben der Zeugin … durch weitere Zeugen
Für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin … in der Gesamtheit spricht auch, dass deren Angaben Bestätigung durch die Angaben von weiteren einvernommenen Zeugen erfahren:
a) Die Zeugin …, Allgemeinärztin in …, bestätigte, dass … am 03.06.2015 bei ihr in der Sprechstunde gewesen sei.
Die Zeugin habe ihr berichtet, dass sie am Vortag, also am 02.06.2015 von ihrem Freund durch die Wohnung gezerrt worden sei, er habe ihr den Mund mit der Hand zugehalten und vorher habe sie noch gesagt, dass er erneut gewalttätig gewesen sei.
… habe an Verletzungen eine mäßige Schwellung an der linken Wange gehabt. Zudem habe sie eine längsverlaufende Schürfung am linken Schienbein, ca. 20 cm lang bis 1 cm breit habe.
Der hier dokumentierte objektive Befund der Verletzung im Bereich des linken Schienbeins deckt sich auch mit einem von der Kammer in Augenschein genommenen Lichtbild.
Rückschlüsse aus dem Umstand, dass die Zeugin … gegenüber der Zeugin … nichts von einer Vergewaltigung erzählte, können hingegen nicht gezogen werden, da die bereits einige Zeit zurückliegende, Mitte April erfolgte Vergewaltigung nicht der Grund war, weshalb sich … an dem Tag in ärztliche Behandlung begab.
b) Auch die Zeugin …, von Beruf Psychologin, bestätigte die von … gemachten Angaben. Sie gab an, dass sie am 10.06.2015 einen Gesprächstermin mit der Zeugin … hatte. … sei bei ihr bereits vor Jahren wegen Magersucht in Therapie gewesen. Sie habe sie wieder aufgesucht aus Angst wegen der Magersucht. Dabei seien auch partnerschaftliche Probleme (zum Teil mit dem Ex-Mann) aber auch mit dem Angeklagten zur Sprache gekommen. Nach wenigen Terminen sei die Therapie aus Gründen, die in der Person der Psychologin lagen, beendet worden. Auch diesen Umstand hatte die Zeugin … zuvor so angegeben.
c) Die Kammer hat zudem keinen Zweifel, dass es einen Vorfall, wie von der Zeugin … geschildert, tatsächlich gegeben hat, bei dem sie stundenlang auf einem Stuhl sitzen musste, sich nicht frei bewegen konnte und nicht tun und lassen konnte was sie wollte, insbesondere nicht nach ihrem schlafenden Sohn schauen. Insoweit hat nämlich die Zeugin …, zum damaligen Zeitpunkt mit … gut befreundet, ausgesagt, dass sie von … telefonisch zu Hilfe gerufen worden sei, und mit ihrem Partner, dem Zeugen … hingefahren sei.
Dies bestätigte ebenfalls der Zeuge …, im Nebenberuf in der Security-Branche tätig, der angab, dass er bei Eintreffen erstmal deeskalierend … und den Angeklagten räumlich getrennt habe, indem er mit dem Angeklagten auf den Balkon gegangen sei.
Auf Nachfrage bestätigte der Angeklagte, dass er sich an diese Szene, bei der er mit dem Zeugen … auf dem Balkon stand, während dessen Freundin … bei … in der Wohnung gewesen sei, erinnern kann. Er könne sich erinnern, dass die beiden gekommen seien und dass es „etwas“ gegeben habe, wobei er sich genauer nicht erinnern konnte oder wollte. Dieses Detail einer personellen Beteiligung des Zeugen … war bedeutsamerweise aus der Aktenlage bis zur aktuellen Hauptverhandlung nicht ersichtlich gewesen und bestätigt die Aussage der Zeugin … zu diesem Nebenaspekt.
d) Die Angaben der Zeugin …, dass es im Verlauf der Beziehung zu vielen Streitereien und darüber hinaus zu Vorfällen zum Nachteil ihrer körperlichen Unversehrtheit gekommen sei, werden durch die Angaben der Zeugin … bestätigt.
Diese wohnte im gesamten Jahr 2015 in der Wohnung in dem Stockwerk über der Wohnung der … und konnte einen anschaulichen Bericht zum Verlauf der Beziehung liefern.
Die Zeugin … gab an, dass … den Angeklagten nach ihrer Aussage über das Internet kennengelernt hatte. Den Angeklagten habe sie als den Partner der … kennengelernt. Er habe nach ihrer Auffassung eigentlich auch bei … gewohnt.
Sie habe zwar keine unmittelbaren Wahrnehmungen der Auseinandersetzungen machen können, da sie nicht dabei gewesen sei. Jedoch seien die Wände sehr hellhörig. Sie könne sagen, dass der Angeklagte und … eine von vielen Streitereien geprägte Beziehung geführt haben. Die Schreie sei dabei auf beide Seiten verteilt gewesen.
Bei zwei Vorfällen sei sie auch runter in die Wohnung gegangen. In einem Fall habe sie … um Hilfe schreien hören. Sie sei wegen dem Sohn der …, dem …, runtergegangen, da sie sich um diesen gesorgt hatte. Sie habe … einmal mitgenommen und sei wieder aus der Wohnung gegangen. Sie habe sich gedacht, wenn die sich die Köpfe einschlagen wollen, sollen sie es tun.
Als die Streitigkeiten zunahmen und … ihr gegenüber einmal gesagt hatte, dass es ihr nicht gutgeht, habe sie ihr auch geraten, „die Finger von ihm zu lassen“.
Ihrer Einschätzung nach habe … gehofft, dass es noch etwas wird mit der Beziehung. Bei einem Wechsel von guten und schlechten Tagen hätten irgendwann die schlechten Tage jedoch weit überhand genommen. Sie selbst möchte mit dem Angeklagten nichts mehr zu tun haben, habe ihm auch einmal deutlich die Meinung gesagt.
Einer der Gründe für die Streitigkeiten sei auch gewesen, dass … sehr eifersüchtig gewesen sei.
Konkret befragt dazu, ob ihr Verletzungen aufgefallen seien, gab sie an, dass … ein paar Mal blaue Flecken hatte.
Beim zweiten Vorfall, als sie runtergegangen sei, habe sie … zusammengekauert in der Küche auf dem Boden liegen sehen. Sie sei aufgrund der Lautstärke, aufgrund des Schreiens runtergegangen. … habe ihr sinngemäß gesagt, dass sie vom Angeklagten angegriffen worden war.
e) Überdies belegt auch eine durchgeführte Telefonauswertung des Telefons der …, konkret ein von beiden Beteiligten bestätigter Chat zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten vom 12.04.2015, in dem der Angeklagte sich sehr nachdrücklich entschuldigt („pack das ne ohne dich. Mach die woche krank. Geht einfach nicht. / und ich hatte auch … etwas versprochen. Ich pack das ne, bitte lass mich zurückkommen…der Fahrschein zählt den ganzen Tag…man es tut mir so leid, ich pack das nicht mehr…ich bin einfach nur total dumm…es tut mir so leid), dass er sich schon kurz nach Beginn der Beziehung eine erhebliches Fehlverhalten zu Schulden kommen hat lassen, für das er sich entschuldigen wollte.
f) Die Kammer hat keinen Zweifel, dass aufgrund des Ablaufs der Beziehung und der Charaktere der Beteiligten die hier gegenständlichen Taten nur die „Spitze des Eisbergs“ bilden und es eine Vielzahl von körperlichen Auseinandersetzungen oder sonstigen Vorfällen zum Nachteil der … gab, was ihr insbesondere auch nach 6 Jahren eine genaue zeitliche Einordnung, wie sich insbesondere auch bei dem erfolgten Vorfall des stundenlangen Sitzens auf dem Stuhl zeigt, erheblich erschwert.
Überdies gab es zur Überzeugung der Kammer auch mehrere (zwar strafrechtlich nicht relevante) Vorfälle im Grenzbereich, bei denen die Zeugin nicht deutlich genug nein gesagt hat bzw. wie sie es selbst formulierte, „es halt letztlich einfach über sich hat ergehen lassen“.
2.3 Weitere Indizien gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten
2.3.1 Das Aussageverhalten des Angeklagten
Demgegenüber sind die Angaben des Angeklagten sowohl zur Vergewaltigung als auch zur vorsätzlichen Körperverletzung aus weiteren Punkten als eindeutig widerlegt anzusehen. Die Kammer ist sich dabei natürlich bewusst, dass der Angeklagte sich nicht selbst belasten muss und ungestraft falschen Sachvortrag bringen darf.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Aussageverhalten des Angeklagten.
a) Die Falschangaben des Angeklagten zu seinem Alkohol- und Drogenkonsum
aa) Im Rahmen der Exploration beim Sachverständigen … gab der Angeklagte auf Frage zu seinem Alkoholkonsum an, dass er bis zum Kennenlernen seiner Schweizer Freundin drei Kisten Bier und eine Flasche Schnaps pro Woche brauchte. Es hätte dann auch Entzugserscheinungen in Form von Zittern und Schwitzen gegeben. Er berichtete auch über den Tag verteilten Konsum im Sinne einer verminderten Kontrollfähigkeit. Während der Beziehung habe er deutlich weniger getrunken. Nach Beendigung der Beziehung habe er bis 2017 vier bis fünf Kästen Bier und drei Flaschen Portwein pro Woche getrunken. Es sei auch nach der Festnahme zu Entzugserscheinungen gekommen.
Zum Drogenkonsum gab er an, ab dem 17. Lebensjahr täglich Marihuana geraucht zu haben, bis zum 29. Lebensjahr. Auch hinsichtlich Marihuana habe dann eine Konsumpause bis Anfang 2013 bestanden. Ab 2014 habe er wieder täglich konsumiert, vor allem abends, pro Tag ca. 1 Gramm.
Zudem gab er an, im Zeitraum 2014 bis Ende 2016 Methamphetamin geraucht und geschnupft zu haben. Dies sei ebenfalls regelmäßig erfolgt, fast täglich bei morgendlichem Beginn und drei bis vier Lines pro Tag bei einer Gesamtmenge von ca. 0,5 Gramm pro Tag anfangs, zuletzt 30 bis 40 Gramm pro Monat (was etwa 1 bis 1,5 Gramm pro Tag entsprechen würde).
Die angegebenen Konsummengen korrespondieren mit einer sachverständigen Feststellung sowohl einer Abhängigkeitserkrankung von Alkohol als auch von Cannabinoiden und Stimulanzien.
Zudem gab er an, dass er zur Therapie den § 64 StGB machen möchte.
bb) Demgegenüber hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung glaubhaft angegeben, Alkohol nie über durchschnittlichen Konsum hinaus getrunken zu haben und mit Drogen gar nichts zu tun gehabt zu haben. Diese Angaben decken sich auch mit den Schilderungen der Zeugin … zu den Tatzeiten und während ihrer Beziehung.
cc) Die eindeutigen Falschangaben des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen zu seinem Alkohol- und Drogenkonsum, die er in der Hauptverhandlung auf Nachfrage selbst eingeräumt hat, belegen für die Kammer eindrucksvoll, dass und wie der Angeklagte taktiert, um ein für sich günstiges Ergebnis zu erreichen. Dazu passt er seine Angaben an, wenn und wo es nötig ist. Diesen Umstand der zweckgerichteten Lüge hat der Angeklagte auf Vorhalt in der Hauptverhandlung eingeräumt.
b) In diesem Kontext sind auch die weiteren Punkte zu sehen, in denen die Kammer den Angeklagten eindeutig der Lüge für überführt hält:
aa) Als eindeutig widerlegt sieht die Kammer den Versuch des Angeklagten an, die Zeugin … als dauernd trinkende und cholerische Alkoholikerin darzustellen. Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Angeklagte diese Angaben nur gemacht hat, um die Zeugin zu Unrecht in ein schlechtes Licht zu rücken, der man eh nichts glauben könne.
Anhaltspunkte, dafür, dass die Zeugin ständig betrunken war, insbesondere jeden Tag eine Flasche Wein getrunken hätte, hat die Hauptverhandlung nicht ergeben. Die Zeugin hat selbst eingeräumt, gelegentlich Rosé getrunken zu haben. Die Nachbarin … hat auch gesagt, dass die Zeugin am Wochenende schon mal ein Glas mehr getrunken hat. Gegen die Aussage des Angeklagten, dass die Zeugin … „ständig gesoffen“ hat, spricht aber neben dem Umstand der Sorge für ihr zum damaligen Zeitpunkt 7 Jahre altes Kind, welches nach ihrer Aussage den Mittelpunkt ihres Lebens bildet, der Umstand, dass sie regelmäßig nach … fuhr, auch um den Angeklagten, der keinen Führerschein besaß, dort zur Arbeit zu fahren und dazu entsprechend früh fit sein musste.
bb) Es war nämlich auch keineswegs so – wie vom Angeklagten geschildert – dass er, dem die Fahrerlaubnis entzogen worden war, wenn er gearbeitet hat, stets mit dem Zug gefahren ist. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Zeugin … den Angeklagten auch des Öfteren früh morgens mit dem PKW nach … gefahren hat. Dies ergibt sich neben den Angaben der … auch, aus dem Umstand, dass die Zeugin … – wie von ihr glaubhaft bestätigt – dann auf das 7 Jahre alte Kind der Zeugin … aufpassen musste.
cc) Auch war es keineswegs so, dass die Zeugin … ihn ständig kontaktiert hat. Insbesondere im Nachgang zur erfolgten Strafanzeige wegen Vergewaltigung war es vielmehr so, dass der Angeklagte während des bestehenden Kontaktverbots wieder Kontakt suchte, um seinem Ziel, die Geschädigte zu überzeugen und von ihren Strafanzeigen abzubringen, näherzukommen. Dafür hatte er ein Motiv.
dd) Ebensowenig ist davon auszugehen, wie der Angeklagte schilderte, dass seine Partnerin, die Zeugin … ständig von … kontaktiert worden sei. Der Chatverlauf zwischen … und … spricht vielmehr für einen Austausch unter Leidensgenossinnen.
So schreibt … u.a. am 15.11.2015 „Ja seit Freitag straff bestimmt weil er daheim is. Schlimm.“, am 02.12.2015 „Das denkt man sich nicht aus. So wie er sich bei mir aufgeführt hat wie muss es dann sein wenn man mit dem richtig zam ist“ und am 07.05.2020 “Du hattest einfach nur recht. Zwar kein vergewaltiger aber ein arschlosch.“
ee) Zudem hat der Angeklagte eindeutig gelogen, indem er in Abrede gestellt hat, dass er die Schreiben an die Polizei, insbesondere das Schreiben mit Anzeigerücknahme an die Polizeiinspektion …, verfasst und für … vorgefertigt hat.
2.3.2 Die Vorstrafen des Angeklagten
Ungeachtet des Umstandes, dass die Kammer den Tatnachweis aufgrund der bisher vorliegenden Umstände bereits als geführt ansieht, ist auch festzustellen, dass die gegenständlichen Taten der Vergewaltigung und der vorsätzlichen Körperverletzung dem Angeklagten nicht wesensfremd sind.
Der Angeklagte ist vielfach vorbestraft. Er hat mehrere Beziehungen zu Frauen unterhalten, die er über das Internet kennengelernt hat. In diesen Beziehungen ist der Angeklagte mehrfach gegenüber den Frauen verbal und körperlich aggressiv in Erscheinung getreten. Er hat sie beleidigt, körperlich verletzt und in einem Fall sogar vergewaltigt, weswegen er jeweils rechtskräftig verurteilt wurde. Wegen Vergewaltigung hat er auch bereits einen Teil der ausgeurteilten Haftstrafe verbüßt.
Bei Darstellung seiner Sicht der Dinge im Rahmen seiner Einlassung erregte sich der Angeklagte erkennbar stark, ohne dass es dafür einen ersichtlichen Anlass gegeben hätte. Dies deckt sich mit den sachverständigen Ausführungen des …, dass es sich bei dem Angeklagten um einen impulsiven Charakter handelt.
3. Die Folgen der Tat
Die Feststellung zu den Folgen der Tat beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugin …, die die Folgen der Tat auch insoweit ohne Belastungseifer geschildert hat.
4. Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit
Die Feststellungen zur vollständig erhaltenen Schuldfähigkeit in den Tatzeitpunkten beruhen maßgeblich auf den Ausführungen des Sachverständigen …, denen sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugung anschließt. Die Eingangskriterien des § 20 StGB sind nicht verwirklicht, auch nicht im Sinne einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB.
a) Der Sachverständige führte dazu aus, dass unter Berücksichtigung der nunmehr gemachten Angaben des Angeklagten, dass dieser zu den beiden Taten keinen Alkohol getrunken und keine illegalen Substanzen konsumiert hat, aus nachvollziehbaren Gründen eine verminderte Steuerungsfähigkeit aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.
b) Weiter bekundete der Sachverständige, dass auch die beim Angeklagten vorliegende dissoziale Persönlichkeitsstörung in beiden Fällen sicher nicht zu einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit geführt habe.
Zwar sei beim Angeklagten vom Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auszugehen (ICD 10 F 60.2). Dies ergebe sich neben durchgeführten Untersuchungen auch aus dem persönlichen Eindruck aus der Hauptverhandlung, an der der Sachverständige teilnahm. Für eine Persönlichkeitsstörung mit eindeutig dissozialem Schwerpunkt sprächen u.a. die Empathielosigkeit des Angeklagten, das Unvermögen längerfristige partnerschaftliche Beziehungen einzugehen, die geringe Frustrationstoleranz, das fehlende Lernen aus Bestrafung sowie die Tendenz, die Schuld stets bei anderen zu suchen.
Jedoch sei die Störung beim Angeklagten nicht so schwerwiegend bzw. tiefgreifend, dass sie sich in beiden Tatsituationen konkret derart ausgewirkt hätte, dass die Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Die Taten des Angeklagten stellen sich unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der beiden Tatgeschehen vielmehr als Demonstration von Macht, Überlegenheit und Ausleben von aggressiv-gewalttätigem Verhalten dar, welches nicht Ausprägung der Persönlichkeitsstörung ist, sondern einen beim Angeklagten in dessen Persönlichkeitsstruktur vorhandenen Charakterzug darstellt.
Demnach seien bei erhaltener Einsichtsfähigkeit in das Strafbare der Handlungen keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine erhebliche Beeinträchtigung oder gar Aufhebung der Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20,21 StGB sprechen.
Dieser überzeugenden Argumentation des Sachverständigen schließt sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung uneingeschränkt an, da sie schlüssig und stringent ist und mit dem eigenen Eindruck der Kammer aus der Beobachtung des Angeklagten in der mehrtätigen Hauptverhandlung in voller Übereinstimmung steht.
IV.
Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte … hat sich wegen Vergewaltigung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung strafbar gemacht gemäß §§ 177 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 S. 2 Nr. 1 (a.F.), 223 Abs. 1, 230 Abs. 1, 53 StGB.
1.) Der Angeklagte hat vorliegend mit Gewalt eine andere Person genötigt, sexuelle Handlungen des Täters an sich zu dulden und dabei den Beischlaf vollzogen, wodurch er eine Vergewaltigung begangen hat, strafbar nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S.2 Nr. 1 StGB, in der zur Tatzeit gültigen Fassung des Gesetzes.
2.) Die vorsätzliche Körperverletzung hat der Angeklagte aufgrund der Art und Weise seines Vorgehens und unter Berücksichtigung der dabei eingetretenen Verletzung zumindest mit bedingtem Vorsatz begangen.
V.
Strafzumessung
1.) Strafrahmen
a) aa) Im Fall II.1 hat die Kammer ausgehend vom Strafrahmen der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB (a.F.) vorliegend den Strafrahmen des besonders schweren Falles gemäß § 177 Abs. 2 StGB (a.F., Vergewaltigung) zur Anwendung gebracht, der einen Strafrahmen von 2 Jahren bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.
Gründe, von der Annahme eines Regelbeispiels des besonders schweren Falles abzusehen, liegen bei Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände in der Tat und in der Person des Angeklagten, die nachstehend bei der Strafzumessung im engeren Sinn detailliert aufgeführt werden, eindeutig nicht vor.
bb) Im Fall II.2 ist vom Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB auszugehen, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von 1 Monat bis zu 5 Jahren vorsieht.
b) Sonstige Gründe für Strafrahmenverschiebungen liegen nicht vor. Der Angeklagte handelte in beiden Fällen bei vollständig erhaltener Schuldfähigkeit. Anhaltspunkte für die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit liegen nach den in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen …, denen sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugung anschließt, nicht vor.
Auf die Urteilsausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung unter Ziffer II.4 (S. 71f. der Urteilsgründe) wird verwiesen und Bezug genommen.
2.) Konkrete Strafzumessung
Innerhalb der jeweils anzuwendenden Strafrahmen hat die Kammer in beiden Fällen im Rahmen der konkreten Strafzumessung die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen.
a) Zugunsten des Angeklagten war im Fall II. 2 a) zu sehen, dass der Angeklagte die Tat in einer Beziehung begangen hat. Dabei war es sowohl vor der Vergewaltigung, nach der Vergewaltigung, aber auch nach der hier gegenständlichen Körperverletzung und dem zwischenzeitlich erfolgten Rauswurf des Angeklagten später erneut zu einvernehmlichem Sexualverkehr der Zeugin … mit dem Angeklagten gekommen.
Im Fall II.2 b) war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er seine Verantwortlichkeit für die Verletzung der Zeugin … eingeräumt hat, wenngleich er eine absichtliche Zufügung bestritten hat. Die Schürfung im Bereich des Schienbeins war nicht gravierend und verheilte folgenlos binnen kurzer Zeit.
Sowohl bei der Tat II. 2 a) (Vergewaltigung) als auch bei der Tat unter II.2 b) (Körperverletzung) war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass beide Taten im Gesamtkontext einer bestehenden, intensiven und von viel Streit geprägten Beziehung, aus der Situation heraus spontan begangen wurden.
Zugunsten des Angeklagten war auch die beim Angeklagten neben der dissozialen Persönlichkeitsstörung bestehende impulsiv-aggressive Persönlichkeitsstruktur zu berücksichtigen. Diese hat in beiden Tatsituationen zu einer etwas herabgesetzten Impulskontrolle geführt, auch wenn die Voraussetzungen einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit nach § 21 StGB eindeutig nicht vorlagen.
Beide im Jahr 2015 begangenen Taten liegen mittlerweile bereits 6 Jahre zurück.
Auch die lange Verfahrensdauer und die damit für den Angeklagten verbundenen Belastungen war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Insoweit stellt der Gang des Verfahrens und der Umstand, dass gegen den Angeklagten in dieser Sache bereits erstmals 2016 verhandelt wurde und noch eine weitere Tatsachenverhandlung im Jahr 2019 stattfand, ehe eine Verweisung an das erstinstanzlich zuständige Landgericht erfolgte, einen besonderen Umstand dar.
Zudem hat der Angeklagte nach den hier begangenen Taten im Zeitraum 2017/2018 Haft in anderer Sache verbüßt.
Auch hat der Angeklagte glaubhaft bekundet, erkannt zu haben, Probleme mit seiner Impulskontrolle zu haben und daher im Umfang von einmal im Monat Termine ambulanter therapeutischer Hilfe wahrgenommen.
b) Zu Lasten des Angeklagten waren in beiden Fällen die Vorstrafen zu berücksichtigen. Der Angeklagte ist erheblich und auch einschlägig sowohl wegen Vergewaltigung als auch wegen Körperverletzung vorbestraft. Auch eine Teilverbüßung der wegen Vergewaltigung erfolgten Freiheitsstrafe hat ihn nicht von der neuerlichen Tatbegehung abgehalten.
Unter Abwägung dieser Strafzumessungskriterien setzt die Kammer folgende Einzelstrafen fest:
Für die Tat unter Ziffer II.1: Freiheitsstrafe von 3 Jahren 3 Monaten
Für die Tat unter Ziffer II.2: Freiheitsstrafe von 4 Monaten
Soweit eine kurze Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde, ist diese nach Ansicht der Kammer zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich, § 47 Abs. 1 StGB. Der Angeklagte, der bereits wegen einschlägiger Taten vorgeahndet und auch bereits inhaftiert war, ist allein durch die Verhängung einer Geldstrafe nicht ausreichend zu beeindrucken, sodass die Verhängung einer auch kurzfristigen Freiheitsstrafe als unerlässlich erachtet wird.
Aus diesen Einzelstrafen ist nach Maßgabe der §§ 53, 54 StGB durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
Zusätzlich liegen die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB vor. Die Tatzeiten aus vorliegendem Verfahren und aus dem Urteil des Amtsgerichts Chemnitz von 06.02.2019 liegen sämtlich vor dem Urteil des Amtsgerichts Aue vom 16.01.2018 und vor dem Berufungsurteil des Landgerichts Chemnitz vom 17.08.2018, mit dem zuletzt eine Sachentscheidung getroffen wurde.
So sind die Einzelstrafen von 1 Jahr 9 Monaten Freiheitsstrafe und 9 Monaten Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Aue (in der Fassung des Berufungsurteils des Landgerichts Chemnitz vom 17.08.2018), rechtskräftig seit 25.08.2018 (Az: 1 Ls 230 Js 4136/17 jug.) einzubeziehen, da diese Strafe bisher noch nicht vollstreckt ist.
Weiterhin einzubeziehen ist die Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 Euro aus dem Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 06.02.2019 (Az: 6 Ds 520 Js 12905/18), die ebenfalls noch nicht vollständig vollstreckt ist.
Die Kammer hat dabei gesehen, dass das Amtsgericht Chemnitz in der Entscheidung vom 06.02.2019 bewusst von einer Einbeziehung der Geldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 S. 2 StGB abgesehen hat.
Aufgrund der nunmehr veränderten Sachlage, bei der die Kammer eine eigene, neue Sachentscheidung zu treffen hat, sieht die Kammer keinen Grund mehr, bei grundsätzlich gegebener Gesamtstrafenfähigkeit hier vom Grundsatz der Einbeziehung abzusehen, nachdem die damals ausschlaggebende Voraussetzung nicht mehr vorliegt.
Bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe ist nach § 54 Abs. 1 Satz 3 StGB die zusammenfassende Würdigung der Person des Täters und der einzelnen Straftaten vorzunehmen, bei der die für die konkrete Strafzumessung berücksichtigen Strafzumessungsgesichtspunkte nochmals gegeneinander abgewogen werden.
In Anwendung dieser Grundsätze ist zusätzlich zugunsten des Angeklagten festzustellen, dass es sich bei den hier gegenständlichen Taten aus dem Jahr 2015 um solche im Zusammenhang mit der inzwischen gescheiterten Beziehung zur Geschädigten … handelt, wobei insoweit ein enger Zusammenhang zu sehen ist.
Die einzubeziehenden Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern und des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, beide zum Nachteil von …, stehen ihrerseits zueinander in einer engen Beziehung.
Im Verhältnis zu den Taten zum Nachteil von … stellen sie jedoch eigenständiges Unrecht dar, wobei auch kein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.
Zusätzlich hat die Kammer im Rahmen der Gesamtstrafenbildung einen Härteausgleich zugunsten des Angeklagten vorgenommen.
Da die Verurteilung BZR Nr. 15 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 3 Monaten (Einzelstrafen von 1 Jahr, 5 Monaten und 1 Monat) am 22.12.2020 erlassen wurde und die Verurteilungen BZR Nr. 17 (einschließlich der einbezogenen Geldstrafe BZR Nr. 16) und BZR Nr. 18 – diese im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe – vollständig vollstreckt sind, ist eine Einbeziehung dieser Strafen bei sonst grundsätzlich gegebener Gesamtstrafenfähigkeit nicht mehr möglich.
Dies hat zur Folge, dass in die zu bildende Gesamtstrafe (neben der bereits teilweise bezahlten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 Euro) auch die Einzelstrafen von 1 Jahr 9 Monaten und 9 Monaten aus der zur Bewährung ausgesetzten Gesamtstrafe von 2 Jahren nach Auflösung der dortigen Gesamtstrafe einzubeziehen sind. Aufgrund des Umstandes, dass die hier gegenständlichen Taten nicht in der Bewährungszeit aus der Verurteilung BZR Nr. 19 begangen wurden, wäre ein Widerruf dieser Bewährung jedenfalls aus dem Grund erneuter Straffälligkeit nicht in Betracht gekommen.
Auch wenn man berücksichtigt, dass die Gesamtfreiheitsstrafe in BZR Nr. 15 inzwischen erlassen wurde, erachtet die Kammer einen Härteausgleich für erforderlich und nicht allein bereits dadurch verwirklicht, dass nunmehr eine andere Strafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafe einbezogen werden kann.
Die Kammer hat daher, um diesen Nachteil für den Angeklagten auszugleichen, einen angemessenen Härteausgleich bei der Bemessung der Gesamtstrafe vorgenommen.
Unter nochmaliger Abwägung der schon genannten und der in den beiden einbezogenen Urteilen enthaltenen Strafzumessungskriterien und unter Anwendung des vorgenannten Härteausgleichs erachtet die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 3 Monaten zur tat- und schuldangemessenen Ahndung für erforderlich, aber auch für ausreichend.
VI.
Zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Beim Angeklagten liegen die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB nicht vor.
Beim Angeklagten besteht kein Hang, Alkohol oder berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
Ein Hang ist dann zu bejahen, wenn der Angeklagte sozial gefährlich oder sozial gefährdet ist, also auch bereits dann, wenn noch keine Abhängigkeitserkrankung vorliegt.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung angegeben, mit Alkohol keine Probleme zu haben, nicht mehr als andere durchschnittlich zu trinken. Auch mit Drogen habe er noch nie Probleme gehabt.
Unter Zugrundelegung dieser Angaben, wobei der Angeklagte einräumte, im Rahmen der Exploration beim Sachverständigen gelogen und seinen Alkohol- und Drogenkonsum maßlos übertrieben zu haben, kam auch der Sachverständige … aus nachvollziehbaren Gründen abweichend von seinem vorbereitenden schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass ein Hang, Alkohol oder Drogen im Übermaß zu sich zu nehmen, eindeutig nicht vorliegt.
VII.
Feststellung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung und Kompensation
1.) Zum Verfahrensgang hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
Infolge des Polizeieinsatzes vom 11.06.2015 wurde von der Staatsanwaltschaft Bayreuth ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung u.a. eingeleitet. Nach einer erforderlichen Nachvernehmung der Zeugin … am 16.09.2015 und einer ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Zeugin vom 21.01.2016 ergab sich das Erfordernis einer Telefonauswertung. Nach Abschluss der Nachermittlungen am 11.03.2016 und gewährten Akteneinsichten hat die Staatsanwaltschaft Bayreuth am 28.04.2016 Anklage zum Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht erhoben.
Mit Beschluss vom 30.05.2016 hat das Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und mit Verfügung vom selben Tag Termin bestimmt. Aufgrund der Hauptverhandlung vom 19.07.2016 erging ein Urteil des Amtsgerichts Bayreuth – Schöffengericht, lautend auf Verurteilung des Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte am 20.07.2016 Berufung eingelegt. Am 24.10.2016 erfolgte die Vorlage der Berufung.
Die zuständige Berufungskammer des Landgerichts Bayreuth hat weitere Ermittlungen angestellt. Am 27.12.2016 ging eine gutachterliche Stellungnahme zur Zeugentüchtigkeit der Zeugin … ein. Am 03.02.2017 hat die zuständige Berufungskammer des Landgericht Bayreuth Termin bestimmt auf 03.04.2017.
Am kurzfristig auf den 10.04.2017 verlegten Termin erschien der Angeklagte nicht zur Verhandlung. Er legte ein Attest vor, aus dem sich eine psychische Erkrankung ergab.
Die Berufungskammer gab infolgedessen ein forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten u.a. zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Auftrag.
Das schriftliche Gutachten des beauftragten Sachverständigen ging am 22.08.2017 ein. Infolge neuer Umstände wurde eine Ergänzung des Gutachtens erforderlich.
Ein neuer Termin wurde im November 2018 für den 10.01.2019 abgesprochen. Zu diesem Termin konnten der Angeklagte und der Verteidiger wegen witterungsbedingter Verhinderung nicht erscheinen.
Im Hauptverhandlungstermin am 04.02.2019 erging ein Urteil, lautend auf Verweisung der Sache wegen – bei einer vorzunehmenden Einbeziehung einer weiteren Strafe – nicht ausreichender Strafgewalt des Berufungsgerichts.
Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten, RA …, Revision eingelegt.
Mit Beschluss vom 12.09.2019 hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Revision des Angeklagten verworfen.
Der Eingang der Akten am nunmehr erstinstanzlich zuständigen Landgericht Bayreuth – Große Strafkammer erfolgte am 19.10.2019.
Ein unter Berücksichtigung weiterer vorrangiger Haftsachen und wegen der Belastungen infolge der Corona-Pandemie auf 09.11.2020 bestimmter Hauptverhandlungstermin musste wegen Verhinderung des Verteidigers und aus dienstlichen Gründen aufgehoben werden.
Unter Berücksichtigung weiterer vorrangiger Verfahren hatte die Kammer sodann ab 07.06.2021 insgesamt 8 Hauptverhandlungstage abgesprochen.
2.) Aufgrund des vorgenannten Verfahrensganges stellt die Kammer fest, dass die Verfahrensdauer insgesamt unangemessen lang war.
Der Verfahrensfortgang war dabei auch durch Umstände, die nicht aus der Sphäre des Angeklagten kommen, gestört.
Während der Ablauf des Ermittlungsverfahrens, des Verfahrens vor dem Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht und aufgrund unvorhergesehener Umstände auch in der Berufungsinstanz zwar lange, aber nicht unangemessen lange, gedauert hat, ist nach Auffassung der Kammer mit dem Zeitpunkt des Urteils der Berufungskammer ab 04.02.2019 eine vermeidbare Verfahrensverzögerung eingetreten.
Zwar war die Entscheidung der Berufungskammer, die Sache an die erstinstanzlich zuständige Kammer des Landgerichts zu verweisen, rechtmäßig. Jedoch hat dieses Vorgehen zu einer vermeidbaren Verfahrensverzögerung geführt.
Der Berufungskammer wäre es in diesem Sonderfall ohne Weiteres möglich gewesen, das Verfahren statt durch Verweisungsurteil durch eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten, der alleiniger Rechtsmittelführer war, abzuschließen. Die Frage einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung, aus der allein vorliegend die Überschreitung der Strafgewalt resultiert, hätte dem Beschlussverfahren nach § 460 StPO überlassen werden können.
Vor diesem Hintergrund war allein die ausdrückliche Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als Entschädigung nicht ausreichend, sodass die Kammer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs der staatlich zu verantwortenden Verzögerung und der Auswirkungen all dessen auf den Angeklagten sowie der objektiven Gesamtdauer des Verfahrens von nunmehr über 6 Jahren, festlegt, dass 3. Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Entschädigung für die unangemessen lange Verfahrensdauer als vollstreckt gelten.
VIII.
Anrechnung von Geldzahlungen aus der Bewährung
Aufgrund der Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Aue vom 16.01.2018 (Az: Z HRW 1 Ls 230 Js 4136/17 jug), in der Fassung des Urteils des Landgerichts Chemnitz vom 17.08.2018 (Az: 2 Ns 230 Js 4136/17 jug), rechtskräftig seit 25.08.2018, in die nunmehr gebildete Gesamtstrafe, waren die auf die ursprüngliche Bewährungsauflage geleisteten Zahlungen des Angeklagten auf die jetzt ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen.
Im Urteil der Berufungskammer des Landgerichts Chemnitz war dem Angeklagten zunächst auferlegt worden, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Alsbald erfolgte auf den Antrag des Angeklagten eine Umwandlung in eine Geldauflage von 500 Euro. Nach der vorliegenden Auskunft der dort zuständigen Behörden hat der Angeklagte davon inzwischen innerhalb eines Zeitraumes von mehr als zwei Jahren in Raten einen Teilbetrag von 350 Euro abbezahlt. Arbeitsstunden wurden nicht geleistet.
Unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Angeklagte zuletzt von Sozialleistungen lebte, aber auch finanzielle Unterstützung durch seine Mutter erhielt und immerhin sich so zwei Wohnungen leistete, erachtet es die Kammer für angemessen, die auf die Bewährungsauflage geleisteten Zahlungen im Umfang von 3. Wochen auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen.
Soweit die nunmehr weiter einbezogene Geldstrafe bisher durch Ratenzahlung (der Angeklagte bezahlt 30 Euro pro Monat) teilweise vollstreckt ist, wird im Rahmen der Vollstreckung des rechtskräftigen Urteils durch die Vollstreckungsbehörde darüber zu befinden sein, ob und in welchem Umfang eine Anrechnung zu erfolgen hat, § 51 Abs. 2 StGB.
IX.
Adhäsionsanträge
Im Wege der Adhäsionsklage begehrt die Geschädigte und Adhäsionsklägerin … von dem Angeklagten und Adhäsionsbeklagten … wegen der gegenständlichen Tat ein in das Ermessen des Gericht gestelltes Schmerzensgeld, welches 8.000 Euro nicht unterschreiten sollte.
1.) Die Adhäsionsklägerin hatte, vertreten durch ihre Rechtsanwältin …, am 19.07.2016 durch Übergeben und Verlesen in öffentlicher Hauptverhandlung einen Adhäsionsantrag gestellt. In der durchgeführten Hauptverhandlung hat sie diesen Antrag erneut gestellt.
Sie beantragte nunmehr, wie folgt zu erkennen:
1. Der Angeklagte wird verurteilt, an die Antragstellerin für die Taten in der Zeit von April bis Juni 2015 ein angemessenes Schmerzensgeld zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 08.07.2016 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Antragstellerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr ab dem 15.07.2016 in der Zukunft aufgrund der Taten mindestens von April 2015 bis Juni 2015 entstehen werden, zu ersetzen, sofern sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
3. Es wird festgestellt, dass die Forderung auf einer vorsätzlichen Straftat beruht.
4. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
5. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Zu Einzelheiten wird auf den Antrag der Adhäsionsklägervertreterin im Schriftsatz vom 12.07.2016 Bezug genommen.
Die Beklagtenseite hat beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
2.) Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Adhäsionsklägerin … steht gegen den Angeklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2.000,00 € aus §§ 823 Abs. 1 und 2, 253 Abs. 2 BGB zu.
a) Nach den oben zu II. getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte die Zeugin …, mit der er sich zu diesem Zeitpunkt in einer Beziehung befand, zwei Wochen nach dem Kennenlernen, Mitte April 2015 in … in ihrer Wohnung, … auf der Couch vaginal vergewaltigt und sie darüber hinaus am 02./03.06.2015 an der körperlichen Unversehrtheit verletzt, indem er ihr mit bedingtem Vorsatz eine Verletzung am Schienbein zugefügt hat. Zu Einzelheiten wird auf die Feststellungen unter Ziffer II. des Urteils Bezug genommen.
Damit hat der Angeklagte rechtswidrig und schuldhaft die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Zeugin … verletzt.
Er hat durch die Vergewaltigung und die vorsätzliche Körperverletzung jeweils eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB begangen. Er ist deshalb der Geschädigten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.
b) Das der Adhäsionsklägerin … zustehende Schmerzensgeld ist auf 2.000,00 € festzusetzen.
Durch ein Schmerzensgeld sollen nach allgemeiner Auffassung in erster Linie die Schäden des Verletzten ausgeglichen werden. Dieser soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht worden ist.
Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld auch zu seiner Genugtuung führen, und zwar insbesondere bei vorsätzlichen Schädigungen.
Auch wenn beide Aspekte bei Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sind, steht dem Geschädigten nur ein einheitlicher Anspruch zu, eine Aufspaltung in einen Betrag zum Ausgleich der immateriellen Schäden und einem solchen, der der Genugtuung dienen soll, findet nicht statt. Die Bemessung des Anspruchs bei einer körperlichen Verletzung erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Beeinträchtigungen unter besonderer Berücksichtigung von Art und Schwere der Verletzung.
Als Bemessungsgrundlagen sind je nach den Umständen des Falles Alter, persönliche Verhältnisse, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen des Verletzten sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schädigers zu berücksichtigen.
Auf der Grundlage dieser Kriterien und unter Berücksichtigung der persönlichen Lebenssituation und Lebensverhältnisse der Geschädigten …, welche zuletzt als … arbeitslos war, ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 € angemessen.
Wie bereits oben unter II. ausgeführt, hat das Verhalten des Angeklagten bei der Geschädigten in der Folge zu erwartbaren psychischen Problemen geführt. Der Angeklagte hat eine Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, hier eine vaginale Vergewaltigung, zum Nachteil der Verletzten begangen, die für diese mit einer besonderen Erniedrigung verbunden war. Gleichwohl war auch zu berücksichtigen, dass die Vergewaltigung im Rahmen einer bestehenden Beziehung begangen wurde, in der es bereits zuvor mehrmals zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen war. Auch nach der Vergewaltigung hat die Adhäsionsklägerin die Beziehung fortgesetzt, wobei es wieder zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr kam. Selbst nach der weiteren vorsätzlichen Körperverletzung und dem erfolgten Rauswurf, welcher die gegenständlichen Vorwürfe hervorbrachte, hat die Adhäsionsklägerin es wieder zugelassen, dass es zu weiteren Treffen kam. Auch kam es erneut zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr und letztlich zu einer gemeinsamen Reise an die Ostsee, ehe die Beziehung endgültig scheiterte.
Neben den eingetretenen psychischen Folgen bei der Geschädigten hat die Kammer bei der Bemessung auch den Umstand berücksichtigt, dass bei der Geschädigten über die erlittenen Schmerzen hinaus keine schwerwiegenden körperlichen Folgen eingetreten sind.
Unter Berücksichtigung der sämtlich bereits im Rahmen der Strafzumessung angeführten tatrelevanten Umstände erachtet die Kammer den von der Adhäsionsklägerin beantragten Geldbetrag in Höhe von 2.000 Euro als Schmerzensgeld für angemessen.
Das in dieser Höhe zugesprochene Schmerzensgeld überfordert den Angeklagten trotz seiner beengten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht.
c) Begründet war auch der Feststellungsantrag, da es bei der immer noch in Behandlung befindlichen Zeugin … zumindest denkbar ist, dass in der Zukunft noch Schäden auftreten, die aufgrund der gegenständlichen Vorfälle der Vergewaltigung und auch der Körperverletzung ausgelöst wurden. In zeitlicher Hinsicht war der Feststellungsanspruch auf die Zukunft zu erstrecken und nicht auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags im Jahr 2016, da bisher bereits eingetretene Schäden bezifferbar sind und damit mit der Leistungsklage geltend gemacht werden können.
d) Der der Adhäsionsklägerin … gegen den Angeklagten somit zustehende Geldbetrag in Höhe von 2.000 € ist in der gesetzlichen Höhe des § 288 Abs. 1 BGB ab dem Tag nach Rechtshängigkeit – der Antrag wurde in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bayreuth – Schöffengericht am 19.07.2016 gestellt – zu verzinsen (vgl. BGH, Beschluss vom 5.12.2018 – 4 StR 292/18).
X.
Kosten
Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1, 472 Abs. 1, 472a StPO.
Nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 13.01.2022
Rechtskräftig seit 13.01.2022


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