Aktenzeichen 1 KLs 21 Js 10225/18
StPO § 464 Abs. 1, § 465 Abs. 1 S. 1, § 472 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Tenor
1. Die Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort.
2. Sie wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
3. Die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.
4. Sowohl die Vollstreckung der Freiheitsstrafe als auch die Vollstreckung der Unterbringung werden zur Bewährung ausgesetzt.
5. Der Angeklagten wird die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen jeder Art entzogen. Ihr Führerschein wird eingezogen.
Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Angeklagten vor Ablauf von noch 16 Monaten keine Fahrerlaubnis erteilen.
6. Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.
Angewandte Vorschriften:
§§ 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1a), 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5, 142 Abs. 1 Nr. 1, 21, 49 Abs. 1, 56, 63, 67b, 69, 69a StGB.
Gründe
Dem Urteil ist eine Verständigung gem. § 257 c StPO vorausgegangen.
Inhaltsverzeichnis
I. Persönliche Verhältnisse 4
II. Tathandlung 8
1. Vorgeschehen der Tat 8
2. Tatgeschehen 11
III. Beweiswürdigung 15
1. Einlassung der Angeklagten 15 a) Einlassung in der Hauptverhandlung 15 b) Einlassung im Ermittlungsverfahren 16
2. Überzeugung der Kammer 16 a) Feststellungen zur Sache 16 b) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen 40
IV. Rechtliche Würdigung 42
1. Strafbarkeit 42
2. Schuldfähigkeit 46
V. Strafzumessung 49
1. Strafrahmen 49
2. Einzelstrafen 52
3. Gesamtstrafe 53
4. Bewährung 53
VI. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 55
1. Rechtswidrige Tat 55
2. Zustand der aufgehobenen oder verminderten Schuldfähigkeit 55
3. Zustandsbedingte Allgemeingefährlichkeit 56
4. Verhältnismäßigkeit 62
5. Aussetzung der Maßregel zur Bewährung 63
VII. Entziehung der Fahrerlaubnis, Sperrfrist 66
X. Kosten 67
I. PERSÖNLICHE VERHÄLTNISSE
Die am …1982 in … geborene Angeklagte ist deutsche Staatsangehörige
II. Tathandlung
1. Vorgeschehen der Tat
Die Angeklagte, welche sich bereits von früher Kindheit an mit Pferden befasste, errichtete bereits im Jahr 2002/2003 mit der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern im ca. Kilometer von ihrem Wohnort entfernten Dorf einen Pferdestall mit Pferdekoppel, wo sie mehrere Pferde unterbrachte. An diesem Pferdestall hielt sich die Angeklagte seitdem nahezu täglich auf und verbrachte dort auch große Teile ihrer Freizeit.
Im Jahr 2012 beabsichtigte die Angeklagte neben dem bereits errichteten Pferdestall für sich auch ein Wohnhaus dort zu errichten. Die von ihr beim Landratsamt, als zuständige Bauaufsichtsbehörde, eingereichte Bauvoranfrage wurde jedoch negativ verbeschieden, da sich das Vorhaben nach Ansicht des Landratsamtes im Außenbereich befand und als nicht genehmigungsfähig angesehen wurde.
Im Jahr 2015 erwarb dann die in … wohnende Geschädigte G. vom vormaligen Grundstücksbesitzer J. H. das Nachbargrundstück zum bereits errichteten Pferdestall der Angeklagten und beabsichtigte darauf ebenfalls einen Pferdestall mit Pferdekoppel, wie die Angeklagte, unmittelbar daneben zu errichten. Die Angeklagte und die Geschädigte G kennen sich bereits seit ihrer gemeinsamen Schulzeit aus der …-schule in …, wo sie gemeinsam eine Klasse besuchten.
Die Angeklagte erhielt vom Bauvorhaben der Geschädigten im Frühjahr 2016 Kenntnis, da die Bauvoranfrage der Geschädigten G nach Behandlung im Gemeinderat auch in der Zeitung veröffentlicht wurde. Seit dieser Zeit befindet sich die Angeklagte mit der Geschädigten L. in einem verbitterten Nachbarstreit, wobei Hintergrund dieses Streits vornehmlich der von der Geschädigten G geplante Pferdestall neben dem bereits errichteten Pferdestall der Angeklagten war.
Die Angeklagte erblickt hierin eine Konkurrenzsituation und ist unter keinen Umständen mit der Errichtung des Pferdestalles durch die Geschädigte neben ihrem Pferdestall einverstanden.
Die Angeklagte ging hier aus ihrer Verbitterung und Verärgerung heraus sogar auch soweit, dass sie fortlaufend gegenüber der Geschädigten sowie deren Familienangehörigen, insbesondere gegenüber deren Vater, beleidigende Gestiken, wie Zungeblecken oder Mittelfingerzeigen bei nahezu jeder zufälligen Begegnung im Dorf … tätigte.
Am 17.11.2016 sowie am 18.11.2016 bremste die Angeklagte die hinter ihr mit ihrem Fahrzeug herannahende Geschädigte G. auf der Bundesstraße jeweils auch ausgehend von einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h auf ca. 70 km/h (am 17.11.2016) bzw. auf ca. 30 km/h (am 18.11.2016) aus Verärgerung bewusst herab und zeigte ihr anschließend jeweils erneut den Mittelfinger. Die Geschädigte konnte ihr Fahrzeug jedoch jeweils noch rechtzeitig abbremsen und eine Kollision mit der Angeklagten vermeiden.
Am 04.12.2016 wollte die Geschädigte zusammen mit ihrem Vater bei der Angeklagten aufgrund dieser beiden Vorfälle Rücksprache nehmen und versuchen die Angelegenheit zu klären. Bereits als sich die Geschädigte mit ihrem Vater dem Pferdestall der Angeklagten näherten, ergriff die Angeklagte eine Mistgabel und fing an, die Geschädigte und ihren Vater zu beschimpfen. Obgleich die Geschädigte versuchte, auf die Angeklagte beruhigend einzuwirken und ihr anzubieten, dass sie dort gemeinsam mit ihren beide Pferdeställen glücklich und zufrieden sein könnten und eine gemeinsame Sache machen könnten, wurde dies von der Angeklagten jedoch unter keinen Umständen akzeptiert. Die Angeklagte äußerte vielmehr auch lautstark gegenüber der Geschädigten und ihrem Vater, dass sie ihren zu errichtenden Pferdestall anzünden werde, ihre Pferde vergiften würde und sie erst aufgeben würde, wenn die Geschädigte „auf dem Friedhof liegen“ würde.
Auch in der Folgezeit tätigte die Angeklagte weiterhin gegenüber der Geschädigten und ihrem Vater bei jeder zufälligen Begegnung die zuvor beschriebenen beleidigenden Gesten des Zungebleckens oder des Mittelfingerzeigens.
Um den Blick der Angeklagten auf das Grundstück der Geschädigten G und den dort zu errichtenden Pferdestall einzuschränken und damit sie auch nicht weiter zu provozieren, beschloss die Geschädigte im Frühjahr 2018 entlang der Grenze eine Hainbuchenhecke zu pflanzen. Beim Pflanzen der Hecke ging die Angeklagte auf die Geschädigte und ihren Freund … zu und bespritzte sie mittels eines Gartenschlauchs mit Wasser. Im Anschluss daran verständigte die Angeklagte noch die Polizei und gab – der Wahrheit zuwider, wie sie auch genau wusste – vor, dass sie von der Geschädigten und ihrem Freund zuvor aufs Übelste beleidigt worden sei.
Am 30.06.2016 fand schließlich ein Vermessungstermin im Bereich des neu zu errichtenden Pferdestalls der Geschädigten G durch das Vermessungsamt statt. Die Angeklagte, welche als Grundstücksnachbarin auch davon in Kenntnis gesetzt wurde, nahm daran jedoch nicht teil. Anwesend waren zwei Mitarbeiter des Vermessungsamtes, der Grundstücksvorbesitzer, die Geschädigte G. und ihr Vater …
Als die Angeklagte, welche auf der dort verlaufenden Straße vorbeifuhr, merkte, dass gerade die Vermessung des Baugrundstücks der Geschädigten erfolgte, fuhr sie aus Verärgerung hierüber und über den unmittelbar bevorstehenden Baubeginn mit starker Beschleunigung mit ihrem Fahrzeugs, amtliches Kennzeichen … auf die dort im Bereich der dort verlaufenden Straße befindlichen genannten Personen zu. Diese konnten sich jedoch, nachdem sie ihr schnelles Herannahen bemerkten, noch rechtzeitig von der Straße entfernen, so dass ein möglicher Zusammenstoß mit der Angeklagten vermieden werden konnte.
2. Tatgeschehen
Am 16.10.2018 gegen 11:00 Uhr befand sich die Geschädigte G. zunächst mit ihrem Vater auf der Baustelle, wo gerade Bodenarbeiten für den Pferdestall der Geschädigten verrichtet wurden. Die Geschädigte beabsichtigte, da sie von zu Hause einen Bauplan holen wollte, sich mit einem von ihr bereits zuvor mitgeführten Fahrrad von der Baustelle aus auf der G1.-straße durch das Dorf zu ihrer Wohnung in zu begeben und dort den Bauplan zu holen.
Sie befuhr dabei mit ihrem Fahrrad die vorberechtigte Straße am Ortsausgang von … Richtung . Von der Geschädigten aus rechts, näherte sich die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Pkw, amtliches Kennzeichen, und blieb an der dortigen Einmündung der …/… stehen, um nach links in die G1.-straße, von wo die Geschädigte (aus Sicht der Angeklagten) kam, einzubiegen.
Als die Geschädigte G sich der Einmündung mit ihrem Fahrrad näherte, was die Angeklagte auch erkannte, entschloss sich die Angeklagte der Geschädigten vor dem Hintergrund des bestehenden Nachbarschaftsstreits, einen Denkzettel zu verpassen und sie mit ihrem Pkw von ihrem Fahrrad zu fahren, so dass die Geschädigte, wie von der Angeklagten beabsichtigt, stürzte und zu Fall kam und sich dabei auch nicht unerheblich verletzte.
Die Angeklagte fuhr hierzu bewusst und unter Missachtung der Vorfahrtsberechtigung der Geschädigten mit ihrem Pkw aus dem Stillstand heraus mit einer Geschwindigkeit von bis zu ca. 10 bis 13 km/h an und berührte mit der Front ihres Fahrzeugs, wie von ihr beabsichtigt, das Fahrrad der Geschädigten im Bereich des Hinterrades, um die Geschädigte dadurch vom Rad zu stoßen.
Aufgrund dieser von der Angeklagten bewusst herbeigeführten Kollision wurde die Geschädigte G. durch den Anstoß entsprechend dem Tatplan der Angeklagten, in den Bereich des gegenüberliegenden Fahrbahnrandes gestoßen und kam dort mit ihrer linken Körperseite unter ihrem Fahrrad liegend zu Fall.
Die Angeklagte setze sodann ihr Fahrzeug zunächst ca. einen halben Meter zurück und öffnete das Fenster auf der Fahrerseite und schrie die Geschädigte, welche immer noch im Bereich des Straßengrabens unter ihrem Fahrrad lag, mit den Worten an „Bevor ich mich umbringe, bring ich vorher Dich um!“.
Sodann entfernte sich die Angeklagte vom Tatort ohne weitere Feststellungen zu ermöglichen.
Die Geschädigte begab sich kurze Zeit danach, nachdem sie sich wieder aufrichten konnte, zurück zur Baustelle, wo sie stark zitternd in einem Schockzustand ankam. Nachdem sich ihr Vater und der dort ebenfalls anwesende Baggerfahrer … um sie kümmerten, wurde die Geschädigte zunächst für ca. 3 Minuten ohnmächtig. Sie wurde sodann vom herbeigerufenen Rettungswagen ins Krankenhaus nach … verbracht, wo sie jedoch am gleichen Tag wieder entlassen werden konnte.
Die Geschädigte erlitt hierdurch – wie von der Angeklagten vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen – Abschürfungen und Hämatome am linken Arm und an den unteren Extremitäten. Verbleibende körperliche Schäden sind der Geschädigten durch die Tat hingegen nicht entstanden.
Die Geschädigte litt und leidet jedoch aufgrund der beschriebenen Tat immer noch an den psychischen Folgen der Tat, welche durch das Taterleben bei ihr eingetreten sind. Die Geschädigte befindet sich seit dem Vorfall auch in psychosomatischer Behandlung bei der Psychiaterin Dr. . Die Geschädigte musste auch aufgrund von erstmals nach der Tat bei ihr aufgetretener Panikattacken und Angstzuständen in der Folge mit Psychopharmaka und starken Beruhigungsmitteln wie „Tavor“ über eine Zeitdauer von mehreren Wochen behandelt werden. Aufgrund des Vorfalls war sie auch ca. 4,5 Wochen krankgeschrieben. Sie befindet sich seitdem auch immer noch fortlaufend in psychotherapeutischer Behandlung und leidet auch heute noch unter Schlafstörungen und Angstzuständen, welche medikamentös behandelt werden.
Die Geschädigte befürchtet, dass die Angeklagte ihre Drohungen, dass sie nicht eher ruhe, bis sie (die Geschädigte) „am Friedhof“ liege, auch jetzt noch wahr machen könnte und sie erneut angreifen könnte, wenngleich es seit dem Geschehen vom 16.10.2018 bis zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung zu keinerlei weiteren Vorfällen auch zu keinen weiteren beleidigenden Gesten durch die Angeklagte mehr gekommen ist.
Obwohl die Angeklagte bemerkt hatte, dass sie einen Unfall mit nicht unerheblichen Personen- und auch Sachschaden am Fahrrad verursacht hatte, entfernte sie sich sogleich von der Unfallstelle in Richtung ihrer Wohnung nach x, ohne die erforderlichen Feststellungen, insbesondere die genaue Art ihrer Unfallbeteiligung, zu ermöglichen. Das komplette Hinterrad des Fahrrads der Geschädigten wurde, wie auch die Angeklagte erkannte, durch den Anstoß bzw. den Sturz komplett deformiert, wodurch ein Sachschaden von mindestens 50 € am Fahrrad der Geschädigten entstanden ist.
Die Angeklagte wurde schließlich um ca. 12:00 Uhr durch die Polizei an ihrem Wohnort vorläufig festgenommen.
Noch am 16.10.2018 wurde sie aufgrund Bescheides des Landratsamtes x vorläufig im Bezirkskrankenhaus untergebracht, wo sie bis 23.10.2018 stationär untergebracht war.
Der Führerschein der Angeklagten wurde zudem noch am 16.10.2018 sichergestellt und befindet sich seitdem in amtlicher Verwahrung.
Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war aufgrund einer Persönlichkeitsstörung sowie aufgrund eines Zustandes nach wiederholten depressiven Anpassungsstörungen bei Begehung der Tat erheblich vermindert.
III. Die Angeklagte hat sich durch die Tat als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
BEWEISWÜRDIGUNG
Die Angeklagte hat die Tatvorwürfe durch Verteidigererklärung in objektiver und subjektiver Sicht umfassend eingeräumt.
Das Geständnis der Angeklagten erscheint zur Überzeugung der Kammer auch glaubhaft, da es insbesondere mit den glaubhaften Angaben der Geschädigten G sowie mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme uneingeschränkt in Übereinstimmung gebracht werden kann.
1. Einlassung der Angeklagten
a) Einlassung in der Hauptverhandlung
Die Angeklagte hat sich zunächst in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen.
Nach der Vernehmung der Geschädigten war die Angeklagte nach erfolgtem Verständigungsgespräch schließlich bereit, sich durch von ihr ausdrücklich autorisierte Verteidigererklärung zur Sache einzulassen.
Der Tatvorwurf wurde durch den Verteidiger in objektiver und subjektiver Hinsicht dabei umfassend eingeräumt. Die Verteidigererklärung wurde von der Angeklagten ausdrücklich auf Nachfrage des Gerichts als zutreffend bestätigt.
Die Angeklagte erklärte sich auf Frage des Gerichts auch ausdrücklich mit einer stationären Behandlung ihrer psychischen Erkrankung sowie einer vorausgehenden und der stationären Behandlung nachfolgenden ambulanten Therapie in Form von mindestens 80 psychotherapeutischen Behandlungseinheiten, welche nach den Ausführungen und dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. SV, Langerichtsarzt und Facharzt für Psychiatrie, zwingend zur Behandlung der Angeklagten ergänzend erforderlich erscheinen würden, uneingeschränkt durch persönlich erfolgte Zustimmung einverstanden.
Weitere Angaben zum Tatgeschehen oder zu ihrer Handlungsmotivation wollte die Angeklagte hingegen nicht machen.
b) Einlassung im Ermittlungsverfahren
Im Ermittlungsverfahren hat sich die Angeklagte nicht eingelassen und von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Der polizeiliche Sachbearbeiter KOK führte als Zeuge in der Hauptverhandlung aus, dass die Angeklagte am 16.10.2018 gegen 12:00 Uhr im Wohnanwesen ihrer Eltern in K., S.-platz …, vorläufig festgenommen worden sei. Nach Belehrung war die Angeklagte nicht bereit Angaben zur Sache zu machen.
2. Überzeugung der Kammer
a) Feststellungen zur Sache
Die Kammer ist aufgrund einer Gesamtabwägung sämtlicher beweisrelevanter Taten davon überzeugt, dass sich das Tatgeschehen, wie unter II. festgestellt, tatsächlich zugetragen hat. Das Geständnis der Angeklagten erscheint glaubhaft, da sich dies widerspruchsfrei mit dem Ergebnis der Hauptverhandlung in Einklang bringen lässt.
b) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
Die Angaben der Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen, welche diese im Rahmen der Exploration am 04.03.2019 gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. SV tätigte, sowie im Rahmen einer vorausgegangenen Exploration vom 13.02.2012 im Rahmen einer anderweitigen gerichtspsychiatrischen Begutachtung, wurden vom Sachverständigen Dr. SV in der Hauptverhandlung wiedergegeben. Diese Erhebungen wurden von der Angeklagten bestätigt und teilweise ergänzt bzw. konkretisiert.
Der Auszug aus dem Bundeszentralregister sowie der Auszug aus dem Verkehrszentralregister wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
IV. Für die Kammer haben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben der Angeklagten zu zweifeln.
RECHTLICHE WÜRDIGUNG
1. Strafbarkeit
Die Angeklagte hat sich aufgrund des unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalts des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort gem. §§ 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1 a, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5, 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht.
Der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB tritt dabei in Tatmehrheit neben die tateinheitlich gem. § 52 StGB verwirklichten Straftatbestände des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie der gefährlichen Körperverletzung.
a) Die Angeklagte hat durch ihr Handeln vorliegend den Tatbestand der §§ §§ 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB erfüllt, indem sie die Geschädigte zur Überzeugung der Kammer absichtlich von ihrem Rad gefahren hat.
Die Angeklagte hat dadurch zunächst den Tatbestand des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt und einen „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff“ in den Straßenverkehr vorgenommen.
§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst dabei wie die Tatvarianten Nr. 1 und Nr. 2 grundsätzlich nur verkehrsfremde Außeneingriffe. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann der Tatbestand des § 315 b Abs. 1 StGB jedoch auch bei verkehrsfremden Inneneingriffen, bei Handlungen im Verkehr erfüllt sein, wenn diese sich als verkehrsfremde und nicht nur verkehrswidrige Eingriffe darstellen, wenn also der Täter als Verkehrsteilnehmer einen Verkehrsvorgang „zu einem Eingriff in den Straßenverkehr pervertiert“, indem er das Fahrzeug quasi als Waffe einsetzt, vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2003, Az. 4 StR 228/02 m.w.N. Bei diesen Vorgängen aus dem fließenden Verkehr heraus muss jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung neben dem bewusst zweckgerichteten Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht auch noch ein zumindest bedingter Schädigungsvorsatz hinzutreten, vgl. BGH, a.a.O.
Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Die Angeklagte hat ihr Fahrzeug in bewusst verkehrsfeindlicher Weise, quasi als Waffe gegenüber der Geschädigten eingesetzt und diese absichtlich vom Rad gefahren, um ihr einen Denkzettel zu verpassen. Die Geschädigte handelte dabei zur Überzeugung der Kammer auch mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz bzgl. der Geschädigten. Der Eintritt von Körperschäden war zur Überzeugung der Kammer für die Angeklagte bei der konkreten Verletzungshandlung auch vorhersehbar. Die Angeklagte hat den Eintritt von Körperschäden bei der Geschädigten zumindest billigend in Kauf genommen, so dass insoweit jedenfalls von einem bedingten Schädigungsvorsatz ausgegangen werden konnte.
b) Die Angeklagte hat zudem auch den Qualifikationstatbestand des § 315 b Abs. 3 in Verbindung mit § 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB erfüllt, indem sie absichtlich einen Unglücksfall herbeigeführt hat.
Dem Täter muss es dabei auf die Herbeiführung eines Schadens, nicht allein auf eine Gefährdung ankommen, vgl. BGH, Beschluss vom 04.09.1995, Az. 4 StR 471/94. Auf einen Personenschaden muss sich die Absicht indes nicht richten, vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1999, Az. 4 StR 700/98. Nicht erforderlich ist, dass der Schaden auch tatsächlich eintritt.
Vorliegend kam es der Angeklagten zur Überzeugung der Kammer auch darauf an, dass die Geschädigte einen Schaden erleidet und nicht nur gefährdet wird durch ihr Verhalten. Die Angeklagte ist vorliegend aus dem Stand gezielt und mit „aufheulenden Motor“ wie dies die Geschädigte eindrucksvoll in der Hauptverhandlung bestätigte, auf diese zugefahren und hat sie mit einer (Kollisions-) Geschwindigkeit von ca. 10-13 km/h bewusst vom Rad gefahren, da sie der Geschädigten nach Auffassung der Kammer einen „Denkzettel“ verpassen wollte wegen des von der Geschädigten betriebenen Bauvorhabens. Die Angeklagte beabsichtigte daher auch, dass es zu einem Schaden bei der Geschädigten an ihrem Körper sowie an ihrem Eigentum (Fahrrad) kommt. Insoweit ist auch sogar tatsächlich, wenngleich dies tatbestandsmäßig nicht erforderlich ist, ein Körperschaden bei der Geschädigten eingetreten. Auch beabsichtigte die Angeklagte, dadurch zur Überzeugung des Gerichts das Eigentum der Geschädigten zu beschädigen, da bei einem frontalen Zufahren auf ein Rad, wie tatsächlich auch eingetreten, von der Beschädigung des Fahrrads ausgegangen werden muss. Das Hinterrad des Fahrrads wurde dadurch, wie sich aus den eingeführten Lichtbildern des Fahrrads der Geschädigten ergibt, völlig deformiert. Das Gericht schätzt insoweit den eingetretenen Sachschaden auf mindestens 50 €.
c) Die Angeklagte hat vorliegend tateinheitlich gem. § 52 StGB hierzu auch die beiden Tatvarianten § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB erfüllt.
Ein fahrendes Kraftfahrzeug kann grundsätzlich auch als ein gefährliches Werkzeug gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen werden, vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2011, Az. 4 StR 266/11.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. SV sind die von der Geschädigten getragenen Verletzungsfolgen auch plausibel durch die Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf ihren Körper entstanden, indem die Geschädigte zunächst vom Fahrzeug touchiert, auf die Motorhaube geschleudert und schließlich in den Straßengraben geschleudert wurde, wie auch der Sachverständige SV schlüssig darlegen konnte.
Ferner wurde die Tat vorliegend auch mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB.
Die Tathandlung der Angeklagten war vorliegend nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. SV auch konkret nach den Umständen des Einzelfalles generell geeignet, bei der Geschädigten lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen. Wie der Sachverständige Prof. Dr. SV schlüssig belegen konnte seien bei dem gegebenen Verletzungsmechanismus bei Berücksichtigung der Anfahrgeschwindigkeit und der konkreten Unfallkonstellation auch der Eintritt lebensgefährlicher Verletzungen bei der Geschädigten vorstellbar gewesen, insbesondere der Eintritt eines Schädelhirntraumas, nämlich dann, wenn die Geschädigte mit ihrem Kopf nicht im Bereich des Straßengrabens aufschlage, sondern vielmehr im Bereich der Asphaltdecke.
d) Tatmehrheitlich hierzu gem. § 53 StGB hat die Angeklagte durch ihr Handeln auch den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, indem sie sich nach dem bewusst herbeigeführten Unfall vom Unfallort entfernt hat, ohne weitere Feststellungen zu ihrer Person und zu der konkreten Art ihrer Unfallbeteiligung zu ermöglichen.
Der vorliegende Unfall hat auch nicht zu einem völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden geführt. Wie bereits dargestellt und vom Sachverständigen Prof. Dr. SV dargelegt, waren die erlittenen Verletzungen der Geschädigten zwar nicht erheblich oder konkret lebensbedrohlich. Allerdings war hier zu sehen, dass die Geschädigte über den ganzen Körper verteilt sich Abschürfungen zuzog, so dass bereits deshalb nicht von einem belanglosen Körperschaden ausgegangen werden konnte. Im Übrigen wurde das Fahrrad der Geschädigten auch erheblich im Bereich des Hinterrades deformiert. Das Gericht schätzt den Schaden daher insoweit unter Bezugnahme auf die Ausführungen des polizeilichen Sachbearbeiters KOK, welcher nach seiner polizeilichen Erfahrung den Sachschaden ebenfalls auch auf mindestens 50 € schätzte, sowie unter Berücksichtigung der eingeführten Lichtbilder des beschädigten Fahrrads auf mindestens 50 €, so dass auch vor diesem Gesichtspunkt von einem Unfall im Straßenverkehr im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB ausgegangen werden konnte.
Der Umstand, dass die Identität der Angeklagten als Fahrerin des unfallbeteiligten Fahrzeugs der Geschädigten im Rahmen des Unfallgeschehens bekannt wurde, die sie ihr auch persönlich bekannt ist, erfüllt nicht die Pflicht der Angeklagten, die Feststellungen zu ihrer Unfallbeteiligung zu ermöglichen. Der am Unfallort in der Regel anwesende Berechtigte hat in der Regel keine eigene Möglichkeit selbst genaue Angaben, insbesondere zum Unfallgeschehen Feststellungen zu treffen. Gerade die Geschädigte erlitt, wie von den Zeugen und sowie und übereinstimmend berichtet, einen relativ starken Schockzustand mit anschließendem Ohnmachtszustand. In dieser Verfassung war die Geschädigte auch für die Angeklagte erkennbar nicht in der Lage, sämtliche Feststellung zum Unfallgeschehen selbst zu treffen.
Vor diesem Hintergrund hat die Angeklagte damit auch den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt.
2. Schuldfähigkeit
Das Steuerungsvermögen der Angeklagten war auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts bei Begehung der Tat gem. § 21 StGB erheblich vermindert.
Ein gänzlicher Ausschluss der Steuerungs- bzw. Einsichtsfähigkeit der Angeklagten konnte hingegen auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Dr. SV zur Überzeugung der Kammer sicher ausgeschlossen werden.
Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Insoweit ist zunächst erforderlich, dass bei der Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsummieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit der Angeklagten festzustellen, insbesondere, ob und in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf deren Tatverhalten ausgewirkt haben.
Der Sachverständige führte anhand der durchgeführten Explorationen im Rahmen des streitgegenständlichen Verfahrens sowie aufgrund einer vorausgegangenen Exploration aus dem Jahr 2012 aus, dass davon auszugehen sei, dass bei der Angeklagten infolge deren immenser Selbstbezogenheit sowie empfindsamen und nachträgerischen Haltung, ein zunehmendes aggressives Moment, teils auch mit Depressivität und Suizidalität einhergehend sich entwickelt habe.
Es handle sich dabei um eine Entwicklung, welche bei der Angeklagten infolge ihrer gestörten Einstellung und Verhaltensweisen sowie infolge einer krankhaften selbstbezogenen Anspruchshaltung in einer subjektiv zunehmend ausweglosen Situation seiner Ansicht nach eingetreten sei. Rigide, empfindsam und zunehmend nachträgerisch sei die Angeklagte in eine Situation mit zunehmender Einengung der Verhaltensspielräume geraten. In diesem Zustand habe die Angeklagte den immer wieder impulsiv bei ihr auftretenden aggressiven Bestrebungen zur Durchsetzung ihres verzerrten Rechtsanspruchs offenbar – bei auch bekundetem verbalaggressivem Tatverhalten – keinen ausreichenden inneren Widerstand mehr entgegenzusetzen gehabt.
Wegen dieser verzerrten und zunehmend impulsiven-aggressiven Verhaltensprägung infolge einer bei der Angeklagten bestehenden anderen schweren seelischen Abartigkeit sei im Hinblick auf den Tatentschluss von einer erheblichen Minderung der Steuerungsfähigkeit damit bei ihr auszugehen.
Andererseits könne er sicher ausschließen, dass die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zum Tatzeitpunkt gänzlich aufgehoben im Sinne des § 20 gewesen sei. Das insoweit von ihr gezeigte Verhaltensmuster vor der Tat und nach der Tat würde aus sachverständiger Sicht klar gegen eine vollständige Aufhebung ihrer Schuldfähigkeit sprechen.
Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht nach eigener kritischer Prüfung umfassend an. Die vom Sachverständigen festgestellte kombinierte Persönlichkeitsstörung ist dem Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit zuzuordnen.
Hierunter sind sämtliche seelische Fehlanlagen und Fehlentwicklungen zu verstehen, wenn diese Störung in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen, sozial Folgen, stören, belasten oder einengen, wie krankhaft seelische Störungen. Ausprägungen der Persönlichkeit, welche sich im Rahmen des allgemein Erwartbaren halten, sind nicht erfasst.
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer – sachverständig beraten – davon überzeugt, dass auf Seiten der Angeklagten auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen von einer Persönlichkeitsstörung kombiniert mit insbesondere paranoiden Zügen nach ICD 10 F 61.0 und einem Zustand nach wiederholten depressiven Anpassungsstörungen, einhergehend mit Suizidalität (ICD 10 F 43.2) in derzeit erscheinungsfreiem Zustand, auszugehen sei.
Wie der Sachverständige ausgeführte, bedinge diese gegebene Persönlichkeitsstörung zwar eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei der Angeklagten. Nach den zutreffenden und schlüssigen Ausführungen, denen sich die Kammer im Übrigen auch vollständig anschließt, kann jedoch die gänzliche Aufhebung der Schuldfähigkeit der Angeklagten bei der verfahrensgegenständlichen Tat sicher ausgeschlossen werden.
Auch die übrigen psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 sind vorliegend nicht gegeben. Weder nach den Ausführungen des Sachverständigen noch nach Ansicht der Kammer haben sich hierfür irgendwelche Anzeichen ergeben, wonach sich möglicherweise eine gänzliche Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ergeben könnte.
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer daher – sachverständig beraten – und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt, dass das Steuerungsvermögen der Angeklagten bei der Begehung der Tat erheblich vermindert gem. § 21 StGB war.
V. STRAFZUMESSUNG
1. Strafrahmen
a) Vorsätzlicher gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung
§ 315 b Abs. 3 StGB, welchem gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB für die erste Tat der Strafrahmen zu entnehmen war, sieht Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren, in minder schweren Fällen des § 315 b Abs. 3, 2. Halbsatz StGB von 6 Monaten bis zu 5 Jahren vor.
Das Vorliegen eines minder schweren Falles wurde unter Heranziehung zunächst allgemeiner Strafzumessungskriterien von der Kammer verneint.
Für die Anwendung eines minder schweren Falles kommt es darauf an, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Elemente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt erfahrungsgemäß vorkommender Fälle in einem Maß abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens als geboten erscheinen lässt. Bei der dann vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und der Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr nachfolgen oder ihr vorausgehen.
Bei der Abwägung der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte, ohne Heranziehung des Schuldmilderungsgrundes des § 21 StGB hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten dabei insbesondere berücksichtigt:
Zu Gunsten der Angeklagten war zunächst insbesondere zu sehen, dass diese sich in der Hauptverhandlung geständig zeigte und damit bei ihr auf Schuldeinsicht und Reue geschlossen werden konnte. Auch war zu würdigen, dass die Angeklagte sich im Rahmen ihres letzten Wortes bei der Geschädigten für ihr Verhalten entschuldigte. Zudem war zu ihren Gunsten zu sehen, dass es sich bei der Tat um eine Spontantat der Angeklagten aufgrund eines bereits länger schwelenden Nachbarschaftsstreits handelte, wobei die Kammer hier nicht verkannte, dass auf Seiten der Geschädigten keinerlei Umstände festgestellt werden konnten, welche die Angeklagte dazu veranlasst hätten können, in derart feindseliger und gefährlicher Art und Weise der Geschädigten gegenüberzutreten.
Ferner war zur Gunsten der Angeklagten zu sehen, dass die Geschädigte lediglich leichte körperliche Verletzungen aufgrund der Tat getragen sind, welche auch folgenlos ausgeheilt sind. Hierbei hat die Kammer nicht verkannt, dass die Geschädigte unter derzeit immer noch anhaltenden gravierenden psychischen Folgeschäden aufgrund des Tatgeschehens leidet. Schließlich war zugunsten der Angeklagten auch zu sehen, dass diese nicht vorgeahndet ist.
Andererseits war zu Lasten der Angeklagten zu sehen, dass durch die Tat tateinheitlich mehrere Straftatbestände (§ 315 b Abs. 3 und § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB) verwirklicht wurden, so dass auch ein erhöhtes Unrecht durch die Tat zu Tage getreten ist.
Wesentlich straferschwerend waren die aufgrund der verfahrensgegenständlichen Tat auf Seiten der Geschädigten immer noch feststellbaren psychischen Folgeschäden und Panikattacken zu würdigen. Hierbei war insbesondere in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte aufgrund ihrer psychischen Beschwerden nach dem Tatgeschehen noch ca. 4,5 Wochen krankgeschrieben war und sich auch in psychiatrischer Behandlung bei Frau Dr. befand, welche ihr auch über mehrere Wochen hinweg Psychopharmaka zur Linderung der psychischen Beschwerden sowie starke Beruhigungsmittel verabreichte. Auch war zu sehen, dass die Geschädigte immer noch unter Panikattacken und Angstzuständen aufgrund des Taterlebens leidet, insbesondere wenn sie daran denkt, wieder zufällig im kleinen Dorf auf die Angeklagte zu treffen und ihr in einer ähnlichen Weise wie in der Tat wieder begegnen zu müssen, zumal sie selbst auch den derzeitigen Zustand der Angeklagten und die weitere Entwicklung ihrer Krankheit nicht hinreichend einordnen kann, was bei ihr zu einem hohen Maß an Verunsicherung führt. Zudem war auch zu sehen, dass die Geschädigte immer noch unter Schlafstörungen leidet und sich auch immer noch in psychotherapeutischer Behandlung aufgrund des Taterlebens befindet.
Auch war bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, in den Blick zu nehmen, dass vorliegend ein Unglücksfall herbeigeführt wurde, bei dem nicht nur – wie von der Angeklagten auch beabsichtigt – ein Sachschaden, sondern auch ein Körperschaden der Geschädigten zur Überzeugung des Gerichts eintreten sollte und schließlich auch eingetreten ist. Es ist daher von einem nicht unerheblichen Ausmaß des in subjektiver Weise vorgestellten und in objektiver Weise tatsächlich eingetretenen Unglücksfalls auszugehen, wobei die Kammer nicht verkannte, dass das Vorliegen eines Unglücksfalles als solcher bereits zu den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zählt und bei der Strafzumessung gem. § 46 Abs. 3 StGB nicht mehr herangezogen werden durfte.
Auch war das Nachtatverhalten der Angeklagten zu ihren Lasten zu würdigen. So äußerte die Angeklagte gegenüber der Geschädigten, als die Geschädigte noch verletzt im Straßengraben lag, dass sie bevor sie sich umbringe, sie vorher noch die Geschädigte umbringen würde.
Vor diesem Hintergrund vermochte die Kammer unter Abwägung aller strafzumessungsrelevanter Umstände, insbesondere der oben aufgeführten, ein deutliches Überwiegen entlastender Gesichtspunkte nicht zu erkennen, weshalb die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 315 b Abs. 3 2. HS StGB unter Heranziehung allgemeiner Strafzumessungskriterien für die Kammer als nicht geboten erschien.
Auch unter Verwertung des gegebenen vertypten Milderungsgrundes nach § 21 StGB war zur Überzeugung der Kammer im Rahmen der angestellten Gesamtwürdigung die Annahme eines minder schweren Falles nach § 315 b Abs. 3 2. HS StGB ebenfalls nicht möglich.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Angeklagte zur Überzeugung des Gerichts bei der Herbeiführung eines Unglücksfalles sich nicht nur einen Sachschaden, sondern auch einen Körperschaden der Geschädigten vorstellte bzw. sich damit abfand, welcher auch objektiv eintrat, war die Annahme des Ausnahmestrafrahmens trotz des gegebenen Geständnisses und der Verwertung des vertypten Strafmilderungsgrundes zur Überzeugung des Gerichts nicht geboten.
Vor diesem Hintergrund war daher der Strafrahmen insoweit aus dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Regelstrafrahmen des § 315 b Abs. 3, 1. HS StGB zu entnehmen.
b) Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Im Hinblick auf das unerlaubte Entfernen vom Unfallort war die Strafe aus dem ebenfalls nach §§ 21, 49 StGB gemilderten Strafrahmen des § 142 Abs. 1 StGB zu entnehmen.
2. Einzelstrafen
Bei der Festsetzung der Einzelstrafen hat sich die Kammer bestimmend von oben unter Ziffer 1 bei der Strafrahmenbestimmung bereits dargestellten Strafzumessungsgesichtspunkten zu Gunsten und zu Lasten der Angeklagten leiten lassen.
Auch bei der Strafzumessung bzgl. des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat die Kammer insbesondere zugunsten der Angeklagten ihr Geständnis sowie den Umstand, dass die Angeklagte nicht vorgeahndet ist, gewürdigt. Andererseits war auch hier insbesondere straferschwerend zu sehen, dass die Angeklagte erkannte, dass nicht nur ein unerheblicher Sachschaden eingetreten ist, sondern die Geschädigte sich durch den Sturz überdies auch körperlich verletzte und im Straßengraben lag und damit nicht nur ein Sachschaden, sondern auch ein Körperschaden eingetreten ist.
Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte hielt die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
a) Vorsätzlicher gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung: 1 Jahr 11 Monate Freiheitsstrafe
b) Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: 60 Tagessätze Geldstrafe
Die Tagessatzhöhe war dabei unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten gemäß § 40 Abs. 2 StGB in Höhe von 60,- € festzusetzen.
3. Gesamtstrafe
Aus diesen beiden Einzelstrafen hat die Kammer unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 1 Jahr 11 Monaten (Einsatzstrafe gem. § 54 Abs. 1 S. 2 StGB) und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Summe der Einzelstrafen nicht erreicht werden darf (§ 54 Abs. 2 StGB) nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren gebildet.
Die Kammer hat hierbei insbesondere den engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang der Taten berücksichtigt.
4. Bewährung
Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe konnte nach § 56 StGB zur Überzeugung der Kammer zur Bewährung ausgesetzt werden, da der Angeklagten insbesondere eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden konnte.
Insoweit war insbesondere zu sehen, dass die Angeklagte sich in der Hauptverhandlung geständig zeigte und sich im Rahmen ihres letzten Wortes auch bei der Geschädigten für ihr Verhalten entschuldigte. Die Angeklagte erklärte sich auch auf freiwilliger Basis bereit, eine ambulante sowie eine stationäre Therapie zur Behandlung ihrer diagnostizierten, tatursächlichen Persönlichkeitsstörung zu absolvieren. Auch war zu würdigen, dass die Angeklagte bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und zuletzt sozial eingeordnet lebte und einer geregelten Arbeit nachging.
Vorliegend war auch von besonderen Umständen nach § 56 Abs. 2 S. 1 StGB auszugehen. Insoweit war zunächst gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 StGB in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte sich auch bereit erklärte, an die Geschädigte einen Betrag in Höhe von 4.000,- € zur Anrechnung auf ein etwaiges Schmerzensgeld zu bezahlen. Ferner war zusehen, dass die verfahrensgegenständliche Tat vornehmlich auf der psychischen Erkrankung der Geschädigten beruht, welche von ihr naturgemäß nicht verschuldet ist. Vor diesem Hintergrund war daher auch die Aussetzung einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren aufgrund des Bestehens besonderer Umstände möglich.
Auch gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung gemäß § 56 Abs. 3 StGB vorliegend nicht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zumal jedenfalls die körperlichen Folgen der Tat auf Seiten der Geschädigten gering waren und folgenlos ausgeheilt sind.
VI. UNTERBRINGUNG IN EINER ENTZIEHUNGSANSTALT
Die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus war anzuordnen, da die Voraussetzungen des § 63 StGB gegeben sind und die Anordnung auch verhältnismäßig erscheint (§ 62 StGB).
Gemäß § 63 StGB ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat und die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm in Folge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich erscheint.
So liegt es zur Überzeugung des Gerichts auch hier.
1. Rechtswidrige Tat
Die Angeklagte hat eine rechtswidrige Tat (Anlasstat), nämlich einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr im Rahmen des Qualifikationstatbestandes des § 315 b Abs. 3 StGB i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 a) StGB in Tateinheit mit einer vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 5 StGB im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit wegen erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangen. Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der Anlasstat und der psychischen Störung ist gegeben, da diese zur Überzeugung der Kammer auf die psychische Störung der Angeklagten zurückzuführen ist.
2. Zustand der aufgehobenen oder verminderten Schuldfähigkeit Die Angeklagte hat, wie dargelegt wurde, die genannten Anlasstaten auch im Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit begangen.
Die Angeklagte leidet, wie vom Sachverständigen Dr SV ausführlich in der Hauptverhandlung dargestellt wurde, unter einer Persönlichkeitsstörung kombiniert mit insbesondere paranoiden Zügen nach ICD 10 F 61.0 und einem Zustand nach wiederholten depressiven Anpassungsstörungen, einhergehend mit Suizidalität (ICD 10 F 43.2) in derzeit erscheinungsfreiem Zustand. Aufgrund dieses Zustands war zum Tatzeitpunkt die Steuerungsfähigkeit – wie ausgeführt wurde – erheblich vermindert, da wegen dieser verzerrten und zunehmend impulsiv – aggressiven Verhaltensprägung von einer anderen schweren seelischen Abartigkeit auszugehen ist, wie der Sachverständige – wie ausgeführt – dezidiert in der Hauptverhandlung darstellte.
3. Zustandsbedingte Allgemeingefährlichkeit
Es müssen „erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch und körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten“ sein (§ 63 S. 1 StGB). Voraussetzung ist eine „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ (Bundestagsdrucksache 18/7244, Seite 23). Entscheidend ist eine „Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat“ (§ 63 S. 1 StGB).
Die Anlasstat ist „Legitimationsbasis für eine tragfähige Gefährlichkeitsprognose“ (Bundestagsdrucksache a.a.O., Seite 22), insbesondere bei Ersttätern und bei lange zurückliegender Straffälligkeit. Die Neuregelung betont, dass „bei nicht erheblichen Anlasstaten“ die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB Ausnahmecharakter hat, vgl. Bundestagsdrucksache, a.a.O.
Die Gefährlichkeitsprognose setzt damit voraus, dass eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines Zustandes in Zukunft Taten begehen wird, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben (BGH, Beschluss vom 06.03.2013, Az: 1 StR 654/12; BGH, Beschluss vom 27.08.2013, Az: 4 StR 311/13).
Dafür ist zwar nicht erforderlich, dass die Anlasstat selbst erheblich ist; die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher grundsätzlich zumindest im Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein (BGH, Beschluss vom 06.03.2013, Az: 1 StR 654/12).
Die Kammer ist aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher prognoserelevanter Faktoren davon überzeugt, dass die Angeklagte aufgrund der bei ihr festgestellten psychischen Erkrankungen allgemeingefährlich ist.
Die Kammer hat insoweit insbesondere die Persönlichkeit der Angeklagten, ihr Vorleben und die von ihr begangene Anlasstat gewürdigt. Insoweit war im Hinblick auf die Anlasstat zu sehen, dass es sich dabei um einen Verbrechenstatbestand handelt, welcher eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht. Auch tateinheitlich hierzu wurde eine gefährliche Körperverletzung in zwei Tatvarianten verwirklicht, welche ebenfalls ein erhöhtes Mindestmaß an Strafe vorsieht, so dass zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls von einer Straftat im Bereich der mittleren Kriminalität auszugehen war.
Wie bereits ausgeführt, diagnostizierte der Sachverständige Dr. SV bei der Angeklagten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen sowie einen Zustand nach wiederholten depressiven Anpassungsstörungen, welcher mit Suizidalität bei der Angeklagten einhergehen.
Die Angeklagte sei nach den Ausführungen des Sachverständigen bislang nicht einmal annäherungsweise ausreichend psychotherapeutisch im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsstörung behandelt worden. Somit sei aufgrund des nicht therapierten Zustandes auch zukünftig von gleichgelagerten Konflikten in ihrem engeren und weiteren sozialen Umfeld auszugehen und damit einhergehend auch weitere gleichgelagerte Taten zu erwarten. Die Angeklagte sei dabei als äußerst instabil anzusehen, was sich auch in Form der delinquenten Verhaltensmuster der Angeklagten abzeichne. Die Handlungsweisen der Angeklagten seien so tiefgreifend gestört vor allem auch, in zunehmend subjektiv auswegloser Konfliktsituation, bei eingeschränktem Frustrationsvermögen der Angeklagten und bei intellektuell nicht ausreichend modifizierbaren Verhaltensmustern. Die Angeklagte sei, was Ausdruck der Krankheitswertigkeit ihrer Persönlichkeitsstörung sei, nicht störungseinsichtig und im eigentlichen Sinne auch nicht therapiemotiviert. Konfliktbedingte, aggressive, im Spektrum von Anzeigen mit falschen Verdächtigungen wie ebenso die hier manifest gewordene aggressive Delinquenz seien denkbar.
Es würden insbesondere auch konkret Delikte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit drohen, bei welcher die körperliche Unversehrtheit, insbesondere der Geschädigten G, jedoch auch von anderen Repräsentanten der Allgemeinheit, erheblich gefährdet werden könnte. Zu solchen Tathandlungen würden durchaus auch neben dem jetzt gezeigten Anfahren eines Radfahrers, insbesondere auch mögliche Brandstiftungsdelikte, welche die Angeklagte auch bereits gegenüber der Geschädigten mehrfach verbal angekündigt habe, gehören. Im Allgemeinen seien nach Ansicht des Sachverständigen Aggressionsdelikte zu erwarten, bei welchen kein persönlicher Kontakt im Rahmen eines offenen Gegenübertretens mit ihrer Kontrahentin zu erwarten sei, wie insbesondere einer „heimlichen“ Sachbeschädigung oder Brandstiftung bzw. einer konfrontativen Auseinandersetzung in einem geschlossenen Kfz.
Die Entwicklung der Angeklagten habe gezeigt, dass bei ihr in den vergangenen Jahren eine anhaltend beeinträchtigte affektivemotionale Instabilität angenommen werden müsse, welche sich von der Tendenz her die letzten Monate vor der Tat merklich deutlich verschlechtert habe. Infolge dieser bei der Angeklagten bestehenden anderen schweren seelischen Abartigkeit, seien seiner Auffassung nach auch zukünftig ähnliche erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche Opfer erheblich seelisch oder körperlich gefährdet werden, zu erwarten. Vor diesem Hintergrund bestehe auch die hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung der Allgemeinheit.
Diese Gefährlichkeitsprognose werde auch eindrucksvoll davon getragen, dass die Angeklagte nahezu isoliert lebe. Sie bezeichne sich auch selbst als Einzelgängerin, wie dies auch von der Geschädigten so gesehen wurde. Eigentliche Freundschaften bestünden nicht. Auch zu ihren Eltern und zu ihrem Bruder habe die Angeklagte, ihren eigenen Angaben zufolge, ein gestörtes bzw. belastetes Verhältnis, so dass sie letztlich durch ihr soziales Umfeld nur in sehr eingeschränkter Weise erreicht bzw. aufgefangen werden könne.
Auch sei zu sehen, dass sie bislang eine hinreichende sozialtherapeutische Behandlung, welche gerade vor dem Hintergrund der gegebenen Persönlichkeitsstörung der Angeklagten angezeigt gewesen wäre, bislang nicht erhalten habe. Mit Medikamenten sei eine derartige Persönlichkeitsstörung aus Sicht des Sachverständigen Dr. SV ohnehin nicht maßgeblich zu therapieren.
Entscheidend sei hier die Durchführung einer erheblichen Anzahl an sozialtherapeutischen Sitzungen, welche bislang nicht ansatzweise bei der Angeklagten erfolgt seien, so dass ohne weiteres bei der untherapierten Angeklagten bei ähnlichen gleichgelagerten Situationen, insbesondere bei einem ähnlichen gleichgelagerten Zusammentreffen mit der Geschädigten, gleichgelagerte Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu erwarten seien.
Der Umstand, dass jedenfalls seit Oktober 2018 bis zur Hauptverhandlung keinerlei weitere Auffälligkeiten der Angeklagten insoweit mehr zu Tage getreten seien, sei nach Ansicht des Sachverständigen primär darauf zurückzuführen, dass sich beide Kontrahentinnen wohl auch vor dem Hintergrund des erlassenen Kontaktverbotes bewusst aus dem Weg gegangen seien, so dass aus seiner Sicht daraus keine belastbaren und zwingenden Schlüsse gezogen werden könnten.
Auch könne derzeit nicht hinreichend eingeschätzt werden, ob die Angeklagte ihre Schuldeinsicht, welche auch mit einer Entschuldigung in der Hauptverhandlung verbunden gewesen ist, ernst meinen würde.
Zudem sei zu sehen, dass die Angeklagte in der nahen Vergangenheit bereits mehrfach aggressiv unter Zuhilfenahme ihres Fahrzeugs als Drohmittel gegenüber der Geschädigten und auch weiteren unbeteiligten Personen der Allgemeinheit aufgetreten sei. So sei hier zunächst das zweifache Ausbremsen der Geschädigten im November 2016 zu sehen, welche eine Kollision mit der Angeklagte jeweils gerade noch vermeiden habe können. Hier sei auch das Verhalten der Angeklagten während des Vermessungstermines zu sehen, wo sie mit erhöhter Geschwindigkeit auf die sich auf der Straße befindlichen Personen mit ihrem Fahrzeug zugefahren sei und auch hier ihr Fahrzeug quasi als Waffe bzw. Drohmittel gegenüber der Geschädigten, jedoch auch gegenüber weiteren unbeteiligten Personen eingesetzt habe.
Zudem müsse auch die von der Angeklagten mehrfach geäußerte innere Einstellung gewürdigt werden, wonach sie nicht eher ruhen würde, bis die Geschädigte „auf dem Friedhof“ liege. Damit habe die Angeklagte mehrfach und im Rahmen von mehreren Gelegenheiten unabhängig voneinander verbalisiert, dass sie auch eine Tötung der Geschädigten in Erwägung ziehe, was die bei ihr gegebene Gefährlichkeit für die Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf die Geschädigte eindrucksvoll belege.
Vor diesem Hintergrund bestehe in der Gesamtwürdigung aller Umstände aus seiner Sicht immer noch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung der Allgemeinheit, insbesondere der Geschädigten G als Repräsentantin der Allgemeinheit.
Vor diesem Hintergrund hält es die Kammer unter Bezugnahme auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. SV es für sehr wahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit höheren Grades), dass die Angeklagte auch kurzfristig weitere insbesondere Aggressionsdelikte, möglicherweise auch Brandstiftungsdelikte, vor allem im Hinblick auf die Geschädigte G begehen wird. Dabei sind von der Intensität der zu erwartenden Straftaten her von ähnlich schweren Straftaten gegen das Leib und das Leben zur Überzeugung der Kammer auszugehen. Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht auch insoweit nach eigener kritischer Prüfung an.
Die Angeklagte hat selbst angekündigt, die Pferde der Geschädigten abzustechen, ihren zu errichtenden Pferdestall anzuzünden und sie (Angeklagte) nicht eher ruhen würde, bis die Geschädigte „auf dem Friedhof“ sei. So hat die Geschädigte unmittelbar nach dem Tatgeschehen geäußert „bevor ich mich umbringe, bringe ich Dich um“, was ebenfalls Ausdruck ihres ernst gemeinten und auf Straftaten, welche gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit insbesondere der Geschädigten gerichtet sind, gerichteten Willens nach Auffassung der Kammer ist.
Auch führte der Sachverständige Dr. SV hier an, dass die konkrete Art der Persönlichkeitsstörung der Angeklagten, nämlich eine Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen, wie vorliegend bei der Angeklagten gegeben, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich die Variante der persönlichkeitsgestörten Patienten sei, bei welchen die höchste Wahrscheinlichkeit der Begehung von weiteren Straftaten aufgrund des bei ihnen bestehenden zwanghaften Handelns resultieren würde, wobei sich – was die Kammer nicht verkannte – jede schematische Betrachtungsweise verbietet.
Zudem führte Dr. SV in der Hauptverhandlung nachvollziehbar und schlüssig aus, dass aus psychiatrischer Sicht die Angeklagte von einer immensen Selbstbezogenheit sowie einem empfindsamen und nachträgerischem Verhalten mit zunehmend aggressiven Momenten, teilweise auch mit Depressivität und Suizidalität geprägt sei. Die Angeklagte fühle sich falsch verstanden und tendiere stark dazu, bei derartigen Situationen dann auch Selbstjustiz, wie in der vorliegenden Tat auch geschehen, zu verüben. Dieser Zustand sei bei ihr – wie ausgeführt – nicht therapiert und bestehe bei der Angeklagten uneingeschränkt fort.
Die Kammer hat im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht verkannt, dass die Angeklagte bislang strafrechtlich nicht vorgeahndet ist. Insoweit war jedoch zu sehen, dass bislang die vom Verhalten der Angeklagten tangierten Personen, bislang zum größten Teil davon abgesehen haben, Anzeige gegen die Angeklagte zu erstatten, wie etwa die Geschädigte G und ihr Vater im Hinblick auf das am 04.12.2016 ihnen gegenüber getätigte Verhalten bzw. die ausgesprochenen Drohungen oder die fortwährend erfolgten Beleidigungen. Die beiden Nötigungen der Angeklagten zum Nachteil der Geschädigten vom November 2016 wurden durch diese zur Anzeige gebracht, allerdings wurde die Angeklagte letztlich im Rahmen einer Aussage gegen Aussage-Konstellation nach durchgeführter umfangreicher Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes auch vom Amtsgericht Tirschenreuth auch freigesprochen, wie die Geschädigte sowie der polizeiliche Sachbearbeiter KOK in der Hauptverhandlung umfangreich darlegten. Auch das schnelle Zufahren auf die Beteiligten des Vermessungstermines wurde letztlich von keinem Beteiligten zur Anzeige gebracht, so dass aus diesem Grund auch insoweit eine strafrechtliche Ahndung unterblieb. Vor diesem Hintergrund war der Umstand, dass die Angeklagte bislang weder im Verkehrszentralregister bzw. im Bundeszentralregister vorgeahndet ist, zu würdigen.
Insgesamt ist daher zur sicheren Überzeugung der Kammer unter Bezugnahme auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. SV, denen sich die Kammer nach eigener kritischer Prüfung umfassend anschließt, auch weiterhin von der Begehung erheblicher Straftaten durch die Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen.
4. Verhältnismäßigkeit
Die Anordnung der Maßregel ist zur Überzeugung des Gerichts auch verhältnismäßig, insbesondere da die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.
Da das Gewicht des mit der Unterbringungsanordnung einhergehenden Eingriffs maßgeblich von der Frage der Vollstreckung der Maßregel abhängt, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch zu würdigen, ob eine Aussetzung der Vollstreckung in Betracht kommt, vgl. BGH, Beschluss vom 20.07.2010, Az: 4 StR 291/10.
5. Aussetzung der Maßregel zur Bewährung
Die Vollstreckung der Unterbringung konnte vorliegend auch zur Bewährung ausgesetzt werden.
Gemäß § 67 b Abs. 1 S. 1 StGB kommt eine Aussetzung in Betracht, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann.
Entscheidend ist, ob sich die von der Angeklagten ausgehende Gefahr auch durch andere Maßnahmen, etwa durch Anordnung einer zivilrechtlichen Betreuung oder durch Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht abwenden oder jedenfalls so stark abschwächen lassen, dass ein Verzicht auf den Vollzug der Maßregel gewagt werden kann, vgl. BGH, Beschluss vom 16.02.2010, Az: 4 StR 586/09.
Die Voraussetzungen für die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung waren zur Überzeugung der Kammer vorliegen bei der Angeklagten gegeben.
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass die rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere die Erteilung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht für sich genommen noch nicht die Voraussetzungen des § 67 b Abs. 1 S. 1 StGB begründen, sondern nur dann, wenn die damit gegebenen Überwachungsmöglichkeiten und das der Angeklagten zu verdeutlichende Risiko, bei Nichterfüllung anzuordnender Weisungen mit dem Vollzug der Unterbringung rechnen zu müssen, im konkreten Fall tatsächlich eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass die Angeklagte sich weisungsgemäß verhalten werde, so dass die Erwartung zur Überzeugung der Kammer gerechtfertigt erscheint, dass der Zweck der Maßregel vorliegend auch ohne Vollzug der Unterbringung erreicht werden kann, vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2007, Az: 1 StR 48/07.
Die Kammer hat in diesem Zusammenhang insbesondere erwogen, dass – wie dies auch vom Sachverständigen Dr. SV dargelegt wurde – gerade vor dem gegebenen Störungsbild der Angeklagten eine freiwillig durchgeführte Therapie wesentlich erfolgversprechender erscheint, als eine „Zwangstherapie“ im Rahmen des Maßregelvollzugs nach § 63 StGB in der forensischen Psychiatrie.
Entscheidend sei nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. SV, dass die Angeklagte ihre Persönlichkeitsstörung für sich selbst anerkenne, lerne damit bei den Gegebenheiten des Alltags umzugehen und für sich dabei Lösungsstrategien erarbeite, um damit bei alltäglichen Gegebenheiten besser umzugehen.
Vor diesem Hintergrund erschien es der Kammer auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für angezeigt, die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen.
Wie der Sachverständige ausführte, erscheine es aus seiner Sicht zur Begegnung des bei der Angeklagten gegebenen hohen Grades an Gefährlichkeit für möglich, diese zunächst im Rahmen einer ambulanten Anbindung an ein Bezirkskrankenhaus vorübergehend zu therapieren und währenddessen auch bereits eine stationäre Therapie in einer psychosomatischen Fachklinik für Patienten mit Persönlichkeitsstörungen vorzubereiten und diese während einer Übergangszeit von maximal 8 Wochen auch mit entsprechenden Kostenträgern und mit der Bewährungshilfe abzuklären.
An diese zunächst ambulante Therapie anschließend erscheine daher aus seiner Sicht eine stationäre Therapie in der genannten Fachklinik für angezeigt, welche erfahrungsgemäß eine Zeitdauer von 3 Monaten bis zu 6 Monaten beanspruchen dürfte.
Daran anschließend sei aus seiner Sicht zwingend veranlasst, eine tiefgreifend und fundiert angelegte sozialtherapeutische Behandlung der Angeklagten erfolgen zu lassen. Eine solche müsste aus seiner Sicht mindestens 80 bis 100 Therapieeinheiten umfassen und im Durchschnitt alle zwei Wochen durchgeführt werden, um eine hinreichende Einwirkung auf die Angeklagte als wahrscheinlich erscheinen zu lassen und damit auch der bei ihr derzeit immer noch gegebenen hohen Gefährlichkeit hinreichend begegnen zu können.
Die Angeklagte hat sich mit diesem vom Sachverständigen vorgezeichneten Therapieverlauf ausdrücklich auf Frage des Gerichts für einverstanden erklärt und ihre Bereitschaft zur Therapie eindrucksvoll in der Hauptverhandlung bekundet. Mit einer entsprechenden etwaigen Weisung im Rahmen einer Führungsaufsicht hat sich die Angeklagte ausdrücklich auf Frage des Gerichts in der Hauptverhandlung einverstanden erklärt und damit ihre Therapiemotivation zum Ausdruck gebracht.
Vor diesem Hintergrund hat in einer Gesamtschau sämtlicher prognoserelevater Umstände die Kammer daher davon abgesehen, die Vollstreckung der Maßregel anzuordnen, sondern vielmehr die Vollstreckung der Maßregel unter entsprechender Therapieweisung im Rahmen der Führungsaufsicht zur Bewährung auszusetzen.
VII. ENTZIEHUNG DER FAHRERLAUBNIS, SPERRFRIST
Die Fahrerlaubnis der Angeklagten war gemäß § 69 Abs. 1 StGB zu entziehen, ihr Führerschein war einzuziehen und eine Sperre gemäß § 69 a StGB von weiteren 16 Monaten anzuordnen.
Insoweit war zunächst zu sehen, dass zwar, was die Kammer nicht verkannte, sich im eingeführten Verkehrszentralregister im Hinblick auf die Angeklagte keinerlei Voreinträge befanden. Allerdings war zu sehen, dass die Angeklagte im Zusammenhang mit dem Führen ihres Kraftfahrzeugs ihre Pflichten als Kraftfahrzeugführerin in erheblicher Weise verletzt hat, da sie ihr Fahrzeug quasi als Waffe gegenüber der Geschädigten zum Einsatz brachte und diese in absichtlicher Weise von ihrem Fahrrad stieß, wobei sie hier bewusst einen Unglücksfall herbeiführen wollte.
Zudem war auch zu sehen, dass im Hinblick auf das unerlaubte Entfernen vom Unfallort auch ein Regelbeispiel gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt ist, wobei die Angeklagte zur Überzeugung des Gerichts, wissen konnte, dass bei dem Unglücksfall die Geschädigte nicht unerheblich verletzt worden sein könnte.
Die Sperrfrist war unter Berücksichtigung sämtlicher, auch im Rahmen der Strafzumessung bereits genannten Umständen sowie unter Berücksichtigung des Grades des Pflichtverstoßes durch die Angeklagte, im Hinblick auf ihre Pflichten als Kraftfahrzeugführerin in einer Gesamtdauer der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 1 S. 1 StGB von 2 Jahren anzuordnen. Unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass der Führerschein der Angeklagten seit ca. 8 Monaten bereits eingezogen bzw. sichergestellt ist, war noch eine weitere Sperrfrist von 16 Monaten auszusprechen. X. KOSTEN Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 S. 1, 472 Abs. 1 S. 1 StPO.