Verkehrsrecht

Ersatzpflicht bei Beschädigung eines Leasingfahrzeuges – Ersatzfähigkeit von Corona-Schutzmaßnahmen

Aktenzeichen  33 S 10/21

Datum:
28.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28709
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

3. Coronabedingte Mehrkosten bei der Reparatur sind ersatzfähig; wäre das Fahrzeug nämlich nicht in der Zeit der Corona-Pandemie beschädigt worden, wären die Kosten nicht angefallen. Hierbei ist die Desinfektion Teil der infolge des Unfalls in Auftrag gegebenen Reparatur und nicht Teil der mit dem Grundhonorar abgegoltenen allgemeinen Unkosten des Betriebs. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Haftpflichtversicherer ist in den Schutzbereich des zwischen dem Sachverständigen und der Geschädigten abgeschlossenen Vertrags einbezogen und kann daher Schadensersatz beanspruchen, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt habe. Da insoweit ein originärer Schadensersatzanspruch des Haftpflichtversicherers besteht, soweit eine schuldhafte mangelhafte Schadensschätzung des Sachverständigen vorliegt, bedarf es keiner zusätzlichen Abtretung fremder Ansprüche. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

14 C 3084/20 2021-01-04 Endurteil AGCOBURG AG Coburg

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 04.01.2021, Az. 14 C 3084/20, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 72,03 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche, konkret Kosten für „Corona-Schutzmaßnahmen“ und „Schutzmaterial Corona-Virus“ aus einem Verkehrsunfall vom 28.08.2020, für dessen Folgen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des gegnerischen Fahrzeugs vollumfänglich einstandspflichtig ist.
Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kläger ist Halter und Besitzer des bei dem Unfall beschädigten Pkw … mit dem amtlichen Kennzeichen … Der Kläger holte ein Schadensgutachten beim Ingenieurbüro … ein, das u.a. die Positionen Schutzmaterialien Corona-Virus (Einmal-Schutzhandschuhe, Schutzmaske, Desinfektionsmittel, Lappen, Tücher o.Ä.) mit 15,- € netto und Schutzmaßnahmen Corona-Virus (Pkw Reinigung und Desinfizierung von Türgriffen, Lenkrad, Schaltknauf, Zündschlüssel-Schalter, Armaturen, Interieur usw.) mit 47,10 € netto enthielt.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Kosten kam der Sachverständige zu insgesamt erforderlichen Reparaturkosten in Höhe von 1.404,82 € netto bzw. 1.629,59 € brutto. Der Kläger beauftragte das Autohaus … mit der Reparatur des Fahrzeugs. Hierfür wurden ihm am 23.09.2020 Reparaturkosten in Höhe von 1.411,34 € netto bzw. 1.637,15 € brutto in Rechnung gestellt, wobei 47,10 € netto für Schutzmaßnahmen Corona-Virus und 15,- € netto für Schutzmaterialien Corona-Virus berechnet wurden.
Die Beklagte zahlte an die Klägerin Reparaturkosten in Höhe von 1.565,12 € inklusive Mehrwertsteuer, wobei sie lt. Abrechnungsschreiben vom 30.09.2020 die Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen und Material in Höhe von insgesamt 62,10 € netto = 72,03 € brutto kürzte. Der offene Betrag von 72,03 € brutto wird mi der Klage geltend gemacht.
Das Fahrzeug wurde vom Kläger von der – grundsätzlich – vorsteuerabzugsberechtigten … geleast. Nach Ziffer X.3 der mit der Berufungsbegründung vorgelegten Leasingbedingungen ist der Leasingnehmer verpflichtet, die notwendigen Reparaturarbeiten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen zu lassen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er Anspruch auf die vollen Reparaturkosten einschließlich Umsatzsteuer habe. Die Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen und Material seien tatsächlich angefallen und in dieser Höhe auch erforderlich gewesen. Er ist der Ansicht, dass ihm aufgrund des der Beklagten aufzuerlegenden Werkstattrisikos die volle Erstattung der Kosten zustehe. Mit der Beauftragung eines auf Kfz-Schäden spezialisierten Sachverständigen mit der Bewertung des Schadens und dem Auftrag an die Werkstatt, den Pkw auf Basis der gutachterlichen Prognosen zu reparieren, habe er alles ihm Mögliche getan und seine Mitwirkungspflicht erfüllt. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob die Reparaturrechnung bereits bezahlt sei. Bei der Umsatzsteuer sei jedenfalls auf den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Kläger abzustellen, da dieser einen eigenen Anspruch auf Ersatz des Haftungsschadens habe, der auch die Umsatzsteuer erfasse.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass bzgl. der Umsatzsteuer auf den Eigentümer bzw. Leasinggeber abzustellen sei. Der Kläger habe keinen eigenen Anspruch und können in Prozessstandschaft nur den Anspruch des Leasinggebers geltend machen. Sie behauptet außerdem, die Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen und Material stünden nicht im direkten Zusammenhang mit der unfallbedingten Reparatur vielmehr handle es sich um eine pauschale Berechnung von Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Die Erforderlichkeit und tatsächliche Durchführung der Desinfektionsmaßnahmen sowie die Höhe der geltend gemachten Kosten wird bestritten. Die Beklagte bestreitet die Begleichung der Rechnung durch den Kläger mit Nichtwissen. Bei Nichtzahlung könne auch aus dem sog. Werkstattrisiko keine Erstattungspflicht hergeleitet werden. Der Geschädigte müsse hier vielmehr nachweisen, dass er bei Beauftragung und Überwachung der Werkstatt den Interessen des Schädigers an der Geringhaltung des Herstellungsaufwandes Rechnung getragen habe.
Der Klage fehle es zudem bereits am Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte außergerichtlich (Anlage B 1) bereits erklärt habe, den Kläger von unberechtigten Forderungen des Reparaturbetriebs freizustellen und für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung Rechtsschutzdeckung bestätigt habe.
Der Kläger sei jedenfalls verpflichtet, etwaige Ansprüche gegenüber dem Parteigutachter bzw. der Werkstatt wegen unzutreffender Gutachtenerstellung bzw. Abrechnung nicht erforderlicher Reparaturkostenpositionen an die Beklagte abzutreten.
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung der restlichen Reparaturkosten in Höhe von 72,03 € mit Endurteil vom 04.01.2021 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe lediglich ein Anspruch auf Erstattung der Nettoreparaturkosten zu, weshalb durch die Zahlung der Beklagten bereits eine Überregulierung eingetreten sei. Lediglich im Fall des Totalschadens sei dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Leasingnehmer auch die Mehrwertsteuer zu ersetzen. Im Falle einer Reparatur habe er nur einen Anspruch auf den Nettobetrag. Einen eigenen Anspruch wegen Störung seines Besitzrechtes habe der Leasingnehmer nur bezüglich erforderlicher Mietwagenkosten oder eines Nutzungsausfalls, jedoch nicht bezogen auf den Sachwert des Leasingfahrzeugs. Die Sachschäden träfen grundsätzlich allein den Leasinggeber als Eigentümer. Hieran ändere sich nichts dadurch, dass der Kläger zum Erhalt bzw. zur Reparatur des Fahrzeugs verpflichtet sei. Diese vertragliche Vereinbarung könne nicht zulasten des Schädigers gehen. Das Amtsgericht bezieht sich zu der von ihm vertretenen Auffassung auf die Kommentierung in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, § 249 BGB, Rn. 143, sowie auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.11.1991, VI ZR 145/91, NJW 1992, 553, und Entscheidungen des OLG Stuttgart vom;16.11.2004, NZV 2005, 309, und des OLG München, Urteil vom 23.01.2015, 10 U 1620/14, NZV 2015, 305. Der gegenteiligen Auffassung des OLG Brandenburg, Urteil vom 22.08.2019, 12 U 11/19, NJW 2019, 3795, könne nicht gefolgt werden. Bei der beim Leasingnehmer anfallenden Mehrwertsteuer handele es sich lediglich um einen nicht erstattungsfähigen Vermögensschaden.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgemäß eingelegte und begründete Berufung des Klägers mit der er seinen erstinstanzlichen Zahlungsantrag vollumfänglich weiterverfolgt. Der Ansicht des Amtsgerichts, dass bei der Erstattungsfähigkeit von Reparaturkosten auf die Verhältnisse des Leasinggebers abzustellen sei, sei nicht zu folgen. Der Kläger mache einen eigenen Anspruch aus Verletzung seines Besitzrechts im Rahmen des Leasingverhältnisses geltend, weswegen bei der Frage der Umsatzsteuer auf ihn abzustellen sei.
Unter Anführung einer Vielzahl von (ober)gerichtlichen Entscheidungen führt der Kläger aus, dass die Ersatzfähigkeit eines Haftungsschadens trotz dessen vermögensrechtlicher Natur in der Rechtsprechung anerkannt sei. Die vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart beziehe sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, welches zur Neupreisentschädigung für ein total beschädigtes Leasingfahrzeug ergangen und daher nicht einschlägig sei. Der Bundesgerichtshof bemerke am Ende dieses Urteils selbst, dass die Verhältnisse des Leasingnehmers maßgeblich sein können, wenn dieser bei Totalschaden oder Verlust vertraglich verpflichtet sei, auf eigene Kosten dem Leasinggeber ein Ersatzfahrzeug zu stellen. Auch das zitierte Urteil des OLG München sehe einen solchen Haftungsschaden als erstattungsfähig an, wenn der geschädigte Leasingnehmer vertraglich zur Wiederherstellung und Reparatur verpflichtet sei und diese selbst für sich in Auftrag gebe. Bei Abstellen auf den Eigentümer würde der Schädiger unbillig auf Kosten des Leasingnehmers entlastet, der auf der Mehrwertsteuer sitzen bleiben würde. Die Corona-Schutzmaßnahmen seien unter dem Aspekt des Werkstatt- und Prognoserisikos zu ersetzen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 72,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Klägerin könne lediglich für die kausal aus der Besitzrechtsverletzung folgenden Schäden Ersatz verlangen. In der Berufungserwiderung bestreitet die Beklagte die Einbeziehung der mit der Berufungsbegründung vorgelegten Leasingbedingungen in den Leasingvertrag, eine bestehende vertragliche Reparaturpflicht und die Eigentümerstellung der Leasinggeberin … Es könne zudem nicht richtig sein, dass allein die Vertragsgestaltung zwischen Eigentümer und Besitzer darüber entscheiden könne, ob Umsatzsteuerbeträge vom Schädiger zu ersetzen seien oder nicht. Die hier vorliegende Vertragsgestaltung sei als Vertrag zulasten des Schädigers zu qualifizieren und darüber hinaus auch einseitig benachteiligend gegenüber dem Kläger, da durch die Verpflichtung des Leasingnehmers, erforderliche Reparaturen auf eigene Kosten auszuführen, der Leasingnehmer einseitig mit der dann anfallenden Umsatzsteuer belastet würde, obwohl der Leasinggeber ohne weiteres die Möglichkeit hätte, anfallende Umsatzsteuerbeträge im Wege des Vorsteuerabzugs geltend zu machen, sodass es für ihn keine Kostenbelastung gäbe. Die Leasingbedingungen seien daher unwirksam, sodass es an einer einem Haftungsschaden zugrunde liegenden Verpflichtung des Klägers fehle.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Rechtsvortrags wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze, das erstinstanzliche Urteil und die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2021 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Dem Kläger steht ein (eigener) Anspruch auf Zahlung von Corona-Schutzmaßnahmen und Material in Höhe von 72,03 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, 115 VVG zu.
1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt, da er – jedenfalls in erster Linie – einen eigenen Anspruch geltend macht.
2. Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kläger hat einen eigenen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des sog. Haftungsschadens.
Der Kläger ist zwar nicht Eigentümer, aber aufgrund des Leasingvertrags (berechtigter) unmittelbarer Besitzer des beschädigten Fahrzeugs. Dass der unmittelbare Besitz zu den gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten sonstigen Rechten gehört, ist seit langem anerkannt. Dies wird auch vom Amtsgericht und der Beklagten grundsätzlich nicht in Abrede gestellt.
In einem solchen Fall kann sich die Ersatzpflicht des Schädigers über den Nutzungsschaden hinaus allerdings auch auf einen sog. Haftungsschaden erstrecken, vgl. BGH, Urteil vom 13.07.1976, VersR 1976, 943, und vom 18.11.1980, NJW 1981, 750; BeckOGK/Spindler, 1.11.2020, BGB § 823 Rn. 170. Haftungsschaden ist demnach der Schaden, der bei Beschädigung einer gemieteten oder geleasten Sache dem Besitzer durch seine Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer entsteht.
Für die Fälle beschädigter Leasingfahrzeuge und die damit einhergehende Frage, ob der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Leasingnehmer Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer hat, gibt es eine Vielzahl an gerichtlichen Entscheidungen. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang noch nicht ausdrücklich entschieden. Ob der Leasingnehmer als berechtigter unmittelbarer Besitzer aufgrund der Verletzung seines Besitzrechts durch die Beschädigung der Leasingsache wie der Eigentümer aus eigenem Recht den Ersatz der Reparaturkosten, d.h. des Substanzschadens, verlangen kann und auf welche Weise eine etwaige Anspruchskonkurrenz zu lösen ist, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 29.01.2019, Az. VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669, offengelassen, da der zur Instandsetzung gegenüber dem Leasinggeber und Eigentümer verpflichtete Leasingnehmer dort fiktive Reparaturkosten geltend gemacht hatte, ohne die Instandsetzung tatsächlich vorgenommen zu haben; insoweit war der Leasingnehmer ohne Zustimmung des Eigentümers nicht berechtigt, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung die fiktiven Herstellungskosten verlangen, vgl. BGH a.a.O.. Allerdings hat auch dort der Bundesgerichtshof (wiederholend) klargestellt, dass sich bei Beschädigung einer gemieteten Sache die Ersatzpflicht des Schädigers auch auf einen Haftungsschaden erstrecken kann, also auf den Schaden, der dem Besitzer durch seine Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer entstanden ist. Auch in einer etwas anderen, aber vergleichbaren Konstellation hat der Bundesgerichtshof einem Werkunternehmer einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Wiederherstellungskosten für eine beschädigte Spundwand vor der Abnahme zuerkannt, weil der Besitz des Klägers an der Spundwand mit der Verantwortung für die Sachsubstanz verbunden sei. Dies ähnele dem Haftungsschaden, nur sei hier der Schaden des Besitzers durch den Umfang seiner Erfüllungspflicht gegenüber dem Eigentümer bestimmt, vgl. BGH, Urteil vom 09.04.1984, Az. II ZR 234/83, VersR 1984, 584.
So geht auch die absolut herrschende Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Leasingnehmer gegenüber dem Leasinggeber zur Reparatur des Fahrzeugs auf eigene Kosten verpflichtet ist, von einem entsprechenden erstattungsfähigen Haftungsschaden des Leasingnehmers aus, der dann selbstverständlich auch die Mehrwertsteuer mit einschließt, soweit der Leasingnehmer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Diese Auffassung wird nicht lediglich vom OLG Brandenburg in dem vom Amtsgericht zitierten Urteil vom 22.08.2019, Az. 12 U 11/19, NJW 2019, 3795, vertreten, sondern von einer Vielzahl weiterer Instanz- und Obergerichte. So entschied das OLG Düsseldorf am 21.06.2016 (Az. 1 U 158/15, BeckRS 2016, 15556), dass ein Leasingnehmer Schadensersatzansprüche betreffend den Substanzschaden im eigenen Namen geltend machen kann, wenn er im Rahmen des Leasingvertrages verpflichtet ist, Beschädigungen des Fahrzeugs auf eigene Rechnung fachgerecht instand setzen zu lassen, dem Eigentümer gegenüber also für die eingetretene Beschädigung einzustehen hat. Auch das OLG Hamm entschied in einem Fall der Zerstörung des Leasingfahrzeugs, dass der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Leasingnehmer die auf den Wiederbeschaffungswert entfallende Umsatzsteuer als Schaden geltend machen kann und es für die Bemessung des Haftungsschadens auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Leasingnehmers ankomme, wodurch auch der Schädiger nicht unbillig belastet werde, da die Schadenshöhe regelmäßig von der Vorsteuerabzugsberechtigung des jeweils Geschädigten abhänge, vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2000, Az. 27 U 84/00, BeckRS 2000, 30131373. Diese Rechtsauffassung vertritt offenbar auch das saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken in seinem Urteil vom 13.01.1995, Az. 3 U 201/94, BeckRS 2008, 18883, wenn es ausführt, dass der Leasingnehmer im Falle der Beschädigung des Leasingfahrzeugs keinen Ersatz der auf die Reparaturkosten gezahlten Mehrwertsteuer verlangen kann, wenn die Parteien des Leasingvertrages die im Vertrag vereinbarte Verpflichtung des Leasingnehmers zur Reparatur des Fahrzeugs nachträglich und einvernehmlich wieder aufgehoben haben. Selbst das vom Amtsgericht in der angegriffenen Entscheidung zitierte OLG München teilt keinesfalls die Auffassung des Amtsgerichts. In dem Urteil vom 23.01.2015, Az. 10 U 1620/14, NZV 2015, 305, führt es zwar aus, dass Reparaturschäden (inklusive Umsatzsteuer) grundsätzlich allein den Leasinggeber als Eigentümer treffen. Liest man jedoch einen Satz weiter, wird deutlich, dass auch das OLG München einen Ausnahmefall dann sieht, wenn der geschädigte Leasingnehmer vertraglich zur Wiederherstellung und Reparatur verpflichtet ist und diese selbst für sich in Auftrag gibt, vgl. OLG München, a.a.O.. Auch Reinking ist der Auffassung, dass beim Reparaturschaden Schädiger und Kaskoversicherer die Mehrwertsteuer zu ersetzen haben, wenn der Leasingnehmer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist und die Reparatur vornehmen lassen muss, Reinking, Aufsatz „Mehrwertsteuerprobleme beim Unfall und Diebstahl des privat genutzten Leasingfahrzeugs“, DAR 1998, 333. Ebenso sehen es auch das Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 26.02.2010, Az. 31 C 34/09, das Amtsgericht München, Urteil vom 21.7.1987, Az. 283 C 1921/87, das Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 27.5.1992, Az. 11 C 2395/92, das Landgericht Arnsberg, Urteil vom 12.07.1994, Az. 5 S 64/94, dap Landgericht München, Urteil vom 08.11.2001, Az. 19 S 9428/01, sowie das Amtsgericht Freibuitg, Urteil vom 31.10.1986, Az. 4 C 3580/86.
Soweit das OLG Stuttgart in der auch vom Amtsgericht zitierten Entscheidung vom 16.11.2004, Az. 10 U 186/04, BeckRS 2005, 12137, eine abweichende Auffassung vertritt, handelt es sich hierbei um eine absolute Mindermeinung, die im Übrigen auch nicht nachvollziehbar begründet ist. Das OLG Stuttgart verweist nämlich lediglich pauschal auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.07.1993, Az. IV ZR 181/92, NZV 1993, 391, wonach es hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer auf die Verhältnisse des Leasinggebers und nicht des Leasingnehmers ankomme. Dies trifft allerdings nicht zu. Der Bundesgerichtshof hatte in der zitierten Entscheidung vom 14.07.1993 einen Kaskoversicherungs-Schadensfall zu entscheiden, also über einen Anspruch auf eine Versicherungsleistung (Neupreisentschädigung im totalen Schadensfall) und nicht auf Schadensersatz zu befinden. Maßgeblich ging es um die Frage der Berechnung der Neupreisentschädigung beim Leasing (brutto oder netto) gemäß § 13 (2) AKB. Der Bundesgerichtshof stellt in diesen Fällen auf die Leasinggeberin ab, da es sich bei der Kaskoversicherung um eine Fremdversicherung zugunsten der Leasinggeberin handelt, da nur deren Risiko als Eigentümerin des Fahrzeugs abgedeckt werden soll, wenngleich auch das eigene Sacherhaltungsinteresse des Leasingnehmers mitversichert ist. Darüber hinaus werde die Entschädigungshöhe durch den vom Versicherungsnehmer aufzuwendenden Neupreis bestimmt. Als Versicherungsnehmer in diesem Sinne müsse nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wegen des notwendigen sinngemäßen Verständnisses in Leasingfällen der Leasinggeber angesehen werden, da nach den üblichen Leasingbedingungen im Falle des Totalschadens oder des Verlustes der Leasingvertrag entweder einverständlich aufgehoben oder aber gekündigt werde; dann könne aber ohnehin mangels eines Leasingvertrages nur noch der Leasinggeber selbst als der geschädigte Eigentümer ein Fahrzeug anschaffen, das rechtlich gesehen als Ersatzfahrzeug im Sinne der Wiederherstellungsklausel des § 13 (10) AKB in Betracht komme. Aus dieser Begründung kann jedoch nicht ansatzweise der Schluss gezogen werden, dass in Schadensersatzfällen, in denen lediglich ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien besteht, ausschließlich auf den Leasinggeber abzustellen wäre. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof auch hier festgehalten, dass bei der – bislang offehbar unüblichen – Vertragsgestaltung, dass der Leasingnehmer bei Totalschaden oder Verlust die Pflicht hat, auf eigene Kosten dem Leasinggeber ein „Ersatzfahrzeug“ zu stellen, erwogen werden könne, maßgeblich auf die Verhältnisse des Leasingnehmers abzustellen. Auch hieraus wird eine gewisse Tendenz des Bundesgerichtshofs deutlich, auf die Verhältnisse des Leasingnehmers abzustellen, wenn und soweit dieser gegenüber dem Leasinggeber zum Ersatz verpflichtet Ist, auch wenn dies lediglich im Zusammenhang mit einer versicherungsrechtlichen Frage thematisiert wurde.
Auch das vom Amtsgericht zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.11.1991, NJW 1992, 553, ist nicht einschlägig. Der Bundesgerichtshof bejaht in dieser Entscheidung sogar die Möglichkeit eines Haftungsschadens. Im konkreten Fall ging es jedoch um Schadensersatz wegen Weiterzahlung der Leasingraten und die Ablösung des Restwerts, nachdem der Leasingvertrag infolge des Unfalls beendet wurde. Ein Anspruch wurde nur deswegen verneint, weil die fortbestehende Belastung mit den Leasingraten keinen mit der Beschädigung des Fahrzeugs zusammenhängenden Schaden darstellte und die Raten nach den vertraglichen Bestimmungen ohnehin hätten entrichtet werden müssen.
Die Berufungskammer schließt sich der zutreffenden herrschenden Meinung an. Die gegenteilige Auffassung lässt die allgemein anerkannte und auch vom Bundesgerichtshof mehrfach bestätigte Erstattungsfähigkeit eines Haftungsschadens des rechtmäßigen Besitzers völlig außer Betracht und führt zudem zu unbilligen Ergebnissen. Der Leasingnehmer, der gegenüber dem Leasinggeber zur Reparatur des Fahrzeugs auf eigene Kosten vertraglich verpflichtet ist, bliebe auf der tatsächlich angefallenen und von ihm als Auftraggeber zu bezahlenden Mehrwertsteuer sitzen, würde man auf die Verhältnisse des Leasinggebers abstellen.
Die weiteren Einwendungen der Beklagten verfangen nicht:
a) Die Kammer geht bzgl. der Leasingbedingungen und der sich daraus ergebenden Reparaturverpflichtung des Klägers von den mit der Berufungsbegründung vorgelegten Bedingungen aus. Soweit die Beklagte deren Einbeziehung in der Berufungserwiderung bestreitet, ist dieser Vortrag verspätet und zurückzuweisen, § 531 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hatte bereits mit Schriftsatz vom 08.12.2020 in erster Instanz unter Bezugnahme auf die Leasingbedingungen auf seine Reparaturpflicht hingewiesen. Dies hat die Beklagte nicht bestritten. Im Übrigen ergibt sich auch indirekt aus der nicht von der Beklagten angegriffenen, mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 17.12.2020 vorgelegten Bestätigung der Volkswagen … vom 31.08.2020, dass der Leasingnehmer (Kläger) reparieren lassen muss.
b) Aus Ziffer VIII.1 der Leasingbedingungen ergibt sich zudem, dass die … Eigentümer des verleasten Pkw ist, sodass auch der Einwand der Beklagten zur fehlenden Eigentümerstellung fehlgeht. Im Übrigen wäre der Beklagtenvortrag insoweit verspätet.
c) Nach den Leasingbedingungen ist der Kläger gegenüber dem Leasinggeber verpflichtet, notwendige Reparaturen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen zu lassen. Soweit die Beklagte die Unwirksamkeit dieser Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers einwendet mit der Folge, dass die für einen Haftungsschaden erforderliche Haftungsgrundlage entfällt, dringt sie damit nicht durch. Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger im Falle einer erforderlichen Reparatur mit der dann anfallenden Umsatzsteuer belastet wird, obwohl die Leasinggeberin ohne weiteres die Möglichkeit hätte, anfallende Umsatzsteuerbeträge im Wege des Vorsteuerabzugs geltend zu machen. Dass allerdings die Umsatzsteuer beim Kläger verbleibt, während die Leasinggeberin die Umsatzsteuerbeträge im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen kann, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, sondern ist allenfalls notwendige Folge der umsatzsteuerrechtlichen Regelungen. Es kann dahingestellt bleiben, ob – wie der Kläger in der Berufungsinstanz vorträgt – das Eigentum in Leasingfällen ohnehin steuerrechtlich nicht dem Leasinggeber zuzurechnen ist und daher keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht. Denn von einem Leasinggeber kann nicht ernstlich verlangt werden, dass er vertraglich verpflichtet wird, sämtliche Reparaturkosten für das Fahrzeug zu tragen, obwohl er nicht im Besitz der Sache und auch nicht Nutznießer der Sache ist. Nur so könnte aber eine von der Beklagten behauptete unangemessene Benachteiligung des Leasingnehmers beseitigt werden.
d) Es liegt auch kein Vertrag zulasten des Schädigers vor, weil dieser aufgrund der Vertragsgestaltung zwischen Eigentümer und Besitzer die Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten zahlen muss. Vielmehr ist es grundsätzlich vom Zufall abhängig, ob bei einem Unfall eine vorsteuerabzugsberechtigte oder eine nicht vorsteuerabzugsberechtigte Person geschädigt wird. Die Zuerkennung eines Haftungsschadens mit der Folge der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer ist Ausdruck des allgemein anerkannten subjektbezogenen Schadensbegriffs. Einer Ersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt eines aus der Störung des Vertrages erwachsenden sog. Haftungsschadens steht nicht entgegen, dass damit der Umfang der deliktischen Einstandspflicht von dem der Besitzüberlassung zugrundeliegenden Vertrag geprägt ist, vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1991, Az. VI ZR 145/91, NZV 1992, 227. Ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter läge nur vor, wenn durch ihn unmittelbar eine Rechtspflicht der Beklagten entstehen würde. Die im Ergebnis belastende Wirkung für den Schädiger bzw. dessen Versicherung stellt lediglich einen rechtlich insoweit unbeachtlichen Reflex dar (vgl. BGH NJW 2004, 3326).
e) Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, sich von der Werkstatt verklagen zu lassen.
3. Die Kosten für die Corona-Schutzmaßnahmen incl. Material sind vollumfänglich in Höhe von 72,03 € erstattungsfähig, da es sich um erforderliche Wiederherstellungskosten handelt.
a) Der Kläger hat insoweit einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte, auch wenn er die Rechnung noch nicht beglichen hat/haben sollte. Ist nämlich wegen der Beschädigung einer Sache (wie hier) Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Im Falle der Beschädigung einer Sache oder der Verletzung einer Person ist also der Geschädigte gerade nicht gehalten, vom Schädiger zunächst Wiederherstellung im Sinne einer Naturalrestitution zu verlangen, sondern kann sogleich den hierfür erforderlichen Geldbetrag fordern, wobei vorliegend auch die Umsatzsteuer mit eingeschlossen ist, da diese aufgrund der tatsächlich erfolgten Reparatur und der Stellung einer Rechnung inklusive Umsatzsteuer auch tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB.
§ 249 Abs. 2 BGB findet auch auf die hier vorliegende Konstellation Anwendung. Zwar macht der Kläger einen Haftungsschaden aufgrund seines Rechts zum Besitz geltend. Dies bedeutet aber nicht, dass es sich nicht um einen Anspruch wegen Beschädigung der Sache im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB handelt. So hat der BGH im Urteil vom 18.11.1980, NJW 1981, 750, zu § 7 StVG entschieden, dass der Anspruch „wegen Beschädigung einer Sache“ auch dem Mieter bzw. dem berechtigten unmittelbaren Besitzer zustehen kann.
b) Es kann dahinstehen, ob die streitigen abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht und die Kosten tatsächlich in dieser Höhe angefallen und angemessen/ortsüblich oder ggf. überhöht sind. Dem Kläger steht insoweit aufgrund des sog. Werkstattrisikos ein Anspruch auf Erstattung der abgerechneten Kosten in voller Höhe zu. Eine gesteigerte Prüfungspflicht des Klägers hinsichtlich der abgerechneten Kosten scheidet – jedenfalls im vorliegenden Fall – aus. Auch insoweit ist unerheblich, ob der Kläger die Rechnung bereits bezahlt hat oder nicht, vgl. zu dieser Problematik auch den Hinweis der erkennenden Kammer vom 19.7.2018, Az. 33 S 40/18, und Beschluss der erkennenden Kammer vom 23.08.2019, Az. 33 S 6/19.
Der nach § 249 Abs. 2 BGB erforderliche Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens und die Örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss. In diesem Sinne ist der Schaden nicht normativ zu bestimmen, sondern subjektbezogen. Diese nach § 249 Abs. 2 BGB mit zu berücksichtigenden Umstände schlagen sich unter anderem in Umfang und Verlauf der Instandsetzungsarbeiten sowie in den Reparaturkosten nieder, die dem Geschädigten von der Werkstatt berechnet werden. Zwar sind diese Kosten bei grifflich nur ein Anhalt zur Bestimmung des erforderlichen Reparaturaufwandes, der sich nach dem richtet, was zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs von dem Geschädigten bei wirtschaftlich vernünftigem Vorgehen aufgewendet werden muss. Auch muss sich der Geschädigte bei Auftragserteilung sowie bei weiteren Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße, zügige Durchführung der Reparatur von wirtschaftlich vertretbaren, das Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens mit berücksichtigenden Erwägungen leiten lassen. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden dass seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat; auch diese Grenzen bestimmen das mit, was erforderlich ist. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, das die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Insoweit besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das sog. Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB überlassen würde.
Daher können Rechtsgutsverletzungen eines Dritten einem Erstschädiger zugerechnet werden, wenn diese auf eine Gefahrenlage zurückzuführen sind, die durch den Erstschädiger gesetzt wurde, vgl. Flume in Beck-OK, BGB, 46. Edition, Rdnr. 317 zu § 249 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen. Die für die Herstellung erforderlichen Kosten umfassen damit auch den Mehraufwand, der dadurch entsteht, dass der mit der Schadensbeseitigung beauftragte Dritte unsachgemäß arbeitet und deshalb vermeidbare Kosten entstehen; der Dritte ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, so Oetker in MüKo zum BGB, 7. Aufl. 2016, Rdnr. 395 zu § 249.
Weist der Geschädigte nach, dass er die Instandsetzungsarbeiten unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze veranlasst hat, so können deshalb die tatsächlichen Reparaturkosten regelmäßig auch dann für die Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sind, vgl. BGH, Urteil vom 29.10.1974, Az. VI ZR 42/73, NJW 1975, 160.
Erhöhte Prüfpflichten des Geschädigten hinsichtlich der Reparaturkostenrechnung hat der Bundesgerichtshof jedenfalls in seinem Urteil vom 29.10.1974 nicht aufgestellt, abgesehen davon, dass solche Reparaturen bei der Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes auszuscheiden haben, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mit ausgeführt worden sind (1) oder soweit sich ein mangelndes Interesse der Vertragsbeteiligten an einer marktgerechten Abwicklung der Instandsetzung im Kostenniveau niederschlägt (2). Hierfür bestehen jedenfalls im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte.
Dem Kläger musste sich unter Zugrundelegung dieser Kriterien nicht aufdrängen, dass Corona-Schutzmaßnahmen und Material nicht zum erstattungsfähigen Herstellungsaufwand gehören. Er durfte sich vor allem deshalb auf die Erforderlichkeit und den Anfall dieser Kosten verlassen, weil diese schon in der Reparaturkostenkalkulation des eingeholten Schadensgutachtens in gleicher Höhe enthalten sind.
Die Kammer hält die Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen und das Material für erstattungsfähig. Das Gericht teilt nicht die in der Rechtsprechung zum Teil vertretene Auffassung der Beklagten, dass es sich bei den Corona-Schutzmaßnahmen nicht um unfallbedingte Aufwendungen handele (vgl. z.B. LG Stuttgart, BeckRS 2020, 39796; AG Aachen BeckRS 2021, 2437). Wäre das klägerische Fahrzeug nämlich nicht in der Zeit der Corona-Pandemie beschädigt worden, wären die Kosten nicht angefallen. Die Desinfektion ist Teil der infolge des Unfalls in Auftrag gegebenen Reparatur (vgl. AG Frankenthal, BeckRS 2021, 7263). Es handelt sich nicht um mit dem Grundhonorar abgegoltene allgemeine Unkosten des Betriebs, sondern aufgrund von Corona angefallene besondere Kosten. Es liegt weder eine zufällige Verbindung vor noch ein Fall der höheren Gewalt, da zum Unfall- und Reparaturzeitpunkt bereits seit Monaten die Pandemie herrschte und den Alltag bestimmte. Der Kunde kann erwarten, dass er ein sauberes, infektionsfreies Fahrzeug zurückerhält, sodass in diesen Zeiten eine Desinfektion nötig ist (AG Heinsberg BeckRS 2020, 25146). Auch die Eingangsdesinfektion ist nach Auffassung des Gerichts Teil der Reparatur. Ob diese – allein oder hauptsächlich – aus Arbeitsschutzgründen für die Mitarbeiter der Werkstatt erfolgt, ist unerheblich, denn auch sie fällt in erster Linie wegen des Unfalls und der Reparatur in der Pandemiezeit an. Das Robert-Koch-Institut (RKI) weist noch heute auf seiner Webseite mit Stand 03.07.2020 darauf hin, dass das Corona-Virus auf Oberflächen mehrere Tage infektiös bleiben kann. Zwar wird eine routinemäßige Desinfektion nicht empfohlen, aber jedenfalls eine Reinigung. Eine Desinfektion von bestimmten Flächen außerhalb von Gesundheitseinrichtungen sollte im Einzelfall anhand der tatsächlichen Kontamination der Fläche entschieden werden. Die Versicherungswirtschaft geht selbst vom Erfordernis einer Desinfektion aus. So haben in diesem Zusammenhang beispielsweise das Allianz Zentrum für Technik (AZT), der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) und die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL e.V.) gemeinsam Zeit- und Materialstudien durchgeführt, um festzustellen, welche Art der Desinfektion sinnvoll ist und welcher Material- und Zeitaufwand hierfür erforderlich ist. Auch die Beklagte selbst empfiehlt in dem vom Kläger mit Schriftsatz vom 08.12.2020 vorgelegten Verbraucherhinweis die Desinfektion eines Fahrzeugs, wenn dieses in der Werkstatt war. Die Beklagte kann nach alledem nicht ernsthaft behaupten, dass Desinfektion als untaugliches Mittel zur Vermeidung einer Ansteckung mit dem Virus und zur Eindämmung desselben angesehen wird, zumal wenn in jedem Geschäft, öffentlichen Gebäuden, Gerichtssälen und sonstigen Einrichtungen Desinfektionsmittel bereitgestellt werden. Nach alledem sind Desinfektion und Schutzmaßnahmen schon aus Sicherheitsgründen angezeigt und erforderlich. Ob diese Kosten bei Reifenwechsel oder anderen Reparaturaufträgen auch verlangt werden oder nicht, spielt für die Erstattungsfähigkeit keine Rolle.
Die angesetzten Kosten von (47,10 € + 15,- € =) 62,10 € netto bzw. 72,03 € brutto sind für den Laien nicht erkennbar überhöht, weshalb das Werkstattrisiko für den Kläger streitet.
An diesen Grundsätzen ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger die Werkstattrechnung ggf. noch nicht vollständig bezahlt hat. Der Geschädigte kann nämlich auch in Fällen der unsachgemäßen oder unwirtschaftlichen Arbeitsweise bzw. im Falle des Ansatzes überhöhter Material- oder Arbeitszeitkosten nicht darauf verwiesen werden, der übersetzten Forderung der Werkstatt seine Einwände entgegenzusetzen, um die Forderung in gerichtlicher Auseinandersetzung auf die angemessene Höhe zurückzuführen, vgl. BGH NJW 1975, 160. Auch in den Fällen, in denen ein Vorgehen gegen die Werkstatt nach Sachlage aussichtsreich erscheint, würde der Schädiger von dem Geschädigten zu viel verlangen, wollte er ihm die Mühen und Risiken einer Auseinandersetzung aufbürden, die letztlich vom Schädiger zu verantworten sind. Soll der Geschädigte aber gerade vor den Mühen und Risiken einer Auseinandersetzung mit der Werkstatt geschützt werden, kann es keinen Unterschied machen, ob der Geschädigte die Rechnung bereits bezahlt hat oder nicht. Soweit er die Rechnung nämlich noch nicht bezahlt hat, muss er jederzeit mit einer Inanspruchnahme durch die Werkstatt rechnen und hierzu gegebenenfalls auch Mühen und Risiken auf sich nehmen, um eine gegebenenfalls auch unberechtigte Forderung der Werkstatt abzuwehren und sich sogar auf einen Rechtsstreit mit der Werkstatt einlassen.
4. Einer Zug-um-Zug-Verurteilung bedurfte es nicht (mehr), da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2021 zu Protokoll die angebotene Abtretung eventueller Überzahlungs- oder Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Werkstatt angenommen hat.
Soweit die Beklagte auch die Abtretung von möglichen Schadensersatzansprüchen gegen den Sachverständigen begehrt, ist auch insoweit keine Zug-um-Zug-Verurteilung erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 13.01.2009, Az. VI ZR 205/08, NJW 2009, 1265, ist der Haftpflichtversicherer in den Schutzbereich des zwischen dem Beklagten (Sachverständiger) und der Geschädigten abgeschlossenen Vertrags einbezogen und kann Schadensersatz beanspruchen, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt habe. Insoweit wurde dem Grunde nach ein originärer Schadensersatzanspruch des Haftpflichtversicherers als in den vertraglichen Schutzbereich einbezogener Dritter bejaht, soweit eine schuldhafte mangelhafte Schadensschätzung des Sachverständigen vorliegt. Bei Vorliegen eines eigenen Anspruchs bedarf es aber keiner zusätzlichen Abtretung fremder Ansprüche.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, oder wenn andere (tatsächliche oder wirtschaftliche) Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (vgl. – in unterschiedlichen Formulierungen – BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029; BGH NJW 2002, 2957; BGHZ 152, 182 = NJW 2003, 65; BGH NJW 2003, 2319; NJW-RR 2004, 537).
Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage für das Revisionsgericht nur, wenn sie revisibles Recht betrifft (§ 545). Klärungsbedürftig ist sie, wenn in Literatur und Instanzrechtsprechung zu einer Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und eine höchstrichterliche Beantwortung bislang noch aussteht.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die absolut herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur bejaht für beschädigte Leasingfahrzeuge grundsätzlich einen eigenen Anspruch des Leasinggebers als sog. Haftungsschaden. Das Urteil des OLG Stuttgart bezieht sich auf einen Kaskoschaden und ist mit der Situation eines Haftpflichtschadens bei einem geleasten Pkw nicht vergleichbar. Aus der dortigen Entscheidung kann daher für die Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer im hier zu entscheidenden Fall kein Schluss gezogen werden.
Die Tatsache, dass der Bundesgerichtshof die Frage der Erstattungsfähigkeit im Urteil vom 29.01.2019, NJW 2019, 1669, offen gelassen hat, führt nicht dazu, dass die Frage klärungsbedürftig und die Revision zuzulassen ist.


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