Verwaltungsrecht

Abfallwirtschaftssatzung, Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, Zwangsgeldandrohung, Antragsgegner, Rahmenvorgaben, Umweltverträglichkeit, Abstimmungsvereinbarungen, Aufschiebende Wirkung, Eigene Ermessensentscheidung, Entsorgungsstandards, Kostenentscheidung, Rechtswidrigkeit, Holsystem, Summarische Prüfung, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Gemischte Siedlungsabfälle, Verwaltungsgerichte, Kooperationsprinzip, Kommunaler Wertstoffhof, Anordnung der aufschiebenden Wirkung

Aktenzeichen  W 10 S 21.60

Datum:
23.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6961
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VerpackG § 3 Abs. 16, § 14, § 22
KrWG § 17
BayAbfG Art. 7
Abfallwirtschaftssatzung § 11, § 13, § 17
Eigenbetriebssatzung § 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Dezember 2020 (Az.: W 10 K 20.1882) wird hinsichtlich Ziffer 1a bis 1g des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. November 2020 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 3 und 4 desselben Bescheides angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Rahmenvorgabe nach dem Verpackungsgesetz samt Zwangsgeldandrohung der Antragsgegnerin.
1. Die Antragstellerin betreibt ein bundesweit genehmigtes System zur regelmäßigen Abholung von als Abfall anfallenden restentleerten Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher gemäß § 3 Abs. 16 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz vom 5. Juli 2017, BGBl. I S. 2234, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2020, BGBl. I S. 2232 – VerpackG).
Die Antragsgegnerin ist öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die in ihrem Gebiet anfallenden Abfälle, sie nimmt die Aufgabe durch den Eigenbetrieb Stadtwerke Aschaffenburg wahr. Zur Erfassung der überlassungspflichtigen Abfälle hat sie die folgenden Sammelsysteme eingerichtet: Für die Sammlung von Restabfällen sind in einem Holsystem graue bzw. grüne Müllnormbehälter mit 80 l Füllraum, mit 80/120/240 l Füllraum und mit 660 l/1100 l Füllraum sowie Restmüllsäcke mit 70 l Füllraum zugelassen. Fallen vorübergehend so viele Abfälle an, dass sie in den zugelassenen Restmüllbehältnissen nicht untergebracht werden können, ist die zusätzliche Bereitstellung in Restmüllsäcken möglich. Für die Sammlung von Bioabfällen sind in einem Holsystem braune Tonnen mit 60 l, 80 l und 120 l Füllraum und braune Bioabfallsäcke mit 120 l Füllraum zugelassen. Bioabfall und Restmüll werden vierzehntägig jeweils abwechselnd abgefahren. Die Sammlung und Entsorgung von Papier-, Pappe und Kartonabfällen wird über eine Kombination aus Bring- und Holsystem mittels Sammelbehältern und Wertstoffhöfen gewährleistet. Für die Sammlung im Holsystem werden die zugelassenen Abfallbehältnisse gestellt, Abfallsäcke sind selbst zu beschaffen. Bei sämtlichen Abfuhren im Holsystem werden die Wertstoff- und Restmüllbehältnisse vom Grundstück abgeholt, an der Straße in den Abfuhrwagen umgefüllt und wieder an ihren Standort zurückgebracht. Nur wenn Standplätze und Transportwege nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 2 der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen in der Stadt Aschaffenburg (Abfallwirtschaftssatzung vom 17.6.1997, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 11.7.2017, amtlich bekannt gemacht am 14.7.2017 – im Folgenden: Abfallwirtschaftssatzung) entsprechen, werden die Wertstoff- und Restmüllbehältnisse von den Pflichtigen am Abfuhrtag an den Straßenrand gestellt und nach Entleerung zurücktransportiert.
Die bisher zwischen den Beteiligten bestehende Abstimmungsvereinbarung endete nach Ansicht der Antragsgegnerin am 31. Dezember 2020. Die Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen privater Endverbraucher (LVP) erfolgte bislang gemäß einer nach Ansicht der Antragsgegnerin ebenfalls am 31. Dezember 2020 ausgelaufenen Systembeschreibung im Holsystem durch gelbe Säcke in einem vierwöchigen Entsorgungsrhythmus, ergänzt durch ein Bringsystem am Wertstoffhof. Nachdem Verhandlungen zum Abschluss einer neuen Abstimmungsvereinbarung scheiterten, wurden der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. März und 26. August 2020 Entwürfe einer Rahmenvorgabe mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zugeleitet.
2. Mit Bescheid vom 2. November 2020 erlegte die Antragsgegnerin, handelnd durch die Stadtwerke, der Antragstellerin auf, die Sammlung der restentleerten Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen auf dem Gebiet der Stadt Aschaffenburg ab dem 1. September 2021 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchzuführen (Ziffer 1):
a) Die Sammlung ist in einer Kombination aus Hol- und Bringsystem durchzuführen.
b) Die Sammlung im Holsystem ist mit gelben Müllgroßbehältern (MGB) mit einem Volumen von 240 l (240-l-MGB), 120 l (120-l-MGB) und 1100 l (1100-l-MGB) durchzuführen.
c) Sofern Bürger plausibel nachweisen, dass kein Standplatz gemäß dem als Anlage zu diesem Bescheid beigefügten § 17 Abs. 2 der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen in der Stadt Aschaffenburg (Abfallwirtschaftssatzung) zur Verfügung steht, können ausnahmsweise gelbe Säcke vom Bürger genutzt werden, um am Holsystem teilzunehmen.
d) Die MGB müssen aus gelbem Kunststoff (Korpus und Deckel) bestehen. Die einzusetzenden Kunststoffsäcke müssen gelblich transparent sein, ein Fassungsvermögen von 90 l mit eingearbeitetem Zugband und eine Mindeststärke von 22 µm (LDPE) bzw. 15 µm (HDPE) aufweisen.
e) Die 120-l-MGB, 240-l-MGB und 1100-l-MGB sind im 4-wöchentlichen Entsorgungsrhytmus im Holsystem werktags gemäß den Bestimmungen der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz – 32. BImSchV) zu entleeren. Die Behälter sind dabei nach Maßgabe der §§ 13 Abs. 1 und 14 der als Anlage 2 beigefügten Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Aschaffenburg auf dem Abfallgrundstück abzuholen und anschließend dorthin zurück zu stellen. Die Ausnahmen von einer Abholung auf dem Anfallgrundstück gelten entsprechend den Bestimmungen des § 17 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Aschaffenburg.
f) Die gelben Säcke sind von den Bürgern am Straßenrand bereitzustellen. Sie sind im vierwöchentlichen Entsorgungsrhytmus gemäß den Bestimmungen der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) einzusammeln.
g) Die Sammlung im Bringsystem erfolgt während der Öffnungszeiten auf den beiden Recyclinghöfen in der F. Straße … und in der M. straße … mit Abrollpresscontainern von 20 m3 Inhalt. Die Abfuhr erfolgt nach Bedarf.
Zudem wurde die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 zum 1. September 2021 angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin der Verpflichtung aus Ziffer 1a bis g nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR angedroht (Ziffer 3). Die Kosten des Verfahrens wurden der Antragstellerin auferlegt (Ziffer 4).
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rahmenvorgabe stütze sich auf § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG. Die Festsetzungen beschränkten sich auf die Festlegung der Art des Sammelsystems, der Art und Größe der Sammelbehälter sowie auf die Festlegung von Häufigkeit und Zeitraum der Behälterleerungen. Bei Vorgabe eines Holsystems dürften Regelungen zum Übergabepunkt als maßgebliche Komponente getroffen werden, es müsse definiert werden, an welcher Stelle die Abfälle abgeholt würden. Die Abholung auf dem Anfallgrundstück im Vollservice unter Ziffer 1e stelle eine Konkretisierung des Holsystems dar, die Nummern des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG seien losgelöst zu betrachten. Die Abfallwirtschaftssatzung konkretisiere die Abfallüberlassungspflicht der Abfallbesitzer/-erzeuger. Dort sei das Holsystem so ausgestaltet, dass die Abfälle vom Grundstück abgeholt und die geleerten Behälter wieder an den Standort auf dem Grundstück gebracht würden, was hier übernommen werden solle. Der vom Gesetzgeber eingeräumte Spielraum bei der Gestaltung der öffentlichen Einrichtung der Abfallentsorgung ergebe sich zudem aus der kommunalen Organisationshoheit als Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie, da es sich um eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe handele. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Entsorgungsträger durch eine Rahmenvorgabe sicherstellen könne, dass sich die haushaltsnahe LVP-Sammlung optimal in die bestehenden Sammelstrukturen und das allgemeine Sammlungskonzept der Kommune einfüge. Das Holsystem stelle das Regelerfassungssystem bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen dar, in Entsprechung der besonderen Verantwortung im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorgabe lege dieses lediglich Zeitpunkt und Ort der Übergabe fest. Das Regelüberlassungskonzept sei keine „Zusatzleistung“, sondern verkörpere die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit. Die Vorgabe des Holsystems mit Behältern als hauptsächliches Sammelsystem sei vom Wortlaut gedeckt.
Die effektive Erfassung der Abfälle solle nach der Gesetzesbegründung dazu führen, dass die getrennt erfasste Menge an wertstoffhaltigen Abfällen erhöht werde. Die umweltverträgliche Erfassung solle helfen, Emissionen und Standortverschmutzungen zu vermeiden. Die Anordnungen seien geeignet, diese Ziele zu erreichen, denn durch die Umstellung von Sack auf Tonne würden Verschmutzungen der Standorte und öffentlichen Verkehrsräume durch aufgerissene oder herumfliegende Säcke vermieden. Fehlwürfe könnten bei Tonnen besser zurückverfolgt werden, da der Haushalt festgestellt und angesprochen werden könne. Bei Säcken sei nicht immer nachvollziehbar, von wem diese stammten. Durch den Wegfall der häufig erforderlichen Zwischenlagerung von Säcken sei mit einer besseren Sortierung und Steigerung der LVP-Mengen zu rechnen. Insbesondere sei dann ausgeschlossen, dass Säcke in die schwarze Tonne geworfen sowie Wertstoffe fehlentsorgt würden und so für die Verwertung verloren gingen.
Auch die Anordnung der Übergabemodalitäten sei zur Erreichung der Ziele geeignet. Bei einer Bereitstellung im öffentlichen Verkehrsraum würden Gefährdungen für die Verkehrssicherheit provoziert, insbesondere bei zu früher Bereitstellung, was zu erheblichen Behinderungen des Fußgänger-, Radfahrer- und Autoverkehrs führe und die notwendige Sicht in den Verkehrsraum beeinträchtige. Gerade bei der Anonymität in Mehrfamilienhäusern ohne Hausmeisterservice sei es oft so, dass sich kein Bewohner für die Tonnen zuständig fühle und diese entweder nicht herausgestellt oder nicht hereingeholt würden, so dass Behälter tagelang als Hindernis im öffentlichen Verkehrsraum und Ansatzpunkt für Fehlwürfe verblieben. Wenn Behälter nicht termingerecht entleert würden, könne es ohne Abholung auf dem Anfallgrundstück dazu kommen, dass diese länger als notwendig auf der Straße stünden. Bei einem Vollservice käme es nur zu einer zeitlichen Verschiebung, die Tonnen stünden aber verschlossen auf dem Grundstück. Die Vermeidung des tagelangen Herumstehens von überfüllten Tonnen auf der Straße führe zu einer Verbesserung der Umweltverträglichkeit, da ein Überquellen verhindert und Fehlwürfen vorgebeugt werde.
Auch die Anordnung des Holsystems mit ergänzendem Bringsystem über die Recyclinghöfe sei eine Festlegung des Sammelsystems. Nach der Gesetzesbegründung könnten die Entsorgungsträger den Systemen hinsichtlich der „Art des Sammelsystems“ vorschreiben, dass die Leichtverpackungssammlung in einem bestimmten Holsystem, zum Beispiel mittels „Tonnen“ oder „Säcken“, in einem bestimmten Bringsystem, oder in einer Kombination aus diesen beiden Sammelsystemen durchzuführen sei. Sowohl Effektivität als auch Umweltverträglichkeit würden durch Einführen des Kombinationssystems gefördert. Das Sammelsystem Recyclinghof liefere eine gute Sammelqualität bei vergleichsweise geringer Sammelmenge, was die Effektivität der Sammlung erhöhe. Demgegenüber falle der Emissionsausstoß durch die im Rahmen des ergänzenden Bringsystems notwendigen Fahrten nicht erheblich ins Gewicht, da die Fahrten mit der Abgabe weiteren Abfalls kombiniert würden.
Die Befolgung sei den Systemen technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar, denn die Tonnenarten seien standardisiert und handelsüblich. Zusätzliche Kosten für Umstellung/Anschaffung stünden nicht außer Verhältnis zum bisherigen Sammelsystem, in zahlreichen anderen Kommunen sei eine Systemumstellung unter vergleichbaren Bedingungen eingeführt worden. Die Sammlung der Fraktionen Restmüll, Bioabfall und PPK finde langjährig und flächendeckend durch Abholung auf dem Anfallgrundstück statt, die Systembetreiber bzw. beauftragte Dritte könnten die vorhandenen Informationen und Strukturen übernehmen. Nach der Gesetzesbegründung sei von der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit insbesondere auszugehen, wenn die Umsetzung zusätzliche Kosten verursache, die außer Verhältnis zu den Kosten des mit den Systemen abgestimmten Sammelsystems stünden. Das VerpackG diene der Umsetzung der RL 94/62/EG, die zuletzt durch die RL 2018/852/EU vom 30. Mai 2018 geändert worden und in geänderter Form am 4. Juli 2018 in Kraft getreten sei. Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie seien die Mitgliedstaaten gehalten, die erforderlichen Maßnahmen zur Einrichtung von Systemen für die Rücknahme und/oder Sammlung von gebrauchten Verpackungen/Verpackungsabfällen mit dem Ziel einer bestmöglichen Entsorgung zu ergreifen. Der Gesetzgeber nehme eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit nicht bereits bei jeglicher Kostensteigerung an, da diese aufgrund von Investitionskosten einer Neuerung meist immanent seien. Möglicherweise entstünden zwar zusätzliche Personalkosten für das Herausstellen und Wiedereinräumen der Behälter sowie Kosten für neue Behälter und einen häufigeren Fahrzeugeinsatz, demgegenüber entfielen jedoch größtenteils die regelmäßigen Anschaffungskosten für Säcke, da diese nur ausnahmsweise genutzt würden. Die Mehrkosten seien in Anbetracht der mit der Tonneneinführung und der Einführung des Vollservice verbundenen Vorteile verhältnismäßig. Den Kosten der Tonneneinführung stünden deutliche Zuwächse an Sammlungsaktivität und Umweltverträglichkeit gegenüber. So werde verhindert, dass insbesondere Verkaufsverpackungen aus Kunststoff durch Verwehungen oder Tierverbiss in die Umwelt gelangten und dort im Zersetzungsprozess Mikroplastik freigäben. Durch die Tonnen würden hygienische Probleme infolge des verstärkten Auftretens von Ratten verhindert. Gleichzeitig träten Missstände bei Ausgabe, Qualität und Zuordnung von zur Unzeit herausgestellten Säcken nicht mehr auf. Zudem sei der Einsatz der Tonnen nachhaltiger, da sie langlebig und wiederverwendbar seien, während die Säcke nach Gebrauch selbst zu Abfall würden. Damit trage die Einführung dazu bei, den Kunststoffabfallstrom zu mindern und die Wiederverwertung zu fördern.
Die Rahmenvorgabe gehe auch nicht über den Entsorgungsstandard hinaus. In den Abfuhrbezirken würden fünf Kolonnen im vierzehntägigen Rhythmus Abfälle zur Beseitigung in grauen Mülltonnen (80 l, 120 l, 240 l, 660 l, 1100 l) und Bioabfälle in braunen Mülltonnen (80 l, 120 l, 240 l) abfahren. Soweit die Rahmenvorgabe bestimme, dass die Ausnahmen gemäß § 17 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung gälten, liege auch insofern kein überschießender Entsorgungsstandard vor. Ein solcher liege auch nicht in Bezug auf die Ausnahme vor, nach der die Bürger anstelle der Tonne Säcke nutzen könnten. Die Ausnahme entspreche dem Rechtsgedanken des § 14 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung. Im begrenzten und eindeutig definierten Ausnahmefall der beengten Stellplatzsituation, die das Stellen einer Tonne gemäß den satzungsrechtlichen Vorgaben unmöglich mache, sei eine Abweichung vom Leitsystem Tonne möglich. Die Säcke seien dann neben den zugelassenen Tonnen zur Abholung bereitzustellen. Diese Erwägungen könnten im Rahmen einer bei dem Vergleich mit dem kommunalen Restabfallstandard zulässigen Gesamtbetrachtung herangezogen werden.
Die LVP-Erfassung solle sich nach der Gesetzesbegründung optimal in die Sammelstruktur sowie das Entsorgungskonzept einfügen und zugleich ökologische Aspekte ausreichend berücksichtigen. Bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens sei berücksichtigt, dass die Umstellung auf Tonnen sowie eine Abholung der Abfallbehälter auf dem Anfallgrundstück mit Kostensteigerungen verbunden sein könne. Dem stünden allerdings die damit verbundenen überwiegenden Vorteile gegenüber. Diese könnten hier allein durch den Erlass der Rahmenvorgabe erreicht werden, da ein milderes Mittel wie die geführten Verhandlungen gescheitert sei. Damit sei die Rahmenvorgabe auch angemessen, den Systemen würden keine übermäßigen Lasten auferlegt. Andererseits wiege das Interesse an einer dem Sammelsystem angepassten sowie ökologischen Aspekten genügenden LVP-Erfassung deutlich höher. Die Vorgaben seien erforderlich, da sich die Systeme trotz mehrerer Beschwerden der Bevölkerung geweigert hätten, das System auf Tonnen umzustellen und auch hier nicht verhandlungs- und kompromissbereit gewesen seien. Um den Systemen die notwendige Zeit für die Ausschreibung zu gewähren, sei die Umsetzung zum 1. September 2021 vorgegeben.
In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens werde der Bescheid zudem für sofort vollziehbar erklärt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe sich daraus, dass der Systembetreiber in den Verhandlungen deutlich gemacht habe, dass die Vorgaben nicht akzeptiert würden. Die aktuelle Situation verursache jedoch erhebliche Probleme. Die Säcke würden teilweise ohne Rücksicht auf die turnusmäßige Abholung im öffentlichen Straßenraum abgestellt und in Fahrbahnnähe aufgestapelt und flögen bei entsprechenden Witterungsverhältnissen unkontrolliert und ggf. mehrere Tage umher. Dies führe insbesondere in Bereichen dichter Wohnbesiedlung und an Durchgangsstraßen zu unhaltbaren Zuständen bezüglich der Gefährdung des öffentlichen Straßenraums. Die Verschmutzung könne aus hygienischer Sicht nicht weiter toleriert werden. Der Befall mit Ungeziefer und Ratten müsse aus Gründen des Gesundheitsschutzes unverzüglich unterbunden werden. Daher liege besondere Dringlichkeit vor. Das Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs habe demgegenüber zurückzutreten. Deshalb habe die sofortige Vollziehung ausnahmsweise Vorrang vor dem Abwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides.
Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Der Bescheid löse für den Ausschreibungsführer die Pflicht aus, eine der Rahmenvorgabe entsprechende Ausschreibung und Vergabe der Sammelleistung durchzuführen. Die übrigen Systeme müssten eine der Rahmenvorgabe entsprechende Beauftragung des erfolgreichen Bieters vornehmen. Es werde zudem die Pflicht aller Systeme ausgelöst, die in der Rahmenvorgabe enthaltenen Verpflichtungen gegenüber dem beauftragten Bieter im Falle der Schlecht- oder Nichtleistung durchzusetzen. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds i.H.v. 50.000 EUR sei erforderlich und orientiere sich an der sachlich und wirtschaftlich wichtigsten Verpflichtung zur Ausschreibung und Vergabe durch den Ausschreibungsführer. Es werde davon ausgegangen, dass der Ausschreibungsführer einen Vertrag über eine Laufzeit von drei Jahren mit einem Gesamtvolumen von mindestens 1,27 Mio. EUR abschließe. Da er mindestens 50% der Kosten tragen müsse, würde sich eine durch Nichtbeachtung der Rahmenvorgabe bewirkte Einsparung von 20% somit bereits mit einem Betrag von mindestens 127.000 EUR auswirken. Bei einem Verstoß gegen andere Pflichten mit geringerer wirtschaftlicher Bedeutung werde das Zwangsgeld ggf. niedriger festgesetzt.
3. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Dezember 2020 Klage erheben (W 10 K 20.1882), über die noch nicht entschieden ist. Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2021 ließ sie zudem im vorliegenden Verfahren beantragen,
1.die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. Dezember 2020 gegen Ziffer 1 Buchst. a-g des Bescheids der Antragsgegnerin vom 2. November 2020, Az. …, wiederherzustellen,
2.die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. Dezember 2020 gegen Ziffer 3 und 4 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 2. November 2020, Az. …, anzuordnen.
Der Antrag sei zulässig. Bezüglich des erforderlichen Rechtsschutzinteresses werde auf den im Hauptsacheverfahren eingereichten Schriftsatz vom 16. Dezember 2020 zum Ablauf des Ausschreibungsverfahrens hingewiesen.
Die Rahmenvorgabe sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe nicht.
Die Rahmenvorgabe sei nicht von der Rechtsgrundlage gedeckt, der Vollservice stelle keine Bestimmung der Art des Sammelsystems dar. § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG regele die Legaldefinition einer Rahmenvorgabe (Hervorhebung im Original), die die Festlegung der konkreten Art und Weise nicht rechtfertigen könne. Es solle nur der Rahmen dessen vorgegeben werden, was Gegenstand einer Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG sein könne. Hierfür spreche auch die Auflistung der zulässigen Inhalte. Wie aus § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG hervorgehe, meine das Gesetz mit dem Begriff lediglich die Grundentscheidung zwischen Hol-, Bring- und Kombinationssystem, allein in diesem eng verstandenen Sinne sei eine Steuerungsmöglichkeit gegeben. Dies folge aus dem im VerpackG verankerten Kooperationsprinzip, das laut der Gesetzesbegründung auch nach der Regelung in § 22 Abs. 2 VerpackG bestehen bleiben und nur ausnahmsweise durch § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG angepasst werden solle. Dann verbiete sich jegliche Überschreitung der durch Wortlaut und Systematik gesetzten Grenzen. Vorgaben zur Ausgestaltung ermöglichten erst die – eng beschränkten – Befugnisse in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 VerpackG. Würde § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG weit interpretiert, seien die Bestimmungen in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 VerpackG überflüssig, da auch diese Sammlungsmodalitäten unter die „Art des Sammlungssystems“ gefasst werden könnten. Die Ziffern könnten nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Die Antragsgegnerin habe zwar die Erfassung über ein Hol- und Bringsystem festlegen können, sie sei jedoch nicht berechtigt, die genaue Art, also die Sammlung im Vollservice, die Mitbenutzung der Recyclinghöfe und ein Mischsystem aus Tonne und Sack, vorzugeben. Auch der Verweis auf die kommunale Organisationshoheit gehe fehl, die LVP-Sammlung gehöre seit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung 1991 jedenfalls nicht mehr zu den alleinigen Aufgaben der Entsorgungsträger und auch nicht mehr zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Die Aufgabe sei dem gemeindlichen Aufgabenkreis durch eine materielle Privatisierung insoweit entzogen, als den privaten Haushalten das Recht zur alternativen unentgeltlichen Überlassung des Abfalls an die Systeme eingeräumt werde. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hätten allenfalls noch eine Reservefunktion.
Die Regelung der Mitbenutzung von Wertstoffhöfen unter Ziffer 1g könne aufgrund der vorgehenden Ausführungen ebenfalls nicht von der Vorschrift gedeckt sein. Der Verweis auf die Gesetzesbegründung gehe fehl. Die dortige Formulierung deute zwar darauf hin, dass dies auch die Möglichkeit einschließen sollte, zu den Sammlungstypen konkretisierende Vorgaben zu machen. Im Gesetz spiegele sich die Absicht aber nicht wider. Zudem bleibe offen, wie weit die Befugnis gehe und ob sie Vorgaben zur Nutzung individuell bestimmter Einrichtungen einschließe. Die Regelungsbeispiele deuteten nicht auf eine so weitreichende Befugnis hin. Mit dem Einschub habe ausgedrückt werden sollen, dass die Art des Sammelsystems „bestimmt“ werden dürfe, nicht aber dessen weitere Ausgestaltung. Mit Blick auf die genannten Beispiele verbiete es sich bereits sprachlich, in einem Holsystem mit Tonnen und nicht mit Säcken eine andere Art des Sammelsystems zu sehen. Auch nach der Gesetzesbegründung („eng begrenzte Ausnahme zum grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzip“, BT-Drs. 18/11274, S. 109) sei eine enge Auslegung geboten.
Deshalb könne auch die Anordnung eines Mischsystems (Tonne und Sack) nicht per Rahmenvorgabe erfolgen. Ziffer 1c entspreche nicht dem Bestimmtheitsgebot, da die Anforderungen eines „plausiblen“ Nachweises unklar blieben. Zudem werde nicht definiert, wer hierüber entscheide. Es sei nicht zu erkennen, wie viele Tonnen welcher Größe bzw. Säcke letztlich auszugeben seien. Abgesehen davon, dass die Rahmenvorgabe aufgrund ihrer nur einheitlichen Umsetzbarkeit nicht gegen die Antragstellerin allein vollstreckbar sei, stehe einer einheitlichen Vollstreckung gegenüber allen Systemen die Unbestimmtheit entgegen. Es sei nicht vollstreckungsfähig zu entnehmen, was diese umzusetzen hätten. Dies sei wegen der engen Auslegung nicht umfasst, was erst recht aufgrund des Wahlrechts der Bürger gelte, das dem Grundsatz, dass die Organisationsverantwortung für die Sammlung bei den Systemen und nur ausnahmsweise in den Fällen des § 22 Abs. 2 VerpackG bei den Entsorgungsträgern liege, widerspreche. Auch der Entsorgungsstandard in der Abfallwirtschaftssatzung werde überschritten, die Tonne sei allein führendes System, Restmüllsäcke könnten allenfalls zusätzlich genutzt werden. Hier sollten die Bürger aber die Möglichkeit haben, Säcke statt Tonnen zu nutzen. Es sei unerheblich, ob die Rahmenvorgabe den Entsorgungsstandard in ihrer Gesamtheit überschreite. Eine Gesamtbetrachtung führe dazu, dass der Entsorgungsträger stets Weiterreichendes von den Systemen fordern könne, als er selbst leiste, wenn er nur in einem – womöglich geringfügigen – Bereich weniger fordere, als er selbst erfülle. Um den Gesetzeszweck nicht ins Leere laufen zu lassen, sei zu fordern, dass eine strengere Regelung in einem Teilbereich nicht durch eine günstige Regelung in einem anderen Teilbereich aufgehoben werden könne.
Die Rahmenvorgabe müsse geeignet sein, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle sicherzustellen. Die Erreichung beider Ziele sei vorliegend unwahrscheinlich. Erst recht sei nicht belegt, dass nur ein Ziel erreicht werde, dies aber nicht zu Lasten des anderen Ziels gehe. Würde etwa das Ziel der Erhöhung der Mengen an getrennt erfassten wertstoffhaltigen Abfällen entgegen der hiesigen Ansicht erreicht, gehe dies durch die mit der Umstellung auf Tonnen und Vollservice verbundenen höheren Fahrzeugenmissionen zu Lasten des anderen Ziels. Die Erreichung des Ziels der Umweltverträglichkeit sei mit Blick auf die höheren Fahrzeugemissionen bereits per se nicht gegeben. Dass die Umstellung des Erfassungssystems zu einer Verringerung von Umweltbelastungen führe, sei weder hinreichend dargelegt, noch ausreichend geprüft worden. Es werde nur pauschal behauptet, dass es zu Verschmutzungen durch aufgerissene und herumfliegende Säcke gekommen sei. Zwar sei die Annahme, dass mit der Umstellung das Reißen und die Verwehung von Säcken verhindert werden könne, zutreffend, womit dem Ziel der Verringerung von Standortverschmutzungen genüge getan werden könne. Die Umstellung führe jedoch nicht automatisch zur Verringerung von Umweltbelastungen, deren Gründe seien nicht durch das funktionierende System, sondern etwa durch das nicht in der Sphäre der Antragstellerin liegende zu frühe Herausstellen und Fehlwürfe, bedingt. Ob es sich um Einzelfälle handele und worin die Ursachen bestünden, sei nicht geklärt. Die Verschmutzungsproblematik sei erfahrungsgemäß in keinem Gebiet derart massiv, dass damit eine Systemumstellung zu rechtfertigen sei.
Auch die Anordnung des Vollservice sei als reine Serviceleistung zur Erreichung der Ziele weder geeignet und erforderlich, noch angemessen. Der Gesetzgeber nenne mit der Verringerung von Emissionen ein Beispiel einer Umweltbelastung, zu deren Verringerung die Maßnahme führen müsse. Inwieweit die Erfassung durch Tonnen statt Säcken und die Sammlung im Vollservice zu weniger Emissionen und einer Erhöhung der getrennt erfassten Mengen an wertstoffhaltigen Abfällen führe, sei nicht geprüft worden. Die Schüttung der Tonnen und die Abholung im Vollservice seien zeitintensiver, so dass es durch erheblich längeren Fahrzeugeinsatz nicht zur Verringerung von Fahrzeugemissionen komme. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Einführung des Vollservice zu einer Erhöhung getrennt erfasster Mengen wertstoffhaltiger Abfälle führen solle. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit stehe in keinem Zusammenhang mit einer effektiven und umweltverträglichen Erfassung. Die überobligatorisch im Vollservice durchgeführte Sammlung könne nicht auch von den Systemen verlangt werden. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf die Abholung vom Grundstück gebe.
Auch Ziffer 1g widerspreche ausweislich der Studie „Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten“ des Umweltbundesamtes aufgrund geringer Erfassungsmengen und des Individualtransports dem Ziel der Umweltverträglichkeit. Auch das Effektivitätsziel sei nicht erfüllt. Bei Tonnen liege ein beschränktes Erfassungsvolumen vor. Es könne zwar grundsätzlich mit einer Mengensteigerung gerechnet werden, die sich aber regelmäßig nicht nur auf Wertstoffe, sondern auch auf Fehlwürfe und Störstoffe beziehe. Bei transparenten Säcken könnten solche erkannt und stehengelassen werden, mit Tonnen könne kein besseres Trennverhalten erreicht werden. Es sei im Gegenteil davon auszugehen, dass mehr LVP-Abfall in den Restmüll geworfen werde, was angesichts der notwendigen Sortierung zu höheren Entsorgungskosten führe. Angesichts der Ausführungen auf S. 54 der Studie werde darauf hingewiesen, dass der Fehlwurfanteil bei einer Sammlung per Sack „hoch“, per Tonne aber „sehr hoch“ sei. Auch auf die Tabelle auf S. 118 der vorgelegten Studie werde verwiesen.
Zudem sei die Jahresfrist des § 22 Abs. 2 Satz 4 VerpackG nicht eingehalten, diese sei auch beim erstmaligen Erlass zu berücksichtigen.
Die Antragsgegnerin habe sich auch nicht für das mildeste Mittel entschieden. Die Umstellung auf Tonne und die Anordnung des Vollservice führten zu erheblich höheren Preisen (längere Fahrzeiten, höhere Personalkosten), denen die ungewissen Verbesserungen hinsichtlich der Ziele gegenüberstünden. Die Rahmenvorgabe sei auch unangemessen, da sie während der Laufzeit der Systembeschreibung und des Erfassungsvertrags umgesetzt werden solle und in bestehende Entsorgungsverträge eingreife. Der Gesetzgeber berücksichtige die übliche Praxis der Ausschreibungen in der Gesetzesbegründung. Angesichts der erwartbaren erheblichen Reduzierung der über den Wertstoffhof zukünftig noch zu erfassenden LVP-Mengen und der schlechten Auswirkungen des Bringsystems auf das Klimaerwärmungspotential sei der Erlass der Rahmenvorgabe auch insoweit unangemessen. Mit der erzwungenen Wertstoffhofmitbenutzung werde man der Geltendmachung von Mitbenutzungsentgelten sowie erhöhten Personal-, Fahrzeug- und Logistikkosten ausgesetzt. Auch wenn man das verlangte Entgelt nach § 22 Abs. 3 VerpackG nicht ohne Weiteres akzeptieren müsse, sähe man sich einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung ausgesetzt.
Die zur Einhaltung der Verwertungsquoten verpflichteten Systeme würden unzulässig in der Wahrnehmung ihrer verpackungsrechtlichen Verantwortlichkeit behindert, was einen Eingriff in eine den Systemen durch das VerpackG und die Genehmigung nach § 18 VerpackG zugewiesene Rechtsposition – das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) – darstelle.
Da es sich bei der Rahmenvorgabe um eine einheitliche Ermessensentscheidung handele, sei die aufschiebende Wirkung insgesamt wiederherzustellen. Im Rahmen des Ermessens seien nicht nur Gesichtspunkte der Effektivität und Umweltverträglichkeit, sondern auch solche der Systeme zu berücksichtigen. Der Rahmenvorgabe liege ein einheitliches Konzept zugrunde, dessen Komponenten sich bedingten und ergänzten. Die Antragsgegnerin habe bei Prüfung der Umweltverträglichkeit auf die Umstellung auf ein Tonnensystem, die Abholung im Rahmen eines Vollservice und eine leichtere Zurückverfolgung von Fehlwürfen sowie die bessere Möglichkeit der Trennung abgestellt. In die Erwägungen zur Frage der Effektivität habe sie ebenfalls den Aspekt des Vollservice einfließen lassen. Da die Effektivität und Umweltverträglichkeit ausweislich des Bescheids sowohl von der Frage des Mediums als auch der Serviceleistung abhängig seien, müssten bei der Ermessensentscheidung all diese Umstände berücksichtigt werden, sodass die Beurteilung der Rechtmäßigkeit derselben nur unter Einbeziehung sämtlicher Aspekte erfolgen könne, die das gleiche Schicksal teilten. Im Falle der Aufhebung des einen Teils könne der andere Teil nicht selbständig bestehen bleiben.
Die Zwangsgeldandrohung und Kostenentscheidung seien rechtswidrig, da der Grundverwaltungsakt rechtswidrig sei. Die Androhung sei zu unbestimmt. Die einheitliche Zwangsgeldandrohung beziehe sich auf mehrere selbständig geregelte Handlungspflichten. Der Adressat könne der Verfügung nicht eindeutig entnehmen, wann das Zwangsgeld fällig werde. Da die Amtshandlung rechtswidrig sei, dürften für sie keine Kosten erhoben werden.
Da die Rahmenvorgabe rechtswidrig sei, bestehe kein öffentliches Interesse an deren sofortiger Vollziehung. Selbst bei offenen Erfolgsaussichten falle die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, da die sofortige Vollziehung zu schweren und unabänderlichen Folgen führe, die hinsichtlich der nicht vorliegenden Eilbedürftigkeit nicht hingenommen werden könnten. Schutzwürdige Interessen ergäben sich aus den erheblichen finanziellen Belastungen sowie der Notwendigkeit der Ausschreibung. Wenn man zur Umsetzung der Rahmenvorgabe gezwungen sei, erfolge die Vergabe auf der Grundlage einer rechtswidrigen Rahmenvorgabe. Sollte sich dies nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens herausstellen, sei der entstandene Schaden zwar ggf. finanziell von der Antragsgegnerin zu ersetzen, die erhöhten Fahrzeugemissionen seien jedoch nicht mehr rückgängig zu machen. Es bestehe auch keine besondere Eilbedürftigkeit. Die Antragsgegnerin habe die privaten Belange nicht ausreichend ermittelt. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorgaben zwingend für den Zeitraum vom 1. September 2021 bis 2023 zu beachten seien. Alleine aus dem Umherfliegen von einigen Säcken könne keine gesteigerte Gefahr geschlossen werden. Erst recht bestehe für den Vollservice keine die sofortige Vollziehbarkeit für den Ausschreibungszeitraum rechtfertigende Gefährdungslage.
4. Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ergänzend zu den Gründen des Bescheids wurde ausgeführt, das Interesse der Antragstellerin müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung zurückstehen, die Klage sei in der Hauptsache unbegründet. Auch bei offenen Erfolgsaussichten der Klage überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung.
Die Rahmenvorgabe sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. In Durchbrechung des dem VerpackG zugrundeliegenden Kooperationsprinzips habe die Antragsgegnerin nach dem Scheitern der Verhandlungen in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens festgelegt, nach welchen Vorgaben die nach § 14 Abs. 1 VerpackG durchzuführende LVP-Sammlung auszugestalten sei.
Die Rahmenvorgabe sei insbesondere bestimmt genug. Für die Bestimmtheit sei unerheblich, wie viele Tonnen in welcher Größe und wie viele Säcke in welchem Haushalt aufzustellen bzw. abzugeben seien, da deren Anzahl nicht mittels Rahmenvorgabe vorgegeben werden könne. Auch bei einer Rahmenvorgabe blieben die Systembetreiber alleinverantwortlich für die Durchführung, sie könnten auf bundesweite Erfahrungswerte sowie die Schätzungen zur voraussichtlichen Behälteranzahl (in der Regel unter Anlage 3 der LVP-Systembeschreibungen), die Grundlage der Ausschreibung seien und die auch während der Geltungsdauer einer Rahmenvorgabe für den jeweiligen Ausschreibungszeitraum angepasst werden könnten, zurückgreifen. Der Maßstab für die bedarfsgerechte Entsorgung ergebe sich auch aus § 14 Abs. 1 VerpackG. Auch die Vorgabe in Ziffer 1c sei hinreichend bestimmt, zumal im Tenor auf § 17 Abs. 2 und 3 der Abfallwirtschaftssatzung Bezug genommen werde. Es sei nachzuweisen, dass die Einhaltung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 der Abfallwirtschaftssatzung nicht möglich sei. In welcher Form der Nachweis zu erbringen sei und wer darüber entscheide, sei wiederum eine zu detaillierte Vorgabe. Entscheidend sei, dass ein Nachweis erbracht werden müsse. Dem Bürger bleibe die Gestaltung damit nicht überlassen.
Die Rahmenvorgabe sei auch materiell rechtmäßig. Die Grenzen des § 22 Abs. 2 VerpackG seien eingehalten. Das Holsystem werde durch den Vollservice konkretisiert. So werde sichergestellt, dass sich die Erfassung optimal in die Sammlungsstrukturen und das Entsorgungskonzept einfüge. Die Gesetzesbegründung gehe davon aus, dass der Begriff weit zu verstehen sei. Zum Begriff dürften alle Systemkomponenten gehören, die für den Entsorgungsträger politische Leitlinien für die Entscheidung für ein bestimmtes Sammelsystem seien, anderenfalls hätte es der Gesetzgeber bei dem Abstimmungserfordernis belassen. Ohne den für alle anderen Abfallfraktionen geltenden Vollservice sei die Beteiligungsbereitschaft geringer. Auch in der Beweglichkeit eingeschränkten Personen helfe die Einführung. Die Berücksichtigung der Servicegerechtigkeit (§ 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG) verbessere die Akzeptanz. Eine Unterscheidung nach Abfallfraktionen sei nicht vermittelbar, die Anordnung sei zur Ermöglichung eines einheitlichen Entsorgungsniveaus geboten. Gerade in dicht besiedelten Entsorgungsgebieten werde so dazu beigetragen, die übermäßige Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums oder Unfälle zu vermeiden (unter Verweis auf die Stellungnahmen unter Anlage B 22 und 23). Die Konkretisierung des Übergabepunktes sei von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, eine klarstellende gesetzliche Formulierung sei aber wünschenswert. Auch das ergänzende Bringsystem über die Wertstoffhöfe zur kostenfreien Lieferung von Leichtverpackungen sei von der Rechtsgrundlage gedeckt, wie die Gesetzesbegründung zeige und wie es seit 28 Jahren in sämtlichen LVP-Systembeschreibungen praktiziert werde (unter Verweis auf die Systembeschreibung von 1992, Anlage B 24). Über die kommunalen Wertstoffhöfe würden vor allem Wertstoffe erfasst, die aufgrund der Menge oder Größe nicht in die Tonnen passten. Für Ausnahmefälle böten sie eine das Holsystem ergänzende Ersatzlösung, was auch die geringen Mengen verdeutlichten, die auf den Wertstoffhöfen gesammelt würden. So seien in 2020 gerade einmal 244,84 t LVP von insgesamt (über Hol- und Bringsystem) 1.768,45 t Säcke dort gesammelt worden (13,8%). Hierdurch werde die Anzahl der im Vollservice zu leerenden Tonnen verringert und bedeute eine Aufwandsreduzierung. Die Überlegungen zum Mitbenutzungsentgelt hätten mit der Rahmenvorgabe nichts zu tun und gingen fehl. Das Entgelt sei im Rahmen der Abstimmungsvereinbarung zu verhandeln und bisher nicht erhoben worden. Die Umstellung von Sack auf Tonne sei von § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG gedeckt. Die Tonnensammlung sei als Leitsystem, die Sacksammlung nur ausnahmsweise vorgesehen. Es werde kein System nach Wahl des Bürgers vorgegeben, die Ausnahme knüpfe an § 17 Abs. 2 der Abfallwirtschaftssatzung an. Die Auswahl der konkreten Ausgestaltung der Art des Sammelsystems verbleibe damit beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, der bei entsprechendem Nachweis die ausnahmsweise Nutzung von Säcken genehmige oder ablehne.
Die Vorgaben seien nach den in der Norm konkretisierten Erwägungen verhältnismäßig. Der Gesetzgeber messe den Belangen des Entsorgungsträgers bei der Abstimmungsvereinbarung nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 VerpackG einen besonderen Stellenwert zu, was auch die Möglichkeit, hoheitliche Vorgaben machen zu können, verdeutliche. Die Rahmenvorgabe greife zwar in die unternehmerische Freiheit ein und dürfe nicht über das Maß hinausgehen, das zur Durchsetzung der berechtigten Belange des Entsorgungsträgers erforderlich sei. Diese allgemeinen Verhältnismäßigkeitserwägungen würden im Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 VerpackG jedoch konkretisiert, es sei nur eine eingeschränkte Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Dem widerspreche es, dass die Kommune immer das am wenigsten belastende, mildeste Mittel zu wählen habe. Durch Abstellen auf die Geeignetheit und nicht die Erforderlichkeit werde ein weiter Gestaltungsspielraum zugebilligt, sodass Maßnahmen ausschieden, die keinen positiven Beitrag zu einer effektiven umweltverträglichen Erfassung leisten könnten bzw. ausschließlich mit nicht im Gesetz angelegten Zielen begründet seien. Über die Geeignetheit müsse der Entsorgungsträger eine nachvollziehbare Prognoseentscheidung treffen. Die Kommune könne sich auf ihre umfassenden Erfahrungen mit anderen Abfallfraktionen sowie auf die Praxis der LVP-Sammlung in ihrem, wie auch in benachbarten, vergleichbaren Entsorgungsgebieten stützen.
Die Anordnungen seien geeignet, eine umweltverträgliche Erfassung sicherzustellen. Eine Umweltverträglichkeitsverbesserung werde regelmäßig durch Maßnahmen erzielt, die Emissionen oder Standortverschmutzungen verringerten. Dass die Umstellung von Sack auf Tonne zur Umweltverträglichkeit beitrage, sei in der Rechtsprechung etwa aufgrund besserer Sammlungsqualität oder des geringeren Plastikverbrauchs anerkannt (mit Verweis auf OVG RhPf, B.v. 10.9.2020 – 8 B 10979.20; OVG Berlin-Bbg, B.v. 7.9.2020 – OVG 11 S 62/20; VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ). Die Umweltbelastung sei dargelegt und stelle keine bloße Behauptung dar, sie sei durchgängig zu verzeichnen (unter Verweis auf Bürgerbeschwerden und Lichtbilder, Anlage B 26 und B 27). Sowohl die Umstellung auf Tonnen als auch die Einführung des Vollservice träten der Problematik entgegen. Auch bei Tonnen könne es jedoch ohne einen Vollservice dazu kommen, dass Behälter für Passanten hinderlich im öffentlichen Verkehrsraum verblieben und zu Fehlwürfen verleiteten, da die Leerung in der Regel vormittags erfolge. Die Problematik des Reißens bestehe entgegen der Ansicht der Antragstellerin u.a. aufgrund der dünnen Stärke nicht nur bei Fehlbefüllung (unter Verweis auf Anlage B 27). Für die Geeignetheit der Umstellung auf ein Tonnensystem spreche auch die Reduzierung des Plastikverbrauchs und der Wegfall der Sackverteilung, es bestehe die Möglichkeit der Nutzung eines Mehrwegbehältnisses (unter Verweis auf Anlage B 29). Die Aussagen der Prokuristen der Antragstellerin im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung würden bestritten. Es sei zudem auf die Informationspflicht der Systembetreiber (§ 14 Abs. 3 VerpackG) hinzuweisen. Die Erfahrung zeige, dass neue, ökologischen Zielsetzungen dienende Erfassungssysteme bei ausreichender Information einen positiven Effekt erzielten. Der Wunsch der ortsansässigen Bevölkerung nach Behältnissen steige von Jahr zu Jahr (mit Verweis auf Anlage B 30). Aufgrund von Sortieranalysen in Altpapiertonnen und Biotonnen habe die Antragsgegnerin eine deutlich geringere Fehlwurfquote als in gelben Säcken festgestellt. Der Vollservice erhöhe zudem die Akzeptanz. Es gebe auch keinen Einfluss auf Tempo und Emissionen des Sammelfahrzeugs, da das Fahrzeug im gleichen Tempo fahre und ein Müllwerker die Tonnen im Vorfeld vom Grundstück auf bzw. an die Straße stelle. Auch die Mitbenutzung der Wertstoffhöfe stelle keine Belastung für die Umwelt dar (unter Verweis auf OVG RhPf, B.v. 10.9.2020 – 8 B 10979/20.OVG). Die Erhöhung von Emissionen sei nicht zu erwarten, Wertstoffhöfe würden in erster Linie nicht ausschließlich für die Abgabe von LVP angefahren, sondern für die Entsorgung von sperrigen Abfällen. Im Jahr 2019 hätten 171.038 Anlieferer insgesamt 11.017,88 t Abfälle angeliefert, wovon nur 2,25% auf gelbe Säcke entfallen seien. Durchschnittlich seien 64,4 kg Abfälle pro Lieferung dorthin gebracht worden. Es könnten so mehr Wertstoffe einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt werden, demgegenüber falle der Emissionsausstoß durch die notwendigen Fahrten nicht erheblich ins Gewicht. Zudem sei die Wertstoffhofmitbenutzung bereits Gegenstand der Systemvereinbarung gewesen und werde auch aktuell noch betrieben. Insofern müsse es im Wege einer Gesamtbetrachtung erst recht möglich sein, den bislang gelebten Entsorgungsstandard in der Rahmenvorgabe fortzuschreiben.
Die Anordnungen seien auch geeignet, die Effektivität durch Erhöhung der getrennt erfassten Mengen an wertstoffhaltigen Abfällen zu erreichen. Effektiv seien alle Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Sammelmenge führten, da möglichst viele Verpackungen einer Verwertung zugeführt werden sollten. Nach der Umstellung auf das Tonnensystem mit der ausnahmsweisen Möglichkeit der Sacknutzung sei von einer besseren LVP-Sammlung auszugehen, was auch die Zahlen auf S. 118, Tabelle 54 der Studie des Umweltbundesamtes zur Sammelmenge mittels Tonnen zeigten. Der Einsatz von Tonnen steigere die Akzeptanz der Bürger. Vorteil seien zudem die Steigerung der Erfassungsmenge, die Verhinderung von Verunreinigungen, die Ressourceneinsparung durch den Wechsel zu Mehrweg und die Ressourceneinsparung bzw. Verkehrsentlastung durch den Wegfall der Fahrten zur Sackausgabe. Durch nicht zerstörte Säcke würden zudem mehr Wertstoffe verwertet. Eine ordnungswidrige Entsorgung über die Restmülltonne sei nicht zu erwarten, da dies gemäß § 3 Abs. 1 der Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung in der Stadt Aschaffenburg vom 18. Oktober 2011 entsprechend dem Volumen gebührenpflichtig sei, während die gelbe Tonne entgeltfrei sei. Zur Erhöhung der Sammelmenge trage auch die Einbeziehung der Wertstoffhöfe bei, da diese eine sinnvolle Ergänzung zur haushaltsnahen Erfassung von Abfällen darstellten, die nicht in die Tonnen passten. Sie böten zudem eine Alternative für Bürger, die zukünftig keine Tonnen aufstellen könnten. Durch die Einbeziehung der Wertstoffhöfe werde zudem die Anzahl der im Vollservice zu leerenden Tonnen reduziert. Ähnliches gelte für den Vollservice. Ohne dessen Anordnung sei zu befürchten, dass verwertbare Verpackungen zunehmend über den Restmüll entsorgt würden. Die einfachere Handhabung – insbesondere für eingeschränkte Personen – führe dazu, dass die Sammelmenge steige. Den Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Ergebnisverbesserung lege auch eine Studie von Suez nahe.
Die Anordnungen seien wirtschaftlich zumutbar. Aufgrund der durchschnittlichen Lebensdauer der Behälter von 10 bis 15 Jahren dürfte sich die Investition amortisieren. Unterstelle man Kosten für ein Mischsystem (Sack/Tonne) von 6 EUR pro Einwohner, so beliefen sich die Gesamtkosten auf 450 bis 500 Millionen EUR/Jahr. Im Verhältnis gesehen seien die für die Antragsgegnerin anfallenden Mehrkosten im unterschwelligen Prozentbereich. Der Beweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Modifizierung des im Wesentlichen seit 28 Jahren praktizierten Systems sei nicht geführt worden. In die Abwägung zur Zumutbarkeit der Kosten habe man auch einbezogen, dass die Systemumstellung bereits bundesweit in vielen anderen Fällen durchgeführt worden sei. Rahmenvorgaben seien auch bestandskräftig geworden, sodass davon auszugehen gewesen sei, dass die Kosten durchaus zumutbar seien. Die Antragstellerin habe eine Umstellung auf ein Holsystem mit Behältern in den Verhandlungen zugestanden, sie sei damit selbst von der Zumutbarkeit ausgegangen. Durch die Vorgaben träten auch Kostenverringerungen ein. So entfielen Kosten von jährlich 120.000 EUR für 4,5 Millionen Säcke und der Aufwand der Ausgabe. Könnten die Wertstoffhöfe nicht wie bisher genutzt werden, müssten an zentralen Standorten im gesamten Entsorgungsgebiet zusätzliche Container aufgestellt und instandgehalten werden, wofür Kosten aufzuwenden seien. Es verringere sich zudem die Anzahl der im Vollservice zu stellenden Tonnen. Daraus ergebe sich, dass man in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ein geeignetes und mildes Mittel gewählt habe.
Die Rahmenvorgabe gehe nicht über den Entsorgungsstandard hinaus. § 14 Abs. 3 Satz 1 der Abfallwirtschaftssatzung regele eine Ausnahme zur ergänzenden Sacknutzung, wenngleich diese Ausnahme nicht exakt und wortgleich der Rahmenvorgabe entspreche. Die Abfallwirtschaftssatzung erlaube ein Nebeneinander von Sack und Tonne und damit sogar mehr als die Rahmenvorgabe. Bei einer Gesamtbetrachtung fordere die Rahmenvorgabe weniger als das, was die Abfallwirtschaftssatzung für Restmüll und Bioabfall vorsehe. In Literatur und Rechtsprechung werde davon ausgegangen, dass dann, wenn ein inhaltsgleicher Vergleich nicht möglich sei, eine Gesamtbetrachtung der jeweiligen Entsorgungsstandards erfolge (unter Verweis auf VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ). Lasse man keinen Gesamtvergleich zu, ergebe sich die folgende Situation: Wäre in der Rahmenvorgabe die Regelung des § 14 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung übernommen worden, hätte dies den Vorgaben für Rest- und Bioabfall entsprochen. Bejahe man dann ein Überschreiten des Entsorgungsstandards bei der streitgegenständlichen Vorgabe, gelange man zu dem skurrilen Ergebnis, dass der Entsorgungsträger etwas vorgeben dürfe, das mit höheren Kosten verbunden sei (Sack und Tonne). Im Vergleich dazu könne er etwas, das weniger Kosten verursache (Sack statt Tonne) nicht vorgeben. Dies liege aber nicht im Interesse der Antragstellerin. Eine Gesamtbetrachtung solle erfolgen, wenn eine Anordnung der Rahmenvorgabe zwar nicht exakt und in Gänze dem entspreche, was die Abfallwirtschaftssatzung vorgebe, es jedoch eine analoge Regelung gebe, die im Ergebnis das gleiche (Sack und Tonne) oder weniger (Sack statt Tonne) vorgebe. Dann könne es keine Rolle spielen, warum dies erfolge. In der Praxis sei die Rechtsfolge entscheidend, auf die Tatbestandsmerkmale der Satzungsregelung komme es nicht an. Die Gesamtbetrachtung ergebe, dass der Entsorgungsstandard nicht überschritten werde.
Auch die Zwangsgeldandrohungen seien bestimmt genug. Aus der Formulierung „nicht, nicht vollständig“ gehe hervor, dass das Zwangsgeld i.H.v. 50.000 EUR sowohl verhängt werde, wenn gegen eine Verpflichtung verstoßen werde, als auch, wenn keine der Verpflichtungen erfüllt werde. Dass die Zwangsgeldandrohungen nicht den Zusatz „jeweils i.H.v. 50.000 EUR“ beinhalteten, führe nicht zur Unbestimmtheit, sondern stelle nur klar, dass es bei einem Zwangsgeld von 50.000 EUR bleibe, auch wenn gegen mehrere Verpflichtungen verstoßen werde.
Nach Abwägung sämtlicher Belange und der Dringlichkeit habe das besondere öffentliche Interesse daran überwogen, dass die Sammlung von LVP im Entsorgungsgebiet gesichert und nach dem 30. September 2021 in dem durch die Rahmenvorgabe festgelegten Sammelsystem durchgeführt werde. Dies nicht nur, weil eine gesetzliche Trennpflicht bestehe, sondern auch, weil der Ausfall eines solch wichtigen Entsorgungssystems durch die Antragsgegnerin aufgefangen werden müsse (unter Verweis auf §§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 2 Satz 1 KrWG). Die Antragstellerin vertrete die Auffassung, dass aufgrund der Auftragsvergabe der im vergangenen Jahr durchgeführten Ausschreibung eines nicht abgestimmten Systems bis zum Ende des dreijährigen Auftragszeitraums keine Systemänderung möglich sei. Es finde derzeit jedoch keine abgestimmte Entsorgung statt, da die Abstimmungsvereinbarung zum 31. Dezember 2020 gekündigt worden sei. Nur die LVP-Systembeschreibungen würden in der abstimmungslosen Zeit im Ausschreibungszeitraum fortgeführt. Die Aufhebung der Vollziehungsanordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung könne deshalb schwere Folgen haben. Die Folgen könnten mit der Hauptsacheentscheidung nicht rückwirkend beseitigt werden. Das öffentliche Interesse ergebe sich auch aus der besonderen Dringlichkeit, eine Grundlage für die anstehende Ausschreibung zu schaffen. Um die Umsetzung der Rahmenvorgabe ab dem 1. September 2021 zu gewährleisten, seien diese bereits bei der im Frühjahr 2021 erfolgenden Neuausschreibung zu berücksichtigen. Die Vorgaben sollten daher vor der Neuausschreibung bestandskräftig werden. Es sei daher erforderlich, bereits für diese Zeit Rechtssicherheit zu schaffen. Gegen ein Überwiegen des Suspensivinteresses spreche, dass die Mehrheit der Systeme sich im Anhörungsverfahren nicht gegen die Rahmenvorgabe geäußert habe. Zudem habe einzig die Antragstellerin einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, sämtliche anderen Systembetreiber hätten nur Klage erhoben. Die Antragstellerin könne so lediglich erreichen, dass für die von ihr erhobene Klage die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werde, gegenüber den übrigen Systemen bleibe die Rahmenvorgabe aber sofort vollziehbar. Zudem habe die Antragstellerin auch ein eigenes Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung, da so der abstimmungslose Zustand beseitigt werde. Die Auslegung, dass es bei der alten Abstimmung bleibe, wenn keine neue Einigung gefunden werde, sei falsch. Der Gesetzgeber habe die Abstimmung mit dem VerpackG an sich ändernde wirtschaftliche und ökologische Zustände anpassen wollen. Eine Abstimmung müsse daher seit dem Inkrafttreten des novellierten Gesetzes am 1. Januar 2019 dessen neuen Anforderungen entsprechen. Die Übergangsvorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 VerpackG sehe längstens ein Fortgelten bis zum 31. Dezember 2020 vor und dies auch nur für Abstimmungsvereinbarungen, die nach den Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 VerpackV getroffen worden seien und über den 31. Dezember 2018 hinaus Wirksamkeit hatten, was hier nicht der Fall sei. Es sei angesichts des anhängigen Verfahrens der Antragstellerin zum Widerruf ihrer Systemgenehmigung jedoch verständlich, dass sie dies anders darstelle. Im Übrigen habe die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Fortsetzung des derzeit praktizierten Systems, da eine Ausschreibung mit der Antragsgegnerin abzustimmen sei und sie die Zustimmung verweigert habe. Es handele sich somit um eine rechtswidrig erreichte, zumindest eine angemaßte, Rechtsposition.
Auch bei offenen Erfolgsaussichten überwiege das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse. Dieses sei besonders hoch, da durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vollendete Tatsachen zulasten der Allgemeinheit geschaffen würden. Die Antragstellerin berufe sich darauf, dass das derzeit nicht abgestimmte Sammelsystem für den aktuellen Ausschreibungszeitraum nicht geändert werden könne. Ein Festschreiben des Sammelsystems für die nächsten Jahre würde wiederum gegen den Widerspruch der Antragsgegnerin erfolgen. Die Antragstellerin würde somit durch die aufschiebende Wirkung für ihr rechtswidriges Verhalten belohnt und der politische Wille untergraben.
5. Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2021 ergänzte die Antragstellerin, die Systembetreiber hätten die LVP-Erfassung nicht für den Zeitraum ab 1. Januar 2021 ausgeschrieben. Die Abstimmung bezüglich der LVP-Systemfestlegung gelte über den 1. Januar 2021 hinaus fort. Im Übrigen bleibe die Systembeschreibung und der daraufhin abgeschlossene zivilrechtliche Erfassungsvertrag, der noch bis Ende 2022 laufe, von der Laufzeit der Abstimmungsvereinbarung unberührt (unter Verweis auf § 22 Abs. 1 Satz 5 VerpackG).
Die Anordnung des Vollservice stelle keine Konkretisierung der Überlassungspflicht dar. Dass Entsorgungsträger bei ihrer Sammlung wegen der Mitwirkungspflicht die Verbringung an einen bestimmten Ort verlangen und aufgrund ihres Organisationsrechts Festlegungen treffen könnten, rechtfertige nicht die einseitige Anordnung des Vollservice. Das sich in der Gesetzesbegründung findende Ziel der Einfügung finde lediglich in § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG Niederschlag. Die Rahmenvorgabe sei kein Instrument, um die in der Organisationsverantwortung der Systeme stehende LVP-Erfassung dem Entsorgungskonzept anzupassen.
Trotz der Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 der Abfallwirtschaftssatzung sei Ziffer 1 c zu unbestimmt. Wie der Nachweis zu erbringen sei und wer darüber entscheide, sei nicht irrelevant. Dass dies wegen einer zu detaillierten Vorgabe nicht Gegenstand der Rahmenvorgabe sein könne, erschließe sich nicht.
Es handele sich nicht um eine rechtswidrig erreichte bzw. angemaßte Rechtsposition. Der Gesetzgeber sehe die Rahmenvorgabe als Teil der Abstimmungsvereinbarung. Dort gelte, dass auch ein eindeutig zum Ausdruck gebrachter anderweitiger Abstimmungswille unbeachtlich sei, solange dieser nicht von substantiiert nachgewiesenen Gründen getragen werde, die den Abschluss einer anderen Systembeschreibung erforderlich machten. Die einseitige Durchsetzung einer rein politisch motivierten Entscheidung sei ausgeschlossen.
Aus § 22 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 7 VerpackG ergebe sich, dass die Rahmenvorgabe eine Allgemeinverfügung sei. Diese sei unteilbar, da ihr Regelungsgehalt nur dann seine Wirkung entfalten könne, wenn sie gegenüber allen System einheitlich ergebe. Aus der Unteilbarkeit folge, dass die Rahmenvorgabe bei Anfechtung durch ein System auch gegenüber den übrigen Systemen – sogar im Falle der Bestandskraft – nicht vollziehbar sei. Dementsprechend könne auch vorliegend der Sofortvollzug der Rahmenvorgabe bzw. dessen Aufhebung nur einheitlich gegenüber allen Systemen erfolgen.
6. Mit Schriftsatz vom 3. März 2021 teilte die Antragsgegnerin mit, es liege keine über den 1. Januar 2021 hinausgehende abgestimmte Entsorgung von LVP-Abfällen vor. Die Rahmenvorgabe stelle ein Instrument dar, um die in der Organisationsverantwortung der dualen Systeme liegende LVP-Erfassung mit dem Entsorgungskonzept zu harmonisieren. Die Anordnung eines Holsystems mit Vollservice diene ausschließlich der notwendigen Konkretisierung des Sammelsystems, ohne die das Harmonisierungsziel weder praktikabel umgesetzt, noch rechtlich zulässig erreicht werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren sowie im Hauptsacheverfahren W 10 K 20.1882 und auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. November 2020 ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig, er ist insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und 2 VwGO statthaft. Die Klage gegen Ziffer 1a bis 1g des Bescheides vom 2. November 2020 hat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung, weil die Antragsgegnerin in Ziffer 2 des Bescheides deren Sofortvollzug angeordnet hat. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Rahmenvorgabe um einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) oder um eine Allgemeinverfügung gemäß Art. 35 Satz 2 BayVwVfG handelt (im letzteren Sinne: VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 786/20 – juris LS 1 und Rn. 23). Die Klage gegen Ziffer 3 (Zwangsgeldandrohung) hat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG keine aufschiebende Wirkung, dasselbe gilt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO hinsichtlich der Ziffer 4 (Kostenentscheidung) (vgl. OVG LSA, B.v. 12.10.2016 – 2 M 48/16 – juris Rn. 9 ff.; NdsOVG, B.v. 13.8.2013 – 7 ME 1/12 – juris Rn. 13; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 31). Aufgrund der rechtzeitigen Klageerhebung sind die angefochtenen Verwaltungsakte noch nicht bestandskräftig geworden.
2. Der Antrag erweist sich in der Sache auch als begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Antragsgegnerin geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Diese Abwägung orientiert sich in erster Linie, aber nicht ausschließlich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 152; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 89; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 157). Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der sofort vollziehbare Verwaltungsakt rechtswidrig ist, so überwiegt das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kein öffentliches Interesse bestehen kann. Ist hingegen der angegriffene Verwaltungsakt rechtmäßig und besteht überdies ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung, so überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 12 CS 19.2505 – juris Rn. 32 f. m.w.N.; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 157 m.w.N.). Ist hingegen nach summarischer Prüfung keine eindeutige Aussage über die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs möglich, trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung aufgrund einer reinen Interessenabwägung (vgl. Hoppe in: Eyermann a.a.O., Rn. 90 ff.).
Vorliegend überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse, da sich der angegriffene Bescheid in der Hauptsache nach summarischer Prüfung als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Rahmenvorgabe in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist bei summarischer Prüfung aufgrund der vorliegend einheitlich getroffenen Ermessensentscheidung insgesamt rechtswidrig, da sich jedenfalls die Anordnungen in Ziffer 1e Satz 2 und 1g als rechtswidrig erweisen. In der Folge erweisen sich auch die Zwangsgeldandrohung und Kostenentscheidung unter Ziffer 3 und 4 als rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten.
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Ziffer 1 getroffenen Anordnungen unter Ziffer 2 des Bescheides genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falls bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 54 m.w.N.). Dabei sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, jedoch müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe, die die Behörde zum Ausschluss des Suspensiveffekts bewogen haben, angegeben werden (OVG Berlin-Bbg, B.v. 7.9.2020 – OVG 11 S 62/20 – juris Rn. 8; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2020, § 80 Rn. 247; Hoppe in: Eyermann a.a.O., Rn. 55). Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2; Hoppe in: Eyermann a.a.O., Rn. 55). Vorliegend genügt die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung den Anforderungen, da sie das besondere öffentliche Vollzugsinteresse anhand der Einzelfallumstände und nicht nur formelhaft im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt hat. Es wird ersichtlich, dass sie sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst war und warum das Vollziehbarkeitsinteresse als vorrangig angesehen wurde.
b) Die Anordnungen der Rahmenvorgabe in Ziffer 1 erweisen sich bei summarischer Prüfung als formell rechtmäßig.
Die Antragsgegnerin war handelnd durch die Stadtwerke nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG, §§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 KrWG, Art. 3 Abs. 1 BayAbfG i.V.m. § 2 Abs. 3 der Betriebssatzung für den Eigenbetrieb der Stadt Aschaffenburg „Stadtwerke Aschaffenburg – Kommunale Dienstleistungen“ vom 20. November 2002 (Eigenbetriebssatzung, zuletzt geändert durch Satzung vom 14. März 2018, amtlich bekannt gemacht am 23. März 2018 – im Folgenden: Eigenbetriebssatzung), sachlich für den Erlass der Rahmenvorgabe zuständig, da die Befugnis hierzu dem Eigenbetrieb gemäß § 2 Abs. 3 der Eigenbetriebssatzung übertragen wurde (vgl. BayVGH, U.v. 26.7.2017 – 20 B 16.189 – juris LS und Rn. 17, 19). Den Stadtwerken wurde die Aufgabe der Abfallentsorgung in § 2 Abs. 1 der Eigenbetriebssatzung übertragen. Die gebotene Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Eigenbetriebssatzung ergibt, dass diesen in Zusammenhang mit der Aufgabe auch die Durchführung hoheitlicher Tätigkeiten einschließlich des Erlasses von Bescheiden und der Durchführung aller weiteren Maßnahmen im öffentlich-rechtlichen Vollzug übertragen wurde (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.2010 – 20 B 09.1553 – NVwZ-RR 2010, 931, 933, juris). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 20 Abs. 1 KrWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 BayAbfG. Die nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung lag ebenfalls vor.
c) Die Rahmenvorgabe in Ziffer 1 ist bei summarischer Prüfung aufgrund der vorliegend einheitlich ergangenen Ermessensentscheidung insgesamt als rechtswidrig anzusehen, da sich bereits die Anordnungen in Ziffer 1e Satz 2 und 1g als rechtswidrig erweisen.
aa) Die Anordnung in Ziffer 1e Satz 2 des streitgegenständlichen Bescheides, wonach die Antragstellerin die Behälter nach Maßgabe der §§ 13 Abs. 1 und 14 der Abfallwirtschaftssatzung auf dem Anfallgrundstück abzuholen und anschließend dorthin zurück zu stellen hat, sofern nicht eine Ausnahme nach § 17 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung greift, ist nicht von der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber den Systemen festlegen, wie die nach § 14 Abs. 1 durchzuführende Sammlung der restentleerten Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen hinsichtlich der Art des Sammelsystems, entweder Holsystem, Bringsystem oder Kombination aus beiden Sammelsystemen, der Art und Größe der Sammelbehälter, sofern es sich um Standard-Sammelbehälter handelt, sowie der Häufigkeit und des Zeitraums der Behälterleerungen auszugestalten ist, soweit eine solche Vorgabe geeignet ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen, und soweit deren Befolgung den Systemen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz nicht technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist (Rahmenvorgabe).
Da es sich bei der durch § 22 Abs. 2 VerpackG eingeräumten einseitigen hoheitlichen Steuerungsmöglichkeit durch Erlass einer Rahmenvorgabe ohne Zustimmung durch die Systeme um eine Unterbrechung des nach § 22 Abs. 1 VerpackG grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzips handelt, sind die enumerativ aufgezählten Ausnahmetatbestände eng auszulegen (vgl. VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 34; VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 1786/20 – juris Rn. 28; tendenziell auch OVG RhPf, B.v. 10.9.2020 – 8 B 10979/20 – juris Rn. 19). Die Rahmenvorgabe stellt entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kein Instrument dar, um im Falle des Scheiterns von Abstimmungsverhandlungen eine hoheitliche Durchsetzung der Forderungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu ermöglichen. Vielmehr ist außerhalb der abschließenden Ausnahmetatbestände des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG zwingend eine Abstimmungsvereinbarung zu treffen, die eine Einigung zwischen den Parteien voraussetzt (vgl. VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 34). Auch aus der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass § 22 Abs. 2 VerpackG eine eng begrenzte Ausnahme zu dem Kooperationsprinzip und der Gleichordnung von Entsorgungsträgern und Systemen darstellen soll, welche dem VerpackG zugrundeliegen (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 108 f.). Die dem Entsorgungsträger mit der Rahmenvorgabe eingeräumte einseitige hoheitliche Steuerungsmöglichkeit wird darin als „eng begrenzte Ausnahme zum grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzip“ bezeichnet (vgl. BT Drs. 18/11274, S. 109). Des Weiteren greift die Rahmenvereinbarung in die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG ein, weshalb die damit einhergehenden Beschränkungen verhältnismäßig auszugestalten sind (VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 1786/20 – juris Rn. 28). Auch dies spricht für eine enge Auslegung der Befugnisnorm.
Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze ist die Regelung in Ziffer 1e Satz 2 der Rahmenvorgabe nicht von der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt. Die angeordnete Abholung der Abfallbehälter vom Anfallgrundstück stellt eine Ausgestaltung des vorgesehenen Holsystems und nicht lediglich einen Bestandteil dessen dar, so dass sie insbesondere nicht auf die Befugnis zur Festlegung der „Art des Sammelsystems“ in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG gestützt werden kann. Es handelt sich nicht nur um die generelle Entscheidung für eines bzw. eine Kombination der genannten Systeme, wie sie aufgrund des Wortlauts, der Systematik und des Normzwecks allein zulässig ist.
Die Anordnung geht inhaltlich über die Festlegung eines Holsystems hinaus, indem sie der Antragstellerin eine konkrete Vorgehensweise bei der Abholung auferlegt. Die Begriffe des Holsystems und des Bringsystems sind in § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG legaldefiniert. Hiernach sind die Systeme verpflichtet, im Einzugsgebiet der beteiligten Hersteller eine vom gemischten Siedlungsabfall getrennte, flächendeckende Sammlung aller restentleerten Verpackungen bei den privaten Endverbrauchern (Holsystem) oder in deren Nähe (Bringsystem) oder durch eine Kombination beider Varianten in ausreichender Weise und für den privaten Endverbraucher unentgeltlich sicherzustellen. Die Anordnung geht inhaltlich über die Festlegung eines Holsystems hinaus, indem sie der Antragstellerin eine konkrete Vorgehensweise bei der Abholung auferlegt. Bei dem Vollservice handelt es sich nicht um einen inte-gralen Bestandteil des Holsystems, sondern um die über die Anordnung eines Holsystems hinausgehende Verpflichtung, die Behälter von ihrem Standort abzuholen und nach der Leerung wieder dorthin zurückzubringen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass von den Abfallbesitzern aufgrund ihrer Mitwirkungspflicht auch im Rahmen eines Holsystems die Verbringung der Abfallbehältnisse an einen (Sammel-)Ort verlangt werden kann, von dem aus die Abholung erfolgt (vgl. BVerwG, U.v. 25.8.1999 – 7 C 27.98 – juris Rn. 14 ff.; BayVGH, U.v. 14.10.2003 – 20 B 03.637 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 29.10.2018 – 20 ZB 18.957 – juris Rn. 14; VG Würzburg, U.v. 16.10.2020 – W 10 K 19.1685 – BeckRS 2020, 28970 Rn. 19). Der Entsorgungsträger kann somit aufgrund seines Organisationsrechts für die von ihm selbst durchzuführende Sammlung bestimmen, in welcher Art, in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihm die Abfälle zu überlassen sind (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayAbfG, § 17 Abs. 1 KrWG). Entscheidet er sich wie mit der Regelung in § 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 der Abfallwirtschaftssatzung dafür, bei der in seiner Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushaltungen einen Vollservice im Holsystem durchzuführen, hat dies jedoch nicht zur Folge, dass er den Systembetreiber auch einseitig hoheitlich zur Durchführung eines Vollservice verpflichten kann. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayAbfG und § 17 Abs. 1 KrWG betreffen das Verhältnis des öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgers zum Abfallerzeuger bzw. -besitzer hinsichtlich der in seiner Verantwortung durchzuführenden Sammlung (vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, Stand: August 2020, § 17 KrWG Rn. 25 f.; Giesberts in BeckOK Umweltrecht, 57. Edition, Stand: 1.10.2020, § 17 KrWG Rn. 2; Karpenstein in Jarass/Petersen, KrWG, 1. Aufl. 2014, § 17 Rn. 74). Die Normen finden insofern vorliegend keine Anwendung, da die Antragstellerin anstelle des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegenüber dem Abfallerzeuger bzw. -besitzer auftritt. Selbst wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Sammlung im Holsystem durchführt, ist eine Abholung vom Grundstück nicht zwingend (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.2003 – 20 B 03.637 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 29.10.2018 – 20 ZB 18.957 – juris Rn. 14). Warum er dies dann aber gegenüber der Antragstellerin anordnen dürfen sollte, erschließt sich nicht. Aus der Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG folgt nicht, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von den Systemen grundsätzlich die Einhaltung des von ihm bei der Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushaltungen zugrunde gelegten Entsorgungsstandards verlangen kann (vgl. VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 36). Denn dies würde voraussetzen, dass die Befugnis nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gestattete, den Systemen weitergehende Verpflichtungen aufzuerlegen, als sie ihn selbst im Verhältnis zum Abfallerzeuger bzw. -besitzer treffen. Dafür bietet aber die gesetzliche Regelung nach den herkömmlichen Auslegungsmethoden keinen Anhaltspunkt. Vielmehr begrenzt die Bezugnahme auf den Entsorgungsstandard die Befugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, gegenüber den Systemen die in § 22 Abs. 2 Satz 1 genannten Regelungen durch Rahmenvorgabe zu treffen. Eine über die Pflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 1 KrWG (i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayAbfG) hinausgehende Befugnis ergibt sich daraus nicht. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Wie von der Antragsgegnerin zu Recht in den Vordergrund gerückt, hat der Gesetzgeber zwar das Ziel der Einfügung der LVP-Sammlung in die bestehenden Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept in der Gesetzesbegründung aufgeführt (BT-Drs. 18/11274, S. 109). Allerdings findet dies im Gesetz lediglich in § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG in Form einer „Obergrenze“ seinen Niederschlag, was in diametralem Gegensatz zu der in der Gesetzesbegründung genannten Zielsetzung steht. Anders als die Effektivität und Umweltverträglichkeit der Sammlung hat der Gesetzgeber die Eignung zur Einfügung in die kommunalen Entsorgungsstrukturen – wohl entgegen seiner eigenen Absicht – gerade nicht als Mindestanforderung festgelegt (vgl. VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ – juris Rn. 30). Maßgeblich ist insoweit jedoch die Grenze des gesetzlichen Wortlauts, eine Heranziehung allein der Gesetzesbegründung zur Auslegung des Gesetzes verbietet sich. Auch die Passage in der Gesetzesbegründung, wonach der Entsorgungsträger den Systemen vorschreiben könne, dass die Leichtverpackungssammlung in einem bestimmten Holsystem, zum Beispiel mittels „Tonnen“ oder „Säcken“, in einem bestimmten Bringsystem, zum Beispiel mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe, oder in einer Kombination aus diesen beiden Sammelsystemen durchzuführen sei (BT-Drs. 18/11274 S. 110), steht dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Gerade der jeweils folgende Einschub, der allein die Art des jeweiligen Sammelsystems näher bezeichnet, spricht dafür, dass der Gesetzgeber damit lediglich zum Ausdruck bringen wollte, dass die Art des Sammelsystems „bestimmt“ werden dürfe, nicht hingegen dessen weitere Ausgestaltung (vgl. NdsOVG, B.v. 31.7.2020 – 7 ME 81/20 – juris Rn. 10). Obwohl der Gesetzgeber in der Begründung angesichts der Formulierung „zum Beispiel“ wohl davon ausgegangen sein dürfte, dass die genannten Beispiele nicht abschließend zu verstehen seien, lässt sich dem nicht entnehmen, dass dadurch die Entsorgungsträger auch die konkrete Ausgestaltung des Sammelsystems einseitig festlegen dürfen. Denn die Vorgabe eines Vollservice geht über die vom Gesetzgeber wohl intendierte Möglichkeit einer – allenfalls groben – Konkretisierung der genannten Systeme („Holsystem mittels Tonnen bzw. Säcken“, „Bringsystem mittels Großsammelbehältern bzw. über Wertstoffhöfe“) hinaus. Denn hiermit wird weniger eine „Art des Sammelsystems“ festgelegt als vielmehr bestimmt, „wie“ das letztlich vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gewählte Sammelsystem konkret auszuführen ist. Dem steht jedoch die Wortlautgrenze entgegen (vgl. VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ – juris Rn. 20).
Würde man zudem jegliche Ausgestaltung eines Sammelsystems als gesonderte „Art des Sammelsystems“ ansehen, verbliebe für § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 VerpackG und die dort genannten Sammlungsmodalitäten kein eigenständiger Anwendungsbereich (vgl. NdsOVG, B.v. 31.7.2020 – 7 ME 81/20 – juris Rn. 11; OVG RhPf, B.v. 10.9.2020 – 8 B 10979/20 – juris Rn. 19; VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ – juris Rn. 21). Der zulässige Regelungsinhalt ist in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG abschließend aufgezählt. Durch die Rahmenvorgabe nach § 22 Abs. 2 VerpackG kann nur der Rahmen dessen abgesteckt werden, was letztlich Gegenstand der Abstimmungsvereinbarung im Sinne des § 22 Abs. 1 VerpackG sein kann (vgl. hierzu BT-Drs. 18/11274, S. 108). Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 VerpackG sind die Rahmenvorgaben bei der Abstimmung zwar zwingend zu berücksichtigen, gleichwohl geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine Abstimmungsvereinbarung auch im Falle des Erlasses einer Rahmenvorgabe zu erfolgen hat und diese den Abschluss der Abstimmungsvereinbarung nicht ersetzt (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 111). Durch die Einräumung einer umfassenden Gestaltungsmöglichkeit mittels Rahmenvorgabe würde kaum noch Spielraum für die weitere Abstimmung verbleiben (vgl. VG Mainz, B.v. 28.7.2020 – 4 L 316/20.MZ – juris Rn. 23).
Es ist nach Sinn und Zweck der Norm auch nicht ersichtlich, weshalb eine weite Interpretation geeignet sein sollte, die von § 22 VerpackG schon ausweislich der amtlichen Überschrift bezweckte Abstimmung bei der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben der Systeme und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu fördern. § 22 VerpackG ist nach seinem Sinn und Zweck keine allgemeine Befugnisnorm zur optimierenden Regulierung der von den Systemen zu leistenden Sammlungen unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes oder der Bürgerfreundlichkeit. Der von den Systemen nach dem Willen des Gesetzes bei der Sammlung allein zu gewährleistende Mindeststandard ist durch § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG unmittelbar gesetzlich bestimmt. Außerdem ergeben sich die Anforderungen mittelbar aus der gesetzlichen Zielsteuerung über die zu erreichenden Wiederverwendungs- und Recyclingquoten (§ 16 VerpackG). Die den Systemen jenseits dieser Vorgaben grundsätzlich verbleibende Freiheit bei der Ausgestaltung der Sammlung dient einer kosteneffizienten Erreichung der vorgegebenen Ziele. Dieser Grundansatz des Gesetzes würde unterlaufen, wenn der Befugnisnorm des § 22 Abs. 2 VerpackG eine über die Abstimmung hinausweisende, auf eine nach der Vorstellung der zuständigen Behörde möglichst zielführende Aufgabenerfüllung bezogene Funktion zugesprochen würde. Zudem wäre dann nicht nachvollziehbar, weshalb für Anordnungen nach § 22 Abs. 2 VerpackG nach der Festlegung des Bundesgesetzgebers gerade diejenige Körperschaft zuständig ist, die nach dem jeweiligen Landesrecht mit den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut ist (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Dieser bundesrechtliche Zuständigkeitskonnex findet seine Rechtfertigung allein darin, dass die Systeme bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten die Aufgabenwahrnehmung der Entsorgungsträger beeinträchtigen und zu diesen insoweit in Konkurrenz stehen können. Letztere sollen die Möglichkeit erhalten, sich gegen Beeinträchtigungen mit hoheitlichen Mitteln zur Wehr zu setzen, ohne auf die Mitwirkung der möglicherweise einem anderen Rechtsträger zugehörigen Abfallbehörde angewiesen zu sein (VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 13). Hingegen gehört die Sammlung der Leichtverpackungen als solche jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Verpackungsverordnung im Jahr 1991 nicht mehr zu den alleinigen Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und auch nicht mehr zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Aufgabe wurde dem gemeindlichen Aufgabenkreis durch eine materielle Privatisierung insoweit entzogen, als den privaten Haushalten das Recht zur alternativen unentgeltlichen Überlassung dieses Abfalls an die Systeme eingeräumt wurde (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 KrWG). Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben insoweit nur noch eine Reservefunktion (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 13 m.V.a. die Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11274, S. 96). Die Gesetzesbegründung nimmt Bezug auf die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG und die daraus resultierende „besondere Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen ihrer allgemeinen Daseinsvorsorge“ hinsichtlich der Abfälle aus privaten Haushaltungen (BT-Drs. 18/11274, S. 109). Das spricht dafür, dass die Befugnis nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG in dem Rahmen besteht, welchen das KrWG für die im Interesse der abfallwirtschaftlichen Daseinsvorsorge erfolgende Aufgabenwahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers absteckt, aber nicht darüber hinausgeht. Vor diesem Hintergrund hat § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG allein die Funktion, nachteilige Auswirkungen der Tätigkeit der Systeme auf die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verbliebenen Aufgaben, insbesondere bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen, zu vermeiden oder zu vermindern (VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 13).
Da die Anordnung des Vollservice somit bereits nicht von der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben, ob sie geeignet ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen.
bb) Auch die Anordnung in Ziffer 1g des streitgegenständlichen Bescheides, wonach die Sammlung im Bringsystem unter Nutzung der kommunalen Recyclinghöfe zu erfolgen hat, ist nicht von § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt und damit ebenfalls rechtswidrig.
Zwar kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG grundsätzlich eine Ergänzung eines Holsystems dergestalt anordnen, dass den Endverbrauchern die zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, den Abfall zu einer Sammelstelle „in der Nähe“ (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG) zu bringen (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 10). Die Anordnung der zwingenden Mitbenutzung der Wertstoffhöfe kann allerdings unter Anwendung der bereits dargestellten Grundsätze nicht auf § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG gestützt werden. Wie bereits unter Verweis auf die Legaldefinition in § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG dargestellt, meint das Gesetz mit „Art des Sammelsystems“ lediglich die Grundentscheidung zwischen Hol- und Bringsystem oder einer Kombination dieser beiden Varianten, nicht aber die konkrete Ausgestaltung (vgl. VGH BW, B.v.13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 12; VG Kassel, B.v. 3.9.2020 – 4 L 826/20.KS – juris Rn. 78; VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 786/20 – juris Rn. 31). Im vorliegenden Fall soll das ergänzende Bringsystem nach dem objektiven Empfängerhorizont in einer ganz bestimmten Art und Weise eingerichtet werden, nämlich durch Mitbenutzung der von der Antragsgegnerin in ihrem Hoheitsgebiet betriebenen Wertstoffhöfe. Die Mitbenutzungspflicht dürfte so zu verstehen sein, dass den Wertstoffhöfen gesonderte Erfassungsbehälter für LVP-Abfälle zur Verfügung gestellt werden, diese dort vorgehalten und befüllt werden und schließlich von den Systemen bzw. von hiermit beauftragten Dritten nach Bedarf abgeholt werden (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 11). Zwar wurden hierfür laut der Antragsgegnerin bisher keine Kosten erhoben, dies schließt die Möglichkeit zur Kostenerhebung in der Zukunft allerdings nicht aus (vgl. § 22 Abs. 3 VerpackG). Wie bereits dargestellt, ermöglichen erst die eng beschränkten Befugnisnormen des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 VerpackG Vorgaben zur weiteren Ausgestaltung des gewählten Sammelsystems, die aber überflüssig wären, wenn § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG weit interpretiert werden und als Ermächtigungsgrundlage für jede Art von Steuerung der Sammlungsaktivitäten der Systeme verstanden würde (VGH BW, B.v.13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 12; VG Kassel, B.v. 3.9.2020 – 4 L 826/20.KS – juris Rn. 78; VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 786/20 – juris Rn. 31). Wenn die Gesetzesbegründung ausführt, dass es den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ermöglicht werde, ein „bestimmtes“ Sammelsystem vorzuschreiben (BT-Drucks. 18/11274, S. 110), deutet dies zwar darauf hin, dass dies auch die Möglichkeit einschließen sollte, zu den drei im Gesetzestext genannten Sammeltypen konkretisierende Vorgaben zu machen, eben nicht einfach zur Nutzung „irgendeines“, sondern eines „bestimmten“ Systems zu verpflichten. Im Gesetz selbst spiegelt sich diese Absicht allerdings, wie aufgezeigt, nicht wider. Selbst bei Zugrundelegung der Entwurfsbegründung bliebe offen, wie weit die Konkretisierungsbefugnis geht und ob sie insbesondere auch Vorgaben zur Nutzung individuell bestimmter Einrichtungen wie etwa kommunaler Wertstoffhöfe einschließt. Die in der Entwurfsbegründung gegebenen Regelungsbeispiele („mittels Tonnen oder Säcken“, „mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe“) und der bereits dargestellte Sinn und Zweck der Norm deuten nicht auf eine derart weitreichende Befugnis hin (VGH BW, B.v.13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 12).
Da die von der Antragsgegnerin getroffene Regelung somit schon nicht von der Rechtsgrundlage gedeckt ist, kann offenbleiben, ob die Anordnung – wie von der Antragsgegnerin ausgeführt – tatsächlich geeignet ist, einer etwaigen „Vermüllungsproblematik“ entgegenzuwirken und die Menge der getrennt erfassten wertstoffhaltigen Abfälle zu erhöhen. Es kann dahinstehen, ob auf Tatbestandsebene jede Regelung einzeln oder die Rahmenvorgabe insgesamt am Maßstab des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG – insbesondere in Bezug auf die Aspekte der Effektivität und Umweltverträglichkeit – zu messen ist (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 14).
Für den Fall, dass – ohne dass es darauf vorliegend noch ankäme – der erstgenannten Ansicht zu folgen und eine Einzelbetrachtung auf Tatbestandsebene vorzunehmen wäre, so wäre von der Antragsgegnerin darüber hinaus – und sei es auch nur unter Berücksichtigung eines ihr in dieser Frage möglicherweise zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums – noch kein unter die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen subsumierbarer Sachverhalt dargetan. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist eine Rahmenvorgabe nämlich nur gerechtfertigt, „soweit“ sie für die genannten Zwecke förderlich ist. Dies ist bei Betrachtung der einzelnen Regelung nicht der Fall, wenn ein Bestandteil der Rahmenvorgabe hinweggedacht werden kann, ohne dass die verbleibende Verfügung weniger geeignet zur Förderung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen wäre (vgl. VGH BW, B.v.13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 14). Vorliegend wurde von der Antragsgegnerin nicht dargetan, welcher sachliche Nutzen von der Mitbenutzung gerade der kommunalen Wertstoffhöfe zu erwarten sein sollte. Eine Erfassung von Leichtverpackungen im Bringsystem erscheint grundsätzlich auch auf Wertstoffhöfen möglich, die von privaten Unternehmen betrieben werden. Ebenso denkbar ist die Aufstellung von Großsammelbehältern im öffentlichen Verkehrsraum (vgl. VG Kassel, B.v. 3.9.2020 – 4 L 826/20.KS – juris Rn. 78). Ob diese Alternativen unter Kostengesichtspunkten für die Systeme vorzugswürdig wären, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Es kommt allein darauf an, dass sie unter keinem im Eilverfahren feststellbaren Gesichtspunkt zu einer effektiven und umweltverträglichen Erfassung von Leichtverpackungen weniger geeignet sind als die angeordnete Mitbenutzung der kommunalen Wertstoffhöfe (VGH BW, B.v.13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 14).
Es kann außerdem offenbleiben, ob auch ein Überschreiten des kommunalen Entsorgungsstandards vorliegt (§ 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG). Die Bestimmung des Merkmals ist nicht auf einer empirisch-faktischen Grundlage entsprechend der „gelebten Praxis“, sondern auf einer normativen Grundlage – vorliegend auf Grundlage der Abfallwirtschaftssatzung – zu treffen (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 16 f.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 7.9.2020 – OVG 11 S 62/20 – juris Rn. 42). Ausweislich des Wortlauts des § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG ist ausschließlich auf die Regelungen hinsichtlich der gemischten Siedlungsabfälle, mithin der Restmüllfraktion, abzustellen (VGH BW, B.v. 13.10.2020 – 10 S 2820/20 – juris Rn. 18 f.; VG Oldenburg, B.v. 10.9.2020 – 15 B 1475/20 – juris Rn. 37; VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 31). Für die Restmüllfraktion sieht die Abfallwirtschaftssatzung jedoch ein reines Holsystem vor. Der Restmüll wird nach § 13 Abs. 1, 2 Nr. 4, § 14 Abs. 2 VerpackG in den dafür zugelassenen Restmüllbehältnissen zur Abfuhr bereitgestellt und grundsätzlich vom Grundstück abgeholt. Die Restmüllfraktion unterliegt ausweislich von § 11 Abs. 2 der Abfallwirtschaftssatzung nicht dem Bringsystem, ein Recht zur Anlieferung des Abfalls an einen kommunalen Wertstoffhof ist nicht vorgesehen. Das für die LVP-Erfassung angeordnete Kombinationsmodell geht damit in diesem Punkt über den für die gemischten Siedlungsabfälle geltenden Entsorgungsstandard hinaus. Das Folgeproblem, ob ein Überschreiten des kommunalen Entsorgungsstandards in einem Teilbereich möglich ist, wenn in einem anderen Teilbereich eine für die Antragstellerin günstigere Regelung getroffen wird (vgl. VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 32) kann jedoch wiederum mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen.
cc) Aufgrund der Rechtswidrigkeit von Ziffer 1e Satz 2 und 1g des Bescheides erweist sich die Gestaltungsvorgabe unter Ziffer 1 bei summarischer Prüfung insgesamt als ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO) und damit rechtswidrig. Die Anordnungen unter Ziffer 1e Satz 2 und 1g bilden jedenfalls vorliegend den Kern der gestalterischen Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin und sind damit nicht von den Regelungen in den übrigen Regelungen in Ziffer 1 abtrennbar. Somit ist aufgrund deren Rechtswidrigkeit die aufschiebende Wirkung in vollem Umfang wiederherzustellen (vgl. NdsOVG, B.v. 31.8.2020 – 7 ME 81/20 – juris Rn. 15; VG Oldenburg, B.v.10.9.2020 – 15 B 1475/20 – juris; VG Kassel, B.v. 3.9.2020 – 4 L 826/20.KS – juris; VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 40; VG Sigmaringen, B.v. 21.7.2020 – 4 K 786/20 – juris Rn. 33). Der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung, es könne allenfalls zu einer partiellen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommen, ist damit wegen der gebotenen einheitlichen Betrachtung der getroffenen Ermessensentscheidung nicht zu folgen.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG kann ein Entsorgungsträger durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber den Systemen festlegen, wie die nach § 14 Abs. 1 VerpackG durchzuführende Sammlung der restentleerten Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushalten hinsichtlich der Art des Sammelsystems, der Art und Größe der Sammelbehälter sowie der Häufigkeit und des Zeitraums der Behälterleerungen auszugestalten ist, soweit eine solche Vorgabe erforderlich ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen, und soweit deren Befolgung den Systemen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz nicht technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Wie dem Bescheid zu entnehmen ist, hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Begründung der Rahmenvorgabe darauf abgestellt, dass im Falle einer Nichtabholung der Tonnen auf den Grundstücken nach ihrer Auffassung eine Erhöhung der Fehlwürfe unter anderem in die Restabfallgefäße drohe, mithin dies in ihre Erwägungen zur Frage der Effektivität einbezogen. In diese fließt ausweislich des Bescheides aber ebenso die Erwägung ein, dass der Einsatz von Tonnen – aufgrund ihres nach Auffassung der Antragsgegnerin größeren Fassungsvolumens – im Vergleich zu Säcken zu einer Verringerung der Fehlwürfe in den Restabfallstrom führe. Ist danach die Effektivität ausweislich des Bescheides sowohl von der Frage des eingesetzten Mediums (Tonne oder Sack) als auch der zu erbringenden Serviceleistung (Abholung vom Grundstück oder Bereitstellung am Straßenrand) abhängig, kann die zu treffende Ermessensentscheidung nur unter Berücksichtigung aller Umstände getroffen werden, mit der Folge, dass sich auch die übrigen Ziffern der Rahmenvorgabe bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweisen. Jedenfalls bei der streitgegenständlichen Rahmenvorgabe handelt es sich damit um eine einheitliche Ermessensentscheidung, bei der im Rahmen des auszuübenden Ermessens nicht nur Gesichtspunkte der Effektivität und der Umweltverträglichkeit, sondern auch Belange der Systeme zu berücksichtigen sind. Die rechtswidrigen Anordnungen in Ziffer 1e Satz 2 und 1g sind damit jedenfalls im vorliegenden Fall Teil einer einheitlichen und somit in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Ermessensentscheidung und als solche nicht von der letztlich erfolgten Ausgestaltung abtrennbar (vgl. NdsOVG, B.v. 31.8.2020 – 7 ME 81/20 – juris Rn. 15).
dd) Da die Rahmenvorgabe unter Ziffer 1 somit bei summarischer Prüfung als einheitlich getroffene Ermessensentscheidung insgesamt rechtswidrig ist, kann auch offenbleiben, ob die sonstigen Regelungen in Ziffer 1 im Übrigen den gesetzlichen Vorgaben genügen.
Insbesondere die Rechtmäßigkeit der Regelung unter Ziffer 1a scheint aufgrund der dargelegten Überschreitung des kommunalen Entsorgungsstandards durch das angeordnete Kombinationsmodell zweifelhaft (§ 13 Abs. 1, 2 Nr. 4, § 14 Abs. 2 VerpackG), auch wenn das Folgeproblem, ob ein Überschreiten des kommunalen Entsorgungsstandards in einem Teilbereich möglich ist, wenn in einem anderen Teilbereich eine für die Antragstellerin günstigere Regelung getroffen wird, mangels Entscheidungserheblichkeit wiederum offenbleiben kann (vgl. VG München, B.v. 27.8.2020 – M 17 S 20.3110 – Rn. 32). Offen bleiben kann auch, ob die Regelung in Ziffer 1c insoweit hinreichend bestimmt ist, als nicht geregelt ist, wem gegenüber der Nachweis zu führen ist und wer über die ausreichende Nachweisführung entscheidet.
d) Da sich nach dem Ausgeführten bereits die Rahmenvorgabe in Ziffer 1 bei summarischer Prüfung insgesamt als rechtswidrig erweist, muss dies auch für die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 und die Kostenentscheidung in Ziffer 4 (vgl. Art. 16 Abs. 5 BayKG) gelten.
Unabhängig davon erweist sich die Zwangsgeldandrohung auch als zu unbestimmt. Für den Fall, dass die Antragstellerin der Verpflichtung aus Ziffer 1a bis 1g nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkommt, wurde dieser ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR angedroht, wobei ausweislich der Bescheidsbegründung bei einem Verstoß gegen Pflichten mit geringerer wirtschaftlicher Bedeutung das Zwangsgeld ggf. niedriger festgesetzt werde. Damit ist schon nicht hinreichend ersichtlich, welches Zwangsgeld für den Verstoß gegen welche Verpflichtung fällig wird. Selbst wenn die Zwangsgeldandrohung so auszulegen sein sollte, dass jeder Verstoß gegen jede in den Ziffern 1a bis 1g genannte Verpflichtung gemeint sein soll, so stünde jedenfalls die Höhe des angedrohten Zwangsgelds in Höhe von 50.000 EUR – wie auch die Antragsgegnerin erkennt – außer Verhältnis zum konkreten Verstoß und wäre deshalb rechtswidrig.
Dem Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 2. November 2020 war daher stattzugeben.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). In der Hauptsache wird ein Streitwert in Höhe von 50.000 EUR zugrunde gelegt (vgl. Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs). Dieser Wert war im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.


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