Verwaltungsrecht

Abgelehnter Antrag im Verfahren wegen Dienstunfalles

Aktenzeichen  3 ZB 18.429

Datum:
25.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17759
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 45 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Keine isolierte Anerkennung eines hinzugetretenen weiteren Ereignisses, das zusammen mit einer fortbestehenden dienstunfallbedingten Mitursache zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte.

Verfahrensgang

AN 1 K 16.590 2017-12-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das Ereignis vom 3. Juni 2014 nicht isoliert als weiterer Dienstunfall anerkannt werden kann.
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sowohl das anerkannte Dienstunfallereignis vom 7. Juni 2013 (Attacke einer Schülers mit der Folge einer Unterarmprellung links) als auch der spätere Vorfall vom 3. Juni 2014, bei dem die Klägerin im Rahmen einer Dienstbesprechung darüber informiert worden war, dass eine Kollegin am Vortag von einem Schüler mit einem Messer bedroht worden war, zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatten, also die aktuelle Belastungsreaktion (ICD-10 F 43.0), in der Folge übergegangen in eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt (ICD-10 F 43.22). In einem derartigen Fall ist allein der anerkannte Dienstunfall als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen (vgl. BVerwG, B.v. 14.11.2011 – 2 B 71.11 – juris Rn. 7), weil das hinzugetretene Ereignis wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt nicht wesentlich mitgewirkt hat. Von dieser Kausalitätsbetrachtung ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 30). Damit scheidet eine isolierte Anerkennung des Ereignisses vom 3. Juni 2014 aus, weil es jedenfalls keine wesentliche Ursache im rechtlichen Sinne für den eingetretenen Körperschaden darstellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar flankierend Überlegungen dahingehend angestellt, ob es bei der bloßen Teilnahme an einer Dienstbesprechung bereits an einem relevanten äußerem Ereignis im Sinne des Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG fehlt (UA S. 31 ff.). Einer Erörterung dieser Fragestellung hätte es aber wegen des fehlenden Kausalzusammenhangs nicht bedurft, sodass die Antragsbegründung, die ausschließlich die „äußere Einwirkung“ betrifft, auf eine Fragestellung zielt, die sich im Berufungsverfahren nicht stellen wird.
2. Der Rechtsstreit weist keine besonderen und rechtlichen Schwierigkeiten auf, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die Frage, ob bei der Dienstbesprechung vom 3. Juni 2014 von einem „äußeren Ereignis“ auszugehen ist, kommt es – wie bereits ausgeführt – nicht entscheidungserheblich (vgl. zu diesem Erfordernis Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 125) an.
3. Der Rechtsache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage
„Kann bei der Bewertung eines Schadensereignisses als Dienstunfall das auf äußere Einwirkungen beruhende Ereignis isoliert objektiv betrachtet werden oder aber muss nicht vielmehr auch ein dienstunfallbedingter Vorschaden in die Bewertung mit einfließen und auf die subjektiv erlebte Situation abgestellt werden.“
kann nur einzelfallbezogen beantwortet werden.
4. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Die Klägerin verweist auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. April 1970 (II C 49.69 – juris), wonach Beleidigungen und Beschimpfungen, die einen seelischen Schock und als dessen Folge einen Gesundheitsschaden verursacht haben, „äußere Einwirkungen“ im Sinne des Dienstunfallrechts sind. Diesem Rechtssatz stellt sie keinen Rechtssatz gegenüber, der eine Abweichung erkennen lässt. Im Übrigen käme eine etwaige Divergenz in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich zum Tragen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 44), weil das Ereignis vom 3. Juni 2014 nach den gutachterlichen Feststellungen von Prof. Dr. D. vom 16. August 2017 „nur“ als wesentlich mitwirkende Teilursache angesehen werden kann, was (s. 1.) dazu führt, dass das streitige Ereignis nicht als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen ist.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 i.V.m. Ziffer 10.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Mit diesem gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbaren Beschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben