Verwaltungsrecht

Abschiebung eines Straftäters nach Bosnien-Herzegowina

Aktenzeichen  M 4 K 19.3116

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19858
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 54 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ist anzunehmen, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Stellung als „faktischer Inländer“ verhindert die Ausweisung nicht von vornherein, sondern erfordert lediglich eine Abwägung der besonderen Umstände des Betroffenen und des Allgemeininteresses im jeweiligen Einzelfall. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.  
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit leistet. 

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist.
I.
Der Bescheid der Beklagten ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gericht verweist auf die zutreffenden Ausführungen im ausführlich begründeten Bescheid und sieht insoweit von der Darstellung eigener Entscheidungsgrade ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Darüber hinaus gilt ergänzend folgendes:
Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig: Das Gericht hat die behördliche Entscheidung der Beklagten unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts am 29. Juni 2021 zu überprüfen.
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Die Ausweisung des Klägers ist unter Berücksichtigung des dargelegten Maßstabs rechtmäßig, weil der Aufenthalt des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet (1.) und das öffentliche Interesse an der Ausweisung das Interesse des Klägers an einem weiteren Verbleib überwiegt (2.).
1. Der Aufenthalt des Klägers gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung, weil von ihm nach wie vor die Gefahr der Begehung schwerer Straftaten ausgeht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose hinsichtlich der Wiederholungsgefahr zu treffen, ohne dass sie an die Feststellungen der Strafgerichte rechtlich gebunden sind. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Tat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18). Der Rang des bedrohten Rechtsguts bestimmt dabei die mögliche Schadenshöhe, wobei jedoch keine zu geringen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden dürfen (BVerwG, U.v. 10.7.2012, a.a.O.).
1.1. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass vom Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin eine Gefahr ausgeht, so dass eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist.
Der Kläger ist seit 2013 straffällig, politoxikoman und hat sich weder durch jugendstrafrechtliche Maßnahmen, noch durch mehrere Inhaftierungen zum Positiven beeinflussen lassen. Eines der abgeurteilten Körperverletzungsdelikte richtete sich gegen einen unbeteiligten Dritten, der grundlos und überraschend von hinten vom Kläger niedergeschlagen wurde. Eine Persönlichkeitsfehlentwicklung mit dissozialen Zügen ist neben einer polyvalent anmutenden süchtigen Fehlhaltung im Sachverständigengutachten vom … … 2021 diagnostiziert worden. Die Effekte der sechsmonatigen Therapie in der … im Frühjahr/Sommer 2016 hielten nicht lange vor, da der Kläger bereits ab Oktober 2016 schwerer, gewerbsmäßiger Beschaffungskriminalität nachging. Eine weitere Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde trotz anfänglich guten Erfolgen nach mehrfachen Suchtmittelrückfällen wegen fehlender Mitarbeit des Klägers im August 2017 abgebrochen. Ausweislich der eigenen Angaben des Klägers im forensischen Gutachten vom … … 2017 konsumierte er während der Therapie in der … und der Haftzeiten „Spice“, da dies in Urinkontrollen nicht nachweisbar sei, so dass ernsthaft verfolgte Therapien der Politoxikomanie des Klägers bisher nicht vorliegen. Im psychiatrischen Gutachten vom … … 2021 wird von einem Hang, weitere Straftaten zu begehen, ausgegangen. Allerdings fehlt es mangels ernsthafter Therapiemotivation an den Erfolgsaussichten einer Therapie. Dieser Einschätzung ist auch das Amtsgericht … im noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 4. März 2021 gefolgt. Bereits am Tag seiner Haftentlassung im April 2020 erwarb der Kläger erneut Cannabis zum Eigenkonsum, beging im Herbst 2020 nach einer geständigen Einlassung wieder einen mittäterschaftlichen Einbruchsdiebstahl in einem gewerblichen Objekt, wurde wegen anlassloser Beleidigung von Polizisten rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt und ist wegen eines gemeinschaftlichen Vortäuschens einer Straftat derzeit am Amtsgericht … angeklagt. Eine enorme Rückfallgeschwindigkeit, fehlende Einsicht und Therapiemotivation sowie die erheblichen, breit gefächerten und auch Körperverletzungsdelikte umfassenden Vorstrafen lassen auf konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr schließen.
Auch soweit man zugunsten des Klägers unterstellt, dass die Motivation, eine Therapie durchzuführen, vorliegt und nicht allein auf den ausländerrechtlichen Maßnahmen gründet, ändern auch die Therapiebestrebungen des Klägers nichts am Bestehen der Wiederholungsgefahr, denn zum Zeitpunkt der Entscheidung liegt noch nicht ansatzweise eine abgeschlossene Therapie vor, die jedoch Voraussetzung für das Entfallen einer Wiederholungsgefahr wäre (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2021 – 19 CS 20.2977 – juris Rn. 21; B.v. 31.1.2019 – 10 ZB 18.1534 – juris Rn. 13); im Gegenteil besteht aufgrund des Abbruchs der früheren Behandlung in einer Entziehungsanstalt sowie der fehlenden Kooperation des Klägers nach Ansicht der damals behandelnden Ärzte und des psychiatrischen Gutachters vom … … 2021 keine hinreichende Aussicht auf einen Behandlungserfolg.
Die ausweislich des forensisch-psychiatrischen Gutachtens vom … … 2017 möglicherweise bestehende Erkrankung an ADHS in der Kindheit des Klägers ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr entscheidungserheblich zu verringern. Das Gegenteil ist der Fall; sie rechtfertigt weder die Straftaten noch die Drogensucht des Klägers. Es war und ist dem Kläger zumutbar und möglich, entsprechende ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, insbesondere erforderliche Medikamente einzunehmen bzw. Therapien aufzunehmen. Seit seiner Kindheit ist die mögliche Erkrankung jedoch nicht mehr diagnostiziert bzw. behandelt worden.
2. Die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt.
2.1. Der Kläger verwirklichte durch sein Verhalten eine Vielzahl besonders schwerwiegender bzw. schwerwiegender Ausweisungsinteressen.
Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist. Dies ist beim Kläger durch die Freiheitsstrafe von drei Jahren der Fall.
Darüber hinaus wiegt das Ausweisungsinteresse vorliegend auch deshalb besonders schwer, weil der Kläger wegen einer vorsätzlichen Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit (§ 54 Abs. 1 Nr. 1a b) AufenthG) und serienmäßig begangener Straftaten gegen das Eigentum (§ 54 Abs. 1 Nr. 1a d) AufenthG) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Der Kläger wurde mit Urteil vom 13. Oktober 2015 rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzungen in Tatmehrheit mit Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sieben Monate Freiheitsstrafe verurteilt. Weiter wurde er mit Urteil vom 28. November 2017 wegen besonders schweren Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3 StGB verurteilt. So beging der Kläger ausweislich des Urteils des Amtsgerichts … vom 28. November 2017 die 39 verurteilten Straftaten innerhalb eines halben Jahres, d.h. im gewerbsmäßigen Umfang innerhalb kürzester Zeit, um sich eine Einnahmequelle zu verschaffen und damit serienmäßig. Ob der Begriff der serienmäßig begangenen Straftat strafrechtlich zu verstehen ist (als „gewerbsmäßige“ oder „fortgesetzte“ Begehung nach den §§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder einer eigenständigen öffentlich-rechtlichen Begriffsauslegung bedarf, nach der auf die Begehung mehrfacher, gleicher oder ähnlicher Straftaten in einer annähernd regelmäßigen zeitlichen Abfolge abgestellt wird, kann vorliegend dahinstehen (vgl. Katzer in: BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, 7. Edition Stand 1.1.2021, § 54 AufenthG, Rn. 15 f.; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 54 AufenthG, Rn. 19 f.; VGH Mannheim, U.v. 15.11.2017 – 11 S 1555/16 – juris Rn. 39 ff.). Beide Auslegungen des Begriffs „serienmäßig“ sind durch die strafrechtlich festgestellten Taten erfüllt.
Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ist anzunehmen, da der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts … vom 28. November 2017 wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde.
Ebenso ist § 54 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG als schwerwiegendes Ausweisungsinteresse wegen der rechtskräftigen Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, anzunehmen. Mit Urteil des Amtsgerichts – Jugendschöffengericht – Laufen vom 13. Oktober 2015 (Az. 4 Ls 330 Js 6703/15 jug; I, Bl. 207 ff.) wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt und unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts – Jugendgericht – … vom … … … in der Fassung vom 22. April 2015 eine Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verhängt. Die erst nachträglich erfolgte Bildung einer Einheitsjugendstrafe von über einem Jahr ist hierbei unschädlich (BeckOK AuslR/Fleuß, 29. Ed. v. 1.4.2021, AufenthG, § 54, Rn. 178). Die erfolgte Zurückstellung der Strafe nach § 35 BtMG und die erst nachträglich mit Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 21. Oktober 2016 erfolgte Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe nach § 88 JGG gilt nicht als Aussetzung der Vollstreckung der Strafe in diesem Sinne (Bergmann/Dienelt/Bauer, Ausländerrecht, 13. Auflage, § 54 Rn. 68). Die Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe wurde ebenso wegen beharrlicher und gröblicher Verstöße gegen fast alle erteilten Bewährungsauflagen und Weisungen bereits mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 16. Februar 2017 und damit lange vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids wieder widerrufen. Die abgeurteilten Straftaten sind unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Verjährungsfristen nach §§ 78 ff StGB und Tilgungsfristen nach den §§ 46, 51 BZRG noch aktuell und können daher als Ausweisungsgrund herangezogen werden (BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16/17 – juris Rn. 23 ff.).
Der Kläger verwirklicht durch sein Verhalten weiter ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG, da er als Täter den Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG verwirklichte. Dies ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts … vom 4. März 2021, in dem der Kläger wegen viermaligen Erwerbs von vier Gramm Marihuana nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG schuldig gesprochen wurde. Dass noch keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, ist hierbei nicht relevant, da allein aufgrund konkreter Anhaltspunkte die rechtswidrige Tatbegehung verlässlich feststehen muss (Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 54 AufenthG, Rn. 45). Vorliegend hat der Kläger den unerlaubten Besitz und Erwerb von je vier Gramm Marihuana in vier Fällen vor Gericht gestanden. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung zielt auf eine beabsichtigte Unterbringung nach § 64 StGB und richtet sich nicht gegen die durch das Amtsgericht … festgestellten Tatsachen des Betäubungsmittelerwerbs.
Ebenfalls sind schwerwiegende Ausweisungsinteressen wegen nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Verstöße gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen und Verfügungen durch den Kläger anzunehmen, § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Der Kläger entzog sich bisher beharrlich fast jeder Auflage oder Weisung eines Jugendstraf- bzw. Vollstreckungsgerichts, sein vollzugliches Verhalten in Haft war teilweise zu beanstanden und er beging, seit er am … … 2020 aus der letzten Haft entlassen wurde, vier Betäubungsmittelstraftaten, gestand einen weiteren Einbruchsdiebstahl in ein gewerbliches Objekt und wurde wegen Beleidigung von Polizeibeamten zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Konflikte mit der Lebensgefährtin führten zu mehreren Polizeieinsätzen, die jedoch mangels Strafantragsstellungen nicht zu Ermittlungsverfahren führten.
2.2. Dem steht ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse des Klägers gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG gegenüber, da der Kläger bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids eine Niederlassungserlaubnis besaß und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.
Ein Interesse des Klägers am Verbleib in Deutschland ergibt sich nach § 53 Abs. 2 AufenthG aus seinen familiären Bindungen zu seinen in Deutschland lebenden Eltern und Geschwistern sowie der entfernteren Familie. Weiter lebt der Kläger seit seiner Geburt in Deutschland, hat deutsche Sprachkenntnisse und verfügt über einen Schulabschluss der mittleren Reife. Weiter ist die – nach Angaben des Klägers angebliche – Lebensgefährtin derzeit schwanger und entbindet voraussichtlich am 28. August 2021. Das ungeborene Kind stammt nach Angaben des Klägers und der damals noch ehemaligen Lebensgefährtin gegenüber der Polizei vom Kläger.
2.3. Bei der Abwägung gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG überwiegt unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien sowie aller sonstigen Umstände des Einzelfalls vorliegend das öffentliche Interesse an der Ausreise das private Bleibeinteresse des Klägers. Die Ausweisungsentscheidung erweist sich auch mit Blick auf die Anforderungen des Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG als verhältnismäßig.
2.3.1. Für den weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet sprach bei dieser Abwägung, dass der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland geboren wurde und sein ganzes Leben hier verbracht hat, er erfüllt damit (wohl) die Kriterien eines faktischen Inländers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht jedoch auch für sogenannte „faktische Inländer“ kein generelles Ausweisungsverbot (vgl. BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn.19). Bei der Ausweisung im Bundesgebiet geborener Ausländer ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der besonderen Härte, die eine Ausweisung für diese Personengruppe darstellt, in angemessenem Umfang Rechnung zu tragen. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR bietet Art. 8 EMRK bei sogenannten „Zuwanderern der zweiten Generation“ keinen absoluten Schutz vor einer Aufenthaltsbeendigung (vgl. EGMR [Große Kammer], U.v. 18.10.2006 – 46410/99 Rn. 54 – Üner, NVwZ 2007, 1279).
Im Rahmen der Ermittlung der privaten Belange ist bei faktischen Inländern in Rechnung zu stellen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Als Gesichtspunkte für das Vorhandensein von anerkennenswerten Bindungen können Integrationsleistungen in persönlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von Bedeutung sein, der rechtliche Status, die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote, der Grund für die Dauer des Aufenthalts und Kenntnisse der deutschen Sprache. Diese Bindungen des Ausländers im Inland sind in Beziehung zu setzen zu den (noch vorhandenen) Bindungen an seinen Heimatstaat. Hierzu gehört die Prüfung, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters, seiner persönlichen Befähigung und seiner familiären Anbindung im Heimatland von dem Land seiner Staatsangehörigkeit bzw. Herkunft entwurzelt ist.
Der Kläger ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, hielt sich mithin 26 Jahre in Deutschland auf, durchlief hier eine reguläre Schulbildung bis zum Abschluss der mittleren Reife. Eine wirtschaftliche Integration in die Lebensverhältnisse des Klägers ist seitdem nicht ersichtlich. Eine Ausbildung brach der Kläger nach etwas über einem Jahr am 8. August 2014 ab und ging seither einer regulären Arbeitstätigkeit nicht nach. Der Kläger bezog von September 2014 bis Februar 2015 Sozialleistungen und finanzierte seinen Lebensunterhalt anschließend teilweise durch seine Eltern sowie nach eigenen Angaben durch „Dealen“ und seine Straftaten, wenn er sich nicht in staatlichen oder klinischen Einrichtungen aufhielt. Eine reguläre Eingliederung in die Arbeitswelt in Deutschland ist bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht erfolgt. Die im Bericht des Bewährungshelfers vom 30. September 2020 erwähnte Ausbildung zum Spengler konnte nach Aktenlage im Strafverfahren vor dem Amtsgerichts … nicht bestätigt werden, wurde nicht substantiiert vorgetragen und ist spätestens seit der erneuten Inhaftierung am 17. Februar 2021 wohl inzwischen nicht mehr bestehend.
Auch war im Rahmen des Bleibeinteresses des Klägers zu würdigen, dass ein Großteil seiner Familie, vor allem seine Eltern und Geschwister, im Bundesgebiet leben und er in Bosnien-Herzegowina nach Angaben des Klägers nur noch über einen Großcousin, zu dem er keinen Kontakt hat, verfügt.
Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise der leibliche (nicht rechtliche) Vater eines noch ungeborenen Kindes sein könnte, führt selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einem Überwiegen der Bleibeinteressen des Klägers gegenüber den Ausweisungsinteressen. Weder Art. 6 GG noch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähren einen unmittelbaren Anspruch des Ausländers auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde und das Gericht, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d. h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (BVerfG, B.v. 5.6.2013 – 2 BvR 586/13 – juris Rn. 13 f.; BayVGH, B.v. 12.11.2020 – 10 ZB 2257 – juris Rn. 6).
Das Gericht sieht es bereits als fraglich an, ob der Schutzbereich des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK bereits eröffnet ist. Der Kläger trug erst am Vortag der mündlichen Verhandlung vor, dass seine Lebensgefährtin von ihm schwanger sei und das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit haben werde. Zum Nachweis legte der Kläger einen Auszug des Mutterpasses der Lebensgefährtin vor, wonach Entbindungstermin am 28. August 2021 ist.
Ein substantiierter Vortrag, geschweige denn Nachweis einer leiblichen bzw. rechtlichen Vaterschaft des Klägers zum noch ungeborenen Kind ist daraus nicht ersichtlich. Nach Aktenlage musste die Polizei mehrfach beim Kläger und seiner (jedenfalls im Oktober 2020 und ebenfalls im Januar 2021 ehemaligen) Lebensgefährtin wegen heftiger Streitigkeiten und häuslicher Gewalt ermitteln (III, Bl. 17 ff., 33 ff.). Die angebliche Lebensgefährtin erwirkte am 28. Januar 2021 ein gerichtliches Kontaktverbot beim Amtsgericht … gegen den Kläger. Die Vaterschaft des Klägers steht derzeit nicht fest; es ist noch nicht einmal vorgetragen, dass der Kläger die Vaterschaft zum ungeborenen Kind anerkennen möchte bzw. die (ehemalige) Lebensgefährtin einer Vaterschaftsanerkennung überhaupt zustimmen würde, § 1595 Abs. 1 BGB. Außerdem ist das Kind noch nicht geboren.
Doch selbst bei Annahme der Eröffnung des Schutzbereiches des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK ist fraglich, ob beim Kläger tatsächlich mit der Übernahme elterlicher Verantwortung und der gemeinsamen Erziehung des Kindes gerechnet werden kann. Eine derzeit gelebte, schützenswerte Vater-Kind-Beziehung ist mit Blick auf den voraussichtlichen Geburtstermin Ende August 2021 derzeit nicht existent. Ob eine solche schützenswerte Beziehung zum Kind durch den Kläger aufgebaut werden kann, ist fraglich. Eine besondere Hilfsbedürftigkeit der Kindsmutter ist nicht ersichtlich, eine Beziehung besteht nach Aktenlage frühestens seit der Haftentlassung des Klägers im Mai 2020 und stellt sich nach derzeitiger Aktenlage als zumindest instabil dar. Weiter ist der Kläger derzeit in Untersuchungshaft und wurde bereits (noch nicht rechtskräftig) zu einer weiteren Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, die nach dem Berufungsziel des Klägers in eine mehrmonatige Unterbringung in einer Entziehungsanstalt umgewandelt werden soll, so dass ein häufiger Kontakt nach der Geburt zunächst nicht zu erwarten ist.
2.3.2. Für das Überwiegen der Ausweisungsinteressen sprechen die Art und Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten. Die aus spezialpräventiven Gründen für das Überwiegen des Ausweisungsinteresses sprechenden Gesichtspunkte sind gemeinsam mit den generalpräventiven Gründen so gewichtig, dass die von der Beklagten vorgenommene Entscheidung nicht zu beanstanden ist.
Die Beklagte hat die privaten Belange des Klägers zutreffend dargestellt und mit sehr ausführlicher Begründung, der sich das Gericht anschließt, gegen die für die Ausreise sprechenden Gründe abgewogen.
Besonders fiel negativ ins Gewicht, dass der Kläger nicht zum ersten Mal straffällig wurde, sondern im Gegenteil bereits vielfach vorbestraft ist und sich die Straftaten mit der Zeit in ihrer Intensität auch deutlich steigerten. Die Geringschätzung der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums anderer durch den Kläger ist den Straftaten des Klägers zu entnehmen. Dem § 54 Abs. 1a AufenthG ist die gesetzgeberische Wertung zu entnehmen, dass es beim Ausweisungsinteresse entsprechend negativ zu gewichten ist, wenn Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder das Eigentum unter den dortigen Voraussetzungen begangen wurden. Der Kläger hat durch die Vielzahl der Eigentumsdelikte, Körperverletzungsdelikte und sonstiger Delikte gezeigt, dass er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht respektiert. Der der vorliegenden Klage zugrundeliegende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger bereits spätestens im Alter von 14 Jahren begonnen hat, illegale Betäubungsmittel zu konsumieren. Die mit seiner Drogensucht einhergehende Kriminalität hat sich nicht nur auf den Erwerb und den Besitz von Betäubungsmitteln bezogen, sondern bestand wiederholt in Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten. Auch die bislang nicht geglückte wirtschaftliche Integration des Klägers, der keine abgeschlossene Ausbildung hat und seinen Lebensunterhalt noch nie selbst erwirtschaftete, spricht dafür, dass er wieder zu Drogen greifen wird und seinen Lebensunterhalt mit unlauteren Mitteln bestreiten wird. Auch ist es sehr negativ zu bewerten, dass der Kläger eine Vielzahl von Chancen und Therapien, die ihm ermöglicht wurden – trotz anfänglich vorgetragener Motivation – nicht genutzt hat, nach seinen eigenen Angaben auch während Therapien „Spice“ nahm und im Rahmen der gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung beharrlich und gröblich gegen die Bewährungen verstößt. Die Familie des Klägers konnte ihn auch in der Vergangenheit nicht von der Begehung von Straftaten abhalten. Vor dem dargestellten Hintergrund sieht das Gericht eine vom Kläger ausgehende ernsthafte Gefahr für bedeutsame Schutzgüter durch die Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten.
Die Beklagte hat eine Rechtsstellung des Klägers als „faktischer Inländer“ zutreffend gewürdigt. Diese Position führt nämlich nicht dazu, dass eine Ausweisung unzulässig wäre. Als „faktischer Inländer“ wird ein Ausländer bezeichnet, der sich lange im Bundesgebiet aufgehalten und seine wesentliche Prägung und Entwicklung hier erfahren hat (BayVGH, B.v. 13.05.2016 – 10 ZB 15.492 – juris Rn. 21). Jedoch verhindert die Stellung als „faktischer Inländer“ die Ausweisung nicht von vornherein, sondern erfordert lediglich eine Abwägung der besonderen Umstände des Betroffenen und des Allgemeininteresses im jeweiligen Einzelfall (vgl. EGMR, U.v. 13.10.2011 – Nr. 41548/06, Trabelsi – juris Rn. 53; BayVGH, B.v. 26.01.2015 – 10 ZB 13.898 – juris Rn. 37). Diese Abwägung hat die Beklagte fehlerfrei vorgenommen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sieht das Gericht den 26-jährigen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet, stellt aber zugleich fest, dass er sich offensichtlich nicht integriert hat, keine besonders schützenswerten persönlichen Beziehungen im Bundesgebiet besitzt und ihm eine Rückkehr in das Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten ist. Dem Kläger ist während seines langjährigen Aufenthalts eine wirtschaftliche und soziale Integration in die Gesellschaft nicht gelungen; er ist seit fast acht Jahren permanent straffällig, drogensüchtig und nahm keinerlei Hilfsangebote mit Erfolg an.
Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris). Der Kläger ist Bewährungsversager und mehrfacher Therapieversager und befindet sich in Untersuchungshaft. Seine Stellung als faktischer Inländer sowie seine Bindungen zur Familie und zum Herkunftsland wurden in die Verhältnismäßigkeitsprüfung eingestellt und ausreichend gewichtet.
Dem Kläger ist zuzumuten, sich eine eigene Existenz in Bosnien-Herzegowina aufzubauen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Kläger nach eigenen Aussagen nur zu Urlaubszwecken in Bosnien-Herzegowina war und vorträgt, die bosnische Sprache eher schlecht zu sprechen. Es ist dem Kläger jedoch zuzumuten, seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich des Vollzugsberichts in der Justizvollzugsanstalt vom 23. Mai 2019 und 16. Dezember 2019 über gute Kenntnisse der bosnischen Sprache verfügt. Auch verkennt das Gericht nicht, dass sich nach eigener Aussage des Klägers ein Großteil der Familie in Deutschland befindet. Jedoch hat der Kläger in Bosnien und Herzegowina noch Verwandte. Als Volljähriger ist der Kläger nicht mehr auf den Beistand seiner Eltern angewiesen; zum Entscheidungszeitpunkt ist der Kläger bereits 25 Jahre alt. Der Kläger ist gesund, daher ist es ihm zuzumuten, sich in seinem Heimatland mit der Unterstützung seiner hier lebenden und unter Kontaktaufnahme zu den noch dort lebenden Verwandten eine neue Existenz aufbauen. Es wäre ihm sogar zuzumuten, sich ohne Kontaktperson zurechtzufinden.
Eine eigene Kernfamilie hat der Kläger nicht gegründet, der instabilen Beziehung zu seiner (ehemaligen) Lebensgefährtin ist wenig Gewicht beizumessen. Die Beziehung ist in Kenntnis der unsicheren aufenthaltsrechtlichen Position des Klägers geschlossen worden und dauert mit erheblichen Unterbrechungen und Konflikten längstens etwas über ein Jahr. Wegen der fehlenden Darlegung einer tragfähigen Zukunftsperspektive kommt der Geburt des Kindes der Lebensgefährtin – selbst bei Annahme einer nicht nachgewiesenen, jedoch angestrebten Vaterschaft des Klägers – eine nur geringe Bedeutung zu, da prognostisch unklar ist, ob der Kläger selbst bei einem Verbleib in Deutschland zeitnah die Möglichkeit erhält, eine schützenswerte Beziehung zu dem Kind aufzubauen.
2.3.3. Zusammenfassend kommt das Gericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung wie die Beklagte zum Ergebnis, dass die Ausweisung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt und dem Kläger eine Rückkehr in das Land seiner Staatsangehörigkeit zuzumuten ist.
3. Die von der Beklagten verfügten Befristung der Ausweisung auf fünf Jahre ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach der ab dem 21. August 2019 anwendbaren Neufassung des § 11 Abs. 1 AufenthG entsteht – anders als in der vorhergehenden Fassung – aufgrund der Ausweisung kein durch Gesetz angeordnetes Einreise- und Aufenthaltsverbot mehr, das die Behörde als Einzelfallentscheidung befristet. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nunmehr behördlich anzuordnen. Mangels Übergangsregelung und in Anbetracht des maßgeblichen Entscheidungszeitpunktes der mündlichen Verhandlung ist vorliegend die neue Gesetzesfassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG anzuwenden (vgl. OVG NRW, B.v. 16.12.2020 – 19 A 555/19.A – juris Rn. 19). Wegen einer möglichen richtlinienkonformen Auslegung bestehen wegen des Wortlauts der Anordnung in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids keine Bedenken, da die dort vorgenommene Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbot die Existenz desselben voraussetzt (BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21/17 – juris Rn. 26 ff.; OVG NRW, B.v. 16.12.2020 – 19 A 555/19.A – juris Rn. 20).
Die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegen vor, da der Kläger ausgewiesen wird.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise stellt sich als ermessensfehlerfrei dar. Die Voraussetzungen für die Überschreitung der Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG lagen vor. Die gewählten fünf Jahre sind wegen der massiven Rückfallgefahr und -geschwindigkeit, der persistierenden, nicht therapierten Drogensucht und des Rangs der beeinträchtigten Rechtsgüter auch unter Berücksichtigung der familiären Bindungen des Klägers sowie seines Status als faktischer Inländer angemessen. Die am Vorabend der mündlichen Verhandlung vorgetragene Schwangerschaft der (ehemaligen) Lebensgefährtin des Klägers nahm der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis und erklärte, dass auch unter Berücksichtigung der Schwangerschaft eine Fristverkürzung nicht erfolge. Ermessensfehler der Beklagten sind insofern nicht ersichtlich.
Im Übrigen kann der Kläger jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der von der Beklagten festgesetzten Frist nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG stellen, wenn sich die für die Festsetzung maßgeblichen Kriterien nachträglich ändern sollten.
4. Die Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
II.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 173 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung.


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