Verwaltungsrecht

Allgemeinverfügung zur Festlegung der öffentlichen Verkehrsflächen der Innenstädte unter freiem Himmel, auf denen der Konsum von Alkohol nach § 26 13. BayIfSMV untersagt ist, Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG

Aktenzeichen  AN 18 S 21.01179

Datum:
8.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18314
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayIfSMV § 26 13.

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 zur Festlegung der Flächen gemäß § 26 13. BayIfSMV für die Stadt … wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Vollziehbarkeit einer Allgemeinverfügung, mit der Teile des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin als öffentliche Verkehrsflächen der Innenstädte unter freiem Himmel festgelegt wurden, auf denen gemäß § 26 13. BayIfSMV der Konsum von Alkohol untersagt ist.
Der Antragsteller ist unter der Anschrift … im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin wohnhaft. Des Weiteren ist er der Betreiber eines an der Straße „K.berg“ belegenen Cafés.
Die Antragsgegnerin traf zunächst mit Allgemeinverfügung vom 9. Juni 2021 (Amtsblatt Nr. 12a, Seite 334 ff.) Regelungen zur Festlegung der öffentlichen Verkehrsflächen der Innenstädte unter freiem Himmel, auf denen gemäß § 26 13. BayIfSMV der Konsum von Alkohol untersagt ist. Diese Allgemeinverfügung wurde mit Wirkung zum 5. Juli 2021 durch die Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 (Amtsblatt Nr. 13b, Seite 357 ff.) ersetzt. Letztere enthält auszugsweise folgende Regelungen:
„I. Festlegungen
1. Alkoholkonsumverbot
Gem. § 26 S. 2 der 13. BayIfSMV besteht auf öffentlichen Verkehrsflächen der Innenstädte sowie sonstigen öffentlichen Orten ein Verbot des Konsums von Alkohol. Diese Flächen werden für die Stadt … wie folgt festgelegt (siehe beiliegenden Lageplan, Seite 360 und Straßenliste, Seite 359):
– Bereich K.markt
– Bereich T.platz
– Bereich K.berg
Die Festlegungen erstrecken sich auf den gesamten öffentlich zugänglichen Raum in diesen Bereichen. Die Festsetzungen gelten nicht innerhalb der festgesetzten Ausschankflächen während der Betriebszeiten. Hier sind die Vorgaben des § 15 der 13. BayIfSMV zu beachten.“
Das Alkoholkonsumverbot gilt jeweils Freitag- und Samstagnacht in der Zeit von 20:00 Uhr bis 04:00 Uhr sowie Sonntag- bis Donnerstagnacht in der Zeit von 20:00 Uhr bis 24:00 Uhr.

II.
Ausnahmen:
Ausnahmen von den vorgenannten Beschränkungen können erteilt werden, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.
III.
Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß Art. 41 Abs. 4 BayVwVfG am 2.7.2021 durch Veröffentlichung im Sonderamtsblatt der Stadt …, im Internet (www. …de) sowie in Rundfunk und Presse als bekannt gegeben.
IV.
Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem 5.7.2021 um 0:00 Uhr bis zum 28.7.2021 um 24:00 Uhr.
Die auf Seite 359 abgedruckte Straßenliste, auf die Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 Bezug nimmt, hat folgenden Wortlaut:
Alkoholkonsumverbot
A.straße
22, 28
teilweise enthalten
A.-D.-Straße
32, 39
teilweise enthalten
Am G.
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
Beim T.
1, 2, 3, 4, 6, 8, 10
vollständig enthalten
B.straße
25, 27
teilweise enthalten
D.-K.-S.-Straße
2, 4, 5
teilweise enthalten
E. Gäßchen
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
F.gasse
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
F.straße
11
teilweise enthalten
H.platz
37
teilweise enthalten
J.straße
1
teilweise enthalten
K.straße
18, 22, 23, 25
teilweise enthalten
Ka.gäßchen
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
Ka.gasse
1
teilweise enthalten
Kl.gasse
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
K.markt
1, 2, 4, 6, 7
teilweise enthalten
Kr.gasse
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
K.berg
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
N.mauer
23, 25
teilweise enthalten
O. S.gasse
39, 54, 56, 58, 64, 66
teilweise enthalten
P.gasse
22
teilweise enthalten
S.gäßchen
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
T.tor
Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern
teilweise enthalten
Der von Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 in Bezug genommene Kartenausschnitt im Maßstab 1:3.000 bildet unter namentlicher Benennung wesentlicher Straßenzüge das Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin ab. Der räumliche Geltungsbereich der Allgemeinverfügung ist in roter Farbe hervorgehoben.
Am 28. Juni 2021 hat der Antragsteller zunächst gegen die Allgemeinverfügung vom 9. Juni 2021 Klage erhoben und diese zuletzt gegen die Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 fortgeführt. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs.
Er bemängelt die fehlende Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereichs der Festlegungen der Allgemeinverfügung und erblickt hierin einen Verstoß gegen die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. So seien bestimmte Straßenzüge, die in der Straßenliste im Anhang der Allgemeinverfügung aufgeführt würden, in dem ebenfalls dort abgebildeten Kartenausschnitt nicht rotfarbig hervorgehoben, obwohl in den textlichen Festlegungen hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs sowohl auf die Straßenliste als auch auf den Kartenausschnitt Bezug genommen werde. Auch die Straßenliste sei in Ermangelung einer Legende über den einzelnen Spalten aus sich heraus nicht verständlich; insbesondere erschließe sich nicht, was mit den Formulierungen „vollständig enthalten“ bzw. „teilweise enthalten“ in der dritten Spalte der Tabelle gemeint sei. Zu unbestimmt sei schließlich der an die „festgesetzten Ausschankflächen“ anknüpfende Ausnahmetatbestand der Ziffer I Nr. 1. Die Festsetzung der Ausschankflächen erfolge in der Regel in Form eines Verwaltungsakts gegenüber dem jeweiligen Gastronomen, von dessen Inhalt die Bürger als Adressaten der Allgemeinverfügung regelmäßig keine Kenntnis hätten.
Er erhebt im Übrigen verschiedene – in der Antragsbegründung näher dargelegte – inhaltliche Einwände gegen die angegriffene Allgemeinverfügung.
Der Antragsteller beantragt zuletzt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Allgemeinverfügung der Stadt … vom 2. Juli 2021 (AN 18 K 21.01180) hinsichtlich Ziffer I (Festlegungen), Nummer 1 (Alkoholkonsumverbot) wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Der seitens des Antragstellers monierte Widerspruch zwischen den textlichen und zeichnerischen Darstellungen sei bereits aus technischen Gründen ausgeschlossen. Die in der Allgemeinverfügung enthaltene Straßenliste sei mithilfe eines durch das Amt für Geoinformation und Bodenordnung entwickelten Computerprogramms rein automatisiert erstellt worden. Hierbei wähle der Anwender auf der Karte den zu markierenden Bereich aus, woraufhin das Computerprogramm eine Liste der vom markierten Bereich erfassten Straßen und Hausnummern erstelle. Dass dabei in dem Kartenausschnitt nicht alle Straßen nebst Hausnummern einzeln aufgeführt werden könnten, folge aus der Natur der Sache und stelle ein Charakteristikum jedes Straßenplans dar. Vor diesem Hintergrund enthalte die Allgemeinverfügung eine Straßenliste, in der jede Straße innerhalb der auf der Karte umrandeten Bereiche aufgelistet sei. Zusätzlich sei dort angegeben, ob die betreffende Straße komplett in der Alkoholverbotszone enthalten sei oder sich die jeweilige Zone nur auf einzelne Hausnummern bzw. nur auf den Straßenbereich erstrecke. Hinsichtlich der vom Ausnahmetatbestand umfassten festgesetzten Ausschankflächen der ansässigen Gastronomie sei die Erkennbarkeit dadurch gewährleistet, dass diese durch Umrandungen oder Bestuhlung klar vom öffentlich zugänglichen Verkehrsraum abgegrenzt würden.
Im Übrigen seien die Örtlichkeiten in der … Innenstadt, an denen der Konsum von Alkohol verboten sei, in ermessensfehlerfreier Weise festgelegt worden (wird näher ausgeführt).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie dem Hauptsacheverfahren AN 18 K 21.01180 verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in dem Hauptsacheverfahren AN 18 K 21.01180 erhobenen Anfechtungsklage gegen die in Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2021 erfolgten Festlegung der öffentlichen Verkehrsflächen der Innenstädte unter freiem Himmel, auf denen der Konsum von Alkohol gemäß § 26 Satz 1 13. BayIfSMV verboten ist, hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Er ist insbesondere statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO. Denn der Hauptsacheklage gegen Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 kommt entgegen dem allgemeinen Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 28 Abs. 3, § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung zu. Die angegriffenen Bestimmungen der Allgemeinverfügung finden ihre rechtliche Grundlage in § 26 Satz 2 13. BayIfSMV i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 9 IfSG.
Der Antragsteller verfügt ferner über die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Antragsbefugnis. Sowohl sein privater Wohnsitz am … als auch seine berufliche Tätigkeitsstätte – das von ihm an der Straße „K.berg“ betriebene Café – befinden sich im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin. Da das vom Antragsteller betriebene Café somit innerhalb des Geltungsbereichs der Ziffer I Nr. 1. der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 und auch seine Privatwohnung in dessen unmittelbarer Nähe belegen sind (zum sogenannten „Bereich T.platz“ beträgt die Entfernung kaum 200 Meter), erscheint es hinreichend glaubhaft, dass sich der Antragsteller mit regelmäßiger Wiederkehr aus beruflich oder privat veranlassten Gründen dort aufhält und mithin als Adressat der Festlegungen nach Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 anzusehen ist. Als solcher kann er jedenfalls eine mögliche Verletzung in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG geltend machen. Im Übrigen ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller für sämtliche der geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgründe seine Antragsbefugnis im Einzelnen nachweist (VG Regensburg B.v. 18.11.2020 – RN 14 S 20.2756 – juris Rn. 45).
2. Darüber hinaus ist der Antrag auch in der Sache begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das erkennende Gericht eine eigenständige und originäre Interessenabwägung zwischen dem – in § 28 Abs. 3, § 16 Abs. 8 IfSG zum Ausdruck gelangten – Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu treffen. Bei dieser gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt vor allem den – nach dem Wesen des Eilverfahrens nur summarisch zu prüfenden – Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine maßgebliche Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 6.7.1994 – 1 VR 10.93 – juris Rn. 4). Dabei können allerdings – eben wegen des summarischen Charakters des Eilverfahrens und seiner nur begrenzten Erkenntnismöglichkeiten – weder schwierige Rechtsfragen vertieft oder abschließend geklärt noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden; solches muss dem Verfahren der Hauptsache überlassen bleiben (OVG NRW, B.v. 26.1.1999 – 3 B 2861/97 – juris Rn. 4). Wird bei einer derartigen summarischen Prüfung der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird dem Antrag regelmäßig zu entsprechen sein. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben, so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrags.
In Anwendung dieser Maßstäbe war dem vorliegenden Antrag vollumfänglich zu entsprechen. Denn die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage gegen Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 wird bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach erfolgreich sein. Die darin getroffene Festlegung derjenigen öffentlichen Verkehrsflächen in den Innenstädten unter freiem Himmel, auf denen der Konsum von Alkohol gemäß § 26 Satz 1 13. BayIfSMV untersagt ist, erweist sich jedenfalls aufgrund verschiedener Verstöße gegen die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinem durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit. Inwieweit daneben auch die antragstellerseits vorgebrachten inhaltlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Festlegungen der Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 in der Sache durchgreifen mögen, kann somit dahinstehen.
Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG müssen Verwaltungsakte, zu denen auch die vorliegend in Teilen angegriffene Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 zählt (Art. 35 Satz 2 BayVwVfG), inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Inhaltlich hinreichende Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 3.12.2003 – 6 C 20.02 – BVerwGE 119, 282/284).
Umfasst der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts – wie im Fall der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2021 – nur bestimmte Teile eines Gemeindegebiets, so muss diesem außerdem entnommen werden können, auf welchen räumlichen Geltungsbereich er sich bezieht (vgl. HK-VerwR/Schwarz, 5. Aufl. 2021, VwVfG, § 37 Rn. 21; ebenso für Verordnungen: BayVGH, U.v. 13.7.1989 – 22 N 87.870 – BayVBl. 1990, 185). Insoweit sind auch Bezugnahmen auf Karten und Pläne grundsätzlich zulässig.
Den vorstehend dargestellten Bestimmtheitsanforderungen wird die in Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 getroffene Festlegung der dort genannten Straßenzüge als öffentliche Verkehrsflächen der Innenstädte unter freiem Himmel, auf denen gemäß § 26 Satz 1 13. BayIfSMV ein Verbot des Konsums von Alkohol gilt, in weiten Teilen nicht gerecht. Dies gilt zum einen deshalb, weil die textlichen Festlegungen in der im Anhang abgedruckten tabellarischen Straßenliste und die zeichnerische Darstellung des ebenfalls dort abgebildeten Lageplans einander teilweise widersprechen (dazu unter Gliederungspunkt a). Zum anderen weisen die textlichen Festsetzungen der Straßenliste bereits für sich genommen verschiedene Ungereimtheiten auf, die ebenfalls nicht mit dem Bestimmtheitsgebot zu vereinbaren sind (dazu unter Gliederungspunkt b). In Konsequenz dieser in verschiedener Hinsicht festzustellenden Verstöße gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG war daher – wie tenoriert – die aufschiebende Wirkung der durch den Antragsteller erhobenen Anfechtungsklage vollumfänglich anzuordnen (dazu unter Gliederungspunkt c).
a) Mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist es zunächst nicht zu vereinbaren, dass die Festlegung derjenigen Straßenzüge, auf denen das Alkoholkonsumverbot des § 26 Satz 1 13. BayIfSMV zur Geltung gelangen soll, in der im Anhang der Allgemeinverfügung abgedruckten Straßenliste einerseits und in dem ebenfalls dort abgebildeten Lageplan andererseits zueinander in einem teilweisen – auch anhand der üblichen Auslegungsmethoden nicht auflösbaren – Widerspruch stehen.
So nimmt Ziffer 1 Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 zur Umschreibung der dort aufgelisteten Teile der … Innenstadt („Bereich K.markt“, „Bereich T.platz“ und „Bereich K.berg“) sowohl auf den im Anhang abgebildeten Lageplan als auch die dort abgedruckte tabellarische Straßenliste Bezug („siehe beiliegenden Lageplan, Seite 360 und Straßenliste, Seite 359“). Zwar ist eine derartige doppelte Bezugnahme – zum einen auf die Festlegungen des tabellarischen Straßenverzeichnisses und zum anderen auf die zeichnerischen Darstellungen des beigefügten Kartenausschnitts – dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Behörde in einem solchen Fall darauf zu achten, dass die textlichen und zeichnerischen Festlegungen der Allgemeinverfügung einander nicht widersprechen, sondern vielmehr ein nachvollziehbares und in sich schlüssiges Regelungsgefüge bilden. Besteht hingegen ein nicht auflösbarer Widerspruch zwischen der textlichen und der zeichnerischen Darstellung, so entspricht der Verwaltungsakt nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (BayVGH, B.v. 30.11.2017 – 10 ZB 17.2121 – juris Rn. 7).
Einen derartigen, auch mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden nicht aufzuklärenden Widerspruch zwischen den textlichen Festlegungen der im Anhang enthaltenen tabellarischen Straßenliste und der graphischen Darstellung des ebenfalls dort abgebildeten Lageplans weist die Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 in Bezug auf die Straßen „K.gäßchen“, „E. Gäßchen“, „S.gäßchen“, und „P.gasse“ auf. Während diese in der Straßenliste jeweils ausdrücklich als zumindest teilweise von den Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV erfasst aufgeführt werden, fehlt es an einer (teilweisen) rotfarbigen Hervorhebung dieser Straßenzüge in dem Lageplan. Besonders deutlich wird dies in Bezug auf das „K.gäßchen*“, das „E. Gäßchen und das „S.gäßchen“, die in dem Katenausschnitt jeweils explizit benannt wurden, jedoch ersichtlich keinerlei rotfarbige Markierung aufweisen. Nichts anderes gilt mit Blick auf die P.gasse, die in dem Lageplan zwar nicht namentlich bezeichnet wurde, jedoch anhand der übrigen darin enthaltenen Angaben unschwer zu lokalisieren ist. Was aber gelten soll, wenn die textlichen Festlegungen der Straßenliste von der zeichnerischen Darstellung dem Lageplan abweichen, dazu trifft Ziffer I Nr.1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 keine Aussage. Insbesondere kann dieser nicht entnommen werden, ob in einem solchen Fall die textlichen Festlegungen des Straßenverzeichnisses oder aber die graphische Darstellung in dem Kartenausschnitt vorrangig maßgeblich sein sollen. Im Gegenteil wird dort zur Umschreibung des „Bereichs K.markt“, des „Bereichs T.platz“ und des „Bereichs K.berg“, für die jeweils Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV getroffen werden sollen, jeweils expressis verbis sowohl auf die auf Seite 359 des Amtsblatts abgedruckte Straßenliste als auch auf den auf Seite 360 abgebildeten Lageplan Bezug genommen, s.o.
In Anbetracht dessen kann der Antragsgegnerin auch der Einwand, die Straßenliste sei auf Grundlage der in dem Lageplan rot markierten Flächen in automatisierter Weise durch ein Computerprogramm erstellt worden, nicht weiterhelfen. Soweit sie hieraus schlussfolgert, es seien damit Abweichungen zwischen der graphischen Darstellung des Lageplans und der Auflistung des Straßenverzeichnisses aus technischen Gründen faktisch ausgeschlossen, wird dies durch die vorstehend herausgearbeiteten, offensichtlich erkennbaren Abweichungen widerlegt. Ohnehin kann aus dem tatsächlichen Umstand der automatisierten Erstellung der Straßenliste durch ein Computerprogramm nicht gleichsam von einer Wahrung der Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ausgegangen werden. Im Gegenteil erscheint es keineswegs ausgeschlossen, dass das verwendete Computerprogramm die von ihm zu bewältigenden Aufgaben zwar in technisch einwandfreier Weise erfüllt, die hierbei produzierten Ergebnisse aber hinter den gesetzlich normierten Bestimmtheitsanforderungen zurückbleiben. In der Sache sind damit auch die seitens der Antragsgegnerin angebotenen näheren Ausführungen zur Funktionsweise dieses Computerprogramms ohne Relevanz.
b) Daneben stellen auch verschiedene Ungereimtheiten in textlichen Festlegungen der von Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 in Bezug genommenen tabellarischen Straßenliste jeweils für sich genommen einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dar.
Im Ausgangspunkt folgt das Gericht zwar dem Standpunkt der Antragsgegnerin, wonach die grundlegende Systematik der im Anhang der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 abgedruckten tabellarischen Straßenliste von einem durchschnittlichen Normadressaten durchaus nachvollzogen werden kann. So wird in der linken Spalte dieser Tabelle zunächst der Name des betreffenden Straßenzugs angegeben und in der rechte Spalte klargestellt, ob deren öffentlicher Verkehrsraum unter freiem Himmel jeweils ganz oder teilweise von den Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV betroffen ist. Die mittlere Spalte dient für den Fall der nur teilweisen Betroffenheit jeweils der näheren Umschreibung des entsprechenden Straßenbereichs, der teilweise anhand der jeweiligen Hausnummern und im Übrigen durch den Hinweis konkretisiert wird, es seien nur die Straßen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern betroffen. Allerdings weisen die jeweils in der mittleren und rechten Spalte enthaltenen Angaben zu bestimmten – im Folgenden einzeln aufgeführten – Straßenzügen verschiedene Widersprüche und Ungenauigkeiten auf, aus denen jeweils eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes resultiert.
Unklarheiten, die auch mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden nicht ohne Weiteres beseitigt werden können, ergeben sich zunächst mit Blick auf die Festlegungen betreffend den Straßenzug „Beim T.“. Einerseits soll diese Straße – wie der rechten Spalte der Tabelle zu entnehmen ist – der Festlegung nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV und dem daraus resultierenden Alkoholverbot vollständig unterfallen. Andererseits jedoch wird diese Aussage durch die mittlere Spalte der Tabelle konterkariert, welche eine Beschränkung auf die Hausnummern 1, 2, 3, 4, 6, 8 und 10 enthält. Damit werden in den textlichen Festsetzungen zwei einander widersprechende Aussagen getroffen, wobei offenbleibt, ob die Straße „Beim T.“ in ihrer Gesamtheit oder aber lediglich im Bereich der genannten Hausnummern in den Geltungsbereich von Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 einbezogen ist.
Daneben kann auch die hinsichtlich verschiedener, nur teilweise von den Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV betroffener Straßenzüge verwendete Formulierung „Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern“ dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG nicht genügen. Dies gilt zuvörderst für die Straßen „K.gäßchen“, „E. Gäßchen“, „S.gäßchen“ und „P.gasse“. Wie bereits dargelegt, ist insbesondere auch keinerlei farbige Hervorhebung dieser Verkehrsflächen in dem beigefügten Lageplan erfolgt; in der Konsequenz ist für den Bürger als Normadressaten schlechterdings nicht zu erkennen, welche Teile der betreffenden Straßenzüge vom räumlichen Umgriff der Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 umfasst bzw. nicht umfasst werden. Sollte die Umschreibung „Straße betroffen, allerdings keine Gebäude mit Hausnummern“ hingegen so verstanden werden, dass tatsächlich die gesamte öffentlich zugängliche Verkehrsfläche der genannten Straßenzüge den Regelungen nach Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 unterstellt werden sollte, stellt dies einen unauflösbaren Widerspruch zur rechten Spalte der Tabelle dar, wonach die betreffenden Straßenzüge gerade nur „teilweise enthalten“ sein sollen.
Dieselbe Problematik stellt sich in Bezug auf die Straßen „Am G.“, „F.gasse“, „Kl.gasse“, „Kr.gasse“, „K.berg“ und „T.tor“. Auch diese sind nach den Angaben in der rechten Spalte der Tabelle im Geltungsbereich der Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 nur „teilweise enthalten“, wobei gemäß der mittleren Spalte der Tabelle jeweils nur der Straßenkörper und keine Gebäude mit Hausnummern betroffen sein sollen. Zwar ist hier eine entsprechende rotfarbige Markierung in dem beigefügten Lageplan erfolgt, wodurch sich die ungefähre räumliche Lage der jeweils betroffenen Straßenstücke zumindest rudimentär erahnen lässt. Allerdings wird es den betroffenen Normadressaten angesichts des gewählten Maßstabs von 1:3.000 kaum möglich sein, die teilweise – so etwa im Fall der Straßen „Am G.“, „F.gasse“, „Kr.gasse“ und „T.tor“ – nur wenige Millimeter starke rotfarbige Markierung in dem Lageplan auf die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort zu übertragen und so den Geltungsbereich der Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV zweifelsfrei bestimmen zu können. Mit Blick auf den „K.berg“ äußert sich diese Problematik in umgekehrter Form. Hier stellt sich die rotfarbige Markierung derart umgreifend dar, dass sich selbst bei näherer Betrachtung des Lageplans der Eindruck aufdrängt, dieser Straßenzug sei vollumfänglich in den Regelungsbereich der Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 einbezogen worden, was unter Berücksichtigung der Angaben in der rechten Spalte der Tabelle („teilweise enthalten“) aber gerade nicht der Fall sein soll. Auch dieser Umstand macht es für den normbetroffenen Bürger vor Ort nahezu unmöglich, den räumlichen Umgriff der Festlegungen nach § 26 Satz 2 13. BayIfSMV am „K.berg“ eindeutig zu bestimmen. Zwar ist dem Gericht durchaus bewusst, dass eine hinreichend deutliche Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs gerade in diesen Bereichen, in denen es offenbar zudem an aussagekräftigen Anhaltspunkten wie Hausnummern mangelt, für die Antragsgegnerin mit besonderen tatsächlichen bzw. praktischen Schwierigkeiten einhergeht. Gleichwohl dürfen letztere nicht dergestalt auf den normunterworfenen Bürger überbürdet werden, dass diesem eine eindeutige und zweifelsfreie Bestimmung des räumlichen Umgriffs der Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 unmöglich wird.
c) Aufgrund der vorstehend aufgezeigten Verstöße der in Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 erfolgten Festlegung der öffentlichen Verkehrsflächen der … Innenstadt, auf denen der Konsum von Alkohol gemäß § 26 Satz 1 13. BayIfSMV untersagt ist, gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG war die aufschiebende Wirkung der durch den Antragsteller erhobenen Klage vollumfänglich anzuordnen. Dies gilt zum einen deshalb, weil die einzelnen Bestimmtheitsmängel jedenfalls in der Gesamtschau eine weitgehende Aufweichung der räumlichen Eingrenzung der in Ziffer I Nr. 1 der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 enthaltenen Regelungskomplexe „Bereich K.markt“, „Bereich T.platz“ und „Bereich K.berg“ bewirken. Zum anderen hätte eine – zumindest theoretisch denkbare – Beschränkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf die in den vorstehenden Ausführungen konkret behandelten Straßenzüge letztlich eine derart weitgehende Aushöhlung des durch die Antragsgegnerin entwickelten Regelungskonzepts zur Folge, dass damit die Erreichung des in der Sache verfolgten infektionsschutzrechtlichen Ziels nachhaltig beeinträchtigt würde.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei macht das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, den Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben, weil der Antrag im Hinblick auf das Außerkrafttreten der Allgemeinverfügung vom 2. Juli 2021 zum Ablauf des 28. Juli 2021 inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.


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