Verwaltungsrecht

Anforderungen an die Beschwerdebegründung – Darlegungsmangel

Aktenzeichen  9 CE 18.1033

Datum:
9.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17182
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3

 

Leitsatz

Das Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 E 18.163 2018-03-09 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung eines Bescheids.
Mit mehreren Bescheiden erließ das Landratsamt Augsburg verschiedene jeweils mit einer Zwangsgeldandrohung verbundene tierschutzrechtliche Anordnungen für die Nutztierhaltung des Antragstellers. Weiterhin erließ das Landratsamt gegen den Antragsteller mehrere isolierte Zwangsgeldandrohungen bzw. Mitteilungen über die Fälligkeit von Zwangsgeldern sowie Bußgeldbescheide wegen tierschutzrechtlicher Verstöße.
Am 27. Dezember 2016 ging beim Landratsamt Augsburg ein Schreiben des Antragstellers mit der Überschrift „Widerspruch einlegen“ und den Zwischenüberschriften „Gegen den Bußgeldbescheid vom 26.10.16“, „Betreff: Bußgeldbescheid vom 7.12.16“ sowie „Am 6.10.16“ mit Ausführungen zum Gesundheitszustand bestimmter Tiere ein, das vom Landratsamt – mangels eines Bescheids vom 26. Oktober 2016 – als Widerspruch gegen die dem Antragsteller am 26. Oktober 2016 zugestellte Zwangsgeldfälligkeitsmitteilung vom 24. Oktober 2016 sowie als Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 behandelt wurde.
Mit Schreiben vom 11. April 2017 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass das im Bescheid vom 2. Dezember 2016 unter Nummer II zu Nummer I.8 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei.
Am 15. Mai 2017 nahm der Antragsteller seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 zurück. Sein Eilantrag bezüglich der Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 2. Dezember 2016 wurde vom Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 9. März 2018 abgelehnt, weil gegen diesen Bescheid vom Antragsteller kein Rechtsbehelf eingelegt wurde.
Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller im Wesentlichen unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Bescheid vom 2. Dezember 2016 nicht bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller dagegen mit seinem am 27. Dezember 2016 beim Landratsamt eingegangenen Schreiben Widerspruch eingelegt habe. Dies ergebe sich aus dem Inhalt des Schreibens nach der Überschrift „am 6.12.16“ (gemeint: „am 6.10.16“), mit der sich das Verwaltungsgericht nicht befasst habe.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Bayer. Verwaltungsgerichts Augsburg vom 9. März 2018 „die Aufhebung der Vollziehung des mit Ziffer I 8 des Bescheids des Landratsamts Augsburg vom 2. Dezember 2016 festgesetzten Zwangsgelds“ anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
Das Beschwerdevorbringen genügt im Wesentlichen bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Danach muss die Beschwerdebegründung an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss nicht nur die Punkte bezeichnen, in denen der Beschluss angegriffen werden soll, sondern auch angeben, aus welchen Gründen er die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für unrichtig hält. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2016 – 9 CS 16.269 – juris Rn. 10; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 41).
Dem wird das Beschwerdevorbringen weitgehend nicht gerecht, da dort nahezu wortgleich die Begründung im erstinstanzlichen Verfahren wiederholt wird, auf die das Verwaltungsgericht auf Seite 7 Abs. 3 des Beschlusses vom 9. März 2018 ausdrücklich eingegangen ist. Eine gegenüber dem ursprünglichen Antragsvorbringen neue und auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts abstellende Begründung fehlt nahezu vollständig.
Einziger Ansatzpunkt für eine diesbezügliche Auseinandersetzung in der Beschwerdebegründung ist die Behauptung, dass sich das Erstgericht überhaupt nicht mit den Ausführungen im Schreiben des Antragstellers unter „am 6.10.16“ auseinandergesetzt habe. Hätte es sich damit befasst, hätte es feststellen müssen, dass sich die dort enthaltenen Erklärungen auf den Bescheid vom 2. Dezember 2016 bezögen, zumal sich in keinem anderen Bescheid Feststellungen fänden, denen der Antragsteller entgegentreten hätte können. Dieser Einwand ist aber unzutreffend.
Zum einen beziehen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 auf Seite 7 Abs. 3 des Beschlusses vom 9. März 2018 ohne Zweifel auch auf die Anmerkungen des Antragstellers zu seinem Gliederungspunkt „am 6.10.16“, der vom Verwaltungsgericht jedoch nicht als selbständiger Anknüpfungspunkt, sondern nur als Unterpunkt der Ausführungen zum Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 betrachtet wurde.
Zum anderen sind sämtliche vom Antragsteller unter dem „6.10.16“ erwähnte Ohrmarkennummern seiner Kühe nicht nur im Anordnungsbescheid vom 2. Dezember 2016, sondern auch im Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 unter Bezugnahme auf Kontrollen vom 8. Juni 2016 und 6. Oktober 2016 aufgelistet worden. Das Schreiben des Antragstellers orientiert sich sogar an der im Bußgeldbescheid vom 7. Dezember 2016 gewählten chronologischen Reihenfolge der Feststellungen zu diesen Kontrollen. Lediglich in Bezug auf den vom Antragsteller am Ende seines Schreibens nebenbei noch angesprochenen Vorwurf der Überforderung ist nur im Bescheid vom 2. Dezember 2016 eine entsprechende Äußerung zu finden. Dieser Umstand ist jedoch schon aufgrund seiner inhaltlich nur untergeordneten Bedeutung für sich allein nicht geeignet, das Schreiben des Antragstellers (auch) als Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 anzusehen. Eine weitere, den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügende Begründung lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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