Verwaltungsrecht

Antrag auf einstweilige Anordnung bei zweifelhafter Zulässigkeit einer gegen eine Abschiebung gerichteten Klage

Aktenzeichen  W 1 E 16.30409

Datum:
19.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1
AsylG AsylG § 38 Abs. 1, § 40 Abs. 1 S. 1, § 75 Abs. 1
GG GG Art. 19 Abs. 4

 

Leitsatz

Lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag im Sinne von § 38 Abs. 1 AsylG als einfach unbegründet ab, besitzt die hiergegen erhobene Klage nach § 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung; zugleich entfällt die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung. (red. LS Clemens Kurzidem)
Ist die Zulässigkeit einer Klage gegen die einfach unbegründete Ablehnung eines Asylantrags zweifelhaft, kann vorläufiger Rechtsschutz gegen eine drohende Abschiebung auch im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erwirkt werden, die darauf gerichtet ist, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Unterrichtung der zuständigen Ausländerbehörde über die vollziehbare Abschiebungsanordnung und die Zuleitung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen nach § 40 Abs. 1 AsylG zu untersagen. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste am 26. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein am 28. Januar 2016 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. März 2016 vollumfänglich abgelehnt. Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 4. April 2016 Klage erheben und im hiesigen Verfahren gleichzeitig beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Maßnahmen zur Abschiebung des Antragstellers nach Afghanistan bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu unterlassen und die Regierung von Mittelfranken, Zentrale Rückführungsstelle Nordbayern, Außenstelle Würzburg, entsprechend anzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund, mithin an einer Eilbedürftigkeit, die es für den Antragsteller schlechthin unzumutbar erscheinen ließe, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Der verfahrensgegenständliche Antrag ist vorliegend dahingehend auszulegen, dem Antragsgegner bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu untersagen, eine unverzügliche Unterrichtung der Ausländerbehörde, in deren Bezirk sich der Ausländer aufzuhalten oder Wohnung zu nehmen hat, über eine vollziehbare Abschiebungsandrohung vorzunehmen und dieser alle für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen zuzuleiten, § 40 AsylG.
In den Fällen der Ablehnung eines Asylantrages nach § 38 Abs. 1 AsylG, wie vorliegend geschehen, hat eine gegen diesen Bescheid erhobene Klage aufschiebende Wirkung, § 75 Abs. 1 AsylG, so dass überhaupt keine vollziehbare Abschiebungsandrohung i. S. d. § 40 Abs. 1 AsylG vorläge. Allerdings steht vorliegend gegebenenfalls eine Verfristung der am 4. April 2016 erhobenen Klage im Raum. Diesbezüglich hat die Antragstellerbevollmächtigte im Hauptsacheverfahren die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 60 VwGO, beantragt.
Diese Frage muss jedoch im vorliegenden Eilverfahren nicht entschieden werden, nachdem die Antragsgegnerin dem Gericht glaubhaft mitgeteilt hat, dass eine Mitteilung nach § 40 Abs. 1 AsylG unterbleibe, wenn in dem Hauptsacheverfahren Klage erhoben werde, und zwar ohne dahingehende Prüfung, ob diese Klage fristgerecht erhoben wurde. Es ist dem Antragsteller daher zuzumuten, die Entscheidung des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, da ihm eine Abschiebung derzeit nicht droht.
Nach alledem war der Antrag bereits wegen Fehlens eines Anordnungsgrundes abzulehnen; auf die Glaubhaftmachung und Prüfung eines Anordnungsanspruchs kommt es daher nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


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