Verwaltungsrecht

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Stellenbesetzung, W3 Professur an einer Universität, Anforderungsprofil, vergleichende Gutachten

Aktenzeichen  M 5 E 21.2443

Datum:
19.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 37347
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 47.226,31 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens um die W3-Professur für Statistik und Ökonometrie des Instituts für Statistik der Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik der … (im Folgenden: „Universität“) gegen die Auswahl des Beigeladenen.
Nach Zustimmung der Ausschreibung durch die Hochschulleitung der Universität im April 2019 wurde die Stelle im Juli 2019 in verschiedenen Medien ausgeschrieben. Der Ausschreibungstext lautet auszugsweise:
„Die Lehrstuhlinhaberin bzw. der Lehrstuhlinhaber (m/w/d) soll das Fach Statistik und Ökonometrie in Lehre und Forschung vertreten. Zu den Aufgaben der Professur gehört, Ökonometrie als ein Teilgebiet der Statistik, gerade auch mit dem Fokus auf Data Science und der Analyse von massiven Daten, in Forschung und Lehre angemessen zu vertreten. (…) Die Einwerbung von Drittmitteln sowie die Mitarbeit am statistischen Beratungslabor sind ausdrücklich erwünscht. Die … möchte eine hervorragend ausgewiesene Persönlichkeit gewinnen, die ihre wissenschaftliche Qualifikation im Anschluss an ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie eine überdurchschnittliche Promotion oder eine vergleichbare besondere Befähigung durch internationale sichtbare, exzellente Leistungen in Forschung und Lehre nachgewiesen hat.“
Am … Oktober 2019 sichtete der Berufungsausschuss die 30 eingegangenen Bewerbungen und nahm eine erste Einstufung vor. In Kategorie A (Personen die besonders hoch qualifiziert sind) befanden sich sechs Personen, darunter der Antragsteller und der Beigeladene. Ein Bewerber hatte seine Bewerbung zurückgezogen, sodass zu den Vorstellungsvorträgen mit anschließenden Gesprächen am …, … und … Dezember 2019 fünf Personen eingeladen wurden.
In der zweiten Sitzung des Berufungsausschusses am … Dezember 2019 wurden die Eindrücke zu den Vorträgen und Kommissionsgesprächen geteilt und abgestimmt, dass hinsichtlich des Antragstellers, des Beigeladenen sowie einer weiteren Bewerberin Gutachten eingeholt werden sollten. Als nationale Gutachter wurden vorgeschlagen: H. (F …), S. (H …), H. (P …). Als internationale Gutachter wurden vorgeschlagen: L. (S …), N.-A. (B …). Des Weiteren wurde der Berufungsausschussvorsitzende gebeten, bei den Gutachtern anzufragen und drei Gutachter (davon mindestens einer international) zu bitten, ein vergleichendes Gutachten zu erstellen. Mit E-Mail vom … Januar 2020 wurden drei Gutachter durch den Berufungsausschussvorsitzenden gebeten, vergleichende Gutachten zu erstellen. Die Gutachter H. (F …) und S. (H …) listeten den Beigeladenen auf Patz eins und den Antragsteller auf Platz zwei. Der Gutachter N.-A. (B …) listete den Antragsteller auf Platz eins und den Beigeladenen auf Platz zwei.
In der dritten Sitzung des Berufungsausschusses am … Februar 2020 ergab die Diskussion, dass sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene als hervorragende Besetzung für die Stelle gesehen würden. Der Antragsteller und der Beigeladene würden sich hinsichtlich ihrer Forschungsausrichtung unterscheiden. Im Laufe der Diskussion stellte sich eine leichte Präferenz für den Beigeladenen heraus, da dieser eine stärkere Anbindung an die klassische Ökonometrie habe.
Aufgrund der Gutachten und der Vorträge der Bewerber kam der Berufungsausschuss mit elf Ja-Stimmen, einer Enthaltung und null Nein-Stimmen zu folgender Listung:
Platz eins: Beigeladener, Platz zwei: Antragsteller, Platz drei: weitere Bewerberin.
Der Berufungsausschuss sehe in dem Beigeladenen die größte Passgenauigkeit in Bezug auf die Stelle, eine starke internationale Ausrichtung, exzellente Forschungsleistung und eingeworbenen Drittmittel. Der Berufungsausschuss hat in seinem Schreiben an den Präsidenten vom … April 2020 die Reihung des Beigeladenen vor dem Antragsteller in Anbetracht der Forschungsleistungen, der internationalen Vernetzung und in Anbetracht der Gutachtervoten begründet.
Der Berufungsvorschlag wurde ohne Änderungen vom Senat der Hochschulleitung im Mai 2020 zur Beschlussfassung empfohlen und vom Präsidenten in Eilkompetenz bestätigt.
Mit Schreiben vom … Juni 2020 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung:) teilte die Universität dem Antragsteller mit, dass er Platz zwei der Berufungsliste innehabe. Mit Schreiben vom … Dezember 2020 nahm der Beigeladene gegenüber der Universität den Ruf der Professur an. Über den dagegen eingelegten Widerspruch des Antragstellers vom … Mai 2021 ist – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller beantragt,
dem Antragsgegner wird es bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, zum Professor für Statistik und Ökonometrie – Nachfolge Prof. M. – der Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik der … einen anderen Bewerber als den Antragsteller zu ernennen.
Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners sei verfahrensfehlerhaft, zumindest aber nicht ordnungsgemäß, zustande gekommen, da der Beurteilungsspielraum überschritten worden sei. Zu berücksichtigende Kriterien – eigens „Data Science“ und „massive Daten“ – seien nicht beachtet bzw. verkannt worden. Der Beurteilung sei ein ungültiger Tatbestand zugrunde gelegt worden und es sei letztlich sachfremden Erwägungen gefolgt worden.
Im Mittelpunkt der Entscheidung über die Reihung der Bewerbenden auf der Vorschlagsliste sei offenbar der vom Beigeladenen eingeworbenen Starting Grant des European Research Council gestanden, obwohl die Einwerbung von Drittmitteln ausweislich der Ausschreibung nur ausdrücklich erwünscht sei. Insoweit würde es sich also allein um eine deklaratorische Anforderung und keine konstitutive Voraussetzung für die Besetzung handeln.
Auch sei bei der Auswahlentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt worden, ob die auf der Vorschlagsliste geführten Bewerbenden auch mit dem Fokus auf „Data Science“ und der Analyse von „massiven Daten“ die Professur in Forschung und Lehre angemessen würden vertreten können. Es würde sich bei diesem Merkmal vor allem auch in Anbetracht der Ausrichtung der Professur um ein prägendes konstitutives Merkmal handeln. Die Universität habe dies jedoch nur als deklaratorisches Merkmal ihrer Außenentscheidung zugrunde gelegt. Der Beigeladene würde diese Voraussetzungen nicht erfüllen und hätte deswegen in der ersten Auswahlentscheidung nicht in Gruppe A eingeordnet werden dürfen. Wäre der erste Auswahlschritt zutreffend durchgeführt worden, so wäre der Beigeladene in Kategorie C eingruppiert und folglich nicht zu einem Vortrag eingeladen worden. Auch würde der Beigeladene nicht über ausreichend Führungserfahrung verfügen und sei willkürlich in Gruppe A eingereiht worden. Es sei unklar, welcher Maßstab bzgl. der Eingruppierung durch die Universität angelegt worden sei. Darüber hinaus ergebe sich aus dem dritten Protokoll des Berufungsausschusses, dass sich im Laufe der Diskussion eine Präferenz für den Beigeladenen ergeben hab, da dieser eine stärkere Anbindung an die klassische Ökonometrie vorweise. Die Universität habe sich dadurch bewusst gegen das konstitutive Merkmal „Data Science und massive Daten“ entschieden und dies unberücksichtigt gelassen. Das Merkmal „Data Science und massive Daten“ würde nur beim Antragsteller vorliegen, der Beigeladene sei diesbezüglich nicht ausgewiesen.
Die Universität hat mit Schriftsatz vom 4. Juni 2021 für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass der Antrag bereits unzulässig sei, ihm zumindest das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da es im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens zur Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ausreiche, die Rechtskraft des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und nicht die der Hauptsache abzuwarten.
Darüber hinaus habe der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insbesondere sei das Anforderungsprofil verfahrensfehlerfrei berücksichtigt worden. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass vor der Auswahl der Bewerber die Stellenausrichtung als Ganzes in den Vordergrund gestellt worden sei. Es sei auch die Ausrichtung auf „Data Science“ und „massive Daten“ berücksichtigt worden. Die Zuordnung des Beigeladenen durch den Berufungsausschuss in Gruppe A sei korrekt erfolgt. Der umfassend und qualifiziert besetzte Berufungsausschuss habe in Übereinstimmung mit den externen Gutachten verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Beigeladene exzellent ausgewiesen sei und alle Voraussetzungen für die Berufung uneingeschränkt erfülle. Er sei insbesondere auch in den Bereichen „Data Science“ und der Analyse von „massiven Daten“ ausgewiesen und als Experte anzusehen.
Die durch den Antragsgegner eingeholten externen Gutachten seien von renommierten und exzellent ausgewiesenen Lehrenden und Forschenden im Fachgebiet Statistik und Ökonometrie erstellt worden. Keiner der drei Gutachter habe Zweifel an der Listenfähigkeit des Beigeladenen kundgetan, vielmehr sei der Beigeladene durch zwei Gutachten vor dem Antragsteller gelistet worden.
Mit Beschluss vom 23. Juni 2021 ist der ausgewählte Bewerber beigeladen worden. Er hat keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht zum Verfahren geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Es liegt ein Rechtsschutzbedürfnis vor. Im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens zur Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs ist es ausreichend, die Rechtskraft des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und nicht die der Hauptsache – wie vom Antragsteller beantragt – abzuwarten, weil es ihm nach einer erneuten Auswahlentscheidung durch den Antragsgegner zuzumuten ist, um Rechtsschutz nachzusuchen, wenn er dies wiederum für erforderlich halten sollte (vgl. hinsichtlich des dementsprechenden Tenors: VG Ansbach, B.v. 24.4.2019 – AN 2 E 19.00164 – juris; BayVGH, B.v. 18.4.2012 – 7 CE 12.166 – BayVBl 2012, 599, juris; B.v. 11.8.2010 – 7 CE 10.1160, BayVBl 2011, 602, juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 4.7.2008 – 1 L 316/08 – juris; OVG NW, B.v. 6.5.2008 – 1 B 1786/07 – juris; B.v. 13.10.2009 – 6 B 1232/09 – RiA 2010, 90, juris). Ein darüberhinausgehender Antrag des Antragstellers macht den Antrag jedoch nicht unzulässig, sondern würde – in dem hier nicht vorliegenden Fall des Obsiegens des Antragstellers – lediglich zu einer Antragsabweisung im Übrigen führen.
2. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
3. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Berufungsverfahren für die ausgeschriebene Professur ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangenem Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95; auf die Ruferteilung an den Beigeladenen kommt es nicht an vgl. BVerwG, U.v. 20.10.2016 – 2 C 30/15 – NVwZ-RR 2017, 736). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Antragsgegner die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
4. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller grundsätzlich nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist.
Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris).
Die Ermittlung des – gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung – am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 6).
Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris).
Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze (z.B. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – NVwZ 2003, 200; BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07 – ZBR 2008, 167; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102) gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise (BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Erweist sich die Entscheidung, einen Bewerber als Professor zu berufen, als ermessens- oder beurteilungsfehlerhaft, hat ein nicht berücksichtigter Bewerber, dessen Auswahl zumindest möglich erscheint, einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung erneut entschieden und die Stelle zunächst nicht besetzt wird. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation eines Bewerbers für die Hochschullehrerstelle zusteht. Insoweit kommt den an der Erstellung des Berufungsvorschlags beteiligten Hochschulorganen, insbesondere dem Berufungsausschuss, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung kann daher gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und ob der Beurteilungsspielraum überschritten ist, etwa weil die Verwaltung anzuwendende Begriffe verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris Rn. 18; B.v. 11.8.2010 – 7 CE 10.1160 – juris Rn. 20 m.w.N.). Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (BVerwG, B.v. 20.1.2004 – 2 VR 3.03 – juris).
Die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll, oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – juris; B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 20; OVG NW, B.v. 10.2.2016 – 6 B 33/16 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris Rn. 24; vgl. zum Dokumentationserfordernis bei der Besetzung von Professorenstellen BayVGH, B.v. 1.2.2017 – 7 CE 16.1989 – BeckRS 2017, 102331 Rn. 12; OVG NW, B.v. 27.4.2017 – 6 A 277/16 – NVwZ-RR 2017, 794 Rn. 4; B.v. 10.2.2016 – 6 B 33/16 – NVwZ 2016, 868 Rn. 7; OVG SH, B.v. 22.8.2018 – 2 MB 16/18 – BeckRS 2018, 19795 Rn. 9; OVG LSA, B.v. 1.7.2014 – 1 M 58/14 – NJOZ 2014, 1509; VG München, B.v. 13.11.2017 – M 5 E 17.4125 – BeckRS 2017, 132419 Rn. 19; VG Berlin, B.v. 11.4.2014 – VG 7 L 100.14 – BeckRS 2014, 50116; VG Frankfurt (Oder), U.v. 24.8.2012 – 3 K 241/09 – juris).
5. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung entspricht diesen Grundsätzen.
a) Der Antragsteller vermag sich nicht mit Erfolg auf formelle Mängel der Berufungsentscheidung zu berufen.
Die Auswahlentscheidung des Berufungsausschusses ist – soweit ersichtlich – verfahrensfehlerfrei in dem mehrstufigen Berufungsverfahren zustande gekommen, welches nach Art. 18 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sowie des weiteren wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen (Bayerisches Hochschulpersonalgesetz/BayHSchPG) für die Berufung von Professoren vorgesehen ist.
Die Dokumentation der Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen in den Protokollen des Berufungsausschusses vom … Oktober 2019, … Dezember 2019 und … Februar 2020 sowie der Vorschlag der Berufungskommission an den Präsidenten vom … April 2020 und die Entscheidung des Präsidenten vom … Mai 2020 genügen den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen.
aa) Es liegen insbesondere keine formellen Mängel dahingehend vor, dass nicht erkennbar sei bzw. nicht ausreichend dokumentiert sei, welche Kriterien der Auswahlentscheidung in der ersten Sitzung des Berufungsausschusses und der vorgenommenen Eingruppierung in die Kategorien A, B und C tatsächlich zu Grunde gelegt wurden.
Der Berufungsausschuss hat im vorliegenden Verfahren seine Beurteilungskompetenz im Hinblick auf die Qualifikation der Bewerber für die ausgeschriebene Hochschullehrerstelle dadurch betätigt, dass er unter den Bewerberinnen und Bewerbern eine Vorauswahl von insgesamt sechs Kandidaten getroffen hat und diese zu einem Probevortrag eingeladen hat. Die Auswahl der Bewerber erfolgte im Rahmen der ersten Sitzung des Berufungsausschusses am … Oktober 2019. Ausweislich des Protokolls wurden alle Bewerbungen gesichtet und einzeln besprochen. Das konsensual erzielte Gesamtergebnis wurde in einer Tabelle festgehalten, welche die Bewerber in drei Kategorien einteilt, wobei Kategorie A einer Einladung entspricht. Bei Bewerbern, die in Kategorie B und C eingeteilt wurden, erfolgte zudem eine Kurzbegründung dahingehend, welche Argumente bei dem jeweiligen Bewerber gegen eine Eingruppierung in Kategorie A gesprochen haben (z.B. „nicht einschlägig genug“, „nicht ausgewiesen genug“, „noch keine Führungserfahrung“). Die wesentlichen Auswahlerwägungen bzgl. der Eingruppierung der Bewerber wurden nachvollziehbar schriftlich niedergelegt.
bb) Als nicht durchgreifend erweist sich die Rüge, der Berufungsausschussvorsitzende hätte Einfluss auf die Gutachter genommen.
Nach Art. 18 Abs. 4 Satz 5 Halbsatz 1 BayHSchPG stellt der Berufungsausschuss unter Einholung auswärtiger und vergleichender Gutachten einen Berufungsvorschlag auf, der drei Namen enthalten soll.
Dem Sinn und Zweck der Gutachten als Entscheidungshilfe entsprechend sollen die beauftragten Gutachter ihr Gutachten möglichst unvoreingenommen und jedenfalls ohne Einflussnahme der am Berufungsverfahren beteiligten Entscheidungsträger, der Bewerber selbst oder sonstiger Personen, die am Ausgang des Auswahlverfahrens ein Interesse haben können, erstellen. Nur so ist gewährleistet, dass der Berufungsausschuss und in der Folge die weiteren an der Berufungsentscheidung beteiligten Hochschulgremien ihre Auswahl auf einer objektiven Grundlage treffen (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2010 – 7 CE 10.1160 – BayVBl 2011, 602, juris Rn. 33).
In der zweiten Sitzung des Berufungsausschusses am … Dezember 2019 wurden die Eindrücke zu den Vorträgen und Kommissionsgesprächen diskutiert. Es wurden fünf Gutachter vorgeschlagen und der Berufungsausschussvorsitzende wurde gebeten, bei den Gutachtern anzufragen und drei Gutachter zu bitten, vergleichende Gutachten zu erstellen.
Der neutrale und dem Gutachtensauftrag entsprechende Hinweis an die Gutachter auf die Notwendigkeit einer Reihung lässt nicht die Besorgnis der Befangenheit annehmen. Auch lässt sich weder den Anschreiben des Berufungsausschussvorsitzenden an die Gutachter vom … Januar 2020, noch im Rahmen der im Vorfeld üblicherweise geführten Telefonate – deren wortgenauer Inhalt sich der Kenntnis des Gerichts entzieht – eine Art von Einflussnahme entnehmen. Daneben spricht gegen eine Beeinflussung oder Absprache mit den Gutachtern, dass alle drei Gutachter den Antragsteller als berufungsfähig und als Experte auf seinem Gebiet ansehen und ein Gutachter diesen vor dem Beigeladenen gelistet hat.
cc) Auch die Rüge, eine Anfrage des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom … März 2020 hinsichtlich der Einschlägigkeit des Beigeladenen würde einen formellen Mangel begründen, greift nicht. Zum einen datiert die Anfrage zeitlich nach der letzten Sitzung des Berufungsausschusses am … Februar 2020. Zum anderen hat der Berufungsausschussvorsitzende im Berufungsvorschlag an den Präsidenten vom … April 2020 die Einwendungen, die ein Mitglied des Landtages über das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst an die Universität herangetragen hat, unberücksichtigt gelassen.
b) Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Beurteilungsspielraum wurde nicht überschritten. Die Universität hat anzuwendende Begriffe nicht verkannt, der Beurteilung keinen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt.
aa) Die Einordnung des Beigeladenen in der ersten Auswahlentscheidung des Berufungsausschusses am … Oktober 2019 in Gruppe A ist nicht zu beanstanden.
Der Beigeladene erfüllt die Einstellungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 BayHSchPG, die auch in der Ausschreibung teilweise aufgeführt wurden. Er musste ferner nicht aufgrund des in der Ausschreibung zum Ausdruck kommenden Anforderungsprofils für die ausgeschriebene Professur aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen werden.
Anforderungsprofile haben unterschiedliche Rechtsqualität, je nachdem, ob die aufgestellten Kriterien konstitutiven oder lediglich beschreibenden Charakter haben. Beschreibende oder deklaratorische Anforderungsprofile geben über den Dienstposten und die auf den Bewerber zukommenden Aufgaben Auskunft. Häufig bedarf es ihrer nicht, weil sich das Profil ohne weiteres aus dem ausgeschriebenen Amt ergibt. Ein konstitutives oder spezielles Anforderungsprofil enthält hingegen einen von der Bestenauslese abgekoppelten und im Entscheidungsgang davor zu prüfenden Maßstab. Wer ein konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, scheidet allein deshalb aus dem Bewerbungsverfahren aus, ohne dass es im Übrigen auf seine Qualifizierung ankommt (BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 7). Das Anforderungsprofil entfaltet Bindungswirkung für die Gewichtung der Leistungsmerkmale bei der Bewerberauswahl. Art und Ausmaß der Bindungswirkung eines konkreten Anforderungsprofils hängen von dem Inhalt ab, den ihm der Dienstherr im Einzelfall gibt (BVerwG, B.v. 25.10.2011 – 2 VR 4/11 – NVwZ-RR 2012, 241, juris Rn. 18).
Die Funktionsbeschreibung des Dienstpostens bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten bemessen, um eine optimale Besetzung zu gewährleisten. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er andernfalls in Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät. Ob der Dienstherr diese Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt in vollem Umfange gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, U.v. 16.8.2001 – 2 A 3/00 – BVerwGE 115, 58, juris Rn. 32).
Als konstitutiv einzustufen sind dabei diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das deklaratorische, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können. Bei Letzteren geht es um Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließen (OVG SH, B.v. 22.8.2014 – 2 MB 17/14 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Derartige Merkmale, die einen Wertungsspielraum eröffnen und über die der Dienstherr – in der Regel in einer dienstlichen Beurteilung oder vergleichbaren Stellungnahme – zunächst eine nähere Einschätzung treffen muss, können in einem Stellenbesetzungsverfahren erst dann Bedeutung erlangen, wenn der Bewerber das (zulässigerweise aufgestellte) konstitutive Anforderungsprofil erfüllt und deshalb zur näheren Überprüfung bzw. vergleichenden Würdigung seiner im Übrigen vorliegenden Eignung in das weitere Auswahlverfahren einzubeziehen ist (VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4).
Ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss im Zweifel durch eine – entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 27). Dabei erweisen sich diejenigen Anforderungen als konstitutiv, deren Vorliegen anhand objektiv überprüfbarer Fakten eindeutig festgestellt werden kann und die deshalb im Falle ihrer Nichterfüllung einen vernünftigen potentiellen Bewerber davon abhalten, um die Stelle oder Funktion zu konkurrieren (VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4).
Die in der Ausschreibung genannten Anforderung: „Zu den Aufgaben der Professur gehört, Ökonometrie als ein Teilgebiet der Statistik, gerade auch mit Fokus auf Data Science und der Analyse von massiven Daten, in Forschung und Lehre angemessen zu vertreten“ stellt entsprechend einer Auslegung, die sich nach § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientiert, ein deklaratorisches Anforderungsmerkmal dar.
Zum einen legt der Wortlaut „Aufgaben“ und „gerade auch mit Fokus auf“ den Schluss nahe, dass es sich um eine bloße Aufgabenbeschreibung handelt und nicht um ein konstitutives Anforderungsmerkmal.
Zum anderen lässt sich die Frage, ob die Bewerber ihren „Fokus“ „gerade auch“ auf „Data Science und der Analyse von massiven Daten“ gelegt haben, von der Art her schon nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – eindeutig und unschwer feststellen. Sowohl den einzelnen Bewerbern als auch für die Universität war nicht bei allen Bewerbern eindeutig und unschwer feststellbar, ob diese Anforderungen erfüllt sind. Vielmehr bedurfte es dazu einer beurteilenden Wertung der Universität. Die Universität hat eine solche wertende Beurteilung durch einen umfassend und qualifiziert besetzten Berufungsausschuss mit Unterstützung drei externer Gutachten angestellt und ist erst nach diesem umfassenden Prüfprozess zu der Entscheidung gekommen, dass sowohl der Antragsteller als auch der Beigelade ausgewiesen im Bereich der Data Science und der Analyse von massiven Daten seien.
Auch ist die Einordnung des Beigeladenen in der ersten Auswahlentscheidung in Gruppe A nicht dahingehend zu beanstanden, dass dieser möglicherweise keine ausreichende Führungserfahrung vorzuweisen hätte. Die Ausschreibung enthält keine Anforderungen an das Merkmal Führungserfahrung, auf Grund dessen der Beigeladene nicht in Gruppe A hätte eingeordnet werden dürfen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Universität ihren Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage der ausreichenden Führungserfahrung des Beigeladenen überschritten hat.
bb) Auch die Auswahlentscheidung des Präsidenten der Universität vom … Mai 2020, sowie der Vorschlag des Berufungsausschusses an den Präsidenten sind materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Auch wenn bei der Vergabe eines Amtes die Auswahlentscheidung unter Beachtung des Art. 5 Abs. 3 GG nicht anhand von Beurteilungen erfolgt, sondern aufgrund von umfangreichen Gutachten, Vorträgen und Kommissionsgesprächen, so muss sie dennoch maßgeblich aufgrund eines schlüssig entwickelten Gesamturteils über die Bewerber, das auf der Grundlage einheitlicher Maßstäbe ermittelt wurde, getroffen werden.
Soweit der Antragsteller vorträgt, der Berufungsausschuss hätte sich zu Gunsten des Beigeladenen entschieden, da dieser – ausweislich des Protokolls der dritten Sitzung am … Februar 2020 – eine stärkere Anbindung an klassische Ökonometrie habe und sich somit bewusst gegen das Merkmal „Data Science und Massive Daten“ gestellt habe, ist die Auswahlentscheidung auch diesbezüglich materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Zum einen wurde die Reihung im Rahmen des Vorschlags des Berufungsausschusses an den Präsidenten sowie die Entscheidung des Präsidenten nicht mit der stärkeren Anbindung an die klassische Ökonometrie des Beigeladenen begründet. Der Berufungsausschuss sieht in dem Beigeladenen die größte Passgenauigkeit in Bezug auf die Stelle, eine starke internationale Ausrichtung, exzellente Forschungsleistung und eingeworbene Drittmittel. Der Berufungsausschuss hat in seinem Schreiben an den Präsidenten vom … April 2020 die Reihung des Beigeladenen vor dem Antragsteller in Anbetracht der Forschungsleistungen, der internationalen Vernetzung und in Anbetracht der Gutachtervoten begründet.
Zum anderen kann aus der Formulierung im Protokoll des Berufungsausschusses zur dritten Sitzung am … Februar 2020 nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beigeladene nicht ausgewiesen oder kein Experte im Bereich „Data Science“ und „Massive Daten“ sei, oder dass der Berufungsausschuss dieses deklaratorische Anforderungsmerkmal nicht berücksichtigt habe. Die Aussage hinsichtlich der stärkeren Anbindung an die klassische Ökonometrie trifft dem klaren Wortlaut nach gerade keine Aussage über den Bereich „Data Science“ und „Massive Daten“, sondern nur bzgl. der Anbindung an die klassische Ökonometrie.
Darüber hinaus wurde die fachwissenschaftliche Eignung der Bewerber – zur Überzeugung des Gerichts, im Rahmen des dem Gericht zustehenden eingeschränkte Prüfungsrahmens – vorliegend nicht fehlerhaft getroffen. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung des Antragstellers und des Beigeladenen in Bezug auf „Data Science“ und „Massive Daten“ ist zu berücksichtigen, dass dies gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Der Universität kommt diesbezüglich eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation für die Hochschullehrerstelle zu. Die Universität hat anzuwendende Begriffe nicht verkannt oder der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, sondern sich aufgrund von umfangreichen Gutachten, Vorträgen und Kommissionsgesprächen, ein schlüssig entwickeltes Gesamturteil über die Bewerber gebildet. Der Berufungsausschuss hat sich eingehend mit den eingeholten Gutachten auch in Bezug auf die Merkmale „Data Science“ und „Massive Daten“ befasst und diese umfassend gewürdigt.
Der Antragsgegner durfte auch die Einwerbung von Drittmitteln (zum Beispiel ERC-Grant) des Beigeladenen positiv berücksichtigen, da dies in der Ausschreibung ausdrücklich als „erwünscht“ formuliert war.
6. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da er weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren gefördert hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
7. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (die Jahresbezüge des Antragstellers im angestrebten Amt W3, Stufe 2, Jahr 2021 zzgl. Jahressonderzahlung würden sich auf 94.452,62 EUR belaufen; hiervon die Hälfte). Denn es handelt sich vorliegend nicht um die Verleihung eines anderen Amtes, sondern um die (Neu) Begründung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (BayVGH, B.v. 20.5.2021 – 7 CE 20.2869 – NVwZ-RR 2021, 802, juris Rn. 32).


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