Verwaltungsrecht

Aufhebung einer Umzugskostenvergütungszusage

Aktenzeichen  14 ZB 16.1715

Datum:
18.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 518
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BUKG § 3, § 10

 

Leitsatz

1. Bereits aus Sinn und Zweck des § 3 BUKG bzw. den umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Vorschriften ergibt sich, dass ein Verzicht auf die Zusage der Umzugskostenvergütung nicht bereits erfolgen kann, wenn der Betreffende vor Anmietung der Wohnung von seiner künftigen Versetzung an einen anderen Ort Kenntnis erlangt hat. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine isolierte Anfechtung der in einem Bescheid ausgesprochenen Korrektur einer früheren Feststellung zur Berücksichtigungsfähigkeit einer Wohnung iSv § 10 Abs. 3 BUKG fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil es dem Beamten unbenommen bleibt, gegen die Ablehnung von Leistungen nach dem Umzugskosten- bzw. Trennungsgeldrecht gerichtlich vorzugehen, wobei die Frage, ob die Wohnung des Beamten als eigene Wohnung iSv § 10 Abs. 3 BUKG anzuerkennen ist, als Inzidentfrage des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen zu klären ist. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 16.1200 2016-07-11 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Soweit Zulassungsgründe i.S.v. § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, sind sie nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
1.1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
1.2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger begehrt, die Beklagte unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zur Aufhebung einer Zusage von Umzugskostenvergütung zu verpflichten, mit Urteil vom 11. Juli 2016 abgewiesen. Streitgegenständlich ist ein Bescheid vom 17. November 2015, mit dem ein Antrag des Klägers vom 23. Juli 2015 abgelehnt wurde, der darauf zielte, eine – anlässlich der zum 21. September 2015 erfolgten Versetzung des Klägers von Neubiberg nach Landsberg a. Lech – von der Beklagten im Versetzungsbescheid vom 18. Juni 2015 (dem Kläger nach eigenen Angaben bekannt gegeben am 13.7.2015) verfügte Zusage von Umzugskostenvergütung aufzuheben. In den Gründen des Bescheids vom 17. November 2015 findet sich unter anderem die Aussage, dass eine von der Beklagten in einem Schreiben vom 24. Juni 2015 getroffene Feststellung, dass der Kläger eine Wohnung i.S.d. § 10 Abs. 3 BUKG am 20. April 2015 in München eingerichtet habe, korrigiert werde. In der zugehörigen Begründung ist unter anderem ausgeführt, dem Kläger sei am 19. März 2015 in Form eines Einplanungsvermerks die Absicht mitgeteilt worden, ihn am Dienstort Landsberg a. Lech zu verwenden. Am 20. April 2015 sei der Kläger als Mitmieter in einen bereits bestehenden Mietvertrag eingetreten. Soweit ein Mietvertrag in Kenntnis der beabsichtigten Verwendung an einem anderen Dienstort geschlossen werde, sei diese Wohnung nach der Erlasslage bei der Entscheidung über Umzugskosten nicht zu berücksichtigen.
Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Beschwerdeverfahren erhobene Verpflichtungsklage mangels Aufhebungsanspruchs für unbegründet gehalten. Ein Anspruch aus § 48 VwVfG scheitere an der Rechtmäßigkeit der Umzugskostenvergütungszusage, die insbesondere nicht gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BUKG verstoße, und zwar auch nicht im Hinblick auf die Erlasslage der Beklagten. Dabei dienten einschlägige Schreiben der Beklagten letztendlich nur der Klarstellung. Denn bereits aus Sinn und Zweck des § 3 BUKG bzw. den umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Vorschriften allgemein ergebe sich, dass ein Verzicht auf die Zusage der Umzugskostenvergütung nicht erfolgen könne, wenn der Betreffende vor Anmietung der Wohnung von seiner künftigen Versetzung an einen anderen Ort Kenntnis erlangt habe. Ein Aufhebungsanspruch ergebe sich mangels Tatbestandsmäßigkeit nicht aus § 51 VwVfG und auch nicht aus § 49 VwVfG, weil ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste.
Soweit die Aufhebung der im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochenen Korrektur der früheren Feststellung zur Berücksichtigungsfähigkeit der Wohnung i.S.v. § 10 Abs. 3 BUKG begehrt wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig erachtet. Die Klage sei unstatthaft, weil es sich bei der im streitgegenständlichen Bescheid korrigierten Feststellung nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt gehandelt habe. Außerdem fehle für eine isolierte Anfechtung insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, weil es dem Kläger unbenommen bleibe, gegen die Ablehnung von Leistungen nach dem Umzugskostenbzw. Trennungsgeldrecht gerichtlich vorzugehen, wobei die Frage, ob die Wohnung des Klägers als eigene Wohnung i.S.v. § 10 Abs. 3 BUKG anzuerkennen sei, als Inzidentfrage des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen zu klären sei.
1.3. Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
1.3.1. Unzutreffend ist die klägerische These, das Verwaltungsgericht gehe „an keinem Punkt“ auf die Klagebegründung vom 28. April 2016 ein. Denn sowohl im Tatbestand des angegriffenen Urteils (UA S. 3 ff.) als auch in den Gründen (UA S. 13) werden Argumente der Klagebegründung aufgegriffen.
1.3.2. Seitens des Klägers wird weiter kritisiert, das Verwaltungsgericht gehe in seinen Entscheidungsgründen nicht auf das klägerische Argument ein, dass die Bestätigung zu § 10 Abs. 3 BUKG zwar kein Verwaltungsakt sei, die Rücknahme der Bestätigung wohl aber als Begründung zur Ablehnung des klägerischen Antrags herangezogen werde, was rechtswidrig sei – insofern werde auf die Klagebegründung Bezug genommen. Die Verwaltung sei auch bei schlichtem Verwaltungshandeln, nicht nur bei Verwaltungsakten, an Recht und Gesetz gebunden.
Die mit diesem Vortrag vorgenommene Bezugnahme auf die erstinstanzliche Klagebegründung genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Ebenso wenig wie mit bloßen Wiederholungen des erstinstanzlichen Vortrags (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 124a Rn. 49 m.w.N.) werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils erst recht nicht mittels Bezugnahmen auf die Klageschrift i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.
Im Übrigen befasst sich die Antragsbegründung nicht ansatzweise mit der im angegriffenen Urteil (dort UA S. 9 ff., 13 ff.) subsumierten Vorschrift des § 3 BUKG und insbesondere der verwaltungsgerichtlichen Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BUKG.
1.3.3. Seitens des Klägers wird schließlich weiter vorgebracht, die bloße Vermutung des Verwaltungsgerichts, „der Kläger habe hier den Umzug bereits geplant, obwohl er positiv von der erfolgten Versetzung gewusst haben soll“, sei reine Spekulation. Auch diesbezüglich sei in der Klagebegründung umfangreich vorgetragen worden. Der Kläger habe schon seit Anfang 2014 geplant, mit seiner Lebensgefährtin in München in einer Wohnung zu wohnen, was sich in München ortsüblicher Weise ein bis zwei Jahre hinziehen könne. Davon, dass der Kläger hier sehenden Auges die Trennung von Familie und Hausstand in Kauf genommen haben solle, könne keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht gehe hier ohne die erforderliche Beweisaufnahme von einem falschen Sachverhalt aus.
Diese klägerische Kritik lässt die Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht ernstlich zweifelhaft erscheinen.
Es ist zunächst zu sehen, dass das Verwaltungsgericht auf die von der Klagepartei thematisierte Frage, ob der Kläger bereits früher geplant hatte, mit seiner Lebensgefährtin zusammen zu wohnen, nicht abgestellt hat. Vielmehr ist für das Verwaltungsgericht (vgl. UA S. 12 unten – S. 13 oben, S. 15 Mitte) entscheidend, dass der Kläger seit dem Personalgespräch am 19. März 2015, mithin bereits vor dem Zeitpunkt seines am 20. April 2015 erfolgten Umzugs, davon Kenntnis gehabt habe, dass er nach Abschluss seines Studiums, der für September 2015 erwartet wurde, nach Landsberg a. Lech versetzt werden sollte. Weil es für das Verwaltungsgericht auf die Frage, ob der Kläger schon vor dem Personalgespräch am 19. März 2015 ein gemeinsames Wohnen mit seiner Lebensgefährtin geplant hatte, nicht ankam, waren insoweit auch keine Ermittlungen veranlasst, zumal sich die für das Verwaltungsgericht entscheidenden Zeitpunkte des Einplanungsvermerks (19.3.2015) und der Anmeldung des Klägers in der neuen Wohnung (20.4.2015) aus den vorliegenden Akten und den dort enthaltenen Urkunden klar entnehmen lassen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der Kenntnis des Klägers von der seinerzeit anstehenden Versetzung näher auseinandergesetzt hat (vgl. UA S. 12 unten – S. 13 oben). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts würde sich selbst dann, wenn im Rahmen des Personalgesprächs vom 19. März 2015 auch andere Einsatzorte als Landsberg a. Lech besprochen worden sein sollten, nichts daran ändern, dass entsprechend dem Einplanungsvermerk vom 19. März 2015 letztendlich nur ein Einsatz in Landsberg a. Lech vereinbart und auch nur dies schriftlich fixiert worden sei. Der Kläger habe daher von einer entsprechenden Versetzung nach Abschluss des Studiums ausgehen müssen. Mit dieser Argumentation setzt sich die Antragsbegründung nicht hinreichend i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auseinander.
Schließlich wird in der Antragsbegründung auch nicht hinreichend i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, aufgrund welcher Vorschriften es auf die klägerseits genannten früheren Planungen eines Zusammenziehens mit seiner Lebensgefährtin für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Umzugskostenzusage überhaupt ankommen können sollte. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils werden deshalb auch diesbezüglich nicht begründet, zumal auch insoweit eine Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt (s.o. 1.3.2.).
2. Auf den Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO hat sich der Kläger nicht explizit berufen. Selbst wenn aber seine Kritik am angeblich fehlenden Eingehen des Verwaltungsgerichts auf die Klagebegründung und an der angeblichen Spekulation des Verwaltungsgerichts als konkludente Rüge eines Gehörsverstoßes und die Kritik an der fehlenden Ermittlung der Pläne des Klägers hinsichtlich des Zusammenwohnens mit seiner Lebensgefährtin als konkludente Aufklärungsrüge interpretiert werden können sollten, lägen derartige Verfahrensfehler jedenfalls im Ergebnis nicht vor. Denn – wie gezeigt – sind die besagten Kritikpunkte seitens des Klägers zu Unrecht erhoben worden (s.o. 1.3.1. und 1.3.3.) und deshalb auch keine entsprechenden Verfahrensfehler ersichtlich.
3. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens bestimmt sich nach §§ 47, 52 Abs. 2 GKG (mangels anderer Anhaltspunkte wie Vorinstanz). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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