Verwaltungsrecht

Aufschiebende Wirkung, Antragstellers, Gemeinschaftsunterkunft, Maßgeblicher Zeitpunkt, Antragsgegner, Anfechtungsklage, Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Vorläufiger Rechtsschutz, Summarische Prüfung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Umverteilung, Asylrechtliche Streitigkeit, Asylverfahren, Entlassungsbericht, Öffentliches Interesse, Bei sich führen, Kostenentscheidung, Behördenakten, Andere Unterkunft, Aufenthaltsgestattung

Aktenzeichen  M 24 S 21.381

Datum:
15.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6309
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
DVAsyl § 9

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine landesinterne Umverteilung von Amts wegen.
Der 1991 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger und reiste laut Ausländerzentralregister am 10. März 2015 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. Februar 2017 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und dem Antragsteller die Abschiebung in den Senegal angedroht. Die hiergegen erhobene Klage (Az. M 10 K 17.32906) wurde mit Beschluss vom 18. Februar 2021 wegen Nichtbetreibens des Verfahrens eingestellt. Der Antragsteller wird wegen fehlender Reisedokumente geduldet.
Ab dem … Mai 2015 war der Antragsteller dem Landkreis … und dort zuletzt seit dem 16. Oktober 2020 einer Gemeinschaftsunterkunft in … … zugewiesen. Von 26. Oktober 2020 bis 9. November 2020 befand sich der Antragsteller aufgrund einer Unterbringungsanordnung des Landratsamts … vom 26. Oktober 2020 in stationärer Behandlung in der … … … … Ausweislich des vorläufigen Entlassungsberichts vom 8. November 2020 wurden bei ihm eine Anpassungsstörung sowie eine schizotype Störung (ICD10: F21) diagnostiziert.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Januar 2021 wies die Regierung von Oberbayern den Antragsteller ab dem 21. Januar 2021 dem Landkreis … zu und verpflichtete ihn zu diesem Datum zum Einzug in die Unterkunft … – … … … … … … … Für den Fall, dass der Antragsteller der Umzugsverpflichtung nicht nachkomme, wurde unmittelbarer Zwang angedroht.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 15. Januar 2021 Klage; zugleich begehrt er im gegenständlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen.
Zur Begründung führte der Antragsteller aus, er wolle in … bleiben bzw. jedenfalls in einer lebenswerteren Unterkunft leben. In der Unterkunft in … wohnten Kriminelle. Es sei dort für den Antragsteller nicht sicher.
Der Antragsgegner beantragt unter Vorlage der Behördenakten,
den Antrag abzulehnen.
Die Verwaltungsstreitsache wurde durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Klageverfahrens M 24 K 21.380 sowie die beigezogenen Behördenakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.
Bei der vorliegenden Streitigkeit um die von Amts wegen verfügte landesinterne Umverteilung des Antragstellers handelt es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit, da sein Asylverfahren in dem für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht bestandskräftig abgeschlossen war und daher für die Entscheidung des Rechtsstreits jedenfalls auch § 50 AsylG maßgeblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 2-5), Unerheblich ist, dass der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt nicht über eine Aufenthaltsgestattung verfügte, sondern sein Aufenthalt wegen der bereits eingetretenen vollziehbaren Ausreisepflicht nur mehr geduldet war. Der Antragsteller, dessen Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, unterfiel (noch) der aus den §§ 44 ff AsylG resultierenden staatlichen Unterbringungsverpflichtung, die durch die Regeln der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) näher ausgestaltet wird. Da diese Unterbringungsverpflichtung materiell-rechtlich auf Vorschriften des Asylgesetzes beruht, liegt eine asylrechtliche Streitigkeit vor (BayVGH, B.v. 19.10.2016 – 21 CS 16.30179 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 20.3.2019 – 10 C 17.1745).
Dem entsprechend ist für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung berufen (§ 76 Abs. 4 AsylG); ihre Zuständigkeit ergibt sich im Übrigen jedenfalls aus dem Übertragungsbeschluss der Kammer.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig. Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall ist § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO einschlägig, da die Klage kraft Gesetzes (Art. 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Aufnahmegesetz – AufnG) keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
Der Antrag hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Gericht trifft im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung. Hierbei hat es abzuwägen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides oder das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage höher zu bewerten ist. Wesentliches Element dieser Abwägungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach summarischer Prüfung hat die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage keinen Erfolg, da sich der streitgegenständliche Bescheid voraussichtlich als rechtmäßig erweist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Überwiegende Interessen, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
Rechtsgrundlage für die Umverteilungsentscheidung ist § 9 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl kann unter anderem aus Gründen des öffentlichen Interesses landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk erfolgen (landesinterne Umverteilung). Ein öffentliches Interesse an der Umverteilung besteht nach § 9 Abs. 5 DVAsyl insbesondere bei Vorliegen der in § 7 Abs. 3 DVAsyl genannten öffentlichen Belange und Gründe (§ 9 Abs. 5 Nr. 1 DVAsyl) sowie bei Vorliegen der in § 10 DVAsyl genannten Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (§ 9 Abs. 5 Nr. 3 DVAsyl). Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 DVAsyl ist bei der Verteilung und Zuweisung auch der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Rechnung zu tragen. Durch die Verteilung und die Zuweisung soll auch die Begehung von Sicherheitsstörungen unterbunden und verhütet werden. Nach § 10 Nr. 1 DVAsyl liegen Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 7 Abs. 3 DVAsyl insbesondere vor, wenn durch die Belegung die innere Ordnung oder die internen Betriebsabläufe in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt werden (Nr. 1 d).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine landesinterne Umverteilung lagen bzw. liegen beim Antragsteller vor, da Gründe des öffentlichen Interesses eine solche rechtfertigen. Zu diesen Gründen zählt, wie sich aus den gesetzlichen Vorgaben ergibt, auch der geordnete und sichere Betrieb einer Unterkunft bzw. die Sicherheit und Unversehrtheit der dort tätigen Mitarbeiter und Mitbewohner. Der Antragsteller hat die innere Ordnung und die Betriebsabläufe in den beiden von ihm zuletzt bewohnten Unterkünften in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt. Dies ist in der vorgelegten Behördenakte hinreichend dokumentiert. Aus einer bei den Akten befindlichen polizeilichen Mitteilung vom 12. Oktober 2020 geht insbesondere hervor, dass der Antragsteller am 13. März 2019 insgesamt dreimal das zweite in seinem Zimmer befindliche Bett auf den Flur räumte, um seinen behaupteten Anspruch auf ein Einzelzimmer durchzusetzen. Nachdem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes das Bett dreimal wieder in das Zimmer gestellt hätten, habe der Antragsteller beim vierten Mal zu einem Faustschlag gegen einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ausgeholt. Dieser habe dem Schlag ausweichen und den Antragsteller bis zum Eintreffen der Polizei mit Kollegen fixieren können. Am 26. Februar 2020 habe der Antragsteller im Rahmen eines Streits einen anderen Asylbewerber mit einem Messer bedroht; die Polizei stellte das Messer sicher. Am 18. Mai 2020 wurde die Polizei durch den Sicherheitsdienst alarmiert, weil der Antragsteller ein Messer bei sich führte und dessen Herausgabe verweigerte, da er es seinen Angaben zufolge zur Selbstverteidigung benötige. Am 28. Juli 2020 und 26. August 2020 (vgl. hierzu das Vorkommnisprotokoll des Sicherheitsdienstes der Unterkunft, Bl. 30 BA) verursachte der Antragsteller Feuerwehr- und Polizeieinsätze in der Unterkunft, indem er unerlaubt auf dem Zimmer rauchte und dadurch den Brandmelder auslöste. Aus der bei den Akten befindlichen polizeilichen Mitteilung geht den Einsatz am 28. Juli 2020 betreffend hervor, dass der Antragsteller seinen Angaben zufolge den Alarm absichtlich ausgelöst habe, um die Polizei zu alarmieren. Er habe eine Eingabe gehabt, dass ihm sein Zimmernachbar durch die Wand eine Wasserschlange ins Auge teleportiere. Wegen der Feuerwehr- und Polizeieinsätze am 28. Juli und 26. August 2020 mussten die Bewohner der Unterkunft jeweils evakuiert werden und längere Zeit im Freien verbringen. Am 18. September 2020 habe der Antragsteller in der Unterkunft im Einsatz befindliche Polizeibeamte und Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes als „Motherfucker“ beleidigt.
Aus den polizeilich dokumentierten Vorfällen ist des Weiteren ersichtlich, dass der Antragsteller des Öfteren in einem geistig verwirrten Zustand angetroffen wurde und ein Messer bei sich führte, welches von der Polizei sichergestellt wurde.
Der Unterbringungsanordnung vom 26. Oktober 2020 (Bl. 67 f BA) lag zugrunde, dass der Antragsteller vor der Unterkunft in … seine Jacke anzündete. Als ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hinzugekommen sei, um das Feuer zu löschen, sei der Antragsteller mit einer Schere in der Hand auf diesen zugegangen und habe in bedrohlicher Weise abwehrende Stichbewegungen ausgeführt. Während er zu Boden gebracht worden sei, habe er einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ins Gesicht geschlagen und habe diesen beleidigt. Ausweislich des vorläufigen Entlassungsberichts der Klinik vom 8. November 2020 gab der Antragsteller gegenüber den dortigen Ärzten an, er sei überzeugt, dass die Hausmeisterin die Jacke als eine Art Fetischismus nutze, um ihn zu verletzen. Durch die Vernichtung der Jacke sollte dieser Fluch zerstört werden. Bei der Aufnahme in der Klinik habe sich der Antragsteller zu allen Qualitäten voll orientiert gezeigt, kognitiv-mnestische Defizite hätten nicht bestanden. Allerdings hätten Wahnerleben und Sinnestäuschungen in Form von akustischen Halluzinationen bestanden.
Durch die von ihm verursachten Polizei- und Feuerwehreinsätze sowie die wiederholte Inanspruchnahme des Sicherheitsdienstes hat der Antragsteller die Betriebsabläufe sowie die Sicherheit und innere Ordnung in seinen Unterkünften in nicht unerheblichem Maße gestört bzw. gefährdet. Aufgrund der diagnostizierten schizotypen Störung und der damit verbundenen Wahnzustände kann zudem eine Gefahr für Leib oder Leben der Mitbewohner nicht ausgeschlossen werden. Der Antragsgegner hat vor dem Hintergrund der geschilderten und seitens der Antragstellerpartei nicht bestrittenen Vorfälle nachvollziehbar dargelegt, dass die streitgegenständliche Umverteilung und Zuweisung geeignet ist, weitere Sicherheitsstörungen möglichst zu unterbinden und zu verhüten, weil in der Unterkunft in … ein rund um die Uhr verfügbarer Sicherheitsdienst eingerichtet ist. Zwar ist angesichts der diagnostizierten schizotypen Störung mit Wahnerleben davon auszugehen, dass der Antragsteller die sicherheitsrelevanten Vorfälle und Störungen des Betriebsablaufs der Unterkünfte nicht sämtlich individuell vorwerfbar verursacht hat. Inwieweit dies im Einzelnen der Fall war, kann das Gericht im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht feststellen. Entscheidend ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung aber jedenfalls primär die Eignung der Umverteilung zur Unterbindung und Verhütung von Sicherheits- und Betriebsablaufstörungen in der Unterkunft. Insofern ist für die Erfüllung des Tatbestands zunächst ausreichend, dass dieser Zweck durch die Umverteilung zumindest gefördert werden kann. Da die vom Antragsgegner verfügte Umverteilung vorliegend auch geeignet sein mag, dem Antragsteller die Behandlungsbedürftigkeit seiner Erkrankung erneut vor Augen zu führen und seine diesbezügliche Motivation zu fördern, um nunmehr möglichst für längere Zeit an einem Ort wohnhaft bleiben zu können bzw. bei stabiler medikamentöser Einstellung und guter Führung auch einmal die Möglichkeit zu erhalten, in einer weniger stark gesicherten Unterkunft zu leben, kann der behördlichen Entscheidung die Eignung zur Zweckerreichung nicht abgesprochen werden. Vorliegend ist Schutzziel der einschlägigen Vorschriften alleine die Gewährleistung eines geordneten Betriebs der Unterkünfte. Wird diese gefährdet, so ist es legitim und sachgerecht, wenn versucht wird, durch eine Umverteilung in eine andere Unterkunft (zudem mit Sicherheitsdienst rund um die Uhr) dafür zu sorgen, dass mögliche weitere Störungen oder Gefährdungen unterbleiben.
Der Bescheid verstößt auch nicht gegen die in § 9 Abs. 6 DVAsyl genannten Anforderungen. Belange von humanitärem Gewicht stehen der Umverteilung nicht entgegen. Zwar bedarf der Antragsteller dem ärztlichen Entlassungsbericht zufolge der weiteren ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung, die auch die medikamentöse Einstellung umfasst (Bl. 76 BA). Hierzu wurde er nach der Entlassung aus der … zunächst an einen Arzt mit Sitz in … überwiesen. Aufgrund der flächendeckenden Gesundheitsversorgung in Bayern ist eine Versorgung des Klägers allerdings auch im Raum … problemlos möglich, zumal der Antragsteller über einen gesetzlichen Betreuer verfügt, dessen Aufgabenkreis auch die Gesundheitsfürsorge umfasst und der sich daher um die Weiterführung der psychiatrischen Behandlung in … kümmern kann. Mit der Bahn ist … von … in zehn Minuten zu erreichen. Auch eine Fahrt zur Weiterbehandlung in … wäre zumutbar; die Bahnfahrt nach … dauert ca. eine halbe Stunde.
Der Umstand, dass der gesetzliche Betreuer sein Büro in … hat, stellt ebenfalls keinen gewichtigen humanitären Grund im Sinne des Art. 9 Abs. 6 DVAsyl dar. Angesichts der guten Anbindung der Ortschaft … an den ÖPNV ist es dem Antragsteller zuzumuten, persönliche Termine mit dem Betreuer von dort aus wahrzunehmen. Die Fahrt von … nach … dauert ca. eine Stunde 20 Minuten und ist im Übrigen etwas kürzer als die Anreise aus …, so dass der Antragsteller mit der in der Hauptsache erhobenen und auch allein statthaften Anfechtungsklage bzw. dem vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der persönlichen Erreichbarkeit seines Betreuers keine Verbesserung der Situation erreichen kann.
Beachtliche Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die vorliegende landesinterne Umverteilungsentscheidung bedarf gemäß § 50 Abs. 4 Satz 3 AsylG, § 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 5 DVAsyl zum einen von vornherein keiner expliziten Begründung. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass der angefochtene Bescheid auf ermessensfehlerhaften Erwägungen beruhen könnte. Die Herausnahme des Antragstellers aus der bisher von ihm bewohnten Unterkunft dient dem öffentlichen Belang der Wahrung und Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinschaftsunterkunft. Zwar ist – wie bereits ausgeführt – vor dem Hintergrund der beim Antragsteller diagnostizierten Erkrankung davon auszugehen, dass er die geschilderten sicherheitsrelevanten Vorfälle und Störungen nicht sämtlich schuldhaft verursacht hat. Zu berücksichtigen ist allerdings zum einen, dass der Antragsteller als abgelehnter Asylbewerber grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, an einem bestimmten Ort Wohnsitz zu nehmen, soweit seine privaten Belange gemäß § 9 Abs. 6 DVAsyl Berücksichtigung finden. Solche humanitären Belange sind, wie bereits ausgeführt, vorliegend nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller geltend macht, in der Unterkunft in … sei es für ihn nicht sicher, weil dort nur Kriminelle wohnten, ist für das Gericht im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage der Antragsteller zu dieser Einschätzung gelangt ist. Dies hat er nicht dargelegt und der Antragsgegner hat unbestritten ausgeführt, dass der Antragsteller bislang nicht in die Unterkunft eingezogen ist. Dem Antragsteller steht insoweit selbstverständlich auch der rund um die Uhr verfügbare Sicherheitsdienst zur Seite. Zum anderen besteht wegen der wiederholten nicht unerheblichen sicherheitsrelevanten und innerbetrieblichen Störungen vorliegend ein hohes öffentliches Interesse an der Wahrung und Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinschaftsunterkunft, demgegenüber das Interesse des Antragstellers, in seinem gewohnten Umfeld bleiben zu können, zurückzutreten hat.
Nach alledem wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos bleiben, so dass das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben