Verwaltungsrecht

Aussetzung der Berufung zur Klärung des Rechtsschutzbedürfnisses im Prüfungsvefahren

Aktenzeichen  7 B 20.2945

Datum:
22.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16303
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 94
RAPO § 10 Abs. 1 S. 2, 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 S. 2
BayHSchG Art. 63 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Das Berufungsverfahren wegen der Leistungsbewertung einer Masterarbeit ist gem. § 94 VwGO wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis auszusetzen, wenn das erstinstanzlichen Gerichts zunächst zu klären hat, ob unabhängig vom Bestehen der Masterarbeit die gesamte Masterprüfung des Studiengangs selbst überhaupt noch bestanden werden konnte, § 11 Abs. 1 RaPO. Das ist dann nicht der Fall, wenn eine zweiten Wiederholung der Pflicht-Modulprüfungen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 RaPO i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 APO) nicht mehr möglich ist. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für das Rechtsschutzbedürfnis genügt es nicht zu behaupten die Leistungsbewertung einer Masterarbeit würde benötigt, um diesen an einer anderen HS gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG anerkannt zu erhalten. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 2 K 18.729 2019-04-10 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

Das Verfahren wird bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg über die dort anhängigen Klagen gegen die Bescheide der Beklagten vom 3. September 2018, 29. März 2019, 22. Oktober 2019 und 12. März 2020 ausgesetzt.

Gründe

Die Anordnung der Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 94 VwGO. Hiernach kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits aussetzen.
Mit der beim Senat anhängigen Berufung begehrt die Klägerin, das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 2019 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2018 die Masterarbeit der Klägerin „Analyse von Konfliktpotentialen in Wohneigentümergemeinschaften und Entwicklung von Lösungsvorschlägen für ein reibungsarmes Management der Assetklasse Wohnen“ im Masterstudiengang Immobilienmanagement unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu und besser zu bewerten, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin die Masterarbeit im Masterstudiengang Immobilienmanagement zum nächstmöglichen Zeitpunkt wiederholen zu lassen.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2017 hatte die Beklagte das endgültige Nichtbestehen der Masterarbeit der Klägerin im Masterstudiengang Immobilienmanagement (im zweiten Versuch) festgestellt. Ihr Widerspruch wurde mit Bescheid der Beklagten vom 24. April 2018 zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die hiergegen gerichtete Klage (Az. W 2 K 18.729) mit Urteil vom 10. April 2019 abgewiesen. Über die von der Klägerin erhobene Klage gegen die mit separatem Bescheid vom 25. Oktober 2017 verfügte Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der Masterprüfung sowie Entlassung der Klägerin mit Ablauf des Wintersemesters 2017/2018 hat das Verwaltungsgericht bislang nicht entschieden.
Mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 3. September 2018 wurde festgestellt, dass die Klägerin wegen Überschreitung der Höchstzahl nicht bestandener erster Wiederholungen von insgesamt sechs, im Einzelnen genannten Modulprüfungen die Bachelorprüfung (gemeint Masterprüfung) endgültig nicht bestanden hat. Sie wurde mit Ablauf des Sommersemesters 2018 aus der Hochschule entlassen. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 29. September 2018 – und damit vor der im Berufungsverfahren zu überprüfenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. April 2019 – Klage erhoben. Über diese Klage sowie die weiteren Klagen gegen die inhaltlich gleichlautenden Bescheide der Beklagten vom 29. März 2019, 22. Oktober 2019 und 12. März 2020 hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden. Es wäre im Zusammenhang mit der Entscheidung im Verfahren über die Masterarbeit durch das Verwaltungsgericht zu prüfen gewesen, ob die Klägerin unabhängig vom Bestehen der Masterarbeit die Masterprüfung im Studiengang „Immobilienmanagement“ wegen der nicht mehr möglichen zweiten Wiederholung der Pflicht-Modulprüfungen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 RaPO i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 APO) endgültig nach § 11 Abs. 1 RaPO nicht bestanden hat.
Da dies bislang nicht geklärt ist, sieht sich der Senat gehindert, über das Verfahren der Klägerin in Bezug auf die Masterarbeit zu entscheiden. Nach Einschätzung des Senats hängt das Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren, das von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen ist (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, vor § 40 Rn. 11), von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg über die Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2018 (und die Klagen gegen die weiteren inhaltlich gleichlautenden Bescheide) ab. Der Senat geht derzeit nicht davon aus, dass die verweigerte weitere Fristverlängerung für die Ablegung der fehlenden sechs Pflicht-Modulprüfungen im Zweitversuch, die zum Bescheid vom 3. September 2018 führte, auf dem Nichtbestehen der Masterarbeit beruhte. Dafür spricht, dass die Beklagte keinen der noch beim Verwaltungsgericht Würzburg anhängigen Bescheide für sofort vollziehbar erklärt hat, und ebenso ihr Schreiben vom 16. März 2018, in dem die Klägerin darauf hingewiesen worden war, dass ihr gemäß § 8 Abs. 4 Satz 7 RaPO künftig keine Fristverlängerungen mehr gewährt werden könnten. Offensichtlich wollte die Beklagte der Klägerin Gelegenheit geben, die fehlenden Modulprüfungen abzulegen und zwar unabhängig davon, ob der – im Berufungsverfahren streitgegenständliche – Bescheid vom 25. Oktober 2017 Bestand hat.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie benötige bereits jetzt Klarheit über die Bewertung der Masterarbeit, damit sie diese Leistung an anderen Hochschulen anerkennen lassen könne, ergibt sich daraus nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren. Insbesondere hat die Klägerin keinerlei Nachweise einer Hochschule vorgelegt, dass für einen namentlich genannten Studiengang die von ihr gefertigte Masterarbeit im Falle des Bestehens nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG angerechnet werden könnte.


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