Verwaltungsrecht

Beamter auf Widerruf, Polizeimeisteranwärter, Verbot des Führens der Dienstgeschäfte, Ansehensverlust der Bundespolizei:, außerdienstliche Pflichtverletzung, Verstoß gegen BtMG, Einreise aus Corona, Risikogebiet

Aktenzeichen  B 5 S 21.157

Datum:
25.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8892
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 66
BBG § 61 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Polizeimeisteranwärter (PMA) in Diensten der Antragsgegnerin im Beamtenverhältnis auf Widerruf und begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen das ihm gegenüber ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte.
1. Der Antragsteller, geboren am …begann am 01.09.2019 die Ausbildung zum Polizeimeister unter Ernennung zum Beamten auf Widerruf bei der Bundespolizei. Die Ausbildung findet beim Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum (BPOLAFZ) in … statt. Er durchlief seit dem 14.12.2020, bis zum Dienstführungsverbot, ein Praktikum am Flughafen … bei der Bundespolizeidirektion … Flughafen.
Im Rahmen der Grenzüberwachung wurde der Pkw des Antragstellers nach erfolgter Einreise aus den Niederlanden am 01.01.2021 gegen 21:40 Uhr auf der Bundesautobahn 3, Rastplatz … angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Besetzt war der Pkw mit dem Antragsteller als Fahrzeugführer und drei weiteren Insassen, darunter seinem Zwillingsbruder. Der Antragsteller gab den Kontrollbeamten gegenüber an, für einen Tag in Amsterdam gewesen zu sein. Nähere Angaben zu den Reisegründen nannte er nicht. Im Rahmen der Kontrolle wurden bei dem 19-jährigen deutschen Beifahrer, bei dem Zwillingsbruder des Antragstellers sowie unter dem Fahrersitz geringe Mengen Marihuana, Haschisch und Haschischkekse gefunden und beschlagnahmt. Beim Antragsteller wurden keine Betäubungsmittel gefunden bzw. konnten ihm Betäubungsmittel nicht konkret zugeordnet werden. Der 17-jährige spanische Mitfahrer wurde als Zeuge geführt. Der Antragsteller gab den Beamten gegenüber an, weder von den Betäubungsmitteln, die in seinem Fahrzeug unter dem Fahrersitz gefunden worden waren, noch von den Betäubungsmitteln, die im Besitz des Beifahrers und seines Bruders, jeweils in mitgeführten Bauchtaschen, gefunden worden waren, gewusst zu haben. Wörtlich sagte er gegenüber den kontrollierenden Beamten „er hätte damit nichts zu tun“. Nach Abschluss der ersten verfahrenssichernden Maßnahmen wurden er und die Mitinsassen entlassen und die Weiterfahrt gestattet.
Aufgrund dieses Vorfalls wird derzeit gegen den Antragsteller ein polizeiliches Ermittlungsverfahren bei der Bundespolizeidirektion …, Bundespolizeiinspektion … unter der Vorgangsnummer … wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt.
Am 02.01.2021 verfasste die Praxisausbilderin des Antragstellers, Polizeimeisterin (PMin) …, eine Einschätzung über den Antragsteller (Verwaltungsakte Blatt 7). Der Antragsteller sei ihr im Rahmen eines Flughafenpraktikums als Einweiserin zugeteilt. Sie habe ihn gebeten, weil er kurz nach Weihnachten 2020 Urlaub beantragt habe, keine sogenannte „Corona-Party“ zu feiern, und habe darauf hingewiesen, dass nach einer solchen Feier mit mindestens zweiwöchiger Quarantäne zu rechnen sei und dass das zu einem Disziplinarverfahren führen könne. Der Antragsteller habe sich einsichtig gezeigt und auf explizite Nachfrage der Einweiserin angegeben, nichts „Großes“ vor zu haben. PMin … habe am 02.01.2020 die Nachricht erhalten, dass sich der Antragsteller in häuslicher Absonderung befinde. Daraufhin habe sie Kontakt zu ihm aufgenommen. Er habe ihr den Sachverhalt geschildert. Er sei mit seinem Bruder und zwei Freunden zu Silvester nach Amsterdam zum „Chillen“ gefahren. Er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Niederlande zum Risikogebiet zählten. Auch von Drogen, die sein Freund mitgenommen habe, habe er nichts gewusst.
In einer Mail vom 02.01.2021 (Verwaltungsakte Blatt 9) teilte die Stellvertretende Dienstgruppenleiterin DG 12 … mit, dass sich der Antragsteller als Bundespolizist in Ausbildung zu erkennen gegeben habe, bevor sein Fahrzeug durchsucht worden sei und die Haschischkekse darin gefunden wurden.
Aufgrund des Vorfalls vom 01.01.2021 wurde am 04.01.2021 dem Antragsteller durch Polizeihauptkommissar …, in Vertretung des Leiters des BPOLAFZ BA, die weitere Dienstausübung mündlich untersagt.
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 20.01.2021 (Verwaltungsakte Blätter 35 ff.) mitgeteilt, dass gegen ihn gemäß § 17 Abs. 1 Bundesdisziplinargesetz (BDG) wegen des Verdachts eines Dienstvergehens auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde. Dieses wurde gemäß § 22 Abs. 3 BDG zunächst ausgesetzt, da ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig sei.
2. Mit Bescheid vom 14.01.2021, bestätigte die Antragsgegnerin, vertreten durch die Bundespolizeiakademie, dem Antragsteller schriftlich das bereits am 04.01.2021 mündlich verhängte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und ordnete gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an.
Zur Begründung zog sie den Vorfall vom 01.01.2021 heran. Das Verbot müsse wegen des Ansehens der Bundespolizei und des Beamtentums, sowie wegen der Gewährleistung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs ausgesprochen werden. Das Verbot diene vorrangig dem Schutz des Ansehens der Bundespolizei und des Beamtentums. Besitz von Drogen oder Drogenkonsum stehe generell nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Dies stehe mit den beamtenrechtlichen Verpflichtungen zu gesetzestreuem und achtungswürdigem Verhalten bzw. der weiteren beamtenrechtlichen Pflicht, sich mit dem vollen persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen, nicht im Einklang. Der Antragsteller habe gegen die Wohlverhaltenspflicht aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen, da er den Drogenkonsum durch seine Freunde gefördert habe. Betäubungsmittel konsumierende Polizeibeamte seien nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Polizei und in die Integrität der Staatsgewalt zu stärken.
Präventiv müsse die Verbreitung von Marihuana und Haschisch im BPOLAFZ … verhindert werden. Das Marihuana und Haschisch habe der Antragsteller in seinem Besitz gehabt, da er darüber tatsächliche Gewalt ausgeübt habe. Es läge jedenfalls der Verdacht der Beihilfe zu einem Betäubungsmitteldelikt vor. Es sei nicht mit den polizeilichen Aufgaben vereinbar, dass der Antragsteller Kontakte in ein drogenbelastetes Milieu habe. Im Rahmen des Aufgabenbereichs des Antragstellers könne eine Strafverfolgung betäubungsmittelbesitzender Personen gefährdet sein. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller Betäubungsmittel im PKW zu sich genommen habe und anschließend das Fahrzeug führen würde. Weil der Antragsteller in einem Risikogebiet gewesen sei, sei es ihm jedenfalls vorübergehend verboten gewesen, den Dienst anzutreten, denn er hätte sich in Quarantäne begeben müssen. Dies widerspreche seiner Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz und seiner Pflicht zur Gesunderhaltung. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei erforderlich, um den ungestörten und ordnungsgemäßen Verlauf des Dienstbetriebs der Bundespolizeiausbildungseinrichtungen zu gewährleisten.
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10.02.2021, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 12.02.2021, Widerspruch einlegen, über den noch nicht entschieden ist.
3. Mit Schriftsatz vom 15.02.2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, hat der Antragsteller einen Eilantrag gestellt mit dem Antrag:
unter Aufhebung der Vollziehungsanordnung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 14.01.2021 wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 10.02.2021 wieder hergestellt.
Zur Begründung wurde angeführt, es fehle an den gemäß § 66 BBG erforderlichen hinreichenden Tatsachengrundlagen für die Annahme zwingender dienstlicher Gründe für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte. Es bedürfe richtigerweise keiner erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts. Erforderlich sei, dass der zuständige Dienstherr aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelange, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als geboten erscheinen ließen. Das beanstandete Geschehen habe sich ausschließlich im außerdienstlichen Bereich ereignet. Unter dem Fahrersitz seien geringe Mengen Marihuana, Haschisch und Haschischkekse gefunden und beschlagnahmt worden. Bei dem Antragsteller seien keine Betäubungsmittel gefunden worden. Der Antragsteller habe den Kontrollbeamten gegenüber sofort erklärt, vom Vorhandensein der Drogen in seinem Pkw nichts gewusst zu haben. Hinweise auf einen Drogenkonsum im Pkw oder das Führen des Pkw unter Drogeneinfluss habe es nicht gegeben. Der Erwerb von weichen Drogen in geringen Mengen in den Amsterdamer „Coffeeshops“ sei nach niederländischem Recht auch volljährigen Personen erlaubt, die ihren ständigen Wohnsitz nicht in den Niederlanden hätten. Eine Quarantänepflicht bei Einreise aus den Niederlanden habe am 01.01.2021 bei einem Aufenthalt von bis zu 48 Stunden nicht bestanden.
Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte habe es nicht dafür gegeben, dass der Antragsteller selbst Drogenkonsument gewesen wäre oder sei, unter Drogeneinfluss seinen Dienst verrichtet habe oder einen Pkw führen würde. Bei den aufgefundenen Drogen handele es sich zudem sämtlich um geringe Mengen im Sinne des § 31a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Es erschließe sich die geäußerte Vermutung nicht, der Antragsteller werde Drogen an andere Auszubildende weitergeben.
Rechtsfehlerhaft sei es, auf einen Besitz des Antragstellers, hinsichtlich der Drogen, die sich in seinem Pkw befanden, zu schließen. Es fehle am Herrschaftswillen. Das BtMG setze zudem Vorsatz voraus. Es fehle beides. Die Drogen unter dem Fahrersitz seien von dem Fußraum der Rückbank aus unter den Fahrersitz geschoben worden. Es sei nicht ersichtlich, warum der Antragsteller hiervon zwingend etwas bemerkt haben solle. Es sei abwegig, vom Vorhandensein der Drogen im Pkw darauf zu schließen, dass der Antragsteller Betäubungsmittel im Pkw zu sich nehme und anschließend das Fahrzeug führe.
Dem Schriftsatz waren „eidesstaatliche Versicherungen“ der Mitreisenden beigefügt. Danach habe der Antragsteller nichts von den Betäubungsmitteln und Haschischkeksen gewusst. Er habe die Mitnahme von Betäubungsmitteln nicht erlaubt. Vor der Fahrt sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass die Beifahrer nichts dabeihätten. Die Haschischkekse seien von … und … in einem Touristenshop gekauft worden. Ihnen sei gesagt worden, man dürfe sie mitnehmen. Die geringe Menge an Betäubungsmitteln habe … … nach dessen Eingeständnis unter dem Fahrersitz versteckt, ohne dem Antragsteller dies mitzuteilen. Dies sei geschehen, als der Antragsteller bei einer Raststätte auf der Toilette war. Sein Zwillingsbruder teilte mit, der Antragsteller habe noch nie etwas mit Betäubungsmitteln zu tun gehabt und habe noch nie welche konsumiert – er sei gegen jede Art von Drogen.
Die Beziehung des Antragstellers zu Personen, die bereits einmal im Zusammenhang mit Verstößen gegen das BtMG in Erscheinung getreten seien, führe nicht zu einer berechtigten Annahme einer Verstrickung in das Drogenmilieu. Verfehlungen von Freunden oder Verwandten eines Polizisten seien nicht geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, ein Polizeivollzugsbeamter sei nicht in der Lage, mit der gebotenen Objektivität seinem Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsauftrag nachzukommen. Der Antragsteller sei nicht so naiv gewesen, anzunehmen, dass seine Begleiter nicht vorhatten, auch einen der „Coffeeshops“ aufzusuchen. Der Erwerb und Konsum dort erhältlicher weicher Drogen vor Ort sei nicht strafbewehrt. Man könne dem Antragsteller allenfalls vorhalten, den Drogenkonsum seines Freundes und Bruders in gewisser Weise unterstützt zu haben. Weitergehende Schlüsse auf dienstliche Belange lasse dieses Verhalten aber nicht zu. Dafür, dass sich seine Begleiter an die Bedingungen der Mitfahrt nicht gehalten haben, könne der Antragsteller nicht verantwortlich gemacht werden. Es wäre maximal unmittelbar nach der Rückkehr ein auf Dauer einer 14-tägigen Quarantäne befristetes Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gerechtfertigt gewesen hinsichtlich des kurzen Aufenthalts in den als Corona-Risikogebiet ausgewiesenen Niederlanden. Das streitgegenständliche Verbot sei in jedem Fall unverhältnismäßig. Die Sofortvollzugsanordnung sei vor dem Hintergrund der tatsächlichen Ereignisse und der daraus in Bezug auf den Dienstbetrieb zu erwartenden Konsequenzen rechtswidrig. Ein Sofortvollzugsinteresse könne nicht festgestellt werden. Das Interesse des Antragstellers an der möglichst unmittelbaren Fortsetzung seiner Ausbildung überwiege.
Für die Antragsgegnerin beantragt die Bundespolizeiakademie mit Schriftsatz vom 22.02.2021,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus, die Behauptung, keine Kenntnis von den Betäubungsmitteln zu haben, erscheine wenig glaubhaft. Die weiteren Personen seien zum Teil einschlägig vorbestraft, der Zwillingsbruder des Antragstellers habe angegeben, betäubungsmittelabhängig gewesen zu sein. Keiner der Beteiligten habe glaubhaft machen können, zu welchem Zweck sie nach Amsterdam gefahren seien. Der Antragsteller könne sich als Mittäter gemäß § 29 Abs. 1 BtMG i.V.m. § 25 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar gemacht haben. Es bestehe wegen des Verhaltens die berechtigte Gefahr, dass der Antragsteller Kontakte zu drogenabhängigen Personen pflege und diesen dabei helfe, Betäubungsmittel zu beschaffen. Er toleriere den illegalen Besitz, obwohl er verpflichtet sei, dagegen vorzugehen. Es bestehe zudem die Gefahr, dass der Antragsteller seine Stellung als Polizeimeisteranwärter dazu missbrauchen könne, Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz zu vertuschen. Es bestehe insgesamt die Befürchtung, dass vom Antragsteller eine Gefahr für seine Kollegen und Kolleginnen ausgehe und er seine Stellung als Anwärter dazu missbrauche, um an Informationen für seine betäubungsmittelabhängigen Freunde zu gelangen, und diese vor möglichen polizeilichen Maßnahmen schütze. Der Antragsteller habe mit seiner Fahrt nach Amsterdam gegen geltende Corona-Auflagen verstoßen.
Mit Schriftsatz vom 25.02.2021 nahm der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte Stellung. Es gebe keine Hinweise, dass der Antragsteller selbst Drogenkonsument sei. Durch die eidesstattliche Versicherung seines Bruders sei glaubhaft gemacht worden, dass er keine Suchtmittel konsumiere. Es seien nur geringe Mengen im Sinne des § 31a BtMG sichergestellt worden. Eine geringe Menge sei der Tagesbedarf eines Konsumenten. Die Fahrt nach Amsterdam habe demnach nicht der Drogenbeschaffung gedient. Es handele sich auch nicht um eine Kurierfahrt, denn dann hätte die aufgefundene Menge größer sein müssen. Der Antragsteller habe seinen Mitfahrern ausdrücklich untersagt, Drogen in seinem Auto mitzunehmen. Dies sei hinreichend glaubhaft gemacht worden. Außerdem habe er nichts davon gewusst, dass zwei seiner Mitfahrer sich darüber hinwegsetzten und geringe Mengen für den Eigenbedarf mitgenommen hätten. Die Tatsache, dass er einen Bruder und Freunde habe, die Konsumenten sogenannter weicher Drogen seien, disqualifiziere ihn in keiner Weise für die Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter. Es komme allein auf die Person des Beamten an. Für eine eigene Einbindung des Antragstellers in das Drogenmilieu gebe es keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Dieser Fall sei nicht vergleichbar mit dem des Verwaltungsgerichts Kassel vom 05.02.2020. Dort habe es eindeutige Hinweise auf einen Eigenkonsum von Marihuana durch den in Ausbildung befindlichen Polizeibeamten gegeben. Daran fehle es hier völlig. Dem Antragsteller sei bewusst gewesen, dass seine drei Beifahrer in Amsterdam legal Drogen konsumieren würden. Damit möge er zwar nicht der Gesundheit seiner Mitfahrer gedient haben, inwiefern hierdurch aber gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Antragstellers entstehen sollen, sei nicht erkennbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe in Bezug auf außerdienstliches Verhalten festgestellt, dass von Beamten in der Gesellschaft kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet werde. Dem solle Rechnung getragen werden. Es könne nicht als verwerflich erkannt werden, wenn Teilnehmer dieses Ausflugs nach Amsterdam beabsichtigten, einen „Coffeeshop“ aufzusuchen und dort Drogen zu konsumieren. Der Antragsteller gestehe zu, dass er gegen die geltenden „Corona-Regeln“ verstoßen habe, weil die Fahrzeuginsassen keine Masken getragen hätten. Weshalb aber eine über die Quarantänezeit hinausgehende Teilnahme, an der Ausbildung zwingend zu untersagen sein solle, erschließe sich nicht.
Die Antragsgegnerin vertiefte mit Schriftsatz vom 05.03.2021, der Antragsteller mit Schriftsatz vom 08.03.2021 die jeweilige Rechtsansicht.
Zu den weiteren Einzelheiten wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, sodass ein Widerspruch oder eine Klage wohl Erfolg haben werden, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Kann im summarischen Verfahren noch keine eindeutige Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gegeben werden, weil z.B. der der Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf oder weil sich die Erfolgsaussichten nicht ohne die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens usw. beurteilen lassen, bedarf es einer Abwägung der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug gegenüber den Interessen des Betroffenen an der eigentlich von Gesetzes wegen grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs. Erweist sich eine angefochtene Verfügung bereits bei summarischer Überprüfung im Aussetzungsverfahren als offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt in der Regel das Interesse an ihrem sofortigen Vollzug. Zeigt sich im Rahmen der Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für oder gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, kann auch dies zur Gewichtung der betroffenen Interessen herangezogen werden.
Nach der insoweit gebotenen summarischen Prüfung ist weder die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs zu beanstanden (dazu unter a), noch bestehen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids (dazu unter b). Eine Interessenabwägung im Übrigen führt ebenfalls nicht dazu, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegen würde (dazu unter c).
a) Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die sich aus dieser Norm ergebende besondere Begründungspflicht dient dazu, die Behörde dazu anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen, den Betroffenen über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, zu unterrichten und dem Gericht durch die Darlegung der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle zu ermöglichen. Ausgehend von diesen Funktionen sind formelhafte, für beliebige Fallgestaltungen passende Wendungen, formblattmäßige oder pauschale Argumentationsmuster oder die bloße Wiederholung des Gesetzestextes nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Das besondere Vollziehbarkeitsinteresse ist dabei gesondert zu begründen (vgl. Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2017, § 80 Rn. 245, 247 m.w.N.).
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verbots der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 Satz 1 BBG ist in aller Regel zu bejahen, sofern dieses nicht offensichtlich zu Unrecht ausgesprochen wurde, um den Zweck eines solchen Verbots erfüllen zu können (vgl. OVG SH, B.v. 5.8.2016 – 2 MB 23/16 – juris Rn. 7 m.w.N.). Die Gründe der Verbotsverfügung tragen daher regelmäßig zugleich das besondere öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung (vgl. OVG SH, B.v. 5.8.2016, a.a.O. Rn. 8; VG Augsburg, B.v. 14.6.2017 – Au 2 17.491 – juris Rn. 21 m.w.N.). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine Verbotsverfügung ist daher nur möglich, wenn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung grundlegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung bestehen (vgl. VG München, B.v. 20.6.2016 – M 5 S 16.1250 – juris Rn. 19).
Hieran gemessen ist die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit unter Nr. III des Bescheids vom 14.01.2021 nicht zu beanstanden. Angesichts der Besonderheit des Dienstführungsverbots mit schon materiell-rechtlich erforderlichen zwingenden Gründen besteht in aller Regel zugleich Anlass und Rechtfertigung, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Dafür werden im Allgemeinen keine zusätzlichen Gründe angeführt werden können und müssen (vgl. OVG SH, B.v. 5.8.2016 – 2 MB 23/16 – juris Rn. 8). Im Bescheid heißt es dementsprechend zur Begründung des Sofortvollzuges, es sei sicherzustellen, dass der Dienstbetrieb der Bundespolizeieinrichtungen ungestört und ordnungsgemäß verlaufe. Auch sei es der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, eine Person als Polizeimeister auszubilden, gegen den ein polizeiliches Ermittlungsverfahren geführt werde und in den eigenen Reihen zu dulden. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei daher mit sofortiger Vollziehbarkeit anzuordnen. Diese Begründung ist hinreichend.
b) Nach der gebotenen summarischen Prüfung erweist sich auch der zugrundeliegende Bescheid als formell materiell rechtmäßig. Er beruht insbesondere auf einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage.
aa) Formelle Mängel sind nicht erkennbar. Das Fehlen einer Anhörung ist unbeachtlich, weil, soweit es gem. § 28 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) überhaupt einer vorherigen Anhörung des Antragstellers bedurfte, diese Anhörung durch die Widerspruchsbegründung des Antragstellers (Schriftsatz vom 11.02.2021) gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG wirksam nachgeholt wurde.
bb) Auch in materiell-rechtlicher Sicht ist die Verfügung vom 14.01.2021 rechtmäßig. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Verbots ist § 66 Satz 1 BBG. Danach kann einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegt. Zwingende dienstliche Gründe liegen vor, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die Vorschrift stellt dabei (anders als die vorläufige Dienstenthebung nach § 38 BDG) nicht auf ein vorwerfbares Verhalten des Beamten ab, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes (BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 6 CS 17.1722 – juris Rn. 9), was allerdings nicht ausschließt, dass zugleich ein Schuldvorwurf dem Beamten gegenüber begründet werden kann (BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 6 ZB 17.2316 – juris Rn. 9).
Beamte im Sinne der Vorschrift sind nicht nur Inhaber eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern es genügt, dass dem Betroffenen Dienstgeschäfte zur Wahrnehmung übertragen sind. Dies ist auch bei einem Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst der Fall (vgl. BVerwG, B.v. 17.2.1995 – 1 DB 35.94 – juris; VG Koblenz, B.v. 9.8.2013 – 6 L 790/13.KO – juris Rn. 8).
Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 66 Satz 1 BBG hat nur vorläufigen Charakter, weil das Verbot gem. § 66 Satz 2 BBG erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen den Beamten ein weiteres Disziplinar- oder Entlassungsverfahren eingeleitet worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.1979 – 1 WB 67.78 – BVerwGE 63, 250/251). Wegen dieses vorläufigen Charakters ist für eine Anordnung nach § 66 Satz 1 BBG keine erschöpfende Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Es genügt, wenn der zuständige Vorgesetzte aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass die dienstlichen Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als zwingend erscheinen lassen. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung besteht; vielmehr eröffnet das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen (vgl. BVerwG, B.v. 19.11.1998 – 1 WB 36.98 – DVBl 1999, 326 f.; BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 16.921 – juris Rn. 5 f.; B.v. 12.10.2017 – 6 CS 17.1722 – juris Rn. 9; B.v. 12.3.2018 – 6 ZB 17.2316 – juris Rn. 10). Ausschlaggebend ist damit eine Prognoseentscheidung auf Grundlage der bisherigen Verhaltensweisen des Antragstellers. Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage (OVG SH, B.v. 5.8.2016 – 2 MB 23/16 – juris).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Kontrolle der behördlichen Prognoseentscheidung im Rahmen von § 66 BBG ist der Zeitpunkt der Anordnung des Verbots, weil mit dem Widerspruch gegen das Verbot nicht der nachträgliche Wegfall, sondern die anfängliche Rechtswidrigkeit desselben geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 16.921 – juris Rn. 12 f. mwN.; a.A. z.B. VG Gelsenkirchen, U.v. 4.11.2015 – 1 K 515/15 – juris Rn. 75 ff.).
Gemessen daran hat das Gericht keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Dienstführungsverbotes.
Die Bundespolizeiakademie begründet das Verbot vorrangig mit gewichtigen dienstlichen Nachteilen bei Weiterbeschäftigung des Antragstellers aufgrund des drohenden Ansehensverlustes der Bundespolizei und des Beamtentums und mit der Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs. Beides stützt sie auf die Vorkommnisse vom 01.01.2021. Die herangezogene Tatsachengrundlage wird den Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der Vorkommnisse vom 01.01.2021 gerecht (dazu unter (1)). Aus diesem Sachverhalt lässt sich in der Gesamtschau die Prognose ableiten, dass bei Weiterbeschäftigung des Antragstellers zum einen gewichtige dienstliche Nachteile in Form eines Ansehensverlustes der Bundespolizei zu erwarten gewesen wären (dazu unter (2)) und zum anderen der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt hätte werden können (dazu unter (3)), sodass die Entscheidung der Antragsgegnerin im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
(1) Die Antragsgegnerin hat den ihrer Verbotsverfügung zugrunde gelegten Sachverhalt ausreichend ermittelt. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Nach Abs. 2 hat die Behörde dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Ergänzend legt § 26 Abs. 1 VwVfG fest, dass sich die Behörde der Beweismittel bedient, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann dafür u.a. Auskünfte jeder Art einholen, Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen.
Der Sinn der Verbotsverfügung liegt darin, dass die Behörde, die das Verbot ausspricht, durch das Verbot ungestört den Sachverhalt ermitteln soll, um eine andere beamtenrechtlich endgültige Maßnahme zu treffen. Daher kann im Zeitpunkt der Verbotsverfügung noch kein ausermittelter Sachverhalt vorliegen. Deshalb reichen objektive Anhaltspunkte für die Aussprache des Verbots aus, soweit diese zur Überzeugung des zuständigen Vorgesetzten führen.
Die Bundespolizeiakademie hat als Grundlage für ihre Verbotsverfügung den polizeilichen Aufgriffsbericht aus der Nacht des 01.01.2021 zum Gegenstand ihrer Verbotsverfügung gemacht. Im Rahmen der Grenzüberwachung wurde der Pkw des Antragstellers nach erfolgter Einreise aus den Niederlanden am 01.01.2021 gegen 21:40 Uhr auf der Bundesautobahn 3, Rastplatz …, angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Besetzt war der Pkw mit dem Antragsteller als Fahrzeugführer und drei weiteren Insassen, darunter seinem Zwillingsbruder. Der Antragsteller gab den Kontrollbeamten gegenüber an, für einen Tag in Amsterdam gewesen zu sein. Nähere Angaben zu den Reisegründen – auch vor dem Hintergrund, dass die Niederlande als Corona-Risikogebiet galten – nannte er nicht. Die Niederlande sind Stand 24.12.2020 und 07.01.2021 seit dem 17.10.2020, auch am 01.01.2021 als Risikogebiet eingestuft (vgl. jeweils Seite 5 der Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Transport/Archiv_Risikogebiete/DE-Tab.html, am 25.03.2021 um 14.20 Uhr). Im Rahmen der Kontrolle wurden bei dem 19-jährigen deutschen Beifahrer sowie dem Zwillingsbruder des Antragstellers geringe Mengen Marihuana, Haschisch und Haschischkekse gefunden und beschlagnahmt. Beim Antragsteller wurden keine Betäubungsmittel gefunden bzw. konnten ihm Betäubungsmittel nicht konkret zugeordnet werden. Der 17-jährige spanische Mitfahrer wurde als Zeuge geführt. Der Antragsteller gab den Beamten gegenüber an, weder von den Betäubungsmitteln, die in seinem Fahrzeug unter dem Fahrersitz gefunden wurden, noch von den Betäubungsmitteln, die im Besitz des Beifahrers und seines Bruders, jeweils in mitgeführten Bauchtaschen, gefunden wurden, gewusst zu haben. Wörtlich sagte er gegenüber den kontrollierenden Beamten, er habe damit nichts zu tun. Nach Abschluss der ersten verfahrenssichernden Maßnahmen wurden er und die Mitinsassen entlassen und die Weiterfahrt gestattet. Seine Mitfahrer und der Antragsteller trugen im Fahrzeug keine Masken und hielten nicht die notwendigen Mindestabstände ein. Die Mitfahrer waren polizeibekannt, teils wegen Verstoßes gegen das BtMG. Gegenüber seiner Praktikumsbetreuerin gab er an, zum „Chillen“ in die Niederlande gefahren zu sein. Diese Umstände bestreitet der Antragsteller nicht. Wegen dieses Vorfalls wurde gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, da er sich an einem Betäubungsmitteldelikt beteiligt haben könnte. Eine Besitzerlaubnis für die aufgefundenen Betäubungsmittel hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Dass er sich vor der Kontrolle als Polizist ausgegeben hat, bestreitet der Antragsteller ebenfalls nicht.
Auf die Frage, ob der Antragsteller einen Sachherrschaftswillen über die Betäubungsmittel unter seinem Fahrersitz hatte, kam es deshalb nicht entscheidend an, da sich aus dem Sachverhalt genügend objektive Anknüpfungspunkte ergaben, die für die Verbotsverfügung ausreichen. Damit liegt eine tragfähige Tatsachengrundlage für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte vor.
(2) Aus dieser Tatsachengrundlage lässt sich zunächst die Prognose ableiten, dass bei Weiterbeschäftigung des Antragstellers gewichtige dienstliche Nachteile, in Form des Ansehensverlustes der Bundespolizei in der Öffentlichkeit, zu besorgen wären.
Das vom Antragsteller am 01.01.2020 gezeigte Verhalten war geeignet, das Vertrauen der Bürger in die Integrität der Amtsführung zu beschädigen, weil infolgedessen gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt wurde. Als zur Verhütung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten berufene Beamte genießen Polizeibeamte in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422 Rn. 22). Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn ein Polizeibeamter selbst Straftaten begeht oder sich diesem Verdacht aussetzt. Diese Verhaltensweise steht nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Denn es ist gerade die Aufgabe von Polizisten, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, demnach auch für die Rechtsordnung, abzuwenden. Auch bei Anwärtern für den Polizeivollzugsdienst ist ein absolut korrektes Verhalten gegenüber der Rechtsordnung unabdingbar, vor allem auch unter Beachtung des Ansehens der Polizei in der Öffentlichkeit (vgl. BayVGH B. v. 12.10.2017 – 6 CS 17.1722 – juris Rn. 14).
Der unerlaubte Besitz und die Einfuhr von Betäubungsmitteln ist gem. § 29 BtMG verboten. Aus den objektiven Anknüpfungstatsachen ergibt sich, dass der Antragsteller möglicherweise im Besitz der Betäubungsmittel unter seinem Fahrersitz war. Zudem haben die Mitfahrer Drogen in ihren Bauchtaschen befördert. Daraus folgt, dass der Antragsteller Beteiligter einer Tat nach § 29 BtMG gewesen sein könnte. Gegen ihn wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des mittäterschaftlichen Verstoßes gegen § 29 BtMG geführt. Der Antragsteller hat damit außerhalb des Dienstes ein Verhalten an den Tag gelegt, dass der Achtung und dem Vertrauen nicht gerecht wurde, die sein Beruf erfordert, vgl. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG. Selbst wenn gegen den Antragsteller kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre, würde der Sachverhalt für die Prognose ausreichen.
Gegen die Annahme dieser Pflichtverletzung spricht auch nicht die Ansicht des Antragstellers, dass an das Verhalten des Polizisten im außerdienstlichen Bereich keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG regelt, dass das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die ihr Beruf erfordert.
Außerdienstliches Verhalten kann zwar den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt (vgl. BVerwG U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 11). Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (vgl. BVerwG U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 12). Bei außerdienstlichen Verfehlungen reicht nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83.08 – juris Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.12.2004 – 2 BvR 52/02 – juris Rn. 37; vgl. BVerwG U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 13). Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.2.2003 – 2 BvR 1413/01 – juris Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten eine besondere Bedeutung zu. Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist. (vgl. BVerwG U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 15). Weist ein Dienstvergehen hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Maßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt (vgl. BVerwG U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – juris Rn. 33).
Gemessen daran, liegt eine außerdienstliche Pflichtverletzung vor, die die Antragsgegnerin bei ihrer Prognose berücksichtigen durfte. Es liegt ein Zusammenhang der möglicherweise begangenen Straftat zum Amt des Antragstellers vor. In seinem Amt hat der Antragsteller die Pflicht, Straftaten zu verhindern. Das gilt insbesondere auch für die Verhinderung der Einfuhr von Betäubungsmitteln in die Bundesrepublik Deutschland. Durch den möglichen Verstoß gegen das BtMG verstößt der Antragsteller deshalb gegen eine Kernaufgabe seines Amtes. Namentlich die Einfuhr und der Besitz von Betäubungsmitteln, für die der Antragsteller keine Erlaubnis besitz, sind deshalb in besonderem Maße geeignet, die Integrität und Glaubwürdigkeit der Bundespolizei als Hüter von Recht und Gesetz in der Öffentlichkeit zu mindern und rechtfertigten einen sofortigen Ausschluss des Antragstellers vom Dienstbetrieb. Dabei ist irrelevant, ob das Verhalten des Antragstellers einer breiten Öffentlichkeit wirklich bekannt geworden ist; entscheidend ist vielmehr der Eindruck, der im Falle eines nicht auszuschließenden Bekanntwerdens in der Öffentlichkeit entstehen kann (vgl. OVG SH, B.v. 5.8.2016 – 2 MB 23/16 – juris Rn. 8; VG Bayreuth, B.v. 27.2.2004 – B 5 S 04.182 – juris Rn. 51 m.w.N.). Die Nichtahndung des Verhaltens des Antragstellers würde zu negativen Rückschlüssen auf die Qualität der Polizeivollzugsbeamten bei der Bundespolizei führen. Somit ist ein erheblicher Ansehensverlust der Bundespolizei und des Beamtentums zu befürchten. Die Prognose war deshalb gerechtfertigt.
(3) Aus der Tatsachengrundlage lässt sich außerdem die Prognose ableiten, dass bei Weiterbeschäftigung des Antragstellers der Dienstbetrieb hätte erheblich beeinträchtigt werden können.
(a) Aufgrund des Sachverhalts ist die Prognose der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller Straftaten nach dem BtMG möglicherweise Vorschub leisten und somit den Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigen könnte.
Der Antragsteller hat sich vor der Kontrolle vom 01.01.2021 als Polizist ausgegeben. Während der Kontrolle wurden in seinem Fahrzeug Betäubungsmittel gefunden. Die Mitfahrer, darunter auch der Zwillingsbruder des Antragstellers, sind polizeibekannt, zum Teil auch wegen Verstößen gegen das BtMG. Diese objektiven Anknüpfungstatsachen rechtfertigen eine entsprechende Prognose, dass der Antragsteller künftig Straftaten nach dem BtMG Vorschub leisten und dadurch den Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigen könnte.
(b) Durch seine Einreise aus den Niederlanden hat der Antragsteller gegen seine Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz und Gesunderhaltung verstoßen, vgl. § 61 BBG i.V.m. § 14 Abs. 3 der Verordnung über die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (Bundespolizei-Laufbahnverordnung – BPolV). Durch sein Verhalten hat er auch seine Mitauszubildenden und Ausbilder gefährdet. Dadurch ist die Annahme einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs gerechtfertigt.
Aufgrund der Einreise aus einem Corona-Risikogebiet musste sich der in … wohnhafte Antragsteller entsprechend § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus (Corona-Quarantäneverordnung) des Landes … i.d.F. d. Bek. vom 26. November 2020 (GVBl. S. 826), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Dezember 2020 (GVBl. S. 866), absondern. Durch die Einreise in die Niederlande setzte er sich zudem dem Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus aus. Zudem war bekannt, dass die Niederlande ein Risikogebiet zum Zeitpunkt der Einreise waren. Soweit der Antragsteller vorträgt, eine Quarantäne sei bei einem 48-stündigen Aufenthalt nicht erforderlich, greift dieses Argument nicht durch. Diese Absonderung ist nur ausnahmsweise, in einigen wenigen vorgesehenen Fällen nach § 2 der Corona-Quarantäneverordnung des Landes …, nicht erforderlich. Einen dieser Fälle hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Selbst bei einem Abstellen auf den dienstlichen Wohnsitz in … und der Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus (Einreise-Quarantäneverordnung – EQV) des Freistaats Bayern i.d.F. d. Bek. vom 5. November 2020 (BayMBl. Nr. 630; BayRS 2126-1-6-G), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 819), lägen die Dinge nicht anders. Nach § 1 der EQV hätte sich der Antragsteller absondern müssen. Für eine Ausnahme von der Quarantäne nach § 2 der EQV liegt nichts vor. Da der Antragsteller plante, nach der Einreise ohne Absonderung mit seiner Ausbildung fortzufahren, hätte er seine Kollegen gefährdet, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. Als weitere Sicherheitsmaßnahme hätte dann der Ausbildungsbetrieb vorläufig eingestellt werden müssen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Zudem hat er der Antragsgegnerin seinen vollen persönlichen Einsatz verwehrt, weil er für die Zeit der Absonderung nicht einsatzbereit gewesen wäre. Aus der Verwaltungsakte geht nicht hervor, dass der Antragsteller für den Zeitraum der Absonderung Urlaub genommen hätte, um sich in diesem Zeitraum abzusondern. Ohne das am 04.01.2021 mündlich ausgesprochene Verbot hätte er den Dienst- und insbesondere Ausbildungsbetrieb gefährden können. Die Prognose war gerechtfertigt.
(4) Auch hinsichtlich der Ermessensausübung der Antragsgegnerin sind keine Fehler erkennbar. Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen der zwingenden dienstlichen Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erfüllt sind, wird in aller Regel Ermessen nicht mehr hinsichtlich der Anordnung der Maßnahme als solcher, sondern im Wesentlichen nur noch dahin eröffnet sein, ob es eine andere Möglichkeit gibt, den betreffenden Beamten amtsangemessen zu beschäftigen, gegebenenfalls auch zu Dauer und Umfang des Verbots (vgl. zu § 39 BeamtStG OVG NW, B.v. 17.06.2013 – 6 A 2586/12 – juris Rn. 14). Da es für einen Widerrufsbeamten im Vorbereitungsdienst keine andere Möglichkeit der amtsangemessenen Beschäftigung gibt, heißt es zutreffend im Bescheid, die Maßnahme nach § 66 BBG sei aus vorbenannten Gründen unerlässlich (vgl. OVG SH, B.v. 5.8.2016 – 2 MB 23/16 – juris Rn. 26).
Gegen diese Auffassung spricht auch nicht die Meinung des Antragstellers, ein bloß 14-tägiges Dienstführungsverbot hätte ausgereicht. Denn zum einen wird das Verbot nicht nur von der Einreise aus einem Risikogebiet, sondern insbesondere vom Besitz der Betäubungsmittel getragen. Zudem ist es bereits fraglich, ob ein befristetes Verbot geeignet wäre, den Sinn des Dienstführungsverbots zu fördern. Dieser würde sich erledigen, da der Antragsteller im Zeitraum einer Quarantäne ohnehin nicht am Ausbildungsbetrieb teilnehmen dürfte. Ein befristetes Verbot wäre deshalb nicht geeignet, den Zweck des Verbots – Ermittlungen durchzuführen – zu fördern. Insofern war das unbefristete Verbot verhältnismäßig.
c) Eine Interessenabwägung im Übrigen führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Das Interesse des Antragstellers an der Fortsetzung seiner Ausbildung hat angesichts berechtigter Eignungszweifel hinter dem Interesse der Antragsgegnerin am Schutz des ungehinderten Dienstbetriebs und der Ansehenswahrung der Bundespolizei zurückzustehen, bis über den Widerspruch des Antragstellers befunden ist. Dafür, dass damit irreversible Nachteile für den Antragsteller verbunden wären, ist nichts ersichtlich.
Daher war der Antrag vollumfänglich abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben