Verwaltungsrecht

Beihilfe für Fahrtkosten zu geplanten ärztlichen Untersuchungen

Aktenzeichen  M 17 K 16.2394

Datum:
24.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBhV § 31 BBhV

 

Leitsatz

1. Bei der Beantragung von Beihilfe ist von einem Vorrang der Verpflichtungsklage auszugehen mit der Folge, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes nur durch eine Verpflichtungsklage („Versagungsgegenklage“) zu erstreiten ist, welche die Aufhebung des Versagungsbescheids umfasst, soweit er entgegensteht.    (redaktioneller Leitsatz)
2. Klagen auf künftige Beihilfeleistungen sind unzulässig, weil eine Feststellung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Zukunft ausgehend vom materiellen Beihilferecht nicht möglich ist.    (redaktioneller Leitsatz)
3. Das im Beihilferecht formalisierte Antrags- und Bewilligungsverfahren (vgl. § 51, § 54 BBhV) widerspricht einer pauschalen Anerkennung der Erstattungsfähigkeit zukünftiger Aufwendungen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 bzw. 2. November 2016 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Soweit der Kläger allein die Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2016 begehrt, ist seine Klage bereits unzulässig.
2.1. Die „isolierte“ Anfechtung des Beihilfebescheids vom 23. März 2016, mit dem der Antrag auf Gewährung von Fahrtkosten vom 11. Februar 2016 abgelehnt worden ist, ist insoweit unstatthaft (§ 42 Abs. 1 VwGO). Für sie besteht kein Rechtsschutzbedürfnis.
Als „isolierte“ Anfechtungsklage wird das Begehren umschrieben, das Gericht möge einen Bescheid aufheben, der den Antrag auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes ablehnt. Mit seinem Anfechtungsantrag nimmt der Kläger damit von seinem im Verwaltungsverfahren konkretisierten Begehren auf Erlass eines Verwaltungsaktes Abstand. Für Klagen, deren Erfolg die Rechtsstellung des Klägers allerdings nicht verbessert, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor §§ 40 bis 53 Rn. 16). Bei der Beantragung von Beihilfe ist von einem Vorrang der Verpflichtungsklage auszugehen mit der Folge, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes nur durch eine Verpflichtungsklage („Versagungsgegenklage“) zu erstreiten ist, welche die Aufhebung des Versagungsbescheids umfasst, soweit er entgegensteht.
2.2. In der Rechtsprechung (zuletzt BayVGH, B. v. 6.8.2016 – 14 ZB 15.210 – juris m. w. N.) ist zudem geklärt, dass Klagen auf künftige Beihilfeleistungen unzulässig sind, weil eine Feststellung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Zukunft ausgehend vom materiellen Beihilferecht nicht möglich ist. Der Beihilfeantrag vom 11. Februar 2016 bezieht sich jedoch pauschal auf die Erstattung von Fahrtkosten anlässlich künftiger dringender Termine bei Fachärzten ohne dass Aufwendungen hierfür bereits konkret angefallen wären. Die Unzulässigkeit folgt daraus, dass sich die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nach der Sach- und Rechtslage richtet, die im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen besteht. Diese Lage kann sich, was künftige Aufwendungen betrifft, ohne weiteres ändern, ohne dass zum Zeitpunkt der Entscheidung schon hinreichend vorausgesehen werden kann, ob bzw. wann eine solche Änderung eintritt und in welche Richtung sie ggf. gehen wird (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2014 – 14 C 13.900 – juris Rn. 11; OVG NW, B. v. 12.6.2013 – 1 A 2291/11 – juris Rn. 29). Abgesehen davon widerspricht das im Beihilferecht formalisierte Antrags- und Bewilligungsverfahren (vgl. §§ 51, 54 BBhV) einer – pauschalen – Anerkennung der Erstattungsfähigkeit zukünftiger Aufwendungen. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund der Verweisung auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage im jeweiligen Einzelfall nicht in gleich effektiver Form Rechtsschutz erlangen kann wie durch die Erhebung der Klage auf künftige Leistungen.
Aus diesem Grund würde auch ein Anspruch auf Erteilung einer Zustimmung durch die Festsetzungsstelle im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BBhV scheitern, sollte das klägerische Begehren in dieser Hinsicht ausgelegt werden. Auch die Zustimmung kann nur anlässlich einer (konkreten) ambulanten Krankenbehandlung erteilt werden und nicht pauschal für alle künftigen „dringenden Termine bei Fachärzten“, wie sie der Kläger womöglich beabsichtigt hat. Dies ergibt sich neben den oben genannten Erwägungen auch bereits daraus, dass die Fahrtkostenerstattung nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BBhV auf konkret im Einzelfall zu prüfende Ausnahmefälle beschränkt ist.
2.3. Soweit der Kläger die Erstattung der Kosten für die Fahrt zu seiner Ärztin Frau Frau Dipl. med. … am … April 2016 begehren sollte, ist seine Klage ebenfalls wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn der klägerische Antrag vom 19. April 2016 auf Erstattung der Fahrtkosten für die damals bevorstehende ärztliche Behandlung am … April 2016 wurde mit Bescheid des BADV vom 21. April 2016 und Widerspruchsbescheid vom 15. August 2016 bestandskräftig abgelehnt.
3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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