Verwaltungsrecht

Beschwerde gegen Anordnung der Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  8 C 18.245

Datum:
6.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4338
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60, § 67 Abs. 4 S. 1, § 147 Abs. 1, § 169

 

Leitsatz

Maßgeblich für die Frage des Verschuldens eines Fristversäumnisses bei der Prüfung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist in erster Linie die dem angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung. Ist diese richtig und werden die darin enthaltenen Angaben nicht beachtet, so ist regelmäßig von einem Verschulden auszugehen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 2 V 17.897 2018-01-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Vollstreckungsverfahren gemäß § 169 VwGO ist zwar statthaft, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Vollstreckungsverfahren gemäß § 169 VwGO nach Anhörung der Vollstreckungsschuldnerin ergangen ist (OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.3.2015 – OVG 6 L 8.15 – juris Rn. 5 m.w.N.). Sie ist jedoch unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegt wurde.
Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO beträgt die Frist zur Einlegung der Beschwerde zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung. Sie ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, einzulegen. Die Frist ist gemäß § 147 Abs. 2 VwGO auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb dieser Frist beim Beschwerdegericht eingeht.
Die mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Vollstreckungsanordnung des Verwaltungsgerichts ist der Vollstreckungsschuldnerin und den von ihr bevollmächtigten Vertretern ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunden am 19. Januar 2018 zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde endete daher mit Ablauf des 2. Februar 2018 (§ 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin, mit dem die Beschwerde eingelegt wurde, ist jedoch erst am 9. Februar beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
Das dem Verwaltungsgerichtshof vom Erstgericht übermittelte Schreiben der Vollstreckungsschuldnerin vom 21. Januar 2018 wahrt die Frist zur Einlegung der Beschwerde nicht. Denn wegen des beim Verwaltungsgerichtshof bestehenden Vertretungszwangs kann die Vollstreckungsschuldnerin selbst keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen. Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO muss sich ein Beteiligter vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof – außer in Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten, namentlich durch einen Rechtsanwalt, vertreten lassen. Dies gilt gemäß § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch bei einer Beschwerde gegen die Anordnung der Vollstreckung nach § 169 VwGO. Das Vertretungserfordernis gilt bereits für die Einlegung der Beschwerde (§ 67 Abs. 4 Satz 2, § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Der Vollstreckungsschuldnerin kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Nach § 60 Abs. 1 VwGO setzt eine Wiedereinsetzung voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das ist hier nicht der Fall. Verschuldet ist die Fristversäumung, wenn der Beteiligte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden geboten ist und die ihm subjektiv auch zuzumuten war. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt ein Fristversäumnis in aller Regel nicht (BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 4 B 38.17 – juris Rn. 6 m.w.N.). Maßgeblich für die Frage des Verschuldens ist in erster Linie die dem angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung. Ist diese richtig und werden die darin enthaltenen Angaben nicht beachtet, so ist regelmäßig von einem Verschulden auszugehen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 60 Rn. 7). Vorliegend weist die Rechtsbehelfsbelehrung:nicht nur eindeutig auf die zweiwöchige Frist zur Einlegung der Beschwerde hin, sondern stellt auch ausdrücklich klar, dass der Vertretungszwang auch bereits für die Einleitung eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt und dies auch dann zu berücksichtigen ist, wenn diese Prozesshandlung noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen wird. Der Vollstreckungsschuldnerin hätte damit klar sein müssen, dass mit ihrem selbst verfassten Rechtsmittelschreiben vom 21. Januar 2018 das Beschwerdeverfahren nicht zulässig fristgerecht eröffnet werden kann. Der Vortrag, dass dieser Hinweis in der Rechtsmittelbelehrungnicht durch Fettdruck hervorgehoben war, entschuldigt die Fristversäumnis nicht, weil von einem gewissenhaften und sachgemäßen Prozessführenden erwartet werden kann, dass er den gesamten Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung:zur Kenntnis nimmt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es angesichts der in Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) genannten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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