Verwaltungsrecht

Beschwerde gegen Gerichtskostenansatz – Abgrenzung von Verfahren nach dem Asyl- und dem Ausländergesetz

Aktenzeichen  10 C 17.1745

Datum:
20.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 6022
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 66 Abs. 2 S. 1, 2, Abs. 6 S. 1
AsylG § 6 S. 1, § 83b
AufenthG § 58 Abs. 1, Abs. 2, § 60a Abs. 5 S. 4

 

Leitsatz

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Verfahren nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei ist, kommt es auf die materiellrechtliche Grundlage des beanspruchten oder bekämpften behördlichen Handelns an, nicht primär darauf, welche Behörde im konkreten Fall gehandelt hat bzw. handeln oder unterlassen soll. Das gilt auch dann, wenn der konkret eingelegte Rechtsbehelf nicht zielführend ist. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 M 17.1157 2017-08-22 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

Die Beschwerde wird verworfen.

Gründe

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Kostenrechnung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. Juli 2017, mit dem dieses dem Antragsteller für das Verfahren Au 1 E 17.947 (Einstellungsbeschluss vom 18.7.2017) Gerichtsgebühren in Höhe von 54,- Euro in Rechnung gestellt hat. Die Erinnerung gegen den Kostenansatz hat das Verwaltungsgericht mit dem mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 22. August 2017 zurückgewiesen.
Über die Beschwerde entscheidet gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter, da der angefochtene Beschluss von der Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 GKG) erlassen wurde.
Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 und 2 GKG bereits unzulässig und daher zu verwerfen (Laube in Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach, BeckOK Kostenrecht, Stand 1.12.2018, § 66 GKG Rn. 266). Weder übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro noch hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
Im Übrigen wäre die Beschwerde auch nicht begründet. Die Kostenstelle des Verwaltungsgerichts hat die Gerichtsgebühren zutreffend festgesetzt; der die Erinnerung zurückweisende Beschluss des Verwaltungsgerichts ist rechtmäßig.
Der Antragsteller macht insoweit lediglich geltend, dass überhaupt keine Gerichtsgebühren hätten festgesetzt werden dürfen, weil das Verfahren Au 1 E 17.947 gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei gewesen sei. Diese Ansicht trifft nicht zu.
Nach § 83b AsylG werden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) „in Streitigkeiten nach diesem Gesetz“ nicht erhoben. Es kommt somit auf die materiellrechtliche Grundlage des vom Kläger oder Antragsteller beanspruchten oder bekämpften behördlichen Handelns an, nicht primär darauf, welche Behörde im konkreten Fall gehandelt hat bzw. handeln oder unterlassen soll. Entscheidend ist allein die objektive Zugehörigkeit des Klage- bzw. Antragsbegehrens zu den Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz; das gilt auch dann, wenn der konkret eingelegte Rechtsbehelf nicht zielführend ist (BVerwG, B.v. 12.2.2019 – 1 KSt 1.19 – juris Rn. 6; ebenso z.B. BayVGH, B.v. 21.12.2015 – 10 CE 15.2038, 10 C 15.2039 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 10 C 15.2543 – juris Rn. 4, jeweils zu § 80 AsylG bzw. AsylVfG a.F.; BVerwG, U.v. 31.3.1992 – 9 C 155/90 – juris Rn. 13, zu § 32 Abs. 1 AsylVfG a.F.; Neundorf in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.2.2019, § 83b AsylG Rn. 1).
Im Verfahren Au 1 E 17.947 beantragte der Antragsteller (Klage- und Antragsschriftsatz vom 22.6.2017), im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO dem Antragsgegner, vertreten durch die Zentrale Ausländerbehörde der Regierung von Schwaben, vorläufig zu untersagen, den Antragsteller abzuschieben. Anlass war eine Ankündigung der Regierung von Schwaben gemäß § 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG mit Schreiben vom 21. Juni 2017. Der Antragsteller vertrat zum einen die Ansicht, vor dem rechtskräftigen Abschluss eines noch nicht abgeschlossenen Asylfolgeverfahrens dürfe er nicht abgeschoben werden, wendet sich jedoch auch die Bewertung einer strafrechtlichen Verurteilung, die Anlass einer ebenfalls am 21. Juni 2017 verfügten Ausweisung war.
Damit handelte es sich nicht um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz, denn die Ausländerbehörden handeln bei der Vorbereitung und Durchführung einer Abschiebung in Vollzug des Aufenthaltsgesetzes (§§ 58 ff. AufenthG). Bei einem gegen die Ausländerbehörde gerichteten Antrag auf einstweilige Anordnung wie dem des Antragstellers sind demgemäß Rechtsfragen des Aufenthaltsgesetzes zu prüfen, etwa ob die Voraussetzungen für eine Abschiebung vorliegen, insbesondere ob der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig ist (§ 58 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG), oder ob Duldungsgründe, also Gründe für die vorübergehende Aussetzung einer grundsätzlich zulässigen Abschiebung (§ 60a AufenthG), bestehen. Vorschriften des Asylgesetzes waren nicht unmittelbar Gegenstand des Verfahrens, vielmehr war die Ausländerbehörde an ergangene asylrechtliche Entscheidungen gebunden (§ 6 Satz 1 AsylG).
An dieser Einschätzung ändert es nichts, dass der gegen die Ausländerbehörde gerichtete Antrag auf einstweilige Anordnung im konkreten Fall nicht der richtige, weil zielführende Antrag war (vgl. zur Abgrenzung VGH BW, B.v. 29.11.2018 – 12 S 2504/18 – juris, Rn. 12, 15, 16, 18; ebenso die Ausführungen in dem Beschluss des VG Augsburg vom 25.7.2017 – Au 8 E 17.33941, betreffend den gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gerichteten und erfolgreichen Antrag des Antragstellers, die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG zu widerrufen bzw. zu unterlassen).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren sind nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist nach § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG gebührenfrei; Kosten werden gemäß § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG nicht erstattet.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).


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