Verwaltungsrecht

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgeldes

Aktenzeichen  M 9 E 20.174

Datum:
17.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2582
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 123 VwGO gegen die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgelds in Höhe von 5.000 Euro mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019.
Mit Grundbescheid vom 26. August 2019 wurde der Antragstellerin unter Ziffer 1 aufgegeben, die zweckfremde Nutzung der Wohnung Nr. 09, H.straße 18, 1. OG, zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden und unter Ziffer 2, den Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der Nutzung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung wieder Wohnzwecken zuzuführen. Unter Ziffer 3 wurde für den Fall, dass der Anordnung unter Ziffer 1 nicht binnen sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids Folge geleistet wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht. Unter Ziffer 4 wurde für den Fall, dass der Anordnung unter Ziffer 2 nicht fristgerecht Folge geleistet wird, ebenfalls ein Zwangsgeld angedroht. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Am 31. Oktober 2019 wurde durch die Antragsgegnerin eine Ortsermittlung durchgeführt. Angetroffen wurde ein Staatsangehöriger aus Neuseeland, der mitteilte, dass er sich aus beruflichen Gründen seit dem 28. September 2019 mit seiner Familie in M. aufhalte, diese Wohnung für den gesamten Zeitraum von … für 6.100 Euro angemietet habe und M. vermutlich Ende November wieder verlassen werde, da die Kinder in Neuseeland zur Schule gingen. Die Kündigung der Wohnung zum 22. Februar 2019 war ausweislich eines Kündigungsschreibens, unterschrieben von den Mietparteien, auf den 22. November 2019 vordatiert worden.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 wurde das mit Bescheid vom 26. August 2019 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro für fällig erklärt und unter Ziffer 2 mit Bescheid ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht. Die zweckfremde Nutzung sei weiterhin nicht beendet worden und die mit Bescheid vom 26. August 2019 gesetzte Frist sei abgelaufen. Ausweislich der durchgeführten Ortsermittlung dauere die zweckfremde Nutzung weiterhin an. Aus diesem Grunde werde ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro für den Fall angedroht, dass die Verpflichtung in Ziffer 1 des Bescheids vom 26. August 2019 wiederum nicht erfüllt werde, die Frist werde auf vier Wochen festgesetzt. In Anbetracht der Erfolglosigkeit sei eine Verdoppelung des Zwangsgeldbetrags auf 10.000 Euro geboten und angemessen. Auf die Möglichkeit der Ersatzzwangshaft bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds werde hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2020 erhob die Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage (M 9 K 20.172), stellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen den Bescheid der Androhung eines weiteren Zwangsgelds (M 9 S 20.173) und beantragte gemäß § 123 VwGO:
Die Beklagte und Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Vollstreckung des Zwangsgelds gem. Ziff. 1 des Schreibens / Bescheids vom 11.12.2019 und aus dem Bescheid vom 26.08.2019 vorläufig einzustellen.
Da die Beitreibung des Zwangsgelds unmittelbar bevorstehe, bestehe für den Antrag auch ein Rechtschutzbedürfnis. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, dass von der Beitreibung des Zwangsgelds vorläufig abgesehen werde, da die Voraussetzungen für die Vollstreckung der Zwangsgeldandrohung nicht erfüllt seien; die Antragstellerin habe die Pflichten aus dem Bescheid vom 26. August 2019 erfüllt, da der am 31. Oktober 2019 ermittelte Vorgang keine Zweckentfremdung darstelle. Ein Anordnungsgrund für eine Regelungsanordnung bestehe, da der Antragstellerin ein Abwarten der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden könne. Darüber hinaus werde gerügt, dass die mit Schreiben vom 28. Juni 2019 schriftlich beantragte Akteneinsicht dazu geführt habe, dass die Bevollmächtigte am 19. Juli 2019 eine Akte mit 24 Blättern erhalten habe und die Folgeblätter, insbesondere 35, 36 und 37 nicht vorgelegt wurden. Außerdem sei die Antragsgegnerin von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, da die Antragstellerin weder über eine Plattform eine Anzeige geschaltet habe noch ihr die festgestellten Schlüsselboxen gehört hätten. Weitere Ausführungen könnten nicht gemacht werden, da der Akteninhalt fehle.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 6. Februar 2020:
Antragsablehnung.
Der Grundbescheid vom 26. August 2019 sei bestandskräftig. Ungeachtet dessen sei er ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen über die Nutzung der Wohnung seit 2016 zu Recht ergangen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das jahrelang betriebene Nutzungskonzept der gewerblichen Kurzzeitvermietung durch die Antragstellerin beendet wurde, fehlten. Die Vorlage unbefristeter Mietverträge alleine genüge nicht, da die tatsächliche Nutzung der Wohnung entscheidend sei. Der bei der Ortseinsicht am 31. Oktober 2019 angetroffene Nutzer habe sich in der Wohnung seit Ende September 2019 aufgehalten und angegeben, dass er bereits Ende November wieder ausziehe.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Ein Antrag nach § 123 VwGO auf Erlass einer vorläufigen Anordnung setzt die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, d.h. der Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung und eines Anordnungsanspruchs, d.h. eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Regelung voraus. Vorliegend hat die Antragstellerin weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsgrund, d.h. die Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung durch das Gericht, fehlt regelmäßig, wenn eine Geldleistung gefordert wird. Dies beruht darauf, dass regelmäßig ohne weitere Verfahrensschritte von staatlichen und kommunalen Stellen etwaige zu Unrecht geforderte Geldleistungen zurückgezahlt werden und nicht die Gefahr besteht, dass diese uneinbringlich sind. Im vorliegenden Fall ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch unerheblich, ob materiellrechtlich ein Anordnungsanspruch besteht, da ein möglicher Anordnungsanspruch nicht zwangsläufig oder regelmäßig zum Vorliegen der Voraussetzung der Gefahr eines schweren Nachteils und damit zur Dringlichkeit und Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung durch das Gericht führt. Eine besondere Härte oder sonstige Umstände, auf Grund derer es der Antragstellerin nicht möglich wäre, die 5.000 Euro zu bezahlen, sind nicht erkennbar und wurden nicht geltend gemacht. Im Übrigen wäre ihr es im Falle einer finanziellen Notlage zumutbar, zunächst einen Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung zu stellen.
Ungeachtet dessen wurde kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Grundbescheid vom 26. August 2019, mit dem die Antragstellerin zur unverzüglichen Beendigung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken verpflichtet wurde, ist bestandskräftig geworden. Die Antragstellerin ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Ausweislich der Ortsermittlung am 31. Oktober 2019 wurde die Wohnung ab Ende September 2019 kurzfristig bis Ende November 2019 an eine Familie aus Neuseeland vermietet. Zweifel daran bestehen unter Berücksichtigung des von beiden Mietparteien unterschriebenen und auf November vordatieren Kündigungsschreibens nicht. Im Übrigen wird das Ergebnis der Ortsermittlung auch durch die Meldung einer Zweckentfremdung durch den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft des Anwesens bestätigt.
Nach dieser Sachlage bestehen keine Zweifel daran, dass die Antragstellerin ihrer Verpflichtung zur Beendigung der Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken nicht fristgerecht nachgekommen ist und das angedrohte Zwangsgeld damit fällig wurde.
Soweit die Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, der Grundbescheid sei nichtig, da sie im Rahmen der von ihr beantragten Akteneinsicht am 28. Juni 2019 nur eine Akte von 24 Blättern erhalten habe, ist dies unzutreffend. Zum einen liegen weder die Voraussetzungen für die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts vor. Zum anderen hat die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 12. Juli 2019 eine Kopie der Verwaltungsakte erhalten, die zu diesem Zeitpunkt lückenlos von 1 bis 24 durchnummeriert war. Akteneinsicht in die naturgemäß anwachsende Akte wurde zu keinem Zeitpunkt verweigert und von der Bevollmächtigten auch nicht beantragt.
Der Antrag war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf Ziffer 1.7.1 i.V.m. Ziffer 1.5. des Streitwertkatalogs.


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