Verwaltungsrecht

Entlassung aus Beamtenverhältnis auf Probe

Aktenzeichen  M 5 S 19.924

Datum:
3.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21983
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
BayBG Art. 56

 

Leitsatz

1 Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für die Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits begründete ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. (Rn. 40) (red. LS Alexander Tauchert)
2 Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. (Rn. 40) (red. LS Alexander Tauchert)
3 Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. (Rn. 40) (red. LS Alexander Tauchert)
4 Es ist zu berücksichtigen, dass der Dienstherr den Beurteilungsmaßstab setzt und daher auch einen strengen Maßstab an die Leistung eines Probezeitbeamten anlegen kann. (Rn. 47) (red. LS Alexander Tauchert)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 8.048,70 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller stand bis zum … Dezember 2018 als Justizsekretär auf Probe in Diensten des Antragsgegners.
Vom … April 2015 bis … Oktober 2015 absolvierte er eine vorbereitende Ausbildung für den Gerichtsvollzieherdienst bei dem Amtsgericht E. Am 18. September 2015 stellte das Bayerische Staatsministerium der Justiz fest, dass der Antragsteller als „anderer Bewerber“ die Qualifikation für den Justizfachwirtedienst besitze, sodass er zum 15. Oktober 2015 mit Zustimmung des Bayerischen Landespersonalausschusses bei dem Amtsgericht E. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Justizsekretär ernannt wurde. Dort durchlief er zunächst die theoretische und fachpraktische Gerichtsvollzieherausbildung an der Bayerischen Justizakademie P. sowie das Fachpraktikum I bei verschiedenen Gerichtsvollziehern des Amtsgerichts E.
Am 27. Oktober 2016 wurde ausweislich eines in der Behördenakte befindlichen Aktenvermerks ein Personalgespräch im Oberlandesgericht durch den Richter am Oberlandesgericht M., die Rechtspflegeamtsrätin M. und den Rechtspflegeamtsrat H. mit dem Antragsteller geführt. Dabei seien dem Antragsteller seine schlechten Leistungen in einem Zeugnis vom 25. August 2016 sowie in einem Bewertungsbeitrag des Amtsgerichts E. vom 8. September 2016 vorgehalten und ihm deutlich gemacht worden, dass es in den vergangenen Jahren keine nur ansatzweise vergleichbar schlechte Bewertung gegeben habe.
Mit Bescheid vom … November 2016 wurde der Antragsteller mit Wirkung zum … November 2016 aus dienstlichen Gründen mit seinem Einverständnis an das Amtsgerichts M. versetzt.
In seiner Einschätzung während der Probezeit durch den Direktor des Amtsgerichts E. vom 14. November 2016 (Beurteilungszeitraum 15.10.2015 bis 14.10.2016) erhielt der Antragsteller das Prädikat „voraussichtlich noch nicht geeignet“. Der Antragsteller habe sich ein insgesamt ausreichendes Fachwissen angeeignet, welches er jedoch nur bedingt in der Fallanwendung und im Praxisalltag umzusetzen vermocht habe. Insbesondere die Lösung komplexer Sachverhalte falle ihm schwer. Ratschläge seiner Praxisausbilder habe er nur bedingt angenommen bzw. nicht hinreichend umgesetzt.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 16. Dezember 2016 äußerte der Gruppenleiter der Gerichtsvollzieher-Dienstaufsicht, Herr S., gegenüber dem Ausbildungsleiter bei dem Oberlandesgericht M. in einem Telefonat, dass der Antragsteller nicht in der Lage sei, erklärte Dinge zu behalten, Rechtsbegriffe ihm nicht bekannt seien, grundlegende Dinge nicht erkannt würden, rechtliche Grundlagen fehlten, der Antragsteller sehr langsam arbeiten würde und mit Blick auf Ausreden und Uneinsichtigkeit eine sehr schwierige persönliche Art habe.
Ausweislich des Zeugnisses vom 22. Dezember 2016 schloss der Antragsteller den fachtheoretischen Lehrgang B vom 29. August 2016 bis 4. November 2016 an der Bayerischen Justizakademie P mit dem Gesamtergebnis „mangelhaft“ (Gesamtnotendurchschnitt 4,72) ab. Daraufhin hob der Präsident des Oberlandesgerichtes M. mit Bescheid vom … Januar 2017 die Zulassung des Antragstellers zur Ausbildung für den Gerichtsvollzieherdienst mit sofortiger Wirkung auf. Der Antragsteller führte seinen Dienst sodann als Justizsekretär im Justizfachwirtedienst bei dem Amtsgericht M. fort.
Daraufhin absolvierte der Antragsteller beim Amtsgericht M. zunächst das Fachpraktikum II und wurde sodann vorwiegend als Mitarbeiter in einer Serviceeinheit in Betreuungs- und Unterbringungssachen eingesetzt. Am 2. August 2017 fand bei dem Amtsgericht M. ein Kritikgespräch der Rechtspflegerin Frau K. sowie des Richters am Amtsgericht G. mit dem Antragsteller statt. Dabei wurde dem Antragsteller eröffnet, dass die von ihm erbrachten Leistungen derzeit nicht den Anforderungen seiner Fachlaufbahn entsprechen würden. Im Hinblick auf seine fachlichen Leistungen und seine Befähigung sei er nicht für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geeignet. Er weise erhebliche Wissenslücken, insbesondere im Betreuungsrecht, auf und habe Probleme mit der Organisation der Arbeitsabläufe und seiner Arbeitsumgebung. Trotz intensiver Einarbeitung habe eine Verbesserung nicht festgestellt werden können. Trotz der Vereinbarung, dass er sich bei Unsicherheiten jederzeit an die Gruppenleiterin Frau K. zwecks gezielter nochmaliger Einarbeitung wenden könne, habe der Beamte keine Hilfe in Anspruch genommen. Mehrere Mitarbeiter der Abteilung, Rechtspfleger und Richter hätten wiederholt die Bitte geäußert, den Antragsteller nochmals einzuarbeiten bzw. fachspezifisch zu schulen. Verfügungen würden unvollständig oder gar nicht ausgeführt, Wiedervorlagen übersehen oder ignoriert werden. Er verkenne Zusammenhänge und Verfahrensabläufe. Mit dem Antragsteller sei sodann vereinbart worden, dass ihm Fehler und die erforderlichen Korrekturen durch den jeweiligen Rechtspfleger und Richter mitgeteilt würden.
In seiner Probezeitbeurteilung durch den Vizepräsidenten des Amtsgerichts M. vom 11. August 2017 (Beurteilungszeitraum 15.10.2015 bis 11.8.2017) erhielt der Antragsteller das Prädikat „noch nicht geeignet“. Trotz intensiver Einarbeitung durch erfahrene Kollegen habe sich der Antragsteller keine Arbeitsroutine aneignen und Erklärtes nicht umsetzen können. Ihm mangele es an Basiswissen. Zudem bereite ihm die Organisation der Arbeitsabläufe und seiner Arbeitsumgebung große Schwierigkeiten. Auch die ermöglichten Fortbildungsmaßnahmen zeigten nur langsam Wirkung. Die Erledigung der übertragenen Aufgaben lasse oft die gebotene Sorgfalt und Gründlichkeit vermissen. Zusätzliche Aufgaben übernehme er nur widerstrebend, wiederkehrende Arbeiten sehe er von sich aus nur selten. Ihm falle es schwer, Zusammenhänge zu erkennen und Vorgänge den jeweiligen Verfahrensabläufen zuzuordnen. Die nachträgliche Behebung seiner Fehler führe zu einer erheblichen Mehrarbeit. Auch mangele es ihm an der nötigen Einsichtsfähigkeit eigener Defizite; gegenüber fachlicher und sachlicher Kritik reagiere er mit Verteidigungsfloskeln. Er verhalte sich wenig teamorientiert und begegne Kollegen der Serviceeinheit regelmäßig distanzlos und despektierlich. Trotz regelmäßiger Gespräche durch die Geschäftsstellenleiterin und Gruppenleiterin sei eine Verbesserung nicht eingetreten.
Nach einem Abteilungswechsel war der Antragsteller seit 9. Oktober 2017 als Mitarbeiter einer Serviceeinheit in Mietsachen beim Amtsgericht M. eingesetzt, wo er bis zu seiner Entlassung nacheinander die Referate fünf verschiedener Richter betreute. Seine eigentlich nach zwei Jahren am 14. Oktober 2017 endende Probezeit wurde mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 um sechs Monate bis zum 14. April 2018 verlängert.
Ausweislich eines Gesprächsprotokolls vom 2. Februar 2018 fanden am 26. Januar 2018 sowie am 1. Februar 2018 Personalgespräche des Weiteren Aufsichtsführenden Richters am Amtsgerichts S. und des Gruppenleiters Rechtspflegeamtsrat B. mit dem Antragsteller statt. Unter konkreter Benennung unrichtig ausgeführter Tätigkeiten (Anlage 1 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste erstellt von Frau Richterin am Amtsgericht J.; Anlage 2 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste erstellt von dem Weiteren Aufsichtsführenden Richter am Amtsgericht S.) wurde diesem mitgeteilt, dass seine bisher gezeigte Arbeitsleistung keineswegs die Anforderungen erfülle. Mit Schreiben vom 4. Februar 2018 stellte der Antragsteller seine Sicht auf den in dem Gesprächsprotokoll dargestellten Gesprächsverlauf dar und nahm teilweise Stellung zu den in den Mängellisten aufgeführten Fehlleistungen.
In seiner Probezeitbeurteilung (1. Verlängerungszeitraum der Probezeit) vom 13. März 2018 durch den Vizepräsidenten des Amtsgerichts M. (Beurteilungszeitraum 12.8.2017 bis 13.3.2018) erhielt der Antragsteller erneut das Prädikat „noch nicht geeignet“. Der Antragsteller habe – konfrontiert mit den weiterhin bestehenden Leistungsdefiziten – diese nicht in ausreichender Weise wahrgenommen und sei auch nicht bereit gewesen, die benannten Defizite sich selbst und anderen gegenüber einzugestehen. Die Erledigung der übertragenen Aufgaben habe weiterhin oft die gebotene Sorgfalt und Gründlichkeit vermissen lassen. Trotz erneut intensiver Betreuung durch verschiedene Servicekräfte seiner neuen Serviceeinheit habe der Antragsteller grundlegende, immer wiederkehrende Tätigkeiten nicht verinnerlichen können. Die Zusammenhänge zivilrechtlicher Verfahrensabläufe erkenne er oft nicht. Zur erfolgreichen Beendigung der Probezeit sei eine nochmals deutliche Leistungssteigerung des Antragstellers erforderlich.
Mit Verfügung vom 11. April 2018 wurde die Probezeit des Antragstellers um weitere sechs Monate bis zum 14. Oktober 2018 verlängert. Am 21. Juni 2018 fand ausweislich eines Gesprächsprotokolls vom 28. Juni 2018 erneut ein Personalgespräch des Weiteren Aufsichtsführenden Richters am Amtsgericht S. sowie des Gruppenleiters Rechtspflegeamtsrat B. mit dem Antragsteller statt. Unter konkreter Aufzählung verschiedener Fehlleistungen des Antragstellers (Anlage 1 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste erstellt von Rechtspflegeamtsrat B.; Anlage 2 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste erstellt von Rechtspflegerin B.; Anlage 3 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste bezüglich der Richtergeschäftsaufgaben 415 und 417) wurde ihm mitgeteilt, dass die Summe der von ihm gemachten Fehler bei der Sachbearbeitung derzeit immer noch zu hoch sei, um von einem erfolgreichen Bestehen der Probezeit sprechen zu können. Zudem wurde er darauf hingewiesen, dass er die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden immer noch mehrmals ausschöpfe bzw. wiederholt mehr als neun Stunden arbeite und sich daher eine Steigerung seines Arbeitstempos nicht feststellen lassen. Mit Schreiben vom 8. Juli 2018 nahm der Antragsteller zu den in den Anlagen zu dem Gesprächsprotokoll vorgehaltenen Mängeln Stellung.
Auch am 26. Juli 2018 fand ausweislich eines Gesprächsprotokolls vom 30. Juli 2018 ein Personalgespräch des Weiteren Aufsichtsführenden Richters am Amtsgericht S. sowie des Gruppenleiters Rechtspflegeamtsrat B. mit dem Antragsteller statt. Dabei wurde der Antragsteller mit in der Zwischenzeit erneut konkret aufgetretenen Fehlern konfrontiert (Anlage 1 zum Gesprächsprotokoll: Beanstandungen verschiedener Richter am Amtsgericht; Anlage 3 zum Gesprächsprotokoll: Mängelliste erstellt von Rechtsamtspflegeamtsrat B.). Zu verschiedenen Beanstandungen nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Juli 2018 Stellung und verwies darauf, dass die gemachten Fehler seiner Ansicht nach in einem vertretbaren Verhältnis zur bearbeiteten Anzahl von Akten und dem damit einhergehenden Anspruch an Quantität und Qualität stünden.
In der abschließenden Probezeitbeurteilung (2. Verlängerungszeitraum der Probezeit) vom 6. September 2018 (Beurteilungszeitraum 14.3.2018 bis 6.9.2018) durch den Vizepräsidenten des Amtsgerichts M. wurde der Antragsteller mit „nicht geeignet“ bewertet. Trotz gleichbleibender Richtergeschäftsaufgaben seien in den vom Antragsteller betreuten Referaten weiterhin regelmäßig Unzulänglichkeiten aufgetreten. Auch nach Zuordnung zu anderen Richtergeschäftsaufgaben hätten sich diese Unzulänglichkeiten fortgesetzt. Daneben seien leicht vermeidbare Flüchtigkeitsfehler aufgetreten. Der Antragsteller habe weiterhin das erforderliche Mindestmaß an zwingend erforderlicher Sorgfalt vermissen lassen. Seine Arbeitsergebnisse seien in einem überdurchschnittlichen Maß nicht verwendbar gewesen. Trotz seiner Bereitschaft, Fehler abzustellen und Fachkenntnisse zu vertiefen, habe er keine nennenswerte Leistungssteigerung zu entwickeln vermocht. Trotz erneuter Gespräche über seine Leistungsdefizite sei keine deutliche Leistungssteigerung eingetreten. Die Summe der aufgetretenen Fehler liege weiterhin über dem bei einer durchschnittlich arbeitenden Servicekraft zu erwartenden Maß. Der Antragsteller habe sich daher nicht bewährt und es sei auch nicht zu erwarten, dass sich an dieser Einschätzung in absehbarer Zeit etwas ändern werde.
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 hörte der Präsident des Oberlandesgerichts M. den Antragsteller zu der beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe an. Darauf entgegnete der Antragsteller in seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 2018, er sei in der Serviceeinheit für Mietsachen bei dem Amtsgericht M. nicht hinreichend eingearbeitet worden und einer übermäßigen Belastung ausgesetzt gewesen. Dem trat die Präsidentin des Amtsgerichts M. in ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 2018 entgegen. Der Antragsteller sei zunächst beim Betreuungsgericht und dann mitunter durch fünf verschiedene Personen beim Mietgericht eingearbeitet worden, habe sich jedoch oft nichts sagen lassen. Auch sei das von dem Antragsteller zu bearbeitende Pensum – auch in Vertretungszeiten – nicht höher als das der anderen Servicemitarbeiter gewesen und von diesen hinreichend bewältigt worden. Auch die Anzahl der beanstandeten Vorgänge stelle eine überdurchschnittliche Quote im Vergleich zu den zu erwartenden Anforderungen einer durchschnittlich arbeitenden Servicekraft dar.
Mit Bescheid vom … November 2018, dem Antragsteller zugestellt am … November 2018, wurde er unter Anordnung des Sofortvollzugs mit Ablauf des 31. Dezember 2018 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Der Antragsteller habe sich hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nicht bewährt. Es sei ihm ausweislich der Einschätzung während der Probezeit sowie der verschiedenen Probezeitbeurteilungen trotz intensiver und angemessener Einarbeitungszeit in keinem der ihm übertragenen Aufgabengebiete gelungen, seine Arbeitsleistung in quantitativer und vor allem in qualitativer Hinsicht auf ein Niveau zu bringen, welches den Anforderungen an seine Fachlaufbahn gerecht werde. Während des gesamten Zeitraums sei er in Feedback- und Kritikgesprächen mit seinen Vorgesetzten auf seine Leistungsmängel hingewiesen worden. Dabei sei versucht worden, ihm Lösungsansätze für eine Verbesserung der Arbeitsergebnisse nahezubringen. Zwar habe der Antragsteller nicht die reguläre zweijährige fachtheoretische und fachpraktische Justizfachwirteausbildung durchlaufen, sondern habe als „anderer Bewerber“ im Hinblick auf eine spätere Verwendung als Gerichtsvollzieher die Qualifikation für den Justizfachwirtedienst erhalten und dazu eine sechsmonatige vorbereitende Ausbildung absolviert. Die Feststellung der Qualifikation eines „anderen Bewerbers“ umfasse jedoch die gesamten Fachlaufbahn. Es könne von dem Beamten zwar nicht immer erwartet werden, dass seine Kenntnisse in vollem Umfang denen eines Regelbewerbers entsprechen würden; sie müssten unter Berücksichtigung der Lebens- und Berufserfahrung jedoch so geartet sein, dass er die dienstlichen Aufgaben ebenso gut wie ein Regelbewerber erfüllen könne. Dies setze voraus, dass dem Beamten außer dem Aufgabengebiet, für das er gewonnen worden sei, nach entsprechender Einarbeitung auch andere typische Aufgabengebiete der Laufbahn übertragen werden könnten. Der Antragsteller erfülle hingegen nicht die Mindestanforderungen an die persönliche und fachliche Eignung in der Fachlaufbahn Justiz. Unter Zugrundelegung seiner Leistung während der gesamten Probezeit – auch seine Tätigkeit als Justizfachwirt nach Beendigung der Gerichtsvollzieherausbildung – seien die gezeigte Qualität und Quantität nicht akzeptabel. Zudem verfüge er nicht über ausreichendes Urteilsvermögen, um Fehler einzusehen und daraus zu lernen, sowie nicht über die Leistungsbereitschaft, Defizite mit gesteigertem Engagement und Eigeninitiative zu beheben und auf diese Weise seine Leistungen kontinuierlich zu verbessern. Auch die Stellungnahme des Antragstellers vom 16. Oktober 2018 sowie die darauf ergangene Stellungnahme der Präsidentin des Amtsgerichts M vom 30. Oktober 2018, welche sich der Antragsgegner zu eigen mache, führten zu keinem anderen Ergebnis. Die sofortige Vollziehbarkeit der Entlassung folge aus dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel. Zudem bestünde aufgrund der fehlerhaften Arbeitsweise des Antragstellers die Gefahr einer gravierenden Störung des geordneten Dienstbetriebs sowie einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Dienstherrn.
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 3. Dezember 2018, dem Antragsgegner zugegangen am 5. Dezember 2018, Widerspruch ein, welchen er mit Schreiben vom 5. Februar 2019 begründete. Gleichzeitig beantragte er die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Letzteres lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom … Februar 2019 ab.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2019, eingegangen bei Gericht am 27. Februar 2019, hat der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom … Dezember 2018 gegen die Entlassungsverfügung des Oberlandesgerichts M. vom 6. November 2018 (Az: …) anzuordnen.
Der Entlassungsbescheid sei zum einen bereits formell rechtswidrig, da die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht den an sie zu stellenden besonderen Anforderungen entspräche. Sie sei unzutreffend und formelhaft. Ob und inwieweit der Dienstbetrieb nicht geordnet aufrechterhalten werden könne, sei nicht näher dargelegt und insoweit spekulativ. Im Übrigen gleiche die Begründung einem Textbaustein, der austauschbar sei. Zudem habe eine Abwägung mit seinem existenziellen Interesse mit den genannten öffentlichen Belangen nicht stattgefunden.
Darüber hinaus sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft, da sie seine hohe Arbeitsbelastung nicht ausreichend berücksichtige. Ihm sei die Vertretung für das Referat von Frau Richterin J. mit einer AK von 1,0 übertragen und gleichzeitig das Referat des Weiteren Aufsichtsführenden Richters Herrn S. mit einer AK von 0,3 auferlegt worden. Diese Referate seien zudem räumlich getrennt gewesen und die von Herrn Richter S. praktizierte Arbeitsmethode habe erheblich vom Standard der Vorgehensweise anderer Richter abgewichen. Zudem habe er wegen der krankheitsbedingten Abwesenheit der für die Referate 415 und 471 zuständigen Mitarbeiter für einen nicht unerheblichen Zeitraum sogar faktisch eine AK von 2,3 zu bewerkstelligen gehabt. Daher habe er zwischen Februar 2017 und September 2018 an 100 Arbeitstagen mehr als 10 Stunden und an 83 Arbeitstagen zwischen 9 und 10 Stunden gearbeitet, dies zwar in einem normalen Arbeitstempo, aber mit hoher Arbeitsbelastung. Darüber hinaus sei der Antragsgegner hinsichtlich seiner Leistung auf Fehlersuche gegangen und daher voreingenommen. Die Ergebnisse vorangegangener dienstlicher Beurteilungen seien unbesehen übernommen worden, ohne seine Einwendungen dagegen zu berücksichtigen. Auch seien positive Aspekte, wie etwa positive Äußerungen einer Reihe von Kollegen (Herr M. R., Herr K. S., Frau S. H.) sowie die Aussage von Herrn Richter H., dass es mit dem Antragsteller keine besonderen Vorkommnisse gegeben habe, nicht berücksichtigt worden. Auch habe es keine Beschwerden anderer Richter – beispielsweise durch Frau Richterin S. G. und Frau Richterin Dr. L. N. – gegeben. Teilweise sei der Antragsteller von Richtern ausdrücklich gelobt worden. Teilweise seien ihm Fehler anderer angelastet worden. Darüber hinaus sei an seine Leistung ausweislich des Protokolls über ein Dienstgespräch vom 2. Februar 2018 („erforderlich ist aber ein durchwegs fehlerfreies Arbeiten“) ein falscher Maßstab angesetzt worden
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Entlassungsbescheid und trägt ergänzend vor, dass der Dienstherr kein weiteres Handlungsermessen hinsichtlich der Entlassung und einer weiteren Verlängerung der Probezeit habe. Der Antragsteller sei zudem ordnungsgemäß angehört und die Entlassungsfrist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres eingehalten worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom … April 2019, dem Bevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am … April 2019, hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller Klage gegen den Entlassungsbescheid vom … November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … April 2019 erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 19.2237)
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der – bei verständiger Auslegung des Antragsbegehrens auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (nunmehr) der Klage vom 9. Mai 2019 gerichtete – zulässige Antrag ist unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg.
1. Zunächst ist die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht zu beanstanden.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt.
Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes ist nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen. Die Begründung der Vollzugsanordnung des Antragsgegners vom … November 2018 genügt diesem gesetzlichen Erfordernis. Sie ist nicht lediglich formelhaft, sondern lässt erkennen, dass die Behörde eine Einzelfallprüfung vorgenommen und dementsprechend dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel, an einem geordneten Dienstbetrieb sowie der Vermeidung einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Staats wegen gravierender Leistungsmängel des Antragstellers den Vorzug gegeben hat.
Über diese formale Prüfung hinaus bedarf es keiner weiteren (materiellen) Erörterung der von der Behörde genannten Gründe, da das Gericht nicht auf die Überprüfung dieser Gründe beschränkt ist, sondern im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen selbst zu beurteilen hat, ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Daher kann es im Rahmen der Überprüfung der Anordnung des Sofortvollzugs dahinstehen, ob die Behörde die Interessen des Antragstellers in der Sache überhaupt bzw. hinreichend berücksichtigt hat. Ausreichend ist, dass sich die Behörde – wie hier geschehen – den Ausnahmecharakter der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch entsprechende Einzelfallbegründung bewusst gemacht hat.
2. Auch eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung bestehen.
Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen zu beurteilen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet – sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht – ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 68 ff.; vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 – 19 AS 82 A.2049 – BayVBl 1983, 23).
a) Zu Recht hat der Antragsgegner die Entlassung auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
b) In formeller Hinsicht begegnet die Entlassungsverfügung keinen Bedenken.
Sie wurde nach Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Entlassungsbescheids (Art. 28 BayVwVfG) von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts M. als zuständige Behörde erlassen (Art. 56 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetz – BayBG, § 1 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz – StMJ-Zuständigkeitsverordnung Dienstrecht – ZustV-JM, zuletzt geändert durch Verordnung v. 23.8.2018). In der Entlassungsverfügung sind sowohl der Grund (Nichtbewährung in der Probezeit, S. 8 d. Bescheids) sowie der Zeitpunkt der Entlassung benannt (… Dezember 2018, S. 1 d. Bescheids), vgl. Art. 56 Abs. 3 BayBG. Da die Entlassungsverfügung dem Antragsteller am … November 2018 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, ist die gem. Art. 56 Abs. 5 Satz 1 BayBG vorgeschriebene Entlassungsfrist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres eingehalten. Der Personalrat war nicht zu beteiligen, da der Antragsteller dies nicht beantragt hat (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3, Art. 72 Bayerisches Personalvertretungsgesetz – BayPVG) und bei seiner Anhörung zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids auf die Möglichkeit einer derartigen Antragstellung hingewiesen worden ist.
c) Auch materiell weist der angegriffene Entlassungsbescheid nach summarischer Überprüfung keine rechtlich erheblichen Mängel auf.
Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für die Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits begründete ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 – 2 A 5/00 – ZBR 2002, 184). Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben (BVerwG, U.v. 29.9.1960 – II C 79.59 – BVerwGE 11, 139/140). Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2019, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil.
Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung sind in erster Linie die Probezeitbeurteilungen (BayVGH, B.v. 30.11.2009 – 3 CS 09.1773; vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Stand: Februar 2019, § 23 BeamtStG Rn. 146).
(1) Dementsprechend stützt auch der Antragsgegner seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Probezeiteinschätzung und -beurteilungen des Antragstellers. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Entlassung „unkritisch“ auf die Einschätzung und Probezeitbeurteilungen gestützt hat, da gerade diese die von Rechts wegen vorgegebene Entscheidungsgrundlage darstellen. Die gegen die den – jedenfalls späteren – Probezeitbeurteilungen zugrunde liegenden Vorkommnisse erhobenen Einwendungen des Antragstellers (Stellungnahmen des Antragstellers im Anschluss an Kritikgespräche v. 8.7.2018, v. 30.7.2018; Stellungnahme des Antragstellers im Rahmen der Anhörung v. 16.10.2018) beziehen sich im Übrigen nur auf einen Teil der ihm zur Last gelegten Verfehlungen und sind im Ergebnis quantitativ und qualitativ nicht geeignet, die Bewertung seiner Leistung als überdurchschnittlich fehlerhaft in Zweifel zu ziehen. Seinen Einwendungen im Rahmen der Anhörung ist die Präsidentin des Amtsgerichts M. mit ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 2018 unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Weiteren Aufsichtsführenden Richter am Amtsgericht S. (v. 25.10.2018) zudem überzeugend entgegengetreten.
(2) Soweit der Antragsteller vorträgt, der Antragsgegner sei ihm gegenüber nachhaltig und flächendeckend auf Fehlersuche gegangen und daher voreingenommen, überzeugt dies nicht. Allein der Umstand, dass der Antragsgegner die Dienstleistung des Antragstellers engmaschig kontrollierte und bei Fehlerhaftigkeit dokumentierte (vgl. die verschiedenen Anlagen zu den Gesprächsprotokollen seit Januar 2018), begründet für sich genommen noch nicht die gerechtfertigte Besorgnis einer möglichen Befangenheit. Denn dieses Vorgehen war in Anbetracht der Aufhebung der Zulassung des Antragstellers zur Ausbildung für den Gerichtsvollzieherdienst, seiner wiederholt auf das Prädikat „(voraussichtlich) noch nicht geeignet“ lautenden Probezeiteinschätzung bzw. -beurteilungen sowie seiner wiederholt dokumentierten geringen Einsichts- und Kritikfähigkeit sachlich begründet und angemessen. Zudem entspricht es allgemeiner Ausbildungs- und Personalführungspraxis, die Arbeitsergebnisse leistungsschwächerer Mitarbeiter zu prüfen und zu dokumentieren.
(3) Auch inhaltlich ist gegen die Einschätzung, der Antragsteller habe sich (auch in der verlängerten) Probezeit nicht bewährt, rechtlich nichts zu erinnern. Insbesondere die in der abschließenden Probezeitbeurteilung vom 6. September 2018 festgehaltenen Leistungsdefizite des Antragstellers tragen das Gesamturteil, dass der Beamte den Anforderungen an eine Tätigkeit als Justizsekretär nicht genügt und sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Dabei fällt auf, dass das festgestellte Leistungsdefizit im Kern wiederholt mit fehlendem Fachwissen, einer überdurchschnittlich hohen (Flüchtigkeits-)Fehlerquote und Unverständnis grundlegender Zusammenhänge in allen Bereichen, in denen er eingesetzt war, sowohl in der Probezeiteinschätzung als auch in den insgesamt drei Probezeitbeurteilungen, sowohl beim Amtsgericht E. als auch beim Amtsgericht M. durchgängig gleichförmig beschrieben wird.
(4) Soweit der Antragsteller die in den Probezeitbeurteilungen benannten Leistungsdefizite mit einer zu hohen Arbeitsbelastung entschuldigt, vermag er nicht durchzudringen. Zum einen kann allein eine gegebenenfalls überdurchschnittlich hohe Arbeitsbelastung von Februar 2017 bis September 2018 die über einen Zeitraum von fast drei Jahren festgestellten erheblichen Leistungsdefizite des Antragstellers nicht relativieren. Zum anderen stellt sich der Sachverhalt nach schlüssiger Aktenlage so dar, dass die Arbeitsbelastung des Antragstellers im Vergleich zu anderen Justizsekretären bei dem Amtsgericht M. nicht überdurchschnittlich hoch war. Denn die Präsidentin des Amtsgerichts M. hat in ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 2018 unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Weiteren Aufsichtsführenden Richters am Amtsgericht S. überzeugend dargelegt, dass die Servicekräfte der Abteilung 4 – bis auf den Antragsteller – in der Regel mit der durch die jeweiligen Richter gewünschten Handhabung bestimmter Arbeitsabläufe keine Schwierigkeiten gehabt hätten und alle Servicekräfte regelmäßig in gewissen Zeiten (Vertretung wegen Krankheit oder Urlaubs) für 2,0 Richter-AKAs ohne Beanstandungen herangezogen worden seien. Im Übrigen beruhe der Eindruck der Überlastung seitens des Antragstellers wohl auch auf falschen Annahmen seinerseits: So habe die Richterin J. lediglich eine AKA von 0,75 (nicht 1,0) gehabt und für die Vertretung im RGA 472 sei nicht der Antragsteller alleine, sondern es seien alle Mitarbeiter der Serviceeinheit dafür zuständig gewesen. Die Beanstandung der (zu langen) Arbeitszeit des Antragstellers von 9-10 Stunden habe zudem keine Zeiten betroffen, in denen er 2,0 Richter-AKAs zu bearbeiten gehabt hätte. Kein anderes Mitglied der Serviceeinheit benötige regelmäßig 9-10 Stunden für die Bearbeitung von mehr als 1,0 AKAs. Daraus folgt in der Gesamtschau, dass die Arbeitsbelastung des Antragstellers in dem von ihm monierten Zeitraum im Vergleich zu der anderer Servicekräfte nicht überdurchschnittlich hoch war.
(5) Unbeachtlich ist auch der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner habe positive Aspekte seiner Leistung unberechtigterweise nicht berücksichtigt. Soweit sich der Antragsteller dabei auf positive Eindrücke seiner Kollegen beruft, ist dies allein schon deshalb unbeachtlich, weil die dem Antragsteller gleichgeordneten Kollegen regelmäßig – anders als ein Dienstvorgesetzter – keinen Gesamtüberblick über die Leistung des Beamten haben. Insofern der Antragsteller auf vereinzelte positive Rückmeldung durch Richter rekurriert, fallen die benannten Einzelereignisse im Verhältnis zu dem ausweislich der Einschätzung, Probezeitbeurteilungen und Gesprächsprotokolle wiederholt und gleichartig dargelegten negativen Leistungsbild des Antragstellers nicht ins Gewicht, sodass der Antragsgegner ihnen auch keine wesentliche Bedeutung zumessen musste.
(6) Auch der Einwand, der Antragsgegner habe bei der Bewertung der Leistung des Antragstellers einen falschen – nämlich zu hohen – Maßstab angelegt, verfängt nicht. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Dienstherr den Beurteilungsmaßstab setzt und daher auch einen strengen Maßstab an die Leistung eines Probezeitbeamten anlegen kann. Dass dieser Maßstab hier in einer solchen Weise überzogen wäre, dass dadurch allgemeine Bewertungsmaßstäbe verletzt oder nur eine geringe Anzahl an Beamten diesem entsprechen würden, ist nicht ersichtlich. In der hier streitgegenständlichen und damit maßgeblichen Entlassungsverfügung (S. 7) betont der Antragsgegner
„eine überdurchschnittliche Quote [der beanstandeten Vorgänge des Antragstellers] im Vergleich zu den zu erwartenden Anforderungen einer durchschnittlich arbeitenden Servicekraft“.
Auch in der abschließenden Probezeitbeurteilung vom 6. September 2018 heißt es, dass
„der Beamte (…) weiterhin das erforderliche Mindestmaß an zwingend erforderlicher Sorgfalt vermissen [ließ] und seine Arbeitsergebnisse (…) verschiedentlich nicht dem zu erwartenden Standard [entsprachen] und (…) in einem überdurchschnittlichen Maß nicht verwendbar [waren]. (…) die Summe der aufgetretenen Fehler liegt immer noch über dem Maß, wie man sie bei einer durchschnittlich arbeitenden Servicekraft erwarten kann.“
Daraus folgt, dass (auch) von dem Antragsteller lediglich eine durchschnittliche Qualität und Quantität seiner Arbeitsleistung gefordert wurde. Die negative Leistungseinschätzung und darauf fußend die streitgegenständliche Entlassungsverfügung beruhen mithin nicht auf der Fehlerhaftigkeit der Leistung des Antragstellers an sich, sondern auf deren überdurchschnittlich hoher Fehlerquote. Daher ist auch unbeachtlich, dass dies in verschiedenen Kritikgesprächen mit dem Antragsteller (vgl. Gesprächsprotokoll v. 2.2.2018 S. 3; v. 26.6.2018 S. 4) anders formuliert worden ist („… erforderlich ist aber ein durchwegs fehlerfreies Arbeiten“).
Im Übrigen liegt es innerhalb des dem Dienstherrn zukommenden Bewertungsspielraums, dass eine dauerhaft hohe Fehlerquote und fehlendes Fachwissen bei einem Justizsekretär nicht hingenommen werden können. Denn Beamte dieser Fachlaufbahn müssen Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen, was eine Verlässlichkeit in die richtige, umfassende und zeitnahe Bearbeitung voraussetzt. Das ist aber bei dem Antragsteller – trotz der Einwendungen des Antragstellers durchgängig belegt in allen Probezeitbeurteilungen – nicht der Fall.
d) Schließlich sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Steht für den Dienstherrn die fehlende Bewährung eines Probebeamten endgültig fest, kommt ihm kein weiteres Handlungsermessen zu (Sauerland in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand: 1.11.2018, § 23 BeamtStG Rn. 55). Nach der zwingenden Vorschrift des § 10 Satz 1 BeamtStG darf ein Beamter nur dann in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden, wenn er sich in der Probezeit bewährt hat. § 10 Satz 1 BeamtStG wirkt sich wie eine absolute Ermessensschranke aus, die bei endgültig feststehender mangelnder Bewährung nur die Entlassung als sachgerecht („ermessensgerecht“) erscheinen lässt. Für eine Verlängerung der Probezeit bei einem Beamten, dessen fachliche Nichtbewährung endgültig feststeht – wie also bei dem Antragsteller -, ist daher kein Raum (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Stand: Februar 2019, § 23 BeamtStG Rn. 160).
3. Auch eine isolierte Interessenabwägung des öffentlichen Vollzugsmit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Angesichts der in den Probezeitbeurteilungen angesprochenen grundlegenden Mängel ist es dem Antragsgegner nicht zuzumuten, den Antragsteller bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu beschäftigen. Der Umstand, dass aufgrund der qualitativ und quantitativ gravierend fehlerhaften Arbeitsergebnisse des Beamten der Dienstbetrieb nachhaltig gestört (vgl. beispielsweise zu entsprechender Mehrarbeit für Kollegen Gesprächsprotokoll v. 30.7.2018 S. 4) und ständig mit einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Antragsgegners zu rechnen ist, wiegt so schwer, dass das Interesse des Antragstellers an einer Fortsetzung seiner Tätigkeit während des Rechtsbehelfsverfahrens hinter dem öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Entlassung zurücktreten muss.
4. Der Antragsteller hat nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, i.E. ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen ([30.325,80 EUR Jahresgrundgehalt + 1.868,97 EUR Jahressonderzahlung] / 4 = 8.048,70 EUR).
Dabei war auch die jährliche Sonderzahlung gem. Art. 82, 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) mitanzusetzen (a.A. BayVGH, B.v. 11.8.2017 – 3 CS 17.512 – BeckRS 2017, 121542 Rn. 7). Ihre Ausklammerung bei der Streitwertberechnung würde dem ausdrücklichen, anlässlich der Änderung des § 52 GKG geäußerten Willen des Gesetzgebers widersprechen: „Soweit Sonderzuwendungen gezahlt werden, sind diese in dem Jahresbetrag enthalten“ (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 17/11471 S. 246 Zu Buchstabe b Abs. 3). Die damalige Änderung der beamtenrechtlichen Streitwertberechnung gem. § 52 GKG war u.a. dem Umstand geschuldet, dass „mittlerweile (…) die Sonderzuwendungen je nach Bundesland unterschiedlich reduziert und zum Teil – wie auch beim Bund – in die monatlichen Bezüge eingerechnet worden (waren)“ (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, a.a.O. S. 246 Zu Buchstabe b Abs. 3). Mit der Abkehr von der bis dato geltenden Streitwertberechnung in Höhe des 13-fachen Endgrundgehalts (pauschal die durchschnittlich in einem Jahr zu gewährenden Bezüge einschließlich der jährlichen Sonderzahlung) wollte der Gesetzgeber daher allein den (im Zuge der Föderalismusreform) unterschiedlich ausgestalteten Besoldungssystemen in Bund und Ländern Rechnung tragen. An der grundsätzlichen Berücksichtigung der jährlichen Sonderzahlung bei der Streitwertermittlung sollte sich hingegen nichts ändern (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, a.a.O. S. 246 Zu Buchstabe b Abs. 2). Im Übrigen wird auch Ruhestandsbeamten eine jährliche Sonderzahlung gewährt, vgl. Art. 75, 76 BayBeamtVG.


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