Verwaltungsrecht

Erfolglose Berufungszulassung wegen geltend gemachter unrichtiger Würdigung einer Werbeanlage als verkehrsgefährdend

Aktenzeichen  9 ZB 16.1259

Datum:
4.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15279
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 14 Abs. 2
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Hinblick auf eine geltend gemachte unrichtige Sachverhalts- und Beweiswürdigung kommt nur in Betracht, wenn aufgezeigt wird, dass die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung mangelhaft ist, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist (hier verneint für die Würdigung einer Werbeanlage als konkrete Verkehrsgefährdung). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 3 K 16.277 2016-05-04 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Baugenehmigung zur Errichtung einer Außenwerbeanlage auf Monofuß (CityStar-Board) auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung U…, die von der Beklagten mit Bescheid vom 21. Januar 2016 abgelehnt wurde. Die Klage hiergegen hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 4. Mai 2016 wegen einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch das Vorhaben abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weist die Rechtssache danach besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Klägerin ist der Ansicht, dass bei verständiger Würdigung der Gegebenheiten vor Ort und des konkreten Errichtungsortes der Werbeanlage eine konkrete Verkehrsgefährdung i.S.d. Art. 14 Abs. 2 BayBO zu verneinen sei. Die gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung und ist dabei nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei; die richterliche Überzeugungsbildung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 8 ZB 16.2351 – juris Rn. 15). Soweit sich das tatsächliche Vorbringen im Zulassungsverfahren auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung bezieht, kommt eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur in Betracht, wenn aufgezeigt wird, dass die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung mangelhaft ist, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was insbesondere bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, den Gesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.5.2018 – 9 ZB 16.321 – juris Rn. 7 m.w.N.). Derartiges wird im Zulassungsverfahren nicht aufgezeigt.
Das Verwaltungsgericht hat anhand der im Augenschein getroffenen Feststellungen und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Polizeiinspektion F… vom 3. November 2015, eine Einzelfallbewertung vorgenommen (UA S. 11 f.). Es hat zutreffend darauf abgestellt, dass das Vorhaben unmittelbar neben einer Bundesstraße mit drei Fahrspuren je Fahrtrichtung in unmittelbarer Nähe zur mit einer Lichtzeichenanlage versehenen Straßenkreuzung W… Straße, S…- und H…-straße errichtet werden soll und auch das Verkehrsaufkommen berücksichtigt. Darüber hinaus hat es den sehr geringen Abstand der geplanten Werbeanlage von nur sieben bis acht Meter zur Lichtzeichenanlage gewürdigt. Dem tritt das Zulassungsvorbringen insgesamt nicht entgegen. Vielmehr setzt die Klägerin dem nur ihre eigene Beweiswürdigung entgegen; allein die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2017 – 9 ZB 17.766 – juris Rn. 10). Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es unerheblich ist, ob sich der Vorhabenstandort bereits als Unfallschwerpunkt darstellt oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 – juris R. 5).
Dass die von der Klägerin genannten Kriterien für die Annahme einer Verkehrsgefährdung unter Berufung auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2013 nicht vorliegen sollen, führt zu keiner anderen Bewertung, da diese zum einen nicht abschließend sind und zum anderen maßgebend vielmehr eine Einzelfallbeurteilung auf Grundlage der örtlicher Verkehrsverhältnisse und unter Berücksichtigung des konkreten Vorhabens – wie hier vom Verwaltungsgericht vorgenommen – ist (vgl. OVG NW, U.v. 28.8.2013 – 10 A 1150/12 – juris Rn. 36). Zudem befand sich dort – anders als hier – gerade keine Lichtzeichenanlage in unmittelbarer Nähe zum Vorhabenstandort (vgl. OVG NW, U.v. 28.8.2013 a.a.O. juris Rn. 42). Anders als in dem von der Klägerin angeführten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2012 wird die Werbeanlage hier ferner quer und nicht parallel zur Fahrbahn angebracht (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2012 – 9 ZB 11.2280 – juris Rn. 2).
2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die Klägerin hat über die ernstlichen Zweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hinaus nichts vorgetragen. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens legt das Zulassungsvorbringen nicht dar. Die Sachlage ist durch die in den Akten enthaltenen Pläne und Fotos ausreichend dokumentiert (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2012 – 9 ZB 11.2280 – juris Rn. 13). Allein die abweichende Auffassung vom Ergebnis der Beweiswürdigung des Augenscheins oder die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Klägerin macht die Sache nicht tatsächlich oder rechtlich schwierig (vgl. BayVGH, B.v. 24.5.2018 – 9 ZB 16.321 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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