Verwaltungsrecht

Erfolglose Gegenvorstellung gegen Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen

Aktenzeichen  M 2 E 18.30913

Datum:
23.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7572
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 2, § 161 Abs. 2
AsylG § 80

 

Leitsatz

Eine Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist unstatthaft. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Gegenvorstellung wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 12. März 2018 hat das Gericht das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach übereinstimmender Erledigterklärung eingestellt und die Kosten des Verfahrens vor dem Hintergrund der offenen Erfolgsaussichten gegeneinander aufgehoben. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich die Gegenvorstellung vom 15. März 2018, die bei Gericht am 19. März 2018 eingegangen ist.
II.
1. Die – ausdrücklich als solche bezeichnete – Gegenvorstellung ist bereits unzulässig. Sie ist unstatthaft, weil sie in der geschriebenen Rechtsordnung keine Grundlage findet (vgl. BVerwG, B.v. 26.2.2009 – 2 PKH 2.09 – juris Rn. 3). Gleiches ergibt sich ebenfalls aus der rechtlich-systematischen Wertung sowohl des § 80 AsylG als auch nach § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog.
2. Zudem ist die Gegenvorstellung unbegründet und bleibt auch deshalb erfolglos.
Nach Überzeugung des Gerichts bestand vorliegend im Lichte des Antragsschriftsatzes vom 19. Februar 2018 sowie des dazu in Anlage vorgelegten Schriftwechsels des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt München bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids des Bundesamts vom 2. März 2017 in Gestalt der amtlichen Änderung vom 21. Februar 2018 am 26. Februar 2018 an die Bevollmächtigte des Antragstellers (noch) kein Anordnungsgrund. Nach unveränderter Auffassung des Gerichts (vgl. Begründung im B.v. 12. März 2018) wurde nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses in Gestalt der Zustellung am 26. Februar 2018 ein Vollzug aus dem Bescheid des Bundesamts vom 2. März 2017 (Abschiebung) drohen hätte können. Es ist nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Abschiebung bereits erfüllt gewesen wären. Insbesondere ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass für den Antragsteller bereits ein Pass bzw. Passersatzpapier vorgelegen hätte. Am 15. Februar 2018 wurde im Rahmen einer Vorsprache des Antragstellers bei der Landeshauptstadt München zunächst lediglich die Geburtsurkunde vorrübergehend zur Einleitung ausländerrechtlicher Maßnahmen einbehalten. Die mit Blick auf § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG vertreten Auffassung, wonach ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Eilentscheidung regelmäßig auch schon dann bestehen würde, wenn eine Abschiebung noch nicht unmittelbar bevorsteht, zum Beispiel weil noch nicht alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Abschiebung erfüllt sind, überzeugt das erkennende Gericht in dieser Allgemeinheit nicht, da sie einstweiligen Rechtsschutz gleichsam „ins Blaue“ hinein, d.h. jederzeit und ohne Weiteres nach Ablauf der Ausreisefrist, ermöglichen würde, was nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes gerade auch im Lichte von § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG so nicht ohne Prüfung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, namentlich der zeitlichen Abläufe und bereits konkret veranlassten Maßnahmen der Ausländerbehörde, erforderlich ist. Dies hat nach Auffassung des Gerichts zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden zu gelten, in dem zwischen dem Schreiben der Bevollmächtigten an das Bundesamt vom 8. bzw. 12. Februar 2018, der Vorsprache des Antragstellers bei der Ausländerbehörde am 15. Februar 2018, der Antragstellung im gerichtlichen Eilverfahren am 19. Februar 2018 und der Verfahrenserledigung durch Zustellung des Bescheids vom 2. März 2017 nach dessen amtlicher Änderung vom 21. Februar 2018 an die Bevollmächtigte am 26. Februar 2018 und der – allerdings nicht noch zusätzlich vom Bundesamt mitgeteilten – Aufhebung der Bestandskraftmitteilung am 19. bzw. 21. Februar 2018 nur wenige Tage lagen und somit bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses aufgrund der Umstände des Einzelfalls keinesfalls eine irgendwie konkretisierte Vollzugsbefürchtung hinsichtlich der Abschiebung des Antragstellers inmitten stehen konnte.
Eine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes ging damit nicht einher. Nach Auffassung des Gerichts wäre es auch vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Antragsteller zumutbar und zur Vermeidung eines verfrühten Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, dem es in der Folge (noch) an einem Anordnungsgrund fehlte, notwendig gewesen, vor Antragstellung bei Gericht mit Schriftsatz vom 19. Februar 2018 zumindest in der vorliegenden Verfahrenskonstellation noch eine angemessene (Bearbeitung-)Zeit lang – die sich vorliegend namentlich an der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG als Mindestmaß zu orientieren hätte – auf eine Reaktion des Bundesamts zu warten. Der am 20. Februar 2018 bei Gericht eingegangene Antrag vom 19. Februar 2018 wahrt eine solche angemessene behördliche Reaktions-/Bearbeitungsfrist weder mit Blick auf das Schreiben der Bevollmächtigten an das Bundesamt vom 8. Februar 2018 noch auf ihr weiteres dorthin gerichtetes Schreiben vom 12. Februar 2018. Wie sich im weiteren Verfahrensverlauf sodann gezeigt hat, hat das Bundesamt auf die o.g. Schreiben der Bevollmächtigte hin den Bescheid vom 2. März 2017 am 21. Februar 2018 amtlich geändert und diesen sodann der Bevollmächtigten auch am 26. Februar 2018 zugestellt. Eine darüber hinausgehende Übermittlung auch der bei den Akten des Bundesamts befindlichen Verfügung vom 19. Februar 2018 und der Aufhebung der Bestandskraftmitteilung vom 21. Februar 2018, die gemäß § 40 Abs. 1 AsylG zutreffend an die Landeshauptstadt München adressiert war, mag daneben zwar aus Gründen der Rechtsklarheit angezeigt gewesen sein und hätte – das Fehlen der Übermittlung an den Antragsteller isoliert betrachtet – wohl auch einen Anordnungsanspruch begründen können, wegen der Zustellung des Bescheids vom 2. März 2017 in Gestalt der amtlich Änderung vom 21. Februar 2018 am 26. Februar 2018, die den Lauf der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG erneut ausgelöst hat (vgl. dazu Klageverfahren M 2 K 18.31025), bedurfte es einer solchen zur Erlangung eines effektiven Rechtsschutzes allerdings nicht notwendigerweise. Ein angemessenes zeitliches Zuwarten des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten auf eine Reaktion des Bundesamtes auf das (letzte) Schreiben vom 12. Februar 2018 unter Orientierung an der o.g. (Mindestwarte-)Frist des § 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG hätte somit das bereits am 20. Februar 2018 anhängig gewordene Antragsverfahren bei Gericht vermieden, ohne dass damit im konkreten Fall eine Rechtsbeeinträchtigung für den Antragsteller einhergegangen wäre. Ein Anlass zur Antragstellung wäre mithin zur Überzeugung des Gerichts vorliegend frühestens erst dann anzunehmen gewesen, wenn bei der Bevollmächtigten bis zum Ablauf des 26. Februar 2018 keine inhaltlich relevante Reaktion des Bundesamts auf das Schreiben vom 12. Februar 2018 zu verzeichnen gewesen wäre. Dem war indes eingedenk der Zustellung des Bescheids vom 2. März 2017 in Gestalt der amtlichen Änderung vom 21. Februar 2018 an diesem Tage gerade nicht so, sodass weder vor diesem Zeitpunkt noch danach ein Anordnungsgrund bestand.
Nach alledem lag eine Abschiebung des Antragstellers im konkreten Fall noch in so großer zeitlicher Ferne, dass der am 20. Februar 2018 bei Gericht anhängig gewordene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls verfrüht erfolgte und sich zwischenzeitlich sodann erledigt hat. Mit dem Verweis des Antragstellers auf ein angemessenes Zuwarten hinsichtlich einer Reaktion der Antragsgegnerin, hier orientiert an der Frist nach § 74 Abs. 1 Hs. 1 Asyl, geht jedenfalls vorliegend keine unzulässige Beschränkung des Rechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG einher.
Es verbleibt somit bei der im Einstellungsbeschluss vom 12. März 2018 getroffenen Ermessensentscheidung über die Kostenverteilung (§ 161 Abs. 2 VwGO).
Einer Kostenentscheidung bedarf es für das Verfahren der Gegenvorstellung nicht. Es ist gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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