Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf einstweilige Anordnung wegen Fehlens eines Anordnungsgrundes

Aktenzeichen  W 5 E 17.31437

Datum:
5.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 61 Abs. 2 S. 1
AufenthG AufenthG § 60a Abs. 2
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Nur wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen sich irreversible Nachteile ergeben, kann eine einstweilige Beschäftigungszulassung zur Abwendung dieser Nachteile geboten sein. Im Übrigen dürfen bei geduldeten Ausländern, denen die Beschäftigung noch nicht erlaubt war, „Zeitgründe“, d.h. der Zeitablauf bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die erstmalige Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und die damit verbundenen finanziellen Einbußen für sich alleine noch keinen Grund für die Notwendigkeit einer – die Hauptsache teilweise vorwegnehmenden – einstweiligen Anordnung bilden.  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Bevollmächtigten des Antragstellers wird abgelehnt.

Gründe

Der am … 1997 geborene Antragsteller begehrt eine Beschäftigungserlaubnis für eine Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker.
1. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 24. Januar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 24. Juni 2016 einen Asylantrag und ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am 21. Dezember 2016 abgelehnt. Über die hiergegen erhobene Klage (W 5 K 17.30066) wurde noch nicht entschieden.
2. Am 26. Januar 2016 stellte der Antragsteller bei der Regierung von Unterfranken (Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken) einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für eine Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker bei der Fa. … in S.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 teilte die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken dem Antragsteller mit, dass der Antrag aufgrund der geringen Bleibeperspektive und ungeklärter Identität nicht genehmigt werden könne.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 teilte der Antragsteller über die Flüchtlingshilfe Markt S. der Zentralen Ausländerbehörde mit, dass die Versagung der Beschäftigungserlaubnis nicht auf die niedrige Bleibeperspektive gestützt werden könne, da er sich bis zur Entscheidung des Gerichts weiterhin im Asylverfahren befinde. Die Vorlage der Ausweispapiere sei nicht möglich, da er solche noch nie besessen habe.
3. Mit Bescheid vom 6. März 2017 lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Erlaubnis für eine Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker bei der Fa. … S. ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erteilung der Erlaubnis gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG im Ermessen der Ausländerbehörde stehe. Diese Ermessensentscheidung falle zulasten des Antragstellers aus. Einen wesentlichen Gesichtspunkt bei der Ermessensausübung stelle die Bleibeperspektive des Asylbewerbers dar. In Fällen geringer Bleibeperspektive spreche insbesondere die migrationspolitische Erwägung, dass mit dem Stellen wahrscheinlich aussichtsloser Asylanträge nicht das Ziel einer Beschäftigung verfolgt werden könne, dafür, den Antrag des Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis abzulehnen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe den Asylantrag des Ausländers abgelehnt. Somit sei von einer kaum vorhandenen Bleibeperspektive auszugehen. Im Falle einer bestandskräftigen Ablehnung sei für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise eine Rückführungsmaßnahme auch nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Im Übrigen sei, ohne dass es dem Gewicht nach noch auf diese Erwägung ankomme, in die Abwägung zu Lasten des Antragstellers einzustellen, dass dessen Identität nicht abschließend geklärt sei. Eine Taskira reiche aufgrund ihrer Fälschungsanfälligkeit nicht aus. Es liege im öffentliche Interesse, einer zusätzlichen, durch die Aufnahme einer Einstiegsqualifizierung entstehenden Verfestigung des Aufenthalts bei denjenigen Asylbewerbern entgegenzuwirken, die über keine gesicherten Identitätsnachweise und Reisedokumente verfügten und bei denen keine Anhaltspunkte vorlägen, dass sie im Fall der wahrscheinlichen Ablehnung des Asylantrags unverzüglich bei der Beschaffung von Identitätspapieren mitwirken würden. Demgegenüber lägen keine Umstände vor, die für ein überwiegendes privates Interesse an der Aufnahme der Beschäftigung sprechen würden.
4. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. März 2017, eingegangen bei Gericht am nächsten Tag, erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller unter Aufhebung des Bescheids vom 6. März 2019 eine Arbeitsgenehmigung für eine Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker bei … S. zu erteilen (Az. W 5 K 17.31434). Gleichzeitig beantrage der Bevollmächtigte des Antragsstellers, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig eine Erlaubnis zum Beginn der Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker bei … S. zu erteilen, sowie dem Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten des Antragstellers zu erteilen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Antragsgegner erklärt habe, dass er dringend Lehrlinge suche, jedoch keine gefunden habe. Der Arbeitgeber gebe auch eine Zusage dahingehend ab, dass der Antragsteller ab September 2017 einen Ausbildungsvertrag bekommen werde. Es sei bereits fraglich, ob das vom Antragsgegner angeführte generelle migrationspolitische Abwägungsargument heute noch zutreffend sei. Wie sich aus der Begründung zum Integrationsgesetz ergebe, habe inzwischen ein Sinneswandel stattgefunden, wonach das Prinzip „Fördern und Fordern“ zuletzt auf wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik und den Bedarf des deutschen Arbeitsmarktes an einer Vielzahl von Fachkräften beruhe. Selbst wenn man ein generelles arbeitsmarktpolitisches Moment in die Abwägung einstellen könne, so sei vorliegend offenkundig eine unzutreffende Abwägung dieses Arguments mit den anderen für die Erteilung sprechenden Gesichtspunkten vorgenommen worden. Denn aus der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes sei bei Flüchtlingen aus dem Herkunftsland Afghanistan von einer positiven Gesamtschutzquote auszugehen. Damit könne hier nicht von einer „kaum vorhandenen Bleibeperspektive“ gesprochen werden. Im Gegenteil spreche die positive Gesamtschutzquote für die Erteilung der Arbeitsgenehmigung. Auch das Argument der nicht geklärten Identität könne nicht herangezogen werden, denn dem Antragsteller sei es während des laufenden Asylverfahrens nicht zuzumuten, Vorsprache bei der Botschaft zwecks Ausstellung eines Reisedokuments zu nehmen. Die Sache sei eilbedürftig, da die Einstiegsqualifizierung wesentliches Element der Vorbereitung auf die anstehende Ausbildung sei. Da diese bereits im September 2017 beginnen solle, sei es dem Antragsteller nicht zuzumuten den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
5. Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 3. April 2017, den Antrag abzulehnen.
Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Antrag und die zugrundeliegende Klage unbegründet seien. Die nach § 61 Abs. 2 AsylG getroffene Ablehnungsentscheidung sei rechtmäßig, insbesondere nicht mit einem Ermessensfehler behaftet. Dass eine niedrige Bleibeperspektive im Rahmen der Entscheidung über Beschäftigungserlaubnisse bei der Ermessensausübung ein berücksichtigungsfähiger Belang sein könne, sei in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München, wonach die Versagungsentscheidung ermessensfehlerfrei sowohl auf die ungeklärte Identität des Asylbewerbers als auch auf migrationspolitische Erwägungen gestützt werden könne (B. v. 26.10.2016 – 4 E 16.4408) sei zwischenzeitlich vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden (B. v. 25.1.2017 – 10 CE – 16.2342). Im vorliegenden Fall könne auch mit hinreichender Gewissheit von einer sehr niedrigen Bleibeperspektive des Antragstellers ausgegangen werden. Vor allem sei hier vorliegend eine ablehnende Einzelfallentscheidung durch das Bundesamt getroffen worden, so dass jedenfalls bis zu einer gegenteiligen gerichtlichen Einschätzung diese Entscheidung jenseits der Anerkennungsquoten für die ausländerrechtliche Entscheidung zur Beschäftigungserlaubnis ermessensprägende Wirkung entfalten könne. Es resultiere aus § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG für die hier in Rede stehende Beschäftigung, welche zugleich eine Vorbereitungsmaßnahme für die Aufnahme einer Ausbildung darstelle, auch keine ermessensrelevante Vorwirkung.
6. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten einschließlich der Akten im Verfahren W 5 K 17.31434 und W 5 K 17.30066 und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig eine Erlaubnis zum Beginn der Einstiegsqualifizierung als Anlagenmechaniker bei … S. zu erteilen, ist zulässig, aber nicht begründet.
Mit seinem Antrag begehrt der Antragsteller – nach der gebotenen Auslegung seines Rechtsschutzbegehrens (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) – die Erteilung einer vorläufigen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren geltenden, Beschäftigungserlaubnis.
Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).
Der Antrag ist dann begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet, sowie das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Im vorliegenden Fall ist schon kein Anordnungsgrund – aufgrund einer besonderen Dringlichkeit – gegeben.
Den geltend gemachten Anordnungsgrund der besonderen Dringlichkeit wegen sonst drohender Existenzgefährdung hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
§ 123 Abs. 1 VwGO schreibt vor, dass das Gericht lediglich „einstweilige“ Anordnungen zur Regelung eines „vorläufigen“ Zustands treffen kann. Daraus ergibt sich als wesentliches Element des vorläufigen Rechtsschutzes das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Eine Ausnahme von diesem Verbot wird von der Rechtsprechung nur dort anerkannt, wo es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig erscheint (vgl. VG Würzburg, B.v. 8.7.2013 – W 6 E 13.500 – juris). So kann die Vorwegnahme der Hauptsache zu Gunsten eines Antragstellers geboten sein, wenn seine soziale, berufliche oder wirtschaftliche Existenz gefährdet ist oder ein Zuwarten allgemein unzumutbar für ihn ist (vgl. Happ, in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 123 Rn. 66a ff.).
Der Antragsteller begehrt in der Hauptsache die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm eine Genehmigung zur Aufnahme einer Einstiegsqualifizierung für eine sich anschließende Berufsausbildung zu erteilen. Das gleiche Ziel verfolgt der Antragsteller letztlich auch mit seinem Eilantrag. Hieran ändert nichts, dass die im einstweiligen Anordnungsverfahren erstrebte Rechtsstellung unter der auflösenden Bedingung des Ergebnisses des Klageverfahrens stünde. Denn auch die vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache vermittelt dem Antragsteller die im Klageverfahren erstrebte Rechtsposition und stellt ihn vorweg so, als wenn er im Klageverfahren bereits obsiegt hätte (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15; VG München, B. v. 25.8. 2015 – M 4 E 15.3554 – beide juris).
Eine vorläufige Beschäftigungserlaubnis kommt nur dann in Frage, wenn sie unabdingbar erforderlich ist, um effektiven Rechtschutz zu ermöglichen (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Dezember 2016, § 18 AufenthG Rn. 41 zur insoweit vergleichbaren Situation bei § 18 AufenthG). Bei geduldeten Ausländern, denen die Beschäftigung noch nicht erlaubt war, dürfen „Zeitgründe”, d.h. der Zeitablauf bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die erstmalige Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und die damit verbundenen finanziellen Einbußen für sich alleine noch keinen ausreichenden Grund für die Notwendigkeit einer – die Hauptsache teilweise vorwegnehmenden – einstweiligen Anordnung bilden (VGH Mannheim, B.v. 12.10.2005 – 11 S 1011/05 – juris). Nur wenn besondere Umstände vorliegen, aus denen sich irreversible Nachteile ergeben, kann eine einstweilige Beschäftigungszulassung zur Abwendung dieser Nachteile geboten sein (OVG Münster, B.v. 18.1. 2006 – 18 B 1772/05 – NVwZ-RR 2007, 60). Ein anders nicht abwendbarer Nachteil für den Antragsteller käme insbesondere in Betracht, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes seine soziale, berufliche oder wirtschaftliche Existenzgrundlage gefährdet wäre und dies die Grundrechte aus Art. 12, 14 GG berührte (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris). Das kann etwa der Fall sein, wenn der Ausländer bereits gearbeitet hat und ihm eine Kündigung droht, der Arbeitgeber dem Ausländer einen bestimmten Arbeitsplatz eine Zeit lang freihält, bevor er eine Ersatzkraft einstellt oder wenn die Chancen auf eine Einstellung in der angestrebten Branche sich durch Zeitablauf aus anderen Gründen wesentlich zu verschlechtern droht, etwa weil das Berufsbild eine ununterbrochene Berufsausübung verlangt, um die berufsspezifischen Kenntnisse auf aktuellem Stand zu halten (VGH Mannheim, B.v. 12.10.2005 – 11 S 1011/05 – juris).
Vorliegend kann schon nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass die in Rede stehende Ausbildungsstelle bzw. die vorgeschaltete Qualifikationsmaßnahme bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren anderweitig besetzt wird, da der Arbeitgeber selbst angibt, dringend Arbeitskräfte zu suchen und seit Jahren keine geeigneten Lehrlinge habe einstellen können (Bl. 92 der Akte der Reg. v. Ufr.). Auch hat der Antragsteller nicht glaubhaft machen können, dass für ihn keine Möglichkeit mehr bestehen würde, einen anderen Arbeitsplatz zu finden und ihm nunmehr eine einmalige berufliche Chance entginge. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen er nicht zu einem späteren Zeitpunkt die Ausbildung beginnen könnte. Die bloße zeitliche Verzögerung der Aufnahme einer Arbeitstätigkeit stellt keinen unzumutbaren Nachteil dar, der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würde (VG München, B.v. 25.1.2016 – M 10 E 15.5827 – BeckRS 2016, 45558).
Dass die soziale, berufliche oder wirtschaftliche Existenz gefährdet ist oder ein Zuwarten allgemein unzumutbar ist, ist vorliegend zumindest sehr zweifelhaft. Zwar könnte der Antragsteller – wenn er im Klageverfahren gewinnt – die Einstiegsqualifizierung wie auch die Ausbildung erst später beginnen. Eine gewisse Zeitverzögerung ist aus Sicht des Gerichts jedoch zumutbar; insbesondere wenn man berücksichtigt, dass ein ablehnender Bescheid des Bundesamts bereits ergangen ist. Der Antragsteller hat auch nicht vorgetragen, dass ihm eine spätere Aufnahme der Berufsausbildung unmöglich wäre.
2. Darüber hinaus hat der Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch). Eine einstweilige Anordnung kann dabei nur erlassen werden, wenn der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrte Gestattung einer Beschäftigung glaubhaft gemacht hätte (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Mit Blick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ist hierfür grundsätzlich erforderlich, dass eine Entscheidung zu Gunsten des Ausländers überwiegend wahrscheinlich ist. Eine einstweilige Anordnung kann auch in diesem Fall aber nur erlassen werden, wenn der Antragsteller einen Anspruch auf die Gestattung der Beschäftigung glaubhaft gemacht hätte, der hier nur im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben wäre (BayVGH, B.v. 10.03.2006 – 24 CE 05.2685 – BeckRS 2009, 40984). Auch an diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall, da bei summarischer Prüfung eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegt.
Der Antragteller hat nach der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im Hauptsacheverfahren keinen Anspruch auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 2 AufenthG) nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel (§ 4 Abs. 1 AufenthG) dazu berechtigt. Dies gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG nur dann nicht, wenn dem Ausländer aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit gestattet ist, ohne dass er hierzu durch einen Aufenthaltstitel berechtigt sein muss. Derartige Ausnahmeregelungen bestehen für Personen mit Duldung (§ 60a AufenthG) in § 32 BeschV und für Inhaber einer Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG) in § 61 AsylG.
Für Asylbewerber mit einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylG ist § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Danach ist die Erteilung der Beschäftigungserlaub-nis jedoch keine gebundene Entscheidung, sondern steht im Ermessen der Behörde. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist vorliegend nicht ersichtlich. Es obliegt dabei dem Antragsteller, darzulegen, dass und warum eine Entscheidung, ihm die Ausübung der Beschäftigung zu erlauben, sich als einzig rechtmäßige darstellt. Gründe, die zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen, sind aber vom Antragsteller weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Darüber hinaus besteht nach summarischer Prüfung auch kein Anspruch des Antragstellers auf erneute Entscheidung des Antragsgegners über den von ihm bei der Behörde gestellten Antrag vom 26. Januar 2017 (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid getroffene Er-messensentscheidung ist nach summarischer Prüfung im Ergebnis wohl nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO). Die Ermessensentscheidung hat fehlerfrei die privaten Belange des Antragstellers und die öffentlichen Interessen an einer Versagung der Beschäftigungserlaubnis abgewogen.
Anders als der Antragstellerbevollmächtigte meint, kann die ablehnende Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde auch auf grundsätzliche migrationspolitische Erwägungen gestützt werden, um Fehlanreize zu vermeiden. Dem wird die streitgegenständliche Entscheidung angesichts der nicht allzu hohen Erfolgsaussichten von alleinstehenden männlichen Asylantragstellern aus Afghanistan gerecht (so auch VG München, B.v. 26.10.2016 – M 4 E 16.4408; bestätigt durch BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 10 CE 16.2342; beide juris). Nach allem beruht die Versagung der Erlaubnis nicht auf sachfremden, sondern auf aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken. Neben Zielen, die einwanderungspolitisch motiviert sind, können die Ermessenserwägungen auch der Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. der Förderung der Abwanderung dienen (vgl. Neundorf in Kluth/Heusch, Beck`scher Online-Kommentar Ausländerrecht, 13. Edition 2017, § 61 AsylG Rn. 17).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 83b AsylG handelt (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2015 – 10 CE 15.2038 – juris).
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren war abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zu einem Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gemessen an diesen Vorgaben besteht für die Rechtsverfolgung des Antragstellers vorliegend keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen war. Auf die Ausführungen unter 1. und 2. wird Bezug genommen.


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