Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag in asylrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  9 ZB 18.32134

Datum:
28.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 21910
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3, Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60 Abs. 7
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Art. 103 Abs. 1 GG gibt den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substanziiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.2017 – 9 ZB 15.30129 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Dem genügt das Zulassungsvorbringen schon deshalb nicht, weil der Kläger weder eine konkrete Rechts- noch eine Tatsachenfrage ausformuliert hat. Er wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die einzelfallbezogene Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht. Damit wird kein über den Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf aufgezeigt.
Soweit ausgeführt wird, “das Gericht hat nicht überprüft – insoweit liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor – ob und inwieweit eine Verwicklung (richtig: ‚Vermittlung‘) homosexueller Männer an Soldaten einen eigenen Straftatbestand darstellen kann“, ist dem Zulassungsvorbringen allenfalls bei großzügiger Auslegung eine Tatsachenfrage zu entnehmen. Diese Frage führt aber mangels Klärungsfähigkeit nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Das Verwaltungsgericht hat auf die überzeugende Begründung im Bescheid des Bundesamts vom 24. November 2017 Bezug genommen, das den Vortrag des Klägers aus im Einzelnen genannten Gründen für unerklärlich und unglaubhaft erachtet. Ergänzend hat das Verwaltungsgericht seine tatrichterliche Überzeugung, weshalb es den Ausführungen des Klägers keinen Glauben schenkt, mit weitergehenden Erwägungen ausreichend begründet. Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Frage ist deshalb nicht entscheidungserheblich.
2. Die geltend gemachte Divergenz („Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung“) genügt nicht den Darlegungsanforderungen (§ 78 Abs. 3 Nr. 2, § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2018 – 9 ZB 18.30057 – juris Rn. 12 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht, weil schon kein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet wird, der von einem Rechtssatz eines Divergenzgerichts abweichen soll.
Der Kläger beruft sich zwar auf einen Rechtssatz zu § 60 Abs. 7 AufenthG, den er der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts („BVerwGE 25.11.1997“) zuordnet, er bezeichnet aber keinen Rechtssatz des angefochtenen Urteils, aus dem sich eine Abweichung ergeben könnte. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 25.11.1997 (Az. 9 C 85.96, BVerwGE 105, 383 zu § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990) u.a. den Rechtssatz aufgestellt bzw. wiederholt, dass die Entscheidung über alle zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse, die ein Asylsuchender geltend macht, dem Bundesamt obliegt (juris Rn. 11), und dass die Verschlimmerung einer Krankheit als Folge der Behandlung des Leidens im Zielland der Abschiebung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sein kann (Rn. 12 ff). Welchen Bezug dieser Rechtssatz zum gegenständlichen Fall haben soll und mit welchem Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen sein soll, wird nicht ansatzweise aufgezeigt.
3. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).
Aus dem Vorbringen, „das Gericht hat nicht überprüft – insoweit liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor – ob und inwieweit eine Vermittlung homosexueller Männer an Soldaten einen eigenen Straftatbestand darstellen kann“, ergibt sich kein Gehörsverstoß.
Wie bereits ausgeführt wurde, hat das Verwaltungsgericht den Ausführungen des Klägers zu den geltend gemachten Verfolgungsgründen keinen Glauben geschenkt und seine Überzeugungsbildung einleuchtend begründet. Hiervon ausgehend bestand für das Verwaltungsgericht kein Anlass, der Frage nachzugehen, ob die Vermittlung homosexueller Männer an Soldaten in Uganda strafbar ist. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör aber grundsätzlich ebenso wenig begründet werden wie mit der Behauptung, die richterliche Tatsachenfeststellung sei falsch oder das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt; insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2017 – 9 ZB 17.30605 – juris Rn. 5 m.w.N.)
4. Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass auf jeden Fall eine interne Fluchtalternative für den Kläger vorliegen würde, diese sei aber vorliegend nicht gegeben, wird kein Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 AsylG geltend gemacht. Davon abgesehen haben weder das Bundesamt noch das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass der Kläger internen Schutz nach § 3e Abs. 1 AsylG in Anspruch nehmen müsste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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