Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen Auflagen bei Gewährung von Teilzeit aus familienpolitischen Gründen

Aktenzeichen  3 CE 17.896

Datum:
30.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG BayBG Art. 4, Art. 89
BayVwVfG BayVwVfG Art. 20 Abs. 5
VwGO VwGO § 57, § 60 Abs. 2, § 88, § 122 Abs. 1
ZPO ZPO § 222
BGB BGB § 187 Abs. 1, § 188

 

Leitsatz

1 Eine entgegen der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung an das unzuständige Verwaltungsgericht adressierte Beschwerdebegründung wahrt die Begründungsfrist nicht. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist die beantragte Teilzeit bewilligt worden, so ist ein Eilantrag gegen die zugleich angeordneten Auflagen wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig, falls der Antragsteller nicht glaubhaft macht, dass ihm ohne (vorläufige) Suspendierung der Auflagen schwere unzumutbare Nachteile drohen würden. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 17.717 2017-04-11 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Abänderung von Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 11. April 2017 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

1. Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Beschwerde des Antragstellers zulässig ist, da die Begründung erst am 30. Mai 2017 und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof einging. Der mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrungversehene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. April 2017 wurde seinen Bevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 18. April 2017 zugestellt, so dass die Begründungsfrist am 18. Mai 2017 ablief (§ 57 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist nach § 60 VwGO scheidet aus, da innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 VwGO nach Wegfall des Hindernisses im Zeitpunkt des Schreibens der Bevollmächtigten vom 25. Mai 2017 nicht glaubhaft gemacht wurde (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO), dass die Beschwerdebegründung am 16. Mai 2017 um 14:56 Uhr per Fax eingereicht worden ist; ein entsprechender Sendebericht wurde nicht vorgelegt. Im Übrigen konnte der Antragsteller nicht darauf vertrauen, dass die von seinen Bevollmächtigten entgegen der eindeutigen Rechtsbehelfsbelehrung:an das unzuständige Verwaltungsgericht adressierte und dort eingereichte, nicht als fristgebunden bezeichnete und jedenfalls auf den ersten Blick auch nicht als solche erkenntliche Beschwerdebegründung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang noch vor Fristablauf rechtzeitig dem Verwaltungsgerichtshof hätte vorgelegt werden können. Der Vorsitzende der zuständigen Kammer hat am 18. Mai 2017 unverzüglich, nachdem die Beschwerdebegründung ihm vorgelegt worden war, deren Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof verfügt, was die Begründungsfrist aber nicht mehr wahren konnte; zur Weiterleitung per Fax am selben Tag war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet.
2. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet:
2.1 Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der gestellte Eilantrag,
den Antragsgegner bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, dem Antragsteller eine Teilzeitbeschäftigung vom 1. Februar 2017 bis 31. Dezember 2017 mit einem wöchentlichen Arbeitszeitanteil in Höhe von 75% der regelmäßigen Arbeitszeit zu genehmigen,
unzulässig ist, weil die vom Antragsteller, der im Amt eines Polizeihauptkommissars (BesGr A 11) als Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion X tätig ist, begehrte Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung nach Art. 89 BayBG aus familienpolitischen Gründen wegen Betreuung oder Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen i.S.d. Art. 4 BayBG i.V.m. Art. 20 Abs. 5 BayVwVfG (vorliegend der 88-jährigen Mutter) mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 25. Januar 2017 genehmigt wurde; soweit er sich gegen die darin angeordneten Auflagen wendet, hat der Antragsteller deren (vorläufige) Suspendierung nicht beantragt (§ 122 Abs. 1 i.V.m § 88 VwGO).
2.2 Doch selbst wenn man den Eilantrag als zulässig ansehen wollte, hat das Verwaltungsgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht deshalb abgelehnt, weil dies zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Insoweit hat der Antragsteller schon nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ohne (vorläufige) Suspendierung der Auflagen schwere unzumutbare Nachteile drohen würden, die nachträglich nicht mehr zu beseitigen wären. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass dem Antragsteller mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 25. Januar 2017 eine Teilzeitbeschäftigung im beantragten Umfang bewilligt worden sei. Soweit er sich gegen die damit verbundene Auflage einer monatsweisen Vorausplanung der Diensteinteilung in Absprache mit seinem Stellvertreter wende (a), sei nicht ersichtlich, inwieweit dies unzumutbare Nachteile für ihn mit sich bringe, da er selbst um Planungssicherheit gebeten habe; soweit er sich gegen die weitere Auflage wende, wonach in bestimmten Situationen anfallende Mehrarbeit primär in der Kernzeit von 9 bis 15 Uhr auszugleichen sei (b), sei ebenfalls nicht ersichtlich, inwieweit er dadurch unzumutbar belastet werde, zumal die von ihm angegebenen Arztbesuche, Behördengänge u. dgl. ohne weiteres in dieser Zeit erledigt werden könnten. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
2.3 Die hiergegen vorgetragenen Beschwerdegründe, die sich zum größten Teil auf die Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens beschränken, ohne sich mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Antragsteller ausführt, sein Antrag auf Bewilligung von Teilzeit nach Art. 89 BayBG dürfe nur abgelehnt werden, wenn zwingende dienstliche Belange entgegenstünden, erschließt sich dem Senat nicht, weshalb der Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit erforderlich sein sollte, da die beantragte Teilzeitbeschäftigung bewilligt wurde; dies gilt unabhängig davon, ob der Dienstbetrieb dadurch beeinträchtigt wird, ob weitere Beamte der 3. QE vorhanden sind, die als Dienstgruppenleiter verwendet werden könnten, oder ob auf anderen Dienststellen im Bereich des Polizeipräsidiums M. Dienstgruppenleiter in Teilzeit Schichtdienst verrichten. Soweit der Antragsteller behauptet, die Auflagen würden der Teilzeitgewährung zuwiderlaufen, da sie faktisch nicht von ihm erfüllt werden könnten, hat er dies nicht glaubhaft gemacht. Wenn er vorträgt, aufgrund von Abwesenheitszeiten könne nicht gewährleistet werden, dass immer er oder sein Stellvertreter auf der Dienststelle anwesend seien, soll dies laut Nebenbestimmung a) nur grundsätzlich der Fall sein, so dass ggf. auch andere Beamte der 3. QE die Dienstgruppenleitung übernehmen können. Bezüglich seiner Behauptung, Nebenbestimmung b) würde zu zeitlich geteilten Diensten führen, was seiner Ansicht nach nicht praktikabel sei und zu einem vermehrten Aufwand sowie zu einer erheblichen Belastung führe, ist nicht ersichtlich, weshalb dies bei einer früheren Beendigung der Frühschicht bzw. bei einem späteren Beginn der Spätschicht beim Antragsteller der Fall sein sollte. Im Übrigen hat der Antragsteller jedenfalls nicht dargelegt, dass die Erfüllung der Auflagen für ihn mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre. Soweit er behauptet, die Auflagen seien rechtlich unzulässig, weil die Personalplanung allein Sache des Dienstherrn und nicht des Beamten sei, wobei zusätzlicher Bedarf bzw. organisatorische Maßnahmen wie eine Vertretungsregelung der Teilzeitgewährung nach Art. 89 BayBG nicht als zwingende dienstliche Belange entgegen gehalten werden dürften, ist der Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Soweit der Antragsteller schließlich vorträgt, ohne Erlass der beantragten Anordnung drohe ihm ein irreparabler Rechtsverlust, weil die von ihm beantragte Teilzeit nicht für einen zurückliegenden Zeitraum gewährt werden könne, so dass er seinen Anspruch auf Familienpflege nicht mehr erfolgreich durchsetzen könne, ist er nicht gehindert, sich bereits jetzt in seiner dienstfreien Zeit um seine pflegebedürftige Mutter zu kümmern, da ihm zu diesem Zweck Teilzeit bewilligt wurde.
3. Die Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Eine Halbierung des Streitwertes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist nicht angezeigt, weil das Begehren des Antragstellers auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt. Dementsprechend war auch der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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