Verwaltungsrecht

Fehlerhafte Bekanntgabe einer baurechtlichen Ordnungsverfügung an die Hausverwaltung anstatt an die Wohnungseigentümergemeinschaft

Aktenzeichen  RO 2 S 19.552

Datum:
30.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17729
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwVfG § 41 Abs. 1
WEG § 27 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Für den Lauf der Klagefrist bedarf es einer wirksamen Bekanntgabe des Bescheides. Dies erfordert einen entsprechenden Bekanntgabewillen gegenüber dem Adressaten. Die zufällige Kenntnis des Adressaten von dem Bescheid reicht nicht aus. (Rn. 34 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein der Umstand, dass der Verwalter berechtigt ist, Zustellungen und Willenserklärungen im Namen der WEG mit Wirkung für und gegen sie entgegenzunehmen, führt noch nicht zu einer wirksamen Bekanntgabe an die WEG.  (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. März 2019 gegen die Zwangsgeldandrohungen des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24. September 2018 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 22.375 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 22. März 2019, mit der sie sich gegen die Verpflichtung zur Beseitigung brandschutzrechtlicher Mängel unter Androhung von Zwangsgeldern wandte.
Die Antragstellerin bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft „F.-straße 10-12 / A.-Str. 2“. Für die genannten Grundstücke erteilte die Antragsgegnerin am 15. Oktober 1980 eine bestandskräftige Baugenehmigung für das Bauvorhaben „F.-straße 10-12 / A.-Str. 2“. Mit Tekturgenehmigung vom 2. November 1982 wurde die Wohnungsaufteilung in den Gebäuden F.-straße 10a und 10b geändert, indem 7 zusätzliche Wohneinheiten geschaffen worden sind.
Am 24. April 2012 fand auf dem Gelände eine Feuerbeschau durch das Amt für Brand- und Katastrophenschutz der Antragsgegnerin statt. Hierbei stellte die Antragsgegnerin diverse Mängel fest. So sei einigen Auflagen und Bedingungen der Baugenehmigung oder des Brandschutzamts vom 29. Mai 1980 nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen worden. Es fehle ein zweiter Rettungsweg bei der F.-straße 10b. Hierüber wurde die Hausverwaltung der Antragstellerin, die I. KG, mit Schreiben vom 16. April 2014, adressiert an die I. KG, informiert. Bei einem Ortstermin am 21. Mai 2014 unter Beteiligung der Hausverwaltung der Antragstellerin, der Hausmeisterin der Anlage und dem Bauordnungsamt wurden die bei der Feuerbeschau festgestellten Mängel besprochen.
Nach einem Brandereignis im 6. Obergeschoss der A.-Str. 2 (Haus 1) am 7. Juli 2016 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die vorhandenen Notleiteranlagen als zweiter Flucht- und Rettungsweg nur unzureichend nutzbar und teilweise nicht allen Bewohnern zugänglich gewesen seien; letzteres insbesondere wegen angebrachter Trennwände zwischen den einzelnen Balkonen, die ein Erreichen der Notleitern verhindert hätten. Dies teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit. Anlässlich eines Ortstermins am 4. August 2016 und mit Schreiben vom selben Tag, adressiert an I. KG z.Hd. Herrn G., forderte die Antragsgegnerin die Hausverwaltung als Vertreterin der Antragstellerin auf, ein Konzept zur Ertüchtigung des baulichen Brandschutzes vorzulegen. Im Nachgang kam es zu einigem Mailverkehr und am 15. Dezember 2017 zu einem Besprechungstermin mit der Hausverwaltung. Am 14. August 2018 fand ein erneuter Ortstermin statt. Im zugehörigen Vermerk führt die Antragsgegnerin die I. KG als Bauherrin auf. Mit Schreiben vom 20. August 2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu den festgestellten Mängeln an und kündigte ihr den Erlass eines aufsichtlichen Bescheids an. Dieses Anhörungsschreiben war wie folgt adressiert: „Wohnungseigentümergemeinschaft F. str. 10-12/ A.-Str. 2, vertreten durch die I. KG“.
Mit Bescheid vom 24. September 2018 ordnete die Antragsgegnerin die Beseitigung diverser Mängel an. Der Bescheid war wie folgt adressiert: I. KG. Er wurde an die I. KG am 18. Oktober 2018 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.
In Ziffer I. des Bescheids vom 24. September 2018 ordnete die Antragsgegnerin gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft „F.-straße 10-12 / A.-Str. 2“ an, die bestandskräftige Auflage der Baugenehmigung vom 15. Oktober 1980: „Errichtung einer Notleiteranlage zur Sicherstellung des 2. Flucht- und Rettungsweges aus den Wohneinheiten 531, 532, 533 sowie 534 (alle 3. Obergeschoss des Anwesens F.-straße 10b (Haus 5) Flurstück 2905/6, Gem. R.“ zu erfüllen.
Ziffer II. verpflichtete die Antragstellerin zur Umsetzung diverser, näher bezeichneter Maßnahmen wie der Errichtung einer Notleiteranlage, der Ertüchtigung einer solchen und zum Austausch von 5 Dachflächenfenstern.
Ziffer III. verpflichtete die Antragstellerin zur Entfernung vorhandener Balkonabtrennungen und zum Umbau festinstallierter Eisengitter/ -abtrennungen zwischen den Balkonbereichen, um die Erreichbarkeit der Notleiteranlage näher bezeichneter Wohneinheiten sicherzustellen.
Ziffer IV drohte der Antragstellerin Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe und jeweils unter Bezeichnung der betroffenen Wohneinheit und der geforderten Maßnahme an.
Die Rechtsbehelfsbelehrung:des Bescheids lautete: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg, Haidplatz 1,93047 Regensburg, schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Forderung erhoben werden. […].“
Gegen den Bescheid vom 24. September 2018 erhob die Antragstellerin am 20. März 2019 Klage (RO 2 K 19.553) und beantragte zugleich Eilrechtsschutz.
Sie trug zunächst vor, dass die erhobene Klage in Ausnahme von § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO gegenüber der Zwangsgeldandrohung wegen § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung besitze und diese deshalb anzuordnen sei. Weiter trägt sie vor, die Klage sei aufgrund einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung:nicht verfristet und deshalb zulässig. Die Rechtsbehelfsbelehrung:sei falsch, weil dieser zufolge nur „zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts“, also des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg Klage erhoben werden könne. Ebendies sei unrichtig, weil eine Klage nicht nur zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts erhoben werden könne, welches für das entsprechende Verfahren zuständig sei. Vielmehr könne die Klage nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 129a Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auch bei einem anderen Verwaltungsgericht zu Protokoll gegeben werden. Im Einzelfall sei dies im Wege der Amtshilfe sogar bei einem Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit möglich. Diese Möglichkeit sehe auch die Kommentarliteratur vor.
Mit Schreiben vom 16. April 2019 wies das Gericht die Beteiligten darauf hin, dass es Zweifel an einer wirksamen Bekanntgabe des Bescheids gegenüber der Antragstellerin hege.
Die Antragstellerin schloss sich daraufhin der in dem gerichtlichen Schreiben geäußerten Sichtweise an.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 22.3.2019 gegen den Bescheid der Stadt R. vom 24.9.2018 (Az: 63.1/01326/2012-15) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, der Antrag sei unzulässig, da ihm aufgrund der Nichteinhaltung der Klagefrist das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Klagefrist habe wegen der Zustellung des Bescheids am 18. Oktober 2018 nach einem Monat wegen des Sonntags 18. November 2018 am Montag, 19. November 2018 geendet. Sie habe zu laufen begonnen, weil die Rechtsbehelfsbelehrung:ordnungsgemäß erfolgt sei. Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginne die Frist für ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen sei, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:sei unrichtig, wenn sie einen der vorgenannten Hinweise nicht oder nicht richtig enthalte oder wenn ihr unrichtige oder irreführende Zusätze beigefügt würden, die dazu führen könnten, dass beim Betroffenen ein Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelf hervorgerufen wird oder ihn davon abhält, einen Rechtsbehelf rechtzeitig einzulegen. § 58 Abs. 1 VwGO verlange deshalb nicht den Hinweis, dass eine an einem sachlich und örtlich unzuständigen Gericht schriftlich erhobene Klage wegen § 83 VwGO i.V.m. § 17b GVG die Klagefrist waren könne, auch wenn die Verweisung erst nach Fristablauf erfolge. Ein solcher Hinweis würde zu einer Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Einhaltung der Klagefrist führen. Zwar sei die Behauptung der Antragstellerin, dass nach § 173 VwGO i.V.m. § 129a Abs. 1 ZPO eine Klage auch bei einem anderen Verwaltungsgericht zu Protokoll gegeben werden könne, richtig. Allerdings werde eine solche Klageerhebung entsprechend § 129 Abs. 2 S. 2 ZPO erst mit Zugang bei dem angerufenen Verwaltungsgericht wirksam und gerade nicht mit der Erklärung zu Protokoll bei dem anderen Verwaltungsgericht erhoben. Würde die Formulierung in der Rechtsbehelfsbelehrung:so lauten, wie von der Antragstellerin gefordert, dann bestünde erst recht die Gefahr, dass regelmäßig verfristete Klagen erhoben würden, da allein die Erhebung der Klage zur Niederschrift bei dem falschen Verwaltungsgericht noch nicht die Frist wahre, sondern erst die rechtzeitige Übermittlung an das bezeichnete Gericht. Die von der Antragstellerin geforderte Formulierung sei gerade nicht mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:zu vereinbaren. Auch schließe die gegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung:diese Variante einer Klageerhebung nicht aus, sondern nenne diese Möglichkeit aufgrund der Irrtumsgefahr einfach nicht. Deshalb liege eine ordnungsgemäße Belehrung vor.
Der Bescheid sei auch wirksam gegenüber der Antragstellerin bekanntgegeben worden. Die seitens des Gerichts geäußerten Bedenken bzgl. etwaigen Unklarheiten betreffend die Bestimmung von Bekanntgabe- und Inhaltsadressat seien allenfalls auf der Ebene der inhaltlich ausreichenden Bestimmtheit nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zu erörtern. Aus dem wirksamen Bescheid ergebe sich jedenfalls – ggf. nach Auslegung – das allein die Antragstellerin verpflichtet werden soll. Dass auch die Antragstellerin dies so verstanden habe, belege bereits die Antragsstellung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Der Bescheid sei nach Art. 41 Abs. 1, Abs. 5 BayVwVfG wirksam bekanntgegeben worden. Bekanntgabe sei die Eröffnung des Verwaltungsakts gegenüber dem Betroffenen. Bei der Voraussetzung „Bekanntgabewille“ handle es sich um etwas sehr Subjektives, so dass es kaum möglich sein werde, diesen zu belegen oder zu widerlegen. Bei der Prüfung des Bekanntgabewillen komme es auf eine gezielte individuelle Bekanntgabe in Abgrenzung zu einem zufälligen Bekanntwerden oder zum Bekanntwerden eines bloßen Entwurfes an.
An wen sich der Verwaltungsakt richte, sei eine Frage der Bestimmtheit. Dabei sei eine Differenzierung zwischen Bekanntgabe- und Inhaltsadressat erforderlich. Bekanntgabeadressat sei die Person, an die der Verwaltungsakt bekannt zu geben sei bzw. bekannt gegeben werden solle. Inhaltsadressat sei derjenige, der von der Regelung des Verwaltungsaktes materiell betroffen sein solle. Demnach sei vorliegend eine ordnungsgemäße Bekanntgabe nach erfolgter Zustellung an die Empfängerin, die Hausverwaltung I. KG gegeben. Diese sei nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 WEG berechtigt, im Namen der Gemeinschaft und mit Wirkung für und gegen sie Willenserklärungen entgegenzunehmen. Es handle sich um eine gesetzliche Vertretungsmacht. Folglich ergebe sich bereits aus dem Gesetz, dass die Hausverwaltung Bekanntgabeadressatin und als solche im Adressfeld einzutragen sei. Soweit das Gericht darauf hinweise, dass nach dem Adressfeld an die I. KG zugestellt und bekanntgegeben worden sei, entspreche dies den gesetzlichen Vorgaben. Soweit jedoch ein Bekanntgabemangel darin gesehen werde, dass allein aus dem Adressfeld nicht ersichtlich sei, dass der Bescheid an die Hausverwaltung als Vertreterin der Antragstellerin bekanntgegeben werden sollte, sei dies nur eine Frage der formellen Rechtmäßigkeit, nicht aber eine Frage der Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Es müsse hierfür der Bescheid in seiner Gesamtheit betrachtet werden, denn durch die zutreffende Angabe von Name und Adresse der gesetzlichen Vertreterin habe der Bescheid vom 24. September 2018 wirksam zugestellt und damit an die I. KG in ihrer Funktion als Hausverwaltung und Empfangsvertreterin für die Antragstellerin bekanntgegeben werden können.
Im Übrigen habe die zuständige Sachbearbeiterin das Adressfeld im Vergleich zum Anhörungsschreiben nur deshalb geändert und den Zusatz „in Vertretung für […]“ weggelassen, weil sie zwischenzeitlich eine Fortbildung besucht habe, auf der gelehrt worden sei, dass nach gängiger Praxis der Vertretene nicht im Adressfeld erwähnt, sondern in der Betreffzeile genau bezeichnet werde. Ihre Absicht sei nach wie vor die Verpflichtung der Antragstellerin gewesen, was im gesamten übrigen Bescheid unzweideutig zum Ausdruck komme.
Der Bescheid sei inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es müsse ohne weitere Ermittlungen oder Rückfragen erkennbar sein, von wem was verlangt werde. Dabei komme es nicht darauf an, wer in der Anschrift als Adressat genannt sei. Damit lasse sich aus der Adressierung des gegenständlichen Bescheids kein Rückschluss auf den Inhaltsadressaten ziehen. Belastet sei derjenige, der dem Inhalt nach betroffen sei.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei eindeutig erkennbar, dass sich der angefochtene Bescheid inhaltlich an die Antragstellerin richte. Schon auf Seite 1 des gegenständlichen Bescheids sei im Betreff ein Bezug zur Antragstellerin hergestellt worden. Auch das betroffene Grundstück werde explizit im Betreff aufgeführt. Dies setze sich im Tenor fort. In jeder einzelnen Ziffer sei geregelt, durch wen – nämlich die Antragstellerin – die Anordnung zu erfüllen sei.
Außerdem sei der Bescheid vom objektiven Empfängerhorizont aus nur so zu verstehen, dass er der I. KG lediglich in ihrer Funktion als Hausverwaltung und damit als Zustellungsempfängerin / Bekanntgabeadressatin für die Antragstellerin übersandt worden sei. In der gegenständlichen Angelegenheit habe sich die Antragsgegnerin erstmals am 16. April 2014 an die Hausverwaltung als Vertreterin der Antragstellerin gewandt. Seitdem habe durchgehend Kontakt zu dieser bestanden, um ein Brandschutzkonzept für das Anwesen der Antragstellerin zu erstellen. Es hätten Ortstermine mit dem vertretungsberechtigten Gesellschafter der Hausverwaltung stattgefunden. Deshalb sei auch die Klageerhebung und die Antragstellung im Namen der Antragstellerin erfolgt, womit nachgewiesen sei, dass der Bescheid genauso verstanden worden sei, wie von der Antragsgegnerin gewollt.
Auch das Anhörungsschreiben könne als vorausgehende Korrespondenz zur Auslegung herangezogen werden. In diesem sei auf Seite 6 darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, die Maßnahmen gegenüber der Antragstellerin anzuordnen, wie im Bescheid dann auch wiedergegeben. Auch sei ein Hinweis erfolgt, dass sich das Anhörungsschreiben an die Hausverwaltung als gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin richte. Dass die Zustellung in Vertretung für die Antragstellerin erfolgt sei, sei im Anhörungsschreiben u.a. aus dem Adressfeld ersichtlich, im Bescheid aus der fett gedruckten Vorhabensbezeichnung und dem Tenor. Auch seien die Kosten des Bescheids vom 24. September 2018 von der Antragstellerin bezahlt worden, obwohl die Kostenrechnung zunächst aufgrund einer softwaregestützten, automatischen Übernahme aus dem Adressfeld des Bescheids zunächst an die Hausverwaltung adressiert gewesen sei. In der Bescheidsbegründung werde auf Seite 11, Ziffer 6 die Stellung der Hausverwaltung als Vertreterin der Antragstellerin und weshalb der Bescheid an sie und nicht die einzelnen Wohnungseigentümer zugestellt wurde, herausgearbeitet. Im Übrigen beziehe sich die Bindungswirkung des bestandskräftigen Bescheids nur auf den Entscheidungssatz. Aus dem Tenor gehe in jeder Ziffer klar hervor, dass die Maßnahmen von der Antragstellerin gefordert würden. Überdies könnte eine unbestimmte Angabe der Adressaten nachträglich dadurch geheilt werden, dass die zu unbestimmt bezeichneten Personen ohne entsprechende Rüge der unklaren Adressierung sich sachlich einließen.
Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO teilweise unstatthaft sei. Die Tenorziffern I, II und III des Bescheids vom 24. September 2018, seien wiederholende Verfügungen ohne Regelungswirkung, da sie sich bereits aus der Baugenehmigung vom 15. Oktober 1980 und der Tekturgenehmigung vom 2. November 1982 ergäben. Teilweise seien die konkreten Maßnahmen bereits in der Auflage der Baugenehmigung genannt und teilweise sei dort das Ziel der Erforderlichkeit eines 2. Rettungsweges festgelegt.
Zudem wäre der Antrag auch unbegründet, weil das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts nicht überwiege. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 24. September 2018. Soweit die Antragstellerin in Abrede stelle, dass eine Gefahr für Leib und Leben bestehe, sei auf das Brandereignis vom 7. Juli 2016 im 6. Obergeschoss des Gebäudes A.-Straße 2 hinzuweisen. Bei diesem seien mehrere Menschen verletzt worden. Der 2. Rettungsweg der direkt benachbarten Wohnungen sei nicht mehr nutzbar gewesen, weil sich der Notabstieg direkt bei der Brandwohnung befunden habe und der Weg zum Notabstieg und zu den Anleiterstellen mit Trennwänden versperrt gewesen sei. Eine Gefahr für Leib und Leben liege deshalb vor. Hierbei sei der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen seien, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden sei.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lägen die Voraussetzungen für die Vollstreckung nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vor, weil der gegenständliche Bescheid bestandskräftig sei. Die Antragstellerin sei als Handlungs- und Zustandsstörerin Inhaltsadressatin des Bescheids. Dies sei aus dem Betreff und aus den einzelnen Ziffern des Tenors ersichtlich. Die seitens der Antragstellerin angesprochene Begründung auf Seite 11 erkläre lediglich, weshalb sich Bekanntgabe- und Inhaltsadressat unterschieden. Da sich die Bindungswirkung des bestandskräftigen Bescheids nur auf den Entscheidungssatz beziehe, könne diesem auch eindeutig entnommen werden, dass die Antragstellerin verpflichtet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten (Az. RO 2 K 19.373, RO 2 S 19.551, RO 2 K 19.553) Bezug genommen.
II.
Ausweislich ihres Antrags (§§ 88, 122 VwGO) begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen im Bescheid vom 24. September 2018. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat ausdrücklich nur von der fehlenden aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen gesprochen. Klagen gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung – wie Zwangsgeldandrohungen – haben nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a S. 1 VwZVG keine aufschiebende Wirkung, so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO insoweit statthaft ist.
Der zulässige Antrag ist begründet. Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, bei der eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zu erfolgen hat. Dabei kommt den Erfolgsaussichten der Klage, deren aufschiebende Wirkung wiederhergestellt bzw. angeordnet werden soll, wesentliche Bedeutung zu. Wird die Klage voraussichtlich erfolgreich sein, entspricht es regelmäßig pflichtgemäßem Ermessen, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen oder anzuordnen, um dem Interesse des Antragstellers an der Verhinderung vollendeter und voraussichtlich rechtswidriger Zustände gerecht zu werden. Stellen sich nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Erfolgsaussichten der Klage als offen dar, sind die gegenseitigen Interessen abzuwägen, ohne dass dem nicht prognostizierbaren Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine tendenzielle Bedeutung zukommt.
Demnach war dem Antrag zu folgen und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen im Bescheid vom 24. September 2018 anzuordnen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 24. September 2018 ist voraussichtlich mangels wirksamer Bekanntgabe an die Antragstellerin nicht verfristet, deshalb voraussichtlich zulässig und zudem wohl begründet.
Nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO muss die Klage – ein Widerspruchsverfahren entfällt hier nach § 68 Abs. 1 S. 2 Var. 1 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO – innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Bescheids erhoben werden. Dies wäre hier nicht der Fall, so man den 18. Oktober 2019 als Tag der Bekanntgabe gegenüber der Antragstellerin betrachten würde. Fehlt es aber an einer wirksamen Bekanntgabe, so kann die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht anlaufen. Hier ist der Bescheid gegenüber der Antragstellerin wegen eines fehlenden Bekanntgabewillen schon nicht bekannt gemacht worden und damit auch keine Klagefrist gegenüber der Antragstellerin angelaufen. Mangels Ingangsetzung der Klagefrist kommt es auf die von der Antragstellerin behauptete Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:nicht an; diese Frage bedarf deshalb keiner Erörterung. Eine Unzulässigkeit der Klage infolge einer Verwirkung aufgrund verspäteter Klageerhebung liegt nicht vor. Erlangt der Betroffene auf anderem Wege sichere Kenntnis von dem Bescheid – wovon angesichts der Klageerhebung durch die Antragstellerin auszugehen ist -, so handelt er zwar regelmäßig treuwidrig, wenn er sich nicht binnen der entsprechend anzuwendenden Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO gegen den Bescheid wendet (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1974 – IV C 2/72 – NJW 1974, 1260). Dieses Zeitmoment ist hier nicht gegeben, da die Antragstellerin sich jedenfalls innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Bescheidserlasses (24. September 2018) mit Klageerhebung am 22. März 2019 gegen diesen gewandt hat. Auch aus dem Bezahlen der Bescheidsgebühr, das wie aus den Akten ersichtlich nicht ohne Weiteres von statten ging, lässt sich noch nicht folgern, dass sich die Antragstellerin mit dem Bescheid einverstanden gezeigt hätte (Umstandsmoment), die Antragsgegnerin also ein berechtigtes Vertrauen auf den Bestand des Bescheids erworben hätte.
Der gegenständliche Bescheid wurde gegenüber der Antragstellerin nicht wirksam bekanntgegeben, sondern nur gegenüber der I. KG selbst, womit er existent ist (vgl. Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 42. Edition, Stand 1.10.2018, § 43 VwVfG Rn. 6). Eine wirksame Bekanntgabe nach Art. 41 BayVwVfG erfordert aber einen entsprechenden Bekanntgabewillen gegenüber dem Bekanntgabeadressaten (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1963 V C 198.62 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 29.4.1968 – VIII C 19.64 – juris Rn. 8; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 30.11.2006 – OVG 4 B 11.06 – juris Rn. 25; Kyrill-Alexander Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht 4. Auflage 2016, § 41 VwVfG Rn. 8, § 43 Rn. 25; Schemmer in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 42. Edition, Stand 1.10.2018, § 43 VwVfG Rn. 38). Dabei wird der Bescheid demjenigen bekanntgegeben, gegenüber dem ein entsprechender Bekanntgabewille der Behörde vorliegt. Eine Bekanntgabe erfolgt aber nicht gegenüber anderen, die zufällig Kenntnis vom Bescheid erhalten (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 16. Auflage, § 41 Rn. 7a). Dass die Antragsgegnerin hier für die Form der Bekanntgabe nach Art. 1 Abs. 5 Var. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 7 S. 1 VwZVG wegen der angedrohten Zwangsgelder die Form der Zustellung wählen musste, führt auch unter Berücksichtigung des Art. 9 VwZVG zu keinem anderen Ergebnis, denn für die Heilung von Zustellungsmängeln bedarf es stets auch eines entsprechenden, an die richtige Person gerichteten Zustellungswillen (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1963 V C 198.62 – juris Rn. 15). Ein solcher scheitert hier aber schon am fehlenden Bekanntgabewillen an die Antragstellerin.
Ein Bekanntgabewille gegenüber der Antragstellerin selbst ist nicht erkennbar. Eine Bekanntgabe an die Antragstellerin ergibt sich nach den allgemeinen Regeln des Vertretungsrechts auch nicht daraus, dass die I. KG als Hausverwaltung der Antragstellerin nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 WEG berechtigt ist, Zustellungen und Willenserklärungen im Namen der Gemeinschaft mit Wirkung für und gegen sie entgegenzunehmen. Diese Vorschrift regelt zunächst einmal nur die gesetzliche Vertretungsmacht der Hausverwaltung als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft. Daraus folgt aber nicht, dass jegliche Willenserklärung, die sie empfängt, gegen die Vertretene wirkt. Denn ein Vertreter kann selbstverständlich auch im eigenen Namen Willenserklärungen empfangen und zu einer wirksamen Vertretung bedarf es grundsätzlich neben der Vertretungsmacht auch des Handelns in fremden Namen. Wie sich aus § 164 Abs. 1 und Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, muss sich – sofern nicht ausdrücklich die abgegebene Erklärung an den Vertreter in dessen Eigenschaft als Vertreter, also in fremden Namen erfolgt – jedenfalls aus den Umständen ergeben, dass sie gegen den Vertretenen wirken soll.
Nach dem Empfängerhorizont und den Erklärungen der Antragsgegnerin insbesondere in der Antwort auf das gerichtliche Schreiben, muss aber davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin den Bescheid an die I. KG selbst, nicht aber an die Antragstellerin bekanntgeben wollte. Dies ergibt sich aus folgenden Punkten:
Erster Hinweis darauf ist, dass nach dem Adressfeld der Bescheid der I. KG zugehen sollte. Ein fremder Name oder ein Vertretungszusatz taucht dort nicht auf. Anhaltspunkte für eine gewollte Entgegennahme im fremden Namen fehlen insoweit.
Zweitens wurde – ohne aus den Akten nachzuvollziehende Erklärung – das Adressfeld im Vergleich zum Anhörungsschreiben entscheidend verändert. Vor dem Anhörungsschreiben war die Korrespondenz wiederum an die I. KG gerichtet. Entgegen dem Anhörungsschreiben war das Schreiben dann aber wieder nicht an die I. KG als Vertreterin der Antragstellerin gerichtet. Ein objektiver Empfänger musste also davon ausgehen, dass sich die Antragsgegnerin etwas bei der erneuten Adressänderung gedacht hat, z.B. dass diese nunmehr davon ausging, sich wieder an die I. KG selbst und nicht mehr an die WEG zu wenden. Die Angabe, dass sich die zuständige Sachbearbeiterin zwischen Anhörung und Bescheidserlass auf einer Fortbildung befunden und dort gelernt habe, dass man das Adressfeld so gestalte, ist nicht nachvollziehbar. Diese Vorgehensweise mag für Bevollmächtigte, wie etwa Rechtsanwälte, in Betracht kommen, aber auch nur dann, wenn für den Bevollmächtigten aus den Umständen erkennbar ist, dass er als Vertreter gemeint ist. Bei juristischen Personen, sonstigen Verbänden und rechtsfähigen Personenmehrheiten, die eigene Namen führen und durch ihre Organe handeln, wäre diese Vorgehensweise jedenfalls aus Sicht des Gerichts keine gängige Praxis, sondern höchst unüblich. Wie dem Gericht – auch aus neueren Bescheiden nach der vermeintlichen Fortbildung – bekannt ist, adressiert die Antragsgegnerin ihre Bescheide an juristische Personen üblicherweise auch anders. Sie hätte bspw. gegenüber einer AG auch deren Firma (§ 17 Abs. 1 Handelsgesetzbuch) ins Adressfeld geschrieben, meist verbunden mit dem Zusatz „Vorstand XY“. Doch selbst wenn sie die Firma wegließe, wäre die Angabe eines Vertretungszusatzes üblich, womit dem Organ erkennbar wäre, dass es als Vertreter und nicht als rechtsfähige Person im eigenen Namen gemeint ist. Wollte man die Argumentation der Antragsgegnerin, dass man bei einer Bekanntgabe an den Vertretenen den Namen des Vertreters und nicht den Namen des Vertretenen benenne, zu Ende führen, so müsste konsequenterweise bei einer Vertretung der WEG durch eine Kommanditgesellschaft wie der I. KG der Name des Letztvertreters, also des Komplementärs, verwendet werden. Dies ist aber gerade im Bescheid nicht erfolgt. Genannt wurde schlicht der Name einer KG ohne Kennzeichnung, dass diese die Willenserklärung im fremden Namen entgegennehmen solle.
Drittens sprach die Antragsgegnerin im Bescheid ausdrücklich davon, die Hausverwaltung selbst sei Handlungsstörerin nach Art. 9 Abs. 2 LStVG und als solche in Anspruch zu nehmen. Wenn die Stadt aber in der Bescheidsbegründung schreibt, die Hausverwaltung selbst sei eine Störerin, so spricht auch dies dafür, dass sie diese in Anspruch nehmen und gegenüber ihr eine Bekanntgabe bewirken wollte, auch wenn der Bescheidstenor anders lautet. Anders ergibt dieser Satz in der Begründung keinen Sinn, weil Handlungen oder Unterlassungen eines Organs in der Eigenschaft als Organ grundsätzlich dem entsprechenden Verband zuzurechnen sind, so dass dieser Handlungsstörer wäre und nicht das Organ selbst. Dass die Antragsgegnerin von einer Störereigenschaft der I. KG ausging, lässt sich ihrer Aussage, dass die Hausverwaltung I. KG, Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft F.-straße 10-12 / A.-Str. 2 und Handlungsstörer, der rechtmäßige Adressat nach Art. 9 Abs. 2 LStVG sei, entnehmen. Der nächste Satz, dass sonst jeder Wohnungseigentümer einzeln aufzuführen gewesen wäre, führt zu keiner Klarstellung, dass damit nur die Frage der Zustellungsweise gemeint sei, denn im übernächsten Satz heißt es dort wieder, dass die Hausverwaltung als Adressatin der Anordnung effektiver und wirtschaftlicher sei. Dort stellt die Antragsgegnerin also wieder auf eine Inanspruchnahme der Hausverwaltung selbst ab.
Viertens trägt auch die Behördenakte die Bezeichnung I. KG. Der Name der Wohnungseigentümergemeinschaft erscheint auf dem Aktendeckel nicht. Zudem wird aus den Akten ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin im Vorhinein mit Ausnahme der Anhörung stets an die I. KG wandte und diese ausweislich der Vermerke als Bauherrin betrachtete (vgl. Vermerk vom 14. August 2018 zum Ortstermin vom selben Tag). Dies spricht ebenfalls dafür, dass sie die Hausverwaltung selbst als Störerin und damit sowohl als Inhaltswie auch als Bekanntgabeadressatin ansah.
Zuletzt geht die Stadt selbst davon aus, dass an die I. KG bekanntgegeben worden ist. Dies ergibt sich aus ihrer Antwort auf den gerichtlichen Hinweis. Dort schreibt sie, dass sich aus dem Gesetz ergebe, dass die Hausverwaltung Bekanntgabeadressatin sei (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin vom 24.4.2019 S. 2, 3. Absatz, letzter Satz). Dies zeigt aber aus Sicht des Gericht das Fehlverständnis über die Beziehungen der Hausverwaltung zur Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese ist Organ der rechtsfähigen (§ 10 Abs. 6 S. 1 WEG) Wohnungseigentümergemeinschaft und nimmt an diese gerichtete Willenserklärungen an, was aber gerade nicht heißt, dass das Organ „Hausverwaltung“ in eigener Person Bekanntgabeadressatin wäre.
Entgegen der Sichtweise der Antragsgegnerin kann bei der Ermittlung des Bekanntgabewillen und des gewollten Bekanntgabeadressaten auch nicht nur der Tenor des Bescheids betrachtet werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Inhalts- und Bekanntgabeadressat voneinander abweichen können. Im Gegenteil sind die Gesamtumstände zu würdigen. Berücksichtigt man diese, so ergibt sich kein nachvollziehbarer Bekanntgabewille der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin. Vielmehr ist von einem Bekanntgabewillen an die I. KG im eigenen Namen auszugehen.
Dass die Antragstellerin in ihrem Namen Klage gegen den Bescheid erhoben hat, führt ebenfalls nicht zur Annahme einer wirksamen Bekanntgabe ihr gegenüber, denn nach anderweitiger Kenntnis des Bescheids und der Fälligkeitsmitteilung der angedrohten Zwangsgelder muss sie die Möglichkeit haben, den Rechtsschein der Wirksamkeit des Bescheids ihr gegenüber zu beseitigen, um weitere Vollstreckungshandlungen zu unterbinden. Ihr kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie sich quasi rügelos zur Sache geäußert habe und deshalb die fehlende Bestimmtheit des Adressaten geheilt sei. Die Ausführungen der Antragsgegnerin gehen insoweit an dem Problem vorbei, als die Frage der Bestimmtheit des Inhaltsadressaten von der Frage eines existierenden Bekanntgabewillen gegenüber dem richtigen Bekanntgabeadressaten als vorgelagerte Frage der Wirksamkeit des Verwaltungsakts gegenüber dieser Person zu trennen ist. Nach dem gerichtlichen Hinweis hat sich die Antragstellerin zusätzlich auf den fehlenden Bekanntgabewillen ihr gegenüber gestützt. Zudem konnte die Antragstellerin aufgrund der Ausführungen in der Bescheidsbegründung bzgl. der Störerauswahl zunächst davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin sich direkt an die I. KG wenden wollte, so dass eine Klageerhebung in ihrem Namen erstmal nicht veranlasst war. Erst als gegen sie vollstreckt wurde, muss ihr klar geworden sein, dass der Bescheid doch an sie gerichtet werden hätte sollen. Woraufhin sie aber auch Klage erhoben hat.
Die Klage ist auch voraussichtlich begründet. Dabei kann die Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, offenbleiben, denn der Bescheid ist wegen Widersprüchlichkeit der Tenorierung zur vorgenommenen Störerauswahl voraussichtlich ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.
Die Störerauswahl ist voraussichtlich fehlerhaft, weil ihre Begründung nicht mit der Tenorierung des Bescheids übereinstimmt. Betrachtet man nur den Tenor, so verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin. Sie übte bezüglich dieser aber kein Störerauswahlermessen aus, sondern begründete im Gegenteil eine Heranziehung der Hausverwaltung selbst. Diese soll selbst Handlungsstörerin nach Art. 9 Abs. 2 LStVG sein. Ob man die Hausverwaltung überhaupt als eigene Handlungsstörerin ansehen kann oder nicht vielmehr den Grundsätzen der Zurechnung von Organhandeln / -unterlassen an die entsprechende Körperschaft, die Wohnungseigentümergemeinschaft Handlungsstörerin wäre, kann hier offenbleiben. Jedenfalls erfolgte keine Ermessensausübung für die im Tenor genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Ermessensergänzung ist insoweit nicht erfolgt und dürfte aufgrund des völligen Ausfalls bzgl. der Auswahl der Antragstellerin ohnehin nicht möglich sein (§ 114 VwGO). Damit ist der Bescheid insoweit voraussichtlich rechtswidrig und dürfte aus diesem Grund aufzuheben sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Berücksichtigung der Summe der im Bescheid angedrohten Zwangsgelder.


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