Verwaltungsrecht

Holzschuppen auf Grundstück

Aktenzeichen  15 ZB 20.1837, 15 ZB 20.1838

Datum:
3.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30413
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 93 S. 1, § 124 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BayBO Art. 76 S. 1
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2, Art. 49, Art. 51

 

Leitsatz

Ein Rechtsmittelführer muss konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. Erforderlich ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird. Ein Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 18.980, RN 6 K 18.1245 2020-07-07 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Verfahren 15 ZB 20.1837 und 15 ZB 20.1838 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III. Der Kläger trägt die Kosten der Zulassungsverfahren. Die Beigeladene im Verfahren 15 ZB 20.1838 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Für die Zulassungsverfahren wird der Streitwert auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Unter dem 12. März 2018 erließ das Landratsamt L … gegenüber dem Kläger folgenden
„Bescheid:
1. Herrn G … K … wird aufgegeben, den o.g. Holzschuppen auf dem Grundstück Fl.Nr. … des Marktes P …, Gemarkung R …, zurückzubauen.
2. Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nr. 1 wird angeordnet.
3. Falls Herr G … K … die in Nr. 1 festgelegte Pflicht nicht bis spätestens 20.04.2018 erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
4. Die Kosten des Verfahrens hat Herr G … K … zu tragen.
5. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 100,00 EUR festgesetzt.
6. Die Auslagen betragen 4,10 EUR.“
In den Gründen des dem Kläger am 14. März 2018 zugestellten und hinsichtlich der Beseitigungsanordnung (Nr. 1) auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützten Bescheids wird ausgeführt, dass die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtete bauliche Anlage nicht nachträglich genehmigungsfähig sei. Die Anlage könne allenfalls mit einer Abstandsflächenübernahmeerklärung bzw. (für den Fall einer Abweichungserteilung) mit Einverständnis des betroffenen Nachbarn genehmigt werden. Beides liege nicht vor. Der Erlass einer Rückbauanordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Landratsamts. Der Verstoß gegen die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften wiege ungleich schwerer als das persönliche Interesse des von der Anordnung betroffenen Klägers an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands. Es liege regelmäßig im öffentlichen Interesse, dass ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen entfernt werden. Die Rückbauordnung sei nicht zuletzt im Hinblick darauf erlassen worden, dass sich andere rechtstreue Bauwerber durch das Verhalten des Klägers dazu ermuntert fühlen könnten, ebenfalls bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu errichten. Diese Entwicklung sei zu unterbinden, um einen gesetzesorientierten Baurechtsvollzug zu gewährleisten. In den Bescheidgründen folgen Ausführungen zum Sofortvollzug, zur Zwangsgeldandrohung sowie zur Kostenentscheidung, auf die Bezug genommen wird.
Gegen den Bescheid, der eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt, legte der Kläger in der Folgezeit keine Rechtsmittel ein. Unter dem Datum des 30. Mai 2018 erließ das Landratsamt sodann den folgenden
„Bescheid:
1. Herrn G … K … wird aufgegeben, den o.g. Holzschuppen auf dem Grundstück Fl.Nr. … des Marktes P …, Gemarkung R …, zurückzubauen.
2. Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nr. 1 wird angeordnet.
3. Falls Herr G … K … die in Nr. 1 festgelegte Pflicht nicht bis spätestens 20.06.2018 erfüllt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 EUR zur Zahlung fällig.
4. Die Kosten des Verfahrens hat Herr G … K … zu tragen.
5. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 300,00 EUR festgesetzt.
6. Die Auslagen betragen 4,10 EUR.“
In den Gründen des dem Kläger am 2. Juni 2018 zugestellten Bescheids wird im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung (unter I.) der vorher erlassene Bescheid vom 12. März 2018 erwähnt sowie ausgeführt, dass bei einer Ortsbesichtigung am 9. Mai 2018 festgestellt worden sei, dass lediglich das Vordach etwas gekürzt worden sei, dass aber nicht – wie gefordert – der Schuppen auf die Bestandsgröße reduziert worden sei. Im Übrigen – insbesondere hinsichtlich der Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO, den Ermessenserwägungen zur Rückbauanordnung sowie zum Sofortvollzug – sind die Bescheidgründe mit denen des Bescheids vom 12. März 2018 wörtlich identisch.
Am 27. Juni 2018 ließ der Kläger über seine Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 30. Mai 2018 beim Verwaltungsgericht Regensburg erheben (Verfahren RN 6 K 18.980).
Mit einem weiteren Bescheid vom 12. Juli 2018, der den Bevollmächtigten des Klägers am 16. Juli 2018 zugestellt wurde, hob das Landratsamt den Bescheid vom 30. Mai 2018 auf. In der Begründung wird die Aufhebung auf Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG gestützt; durch die Aufhebung werde der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ferner enthielt der Bescheid die Hinweise, dass der Kläger bereits nach der Nr. 1 des bestandskräftigen Bescheids vom 12. März 2018 zur Durchführung des Rückbaus verpflichtet sei und dass die Vollstreckung des unter Nr. 3 des Bescheids vom 12. März 2018 angedrohten Zwangsgelds dem weiteren Verwaltungsverfahren vorbehalten bleibe; dem Kläger verbleibe die Möglichkeit, schon jetzt rechtmäßige Zustände herzustellen.
Auch gegen den Bescheid vom 12. Juli 2018 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Regensburg am 7. August 2018 Klage (Verfahren RN 6 K 18.1245), als durch diesen die mit der Anordnung vom 30. Mai 2018 aus seiner Sicht implizit erfolgte Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2018 aufgehoben worden sei. Unter dem 21. August 2018 ordnete das Verwaltungsgericht zwischenzeitlich das Ruhen beider gerichtlicher Verfahren an, um den Parteien die Gelegenheit einer außerprozessualen gütlichen Einigung zu geben.
Der Kläger ließ mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 beide Gerichtsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklären sowie insoweit vorbringen (vgl. auch den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 9. August 2019), er sei den Rückbauverpflichtungen aus dem Bescheid vom 12. März 2018 nachgekommen. Es sei die Verpflichtung zum Rückbau und nicht eine Beseitigung im Ganzen angeordnet worden.
Dem widersprach der Beklagte; einer Erledigungserklärung werde nicht zugestimmt. Der Kläger habe den verfügten Rückbau nicht vorgenommen, vielmehr habe dieser weitere Bauarbeiten durchgeführt. Auf den bereits getätigten Bauarbeiten aufbauend sei der „Schuppen“ vielmehr fertig gestellt worden. Die Anordnung zum Rückbau sei auch nicht unmöglich geworden. Dass der Kläger zwischenzeitlich rechtswidrig weitere Arbeiten an der baulichen Anlage durchgeführt habe und dagegen ein weiteres bauaufsichtliches Verfahren eröffnet worden sei, stehe nicht entgegen. Wenn der Kläger durch rechtskonformes Handeln den angeordneten Umfang der rechtswidrig errichteten baulichen Anlage beseitige, müsse er zwangsläufig auch die zusätzlich rechtswidrig errichteten baulichen Anlagenteile beseitigen. Damit würden sich nicht nur die anhängigen Klageverfahren, sondern auch das derzeit zusätzliche bauaufsichtliche Verfahren erledigen.
Im Verfahren RN 6 K 18.1245 (= VGH-Verfahren 15 ZB 20.1837) beantragte der Kläger zuletzt,
den Bescheid vom 12. Juli 2018 insoweit aufzuheben, als durch diesen die mit der Anordnung vom 30. Mai 2018 erfolgte Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2018 aufgehoben worden ist, sowie
hilfsweise festzustellen, dass mit dem Bescheid vom 30. Mai 2018 eine Erledigung des Bescheids vom 12. März 2018 in sonstiger Weise nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG eingetreten ist und eine Verpflichtung aufgrund des Bescheids vom 12. März 2018 zum Rückbau eines Holzschuppens auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung R … nicht besteht.
Im Verfahren RN 6 K 18.980 (= VGH-Verfahren 15 ZB 20.1838) beantragte der Kläger zuletzt
festzustellen, dass der Bescheid vom 30. Mai 2018 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als dieser über die Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2018 hinaus eine Verpflichtung zum Rückbau eines Holzschuppens auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung R … angeordnet hat.
Mit Urteilen vom 7. Juli 2020 wies das Verwaltungsgericht beide Klagen ab.
Basis der Ablehnung sämtlicher Klageanträge ist die auf der Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018 beruhende Annahme des Erstgerichts, dass dieser Bescheid entgegen der Annahme des Klägers weder die Rückbauanordnung im Bescheid vom 12. März 2018 (konkludent) aufhebe, noch bewirke, dass sich der Bescheid vom 12. März in sonstiger Weise erledige, noch selbst eine (erneute) Anordnung der Rückbauverpflichtung beinhalte. Zwar könne sich – so die Entscheidungsgründe der angegriffenen Urteile – ein Verwaltungsakt nicht nur in Form von Rücknahme bzw. Widerruf erledigen, sondern auch durch einen später ergehenden Bescheid, der eine Regelung hinsichtlich desselben Entscheidungsgegenstands enthalte. Der Bescheid vom 30. Mai 2018 sei jedoch nicht als eigenständige Entscheidung hinsichtlich der Rückbauanordnung zu qualifizieren. Ausgehend von der dogmatischen Unterscheidung zwischen wiederholender Verfügung und Zweitbescheid sei der Bescheid vom 12. März 2018 nach wie vor bestandskräftig. In der Sache sei im Bescheid vom 30. Mai 2018 lediglich eine erneute Frist zum Rückbau gesetzt und für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld angedroht worden. Hierfür spreche, dass die Bescheide vom 12. März 2018 und vom 30. Mai 2018 – bis auf die im Bescheid vom 30. Mai 2018 enthaltene Bezugnahme auf den vorherigen Bescheid vom 12. März 2018 sowie auf die am 9. Mai 2018 durchgeführte Ortseinsicht, die Zwangsgeldandrohung sowie die Gebühren – inhaltsgleich seien. Im Rahmen der Ortseinsicht sei festgestellt worden, dass ein Rückbau noch nicht erfolgt sei, sodass nach einem stattgefundenen Gespräch mit dem Kläger eine neue Frist zur Erfüllung dieser – im bestandskräftigen Bescheid vom 12. März 2018 ausgesprochenen und noch immer bestehenden – Verpflichtung gesetzt werden sollte. Eine erneute Prüfung in der Sache bzw. ein dahingehender Regelungswille sei darin gerade nicht zu sehen. Die Argumentation des Klägers, dass die Nennung des Bescheids vom 12. März 2018 im Bescheid vom 30. Mai 2018 bedeute, dass ein Versehen ausgeschlossen werden könne, verfange nicht. Im Gegenteil gehe insbesondere dadurch – auch nach objektivem Empfängerhorizont – aus dem Bescheid vom 30. Mai 2018 hervor, dass das Landratsamt von einer bestehenden Rückbauverpflichtung ausgegangen sei und diese nicht habe aufheben wollen. Für eine solche (konkludente) Aufhebung seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Klägers sei der streitgegenständliche Einzelfall auch nicht mit der Konstellation einer von ihm in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 1998 vergleichbar. Dort sei eine Erledigung „auf andere Weise“ angenommen worden, da die an dem Verwaltungsakt Beteiligten im Sinne eines konsensualen Verhaltens übereinstimmend dem ursprünglichen Verwaltungsakt keinerlei tatsächliche oder rechtliche Bedeutung mehr beigemessen und sich bewusst auf eine neue, veränderte Sachlage eingestellt hätten. Im Gegensatz dazu habe das Landratsamt bei der Ortseinsicht am 9. Mai 2018 festgestellt, dass eben noch kein Rückbau erfolgt gewesen sei und sich die Sachlage daher gerade nicht verändert habe. Es sei aufgrund dessen bewusst nicht in eine neue Sachprüfung eingetreten worden.
Hieraus folgt für das Verwaltungsgericht – jeweils mit derselben (vorgenannten) Ausgangsüberlegung, dass der Bescheid vom 30. Mai 2018 den Bescheid vom 12. März 2018 weder (konkludent) aufgehoben habe noch bewirkt habe, dass sich der Bescheid vom 12. März 2018 in sonstiger Weise erledige -,
– dass der Haupt(anfechtungs) antrag im Verfahren RN 6 K 18.1245 (in der Sache: mangels Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig sei, da der Kläger durch den aufhebenden Bescheid vom 12. Juli 2018 nicht beschwert sei,
– dass der Hilfsantrag im Verfahren RN 6 K 18.1245 unbegründet sei, da keine Erledigung des Bescheids vom 12. März 2018 in sonstiger Weise erfolgt sei und damit nach wie vor eine bestandskräftige Verpflichtung zum Rückbau aufgrund dieses Bescheides bestehe, und
– dass der Feststellungsantrag im Verfahren RN 6 K 18.980 unbegründet sei, weil der Bescheid vom 30. Mai 2018 die Rückbauverpflichtung aus dem Bescheid vom 12. März 2018 gerade nicht aufgehoben und keine eigene neue Rückbauverpflichtung angeordnet habe.
Mit seinen Anträgen auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Der Beklagte verteidigt die klageabweisenden Urteile und beantragt, die Anträge auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Die Beigeladene des Verfahrens 15 ZB 20.1838 (erstinstanzliches Verfahren RN 6 K 18.980) hat im Berufungszulassungsverfahren weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung, über die der Senat gem. § 93 Satz 1 VwGO verbunden entscheidet, bleiben ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in den Antragsbegründungen (zu deren Maßgeblichkeit vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne bestehen nur dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BayVGH, B.v. 27.8.2019 – 15 ZB 19.428 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Mit seinen Einwendungen gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Bescheid vom 30. Mai 2018 habe weder den Bescheid vom 12. März 2018 aufgehoben noch bewirkt, dass sich der zuletzt genannte Bescheid in sonstiger Weise erledigt hat, hat der Kläger die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im vorgenannten Sinn nicht dargelegt.
a) Soweit der Kläger (vgl. Seite 2 der Antragsbegründung zum Verfahren 15 ZB 20.1838, Seite 3 der Antragsbegründung zum Verfahren 15 ZB 20.1837) vortragen lässt, es sei nicht ersichtlich,
– aus welcher Tatsachengrundlage das Verwaltungsgericht die Erkenntnis ziehe, „dass im Bescheid vom 30.05.2018 lediglich eine erneute Frist zum Rückbau gesetzt und für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld angedroht werden sollte und hierfür spreche, dass die Bescheide vom 12.03.2018 und vom 30.05.2018 bis auf“ die in dem „Bescheid vom 30.05.2018 enthaltene Bezugnahme auf den Bescheid vom 12.03.2018 sowie auf die am 09.05.2018 durchgeführte Ortseinsicht mit Lichtbildern, die Zwangsgeldandrohung sowie die Gebühren inhaltsgleich sei und eine erneute Prüfung in der Sache, geschweige denn ein dahinterstehender Regelungswille darin gerade nicht zu sehen sei (UA, Seite 9)“ sowie
– „woraus das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht die Erkenntnis“ ziehe, „dass aufgrund des Umstandes, dass das Landratsamt L … bei der Ortseinsicht am 09.05.2018 festgestellt hätte, dass noch kein Rückbau erfolgt sei und sich die Sachlage daher gerade nicht verändert hätte, ‚aufgrund dessen bewusst nicht in eine neue Sachprüfung eingetreten‘ worden wäre (UA, Seite 9)“,
hat er sich in der Sache darauf beschränkt, das Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Bescheids vom 30. Mai 2018 pauschal in Zweifel zu ziehen. Insbesondere ist der Kläger im Berufungszulassungsverfahren nicht näher und detailliert auf das Argument des Verwaltungsgerichts eingegangen, dass für den Umstand, dass das Landratsamt die bestehende Rückbauverpflichtung aus dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 12. März 2018 habe aufheben wollen, keine Anhaltspunkte ersichtlich seien und dass der streitgegenständliche Einzelfall mit der Konstellation einer vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 27.3.1998 – 4 C 11.97) nicht vergleichbar sei. Konkret hierzu hat das Verwaltungsgericht den aus seiner Sicht ausschlaggebenden Unterschied zum vorliegenden Fall darin gesehen, dass bei BVerwG, U.v. 27.3.1998 a.a.O. eine Erledigung in sonstiger Weise angenommen worden war, weil dort die Beteiligten dem ursprünglichen Verwaltungsakt keinerlei tatsächliche oder rechtliche Bedeutung mehr beigemessen hätten und sich deshalb bewusst auf eine neue, veränderte Sachlage eingestellt hätten. Im Gegensatz dazu habe – so die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts in den vom Kläger vorliegend angegriffenen Urteilen – das Landratsamt bei der Ortseinsicht am 9. Mai 2018 festgestellt, dass eben noch kein Rückbau erfolgt gewesen sei und sich die Sachlage daher gerade nicht verändert habe. Es sei aufgrund dessen bewusst nicht in eine neue Sachprüfung eingetreten worden. Mit diesen tragenden Auslegungsargumenten, mit denen sich das Verwaltungsgericht in der Sache gegen die Einordnung des Bescheids vom 30. Mai 2018 im Verhältnis zur Rückbauanordnung vom 12. März 2018 als sog. überholender Verwaltungsakt (als Fall des Art. 43 Abs. 2 VwVfG, vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2012 – 6 C 3.11 – BVerwGE 143, 87 = juris Rn. 21; U.v. 22.6.2011 – 6 C 3.10 – Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 6 = juris Rn. 13) entschieden hat, hat sich der Kläger in beiden Antragsbegründungen jedenfalls nicht substantiiert auseinandergesetzt. Der Kläger ist insofern den Darlegungsobliegenheiten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht gerecht geworden. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt hierfür nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer (hier seitenweiser) Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens (hier insbesondere aus den erstinstanzlichen Schriftsätzen der Klägerbevollmächtigten vom 6.8.2018 und vom 12.11.2019, vgl. Seiten 3 ff., 7 f., 9, 10 ff. der Antragsbegründung vom 16.9.2020 zum Verfahren 15 ZB 20.1838 sowie Seiten 2, 3 ff., 8 f., 11 ff. 13 ff. der Antragsbegründung vom 16.9.2020 zum Verfahren 15 ZB 20.1837) wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.). Auch auf Seiten 10 ff. der Antragsbegründung im Verfahren 15 ZB 20.1838 bzw. Seiten 11 ff. der Antragsbegründung im Verfahren 15 ZB 20.1837 (dort jeweils zu § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) beschränkt sich der Kläger mit ähnlichen Erwägungen wie im erstinstanzlichen Verfahren in der Sache auf die Behauptung, der Bescheid vom 30. Mai 2018 sei vom Empfängerhorizont anders auszulegen. Schließlich erscheint die Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018 aus Sicht des Senats inhaltlich plausibel: Denn es ist kein Grund ersichtlich, warum die Bauaufsichtsbehörde nach Feststellung der Nichterfüllung der im Bescheid vom 12. März 2018 verfügten Rückbauanordnung diesen Bescheid durch den (insofern bestätigenden) Bescheid vom 30. Mai 2018 im Ganzen „überholend“ ersetzen sollte, um damit für den Kläger – diesen für seine Untätigkeit gewissermaßen belohnend – die Anfechtbarkeit der Rückbauverpflichtung nach eingetretener Bestandskraft des Bescheids vom 12. März 2018 neu zu begründen. Diese Interessenlage spricht – was auch in den beiden Urteilen des Verwaltungsgerichts klar anklingt und so vom Kläger in den Antragsbegründungen nicht hinreichend argumentativ durchdrungen wurde – auch vom objektiven Empfängerhorizont gegen die vom Kläger favorisierte Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018, wonach durch diesen die Rückbauverpflichtung im Bescheid vom 12. Mai 2018 konkludent aufgehoben bzw. im Ganzen ersetzend auf sonstige Weise erledigt worden wäre.
b) Anderes ergibt sich nicht daraus, dass in den Antragsbegründungen moniert wird, es sei vorliegend keine Konstellation ergeben, in der seitens der Behörde im Zusammenhang mit dem Bescheid vom 30. Mai 2018 angedacht gewesen sie, eine wiederholende Verfügung mit der Ablehnung von Wiederaufgreifensgründen i.S. von Art. 51 BayVwVfG zu erlassen. Auch wenn Ausgangspunkt der Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018 durch das Verwaltungsgericht die im Rahmen von § 51 VwVfG bzw. Art. 51 BayVwVfG relevante dogmatische Unterscheidung von wiederholender Verfügung und Zweitbescheid war (Verweis des Verwaltungsgerichts insofern auf BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 7 C 3.08 – Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 51 = juris Rn. 14 f.) und auch wenn die Bauaufsichtsbehörde wohl tatsächlich nicht bewusst und gezielt darauf aus war, eine wiederholende Verfügung im Sinne einer Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens durch Bezugnahme auf die Bestandskraft der vorherigen Rückbauverfügung vom 12. März 2018 zu treffen, waren für die Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018 im angegriffenen Urteil ersichtlich die vorher unter a) genannten Erwägungen tragend und ausschlaggebend.
c) Die klägerischen Einwände – die im Wesentlichen unter seitenweiser (überwiegend wörtlicher) Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erfolgen (vgl. S. 2 f., 4 ff., 8 f. der Antragsbegründung zum Verfahren 15 ZB 20.1838; S. 4, 5 ff., 9 f. der Antragsbegründung zum Verfahren 15 ZB 20.1837) – mit dem Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe seinen Sachvortrag nicht hinreichend berücksichtigt und gewürdigt, nämlich
– dass die Bescheide vom 30. Mai 2018 und vom 12. März 2018 mangels vorheriger Anhörung formell rechtswidrig ergangen seien und
– dass die (aus klägerischer Sicht erneut im Bescheid vom 30. Mai 2018 verfügte) Rückbauanordnung materiell rechtswidrig gewesen sei, weil der betroffene Holzschuppen gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei sei, weil die Rückbauanordnung zu unbestimmt sei und weil die Eingriffsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO u.a. mit Blick auf das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht vorgelegen hätten,
sind für die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auslegung des Bescheids vom 30. Mai 2018 (keine konkludente Aufhebung der im Bescheid vom 12. März 2018 unter Nr. 1 verfügten Rückbauverpflichtung) und die Richtigkeit der erstgerichtlichen Ansicht, dass durch den Bescheid vom 30. Mai 2018 auch keine Erledigung der Rückbauanordnung vom 12. März 2018 „auf andere Weise“ i.S. von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG eingetreten ist, irrelevant. Sie sind mithin für die vom Verwaltungsgericht getroffenen Entscheidungen, dass der Haupt(anfechtungs) antrag im Verfahren RN 6 K 18.1245 (= VGH-Verfahren 15 ZB 20.1837) mangels Beschwer des Klägers unzulässig ist, dass der Hilfsantrag im Verfahren RN 6 K 18.1245 unbegründet ist (da keine Erledigung des Bescheids vom 12. März 2018 in sonstiger Weise erfolgt sei und damit nach wie vor eine bestandskräftige Verpflichtung zum Rückbau aufgrund dieses Bescheides bestehe) und dass der Feststellungsantrag im Verfahren RN 6 K 18.980 (= VGH-Verfahren 15 ZB 20.1838) unbegründet ist, nicht entscheidungstragend.
d) Der Einwand des Klägers, dass der Bescheid vom 30. Mai 2018 eine Rechtsbehelfsbelehrung:enthält, erschüttert das Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts nicht, weil sich in der Auslegung des Verwaltungsgerichts die in der Rechtsbehelfsbelehrung:thematisierte Anfechtbarkeit auf die im Vergleich zum Erstbescheid vom 12. März 2018 geänderte Zwangsgeldandrohung sowie auf die erhöhte Gebührenfestsetzung bezieht.
2. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.
3. Den Anträgen des Klägers auf Anordnung des Ruhens beider Verfahren war unabhängig von der Erfolglosigkeit der Anträge auf Zulassung der Berufung schon deshalb nicht stattzugeben, weil der Beklagte diesen entgegengetreten ist. Zudem hat der Beklagte schriftsätzlich mitgeteilt, von einem Vollzug der Rückbauverfügung bis zum Abschluss eines vom Kläger neu initiierten Baugenehmigungsverfahrens abzusehen. Aufgrund der Erwägungen zu 2. und zu 3. kommt es auf die darüberhinausgehenden Gegeneinwendungen des Beklagten (vgl. Schriftsätze vom 28. September 2020) nicht an.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene im Verfahren 15 ZB 20.1838 ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO. Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzungen ergeben sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgen in der Höhe den Festsetzungen des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags werden die Urteile des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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