Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Beendigung des Sonderurlaubs

Aktenzeichen  3 ZB 19.556

Datum:
15.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20682
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 1, Art. 43 Abs. 2, Art. 48f., Art. 60 Abs. 1 S. 1
BayBesG Art. 4
UrlV (gültig bis 31.12.2017) § 18, § 23 Abs. 2 S. 1
UrlMV (gültig ab 1.1.2018) § 18
BeamtStG § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VwGO § 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2, § 154 Abs. 2
VwVfG § 38
GKG § 40, § 42 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 1, 3, § 52 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage können nicht entsprechend auf die Bewilligung eines Sonderurlaubs angewandt werden. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 23 Abs. 3 UrlV räumt dem Dienstherrn für den Fall, dass der Beamte aus wichtigen Gründen den Urlaub abbrechen will und dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist, ein Ermessen ein; ein Anspruch auf Widerruf des Sonderurlaubs besteht nicht.  (Rn. 23 und 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 18.6023 2019-02-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 261.370,58 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger, der bis zur Beendigung seines Beamtenverhältnisses nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG als verbeamteter Professor (Besoldungsgruppe W 3) und (bis 30.9.2014) Präsident der Hochschule für Musik und Theater M. (Hochschule) im Dienst des Beklagten stand, seine in erster Instanz erfolglose (Untätigkeits-)Leistungsklage auf Auszahlung seiner Dienstbezüge seit dem 1. Juli 2016 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage weiter.
Vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2018 wurde der Kläger antragsgemäß unter Fortfall des Anspruchs auf Leistungen des Dienstherrn beurlaubt (Sonderurlaub), um eine Berufung zum Rektor einer österreichischen Universität wahrnehmen zu können. Durch Aufhebungsvertrag mit der österreichischen Universität wurde die dortige Tätigkeit des Klägers einvernehmlich zum 30. Juni 2016 beendet. Mit Schreiben vom 22. Juni 2016 beantragte der Kläger unter dem Betreff „Antrag zur Auflösung der Beurlaubung“ beim Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (Staatsministerium) „die Aufhebung meiner Beurlaubung sowie die Rückkehr in mein ursprüngliches Dienstverhältnis“, weil sein Arbeitsvertrag an der österreichischen Universität und seine Tätigkeit als Rektor mit Ablauf des 30. Juni 2016 endeten. Der Bevollmächtigte des Klägers teilte dem Staatsministerium mit Schreiben vom 5. Oktober 2016 und 11. November 2016 mit, dass die vom Kläger gewählte Bezeichnung „Antrag auf Widerruf der Beurlaubung“ fachlich unzutreffend sei, es auf das tatsächliche Rechtsschutzbegehren ankomme und es einen Antrag „auf Widerruf“ nicht gebe, es vielmehr dabei bleibe, dass mit dem Wegfall der tatsächlichen Gründe für die Beurlaubung diese auch beendet sei. Unter dem 15. November 2016 antwortete das Staatsministerium, dass es das Schreiben des Klägers vom 22. Juni 2016 nunmehr als Antrag auf Auszahlung von Dienstbezügen verstehe, der wegen Unzuständigkeit des Staatsministeriums zurückgewiesen werde.
Den vom Kläger am 26. April 2017 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Zahlung von Dienstbezügen in Höhe von monatlich 3.500 Euro für die Dauer von sechs Monaten lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. September 2017 (M 5 E 17.1812) ab. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 3 CE 17.1564).
Mit Bescheid vom 8. Januar 2018 lehnte das Staatsministerium den „rein vorsorglichen“ Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2017 auf Widerruf des Sonderurlaubs ab. Die dagegen erhobene Klage auf Feststellung der Erledigung der Genehmigung des Sonderurlaubs für den Kläger für die Wahrnehmung des Amts des Rektors an der österreichischen Universität durch die Beendigung dieser Tätigkeit zum 30. Juni 2016 und die hilfsweisen Anträge, den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheids des Staatsministeriums vom 8. Januar 2018 die Genehmigung des Sonderurlaubs ab 1. Juli 2016 rückwirkend zu widerrufen (Hilfsantrag 1) sowie über den Antrag des Klägers auf Widerruf der Genehmigung des Sonderurlaubs ab 1. Juli 2016 rückwirkend unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, blieb erfolglos (VG München, U.v. 13.2.2019 – M 5 K 18.859; BayVGH; B.v. 15.7.2020 – 3 ZB 18.555).
Die streitgegenständliche Leistungsklage auf Auszahlung der Dienstbezüge vom 1. Juli 2016 bis 30. September 2018 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage hat das Verwaltungsgericht München mit der Begründung abgewiesen, dass die Bewilligung des Sonderurlaubs weder nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG unwirksam geworden sei noch sich „auf andere Weise“ erledigt habe (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage könne nicht zur Anwendung kommen. Den Antrag auf Abbruch des Sonderurlaubs habe das Staatsministerium mit Bescheid vom 8. Januar 2018 zu Recht abgelehnt. Nach Ende des bewilligten Sonderurlaubs (30.9.2018) sei dessen Abbruch tatsächlich und rechtlich ohnehin nicht mehr möglich.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegengetreten ist, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der auf die Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen würden (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der Dienstbezüge nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayBesG. Mit Bewilligung des Sonderurlaubs vom 1. Oktober 2015 bis 30. September 2018 (Schreiben des Staatsministeriums v. 21.5.2015) entfiel der Anspruch auf Leistungen des Dienstherrn (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 UrlV in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). Die Bewilligung des Sonderurlaubs ist weder durch Wegfall der Geschäftsgrundlage (1.2) oder Erledigung (1.3) unwirksam geworden, noch ist sie widerrufen, zurückgenommen oder der Sonderurlaub mit Genehmigung des Dienstherrn abgebrochen worden (1.4).
1.1 Soweit anknüpfend an gerichtliche Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung in der Begründung des Zulassungsantrags die Zugrundelegung eines unvollständigen Sachverhalts gerügt wird (z.B. einvernehmliche Beendigung der Tätigkeit des Klägers als Rektor der österreichischen Universität zum 30.6.2016, Hinweis auf Dienstunfähigkeit mit Schreiben v. 22.6.2016, Frage der Dienstunfähigkeit sei Inhalt der Zwischenvereinbarung v. 8.3.2018 im Mediationsverfahren gewesen, Feststellung des Staatsministeriums im Schreiben vom 8.1.2018, dass „der Zweck des Sonderurlaubs entfallen“ sei), werden weder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen noch daran anknüpfende Bewertungen des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Insbesondere wird dabei verkannt, dass das Verwaltungsgericht im Tatbestand seiner Entscheidung den Sach- und Streitstand (s. § 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) im Wesentlichen durch auszugsweise Wiedergabe des Inhalts der Behördenakten darstellt, es für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aber entscheidend auf materielle Fehler bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts und der darauf bezogenen Rechtsanwendung in den Entscheidungsgründen des Urteils (s. § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ankommt. Solche materiellen Fehler zeigt das Zulassungsvorbringen allerdings nicht auf.
1.2. Mit seinem Einwand (I.2. Buchst. a bzw. I.5 der Zulassungsbegründungen v. 9.4.2019 bzw. 26.5.2020), der Zweck des Sonderurlaubs (so auch Schreiben vom 8.1.2018) und damit die Geschäftsgrundlage für die Bewilligung des Sonderurlaubs seien mit Abschluss des Aufhebungsvertrages entfallen, was auch daraus folge, dass das Erstgericht in dem Parallelverfahren (M 5 K 18.859 – juris Rn. 41) selbst die Beendigung der Aufgaben in Österreich als „Wegfall des für die Gewährung von Sonderurlaub maßgeblichen Grundes“ bezeichnet habe, dringt der Kläger nicht durch. Denn soweit er auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage abhebt, steht dem bereits entgegen, dass dieses Rechtsinstitut auf die Anpassung und Beendigung von (auch öffentlich-rechtlichen) Verträgen abzielt und darüber hinaus nur aufgrund gesetzlicher Anordnung zur Anwendung kommen kann (so bereits BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 3 CE 17.1564 – juris Rn. 6). An dieser Auffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbingens fest. Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Fundstelle in der Literatur (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 38 Rn. 36) zur Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG anführt, die Rechtsgrundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage würden „heute aber allgemein auch im öffentlichen Recht anerkannt“, besagt diese nur, dass das im Vertragsrecht des BGB entwickelte Rechtsinstitut auch im öffentlichen Recht Anwendung findet und schon bisher im Rahmen der Zusicherung bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage (vgl. § 38 Abs. 3 VwVfG) galt. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn sich nachträglich die zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ändern, ist aber auch für den Verwaltungsvertrag (Art. 60 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) und Verwaltungsakte (Art. 48 ff. BayVwVfG) spezialgesetzlich geregelt. § 23 UrlV bzw. § 18 UrlMV stellen wiederum eine Sonderregelung zu den Art. 48 ff. BayVwVfG dar. Bereits deshalb ist für eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Zivilrechts über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf die Bewilligung eines Sonderurlaubs kein Raum.
Der Kläger geht im Übrigen fehl in der Annahme, als Verordnung könne § 23 UrlV bzw. § 18 UrlMV den einschlägigen gesetzlichen Regelungen des Art. 43 Abs. 2, 48, 49 und 51 BayVwVfG nicht vorgehen (I.2. Buchst. d der Zulassungsbegründung v. 9.4.2019). Denn das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz kommt nur zur Anwendung, soweit nicht Rechtsvorschriften des Freistaates Bayern inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Rechtsvorschriften sind alle Rechtsnormen im materiellen Sinne und damit neben Gesetzen auch Verordnungen wie die Bayerische Urlaubsverordnung bzw. Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung. Die Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG führt zu einer allgemeinen Nachrangigkeit (Subsidiarität) des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes und damit zu einem Vorrang des übrigen Landesrechts. Insofern hat sie klarstellende Funktion, weil sie dem Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz nicht als – gegenüber dem übrigen Landes(verfahrens) recht – späterem Gesetz die Wirkung beimisst, dieses zu verdrängen (lex posterior derogat legi priori), sondern es beim Vorrang des spezielleren Gesetzes (lex specialis derogat legi generali) belässt (vgl. dazu Jäde in PdK Bay A-15, BayVwVfG, Art. 1 unter 2.2). Vor diesem Hintergrund geht das klägerische Argument, Art. 51 BayVwVfG streite für seine Rechtsauffassung, da sein Schreiben vom 22. Juli 2016 einen entsprechenden Antrag darstelle und sich die zugrundeliegende Sach- und Rechtslage inzwischen geändert habe (I.2. Buchst. e bzw. I.6 der Zulassungsbegründungen), ins Leere.
1.3 Auch das Vorbringen, der Verwaltungsakt sei „auf andere Weise“ erledigt (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG), da der Zweck des Sonderurlaubs durch den Aufhebungsvertrag entfallen sei und der bewilligte Sonderurlaub damit nicht mehr geeignet gewesen sei, rechtliche Wirkungen im Sinne einer Bewilligung oder einer Steuerungsfunktion zu erzeugen (I.2. Buchst. b bzw. I.4 der Zulassungsbegründungen), geht fehl.
Der Senat hat bereits in seinem Beschwerdebeschluss vom 10. Oktober 2017 (3 CE 17.1564 – juris Rn. 5 f.) ausgeführt, dass die Erledigung „auf andere Weise“ im Sinne der letzten Variante des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt ist (BVerwG, U.v. 9.5.2012 – 6 C 3.11 – juris Rn. 19), die hier beim bloßen Wegfall des ursprünglichen Motivs des Beamten für die Bewilligung des Sonderurlaubs nicht vorliegen. Dass sich die Erwartungen des Beurlaubten hinsichtlich der Verwendung des Urlaubs nicht erfüllen, kann nicht von selbst zur Beendigung des Urlaubs führen, vielmehr räumt § 23 Abs. 3 UrlV bzw. § 18 Abs. 3 UrlMV dem Dienstherrn für den Fall, dass der Beamte aus wichtigen Gründen den Urlaub abbrechen will und dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist, ein Ermessen ein. Der einvernehmliche Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 30. Juni 2016 kann – auch wenn der Kläger meint, das „Regelungsobjekt“ sei damit entfallen – schon deshalb nicht von selbst zur Beendigung der der Wirksamkeit der Beurlaubung führen, weil die Gestaltung des Dienstverhältnisses nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht der einseitigen Disposition des Beamten überlassen ist (BVerwG, U.v. 19.5.1988 – 2 A 4.87 – juris Rn. 11). Es liegt auf der Hand, dass der Dienstherr im Interesse der Funktionsfähigkeit des Dienstbetriebs für die Dauer einer Sonderbeurlaubung (insbesondere bei einem Zeitraum von vier Jahren) personalwirtschaftliche Maßnahmen treffen muss. Wäre die Ansicht des Klägers zutreffend, könnte der Dienstherr nicht rechtssicher über die Stelle eines beurlaubten Beamten disponieren, weil er ständig damit rechnen müsste, dass die Beurlaubung mit sofortiger Wirkung entfiele. Dies wäre mit dem legitimen Bedürfnis des Dienstherrn nach einer haushaltsrechtlichen Planungssicherheit aber auch angesichts der organisatorischen und personalwirtschaftlichen Gegebenheiten mit den Erfordernissen der Sicherstellung des Dienstbetriebes nicht zu vereinbaren.
1.4 Die Bewilligung des Sonderurlaubs wurde weder widerrufen noch zurückgenommen (§ 23 Abs. 1 und 2 UrlV bzw. § 18 Abs. 1 und 2 UrlMV). Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf einen entsprechenden Widerruf oder Rücknahme des Verwaltungsakts (vgl. im Einzelnen BayVGH, B.v. 15. Juli 2020 – 3 ZB 19.555). Ferner wurde dem Wunsch bzw. Antrag des Klägers, den Urlaub abzubrechen, nicht entsprochen (§ 23 Abs. 3 UrlV bzw. § 18 Abs. 3 UrlMV). Nach ausdrücklicher Erklärung des Bevollmächtigten des Klägers vom 5. Oktober und 11. November 2016, dass es einen Antrag auf Widerruf der Beurlaubung nicht gebe und der „§ 23 UrlV auch aus weiteren Gründen nicht einschlägig“ sei, stellte das Staatsministerium die aufgrund des klägerischen Schreibens vom 22. Juni 2016 begonnene Prüfung des § 23 Abs. 3 UrlV zu Recht ein (Schr. v. 15.11.2016). Erst ein knappes Jahr später stellte der Bevollmächtigte des Klägers als Reaktion auf den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2017 (3 CE 17.1564) mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 den Antrag „vorsorglich den Sonderurlaub zu widerrufen“, der mit rechtmäßigem Bescheid des Staatsministeriums vom 8. Januar 2018 abgelehnt wurde (vgl. dazu im Einzelnen BayVGH, B.v. 15. Juli 2020 – 3 ZB 19.555; I.2. Buchst. c bis e, g und I.1 bis 3 der Zulassungsbegründungen). Im November 2016 bestand nach dem gesamten Parteivorbringen kein Anhaltspunkt dafür, dass entgegen der unzweideutigen Äußerung des Bevollmächtigten, das erkennbare Interesse des Klägers doch darauf gerichtet sein könnte, seinen „Antrag zur Auflösung der Beurlaubung“ aufrechtzuerhalten. Daher führt der Verweis auf die zu § 88 VwGO ergangene Rechtsprechung (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11; BVerwG, U.v. 13.1.2012 – 9 B 56.11) und den Einwand, es komme auf das tatsächliche Ziel derartiger Erklärungen an, nicht weiter.
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht ausreichend dargetan.
Die von dem Kläger stichpunktartige Auflistung zu den angeblich besonderen tatsächlichen (Antragstellung im Schreiben vom 22. Juli 2016, Dienstunfähigkeit des Klägers, entfallener Zweck des Sonderurlaubs) und rechtlichen Schwierigkeiten (Anwendung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, ungewöhnliche Dauer des Sonderurlaubs, Anwendung des § 23 Abs. 2 Satz 1 UrlV, Erledigung auf andere Weise i.S. des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG, Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 3 UrlV, Auslegung der Erklärungen der Bevollmächtigten des Klägers, rückwirkende Aufhebung des Sonderurlaubs und Anwendung des Art. 51 BayVwVfG) genügt schon nicht dem Darlegungserfordernis, da daraus nicht ersichtlich wird, worin die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten liegen sollten. Ungeachtet dessen sieht der Zulassungsantrag die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt wurden. Diese Fragen sind jedoch – wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt – weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – juris Rn. 28 m.w.N.). Sie können vielmehr ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden (s. unter 1.).
3. Die Rechtssache weist auch nicht die ihr vom Kläger zugedachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) auf. Um diesen Zulassungsgrund in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise darzulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Für die in diesem Zusammenhang formulierte Rechtsfrage,
„Sind die Grundsätze der Änderung (Wegfalls) der Geschäftsgrundlage „lediglich auf Verträge…und darüber hinaus nur aufgrund gesetzlicher Anordnung (Verwaltungsgericht Seite 10) anzuwenden oder allgemein auch im öffentlichen Recht?“,
scheidet eine weitere Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die Ausführungen unter 1.2 und den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2017 (3 CE 17.1564) aus und kann ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens im ersteren Sinn beantwortet werden.
Die weiter als grundsätzlich aufgeworfene Frage,
„Ist bei einem Wegfall des Zwecks eines Sonderurlaubs dieser zwingend zu widerrufen (so das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 1. August 2019) oder folgt daraus lediglich eine ´Berechtigung´ (Seite 9 des angefochtenen Urteils)?“
ist ebenfalls bereits durch den Senat (B.v. 10.10.2017 – 3 CE 17.1564) dahingehend beantwortet worden, dass § 23 Abs. 3 UrlV (jetzt § 18 Abs. 3 UrlMV) dem Dienstherrn für den Fall, dass der Beamte aus wichtigen Gründen den Urlaub abbrechen will und dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist, ein Ermessen einräumt. Soweit der Kläger den „Wegfall des Zwecks eines Sonderurlaubs“ im streitgegenständlichen Verfahren darin sieht, dass sein Arbeitsvertrag an der österreichischen Universität und seine Tätigkeit als Rektor mit Ablauf des 30. Juni 2016 aufgrund des geschlossenen Aufhebungsvertrages geendet habe, liegt darin keine – wie der Kläger meint – Verwendung des Urlaubs zu einem anderen als dem bewilligten Zweck im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 UrlV bzw. § 18 Abs. 2 Satz 1 UrlMV (vgl. BayVGH, B.v. 15. Juli 2020 – 3 ZB 19.555).
Weiter ist auch die vom Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Frage,
„Führt der Wegfall des Zwecks eines Sonderurlaubs zu einer Erledigung ´auf andere Weise´ (§ 43 Abs. 2 VwVfG)?“
nicht klärungsbedürftig, da sie der Senat in seiner Rechtsprechung (B.v. 10.10.2017 – 3 CE 17.1564) bereits verneint hat; außerdem kann sie ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden (1.3).
Soweit der Kläger (unter Verweisung auf seinen Schriftsatz vom 16. April 2019 zum Zulassungsverfahren 3 ZB 19.555 betreffend VG München, U.v. 13.2.2019 – M 5 K 18.859) die Frage für grundsätzlich bedeutsam erachtet:
„Ist bei einem Wegfall des Zwecks eines Sonderurlaubs eine rückwirkende Entscheidung ´rechtlich nicht möglich´ (Seite 9 des angefochtenen Urteils) oder ist nach § 23 Abs. 1 UrlV bzw. 18 Abs. 2 UrlMV eine Rücknahme der Bewilligung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit möglich (so Seite 12 desselben Urteils)?“,
ist diese in dem vorliegenden Verfahren bereits nicht entscheidungserheblich. Der Kläger bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidung im Verfahren M 5 K 18.859, das nicht streitgegenständlich ist.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 42 Abs. 1 Satz 1, 47 Abs. 1, 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz; vgl. Übersicht der hypothetischen Bruttobezüge des Klägers vom 1.7.2016 bis 30.9.2018 – VG-Akte S. 42).
4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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