Verwaltungsrecht

Keine Hinweispflicht der Behörde auf materiell-rechtliche Ausschlussfristen im Falle der Zweitwohnungsteuer

Aktenzeichen  4 ZB 19.19

Datum:
24.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27414
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5
BayVwVfG Art. 32 Abs. 5
BayKAG Art. 3 Abs. 3 S. 2-8, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. a cc ccc, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. a
AO § 89 Abs. 1 S. 1, § 227

 

Leitsatz

1. Eine Behörde ist nicht verpflichtet, eine steuerpflichtige Person auf die gesetzliche Möglichkeit einer Befreiung von der Steuerpflicht nach Art. 3 Abs. 3 S. 2 bis 8 BayKAG hinzuweisen. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich insbesondere nicht aus der über Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. a cc ccc BayKAG anwendbaren Vorschrift des § 89 Abs. 1 AO, wenn der Behörde die maßgeblichen Einkommensverhältnisse weder bekannt waren noch nach den Umständen hätten bekannt sein müssen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf die antragsabhängige Freistellung nach Art. 3 Abs. 3 S. 7 BayKAG muss die seuererhebende Stelle nicht ohne besonderen Anlass von sich aus hinweisen. Insofern gelten die für den nachträglichen Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. a BayKAG iVm § 227 AO) entwickelten Grundsätze entsprechend. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 K 17.5157 2018-10-11 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 251 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt für die Jahre 2014 und 2015 die nachträgliche Befreiung von der Zweitwohnungsteuerpflicht für ihre im Stadtgebiet der Beklagten gelegene Wohnung.
In den Jahren 2007 bis 2013 unterlag die Klägerin aufgrund des in der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten (ZwStS) normierten Ausnahmetatbestands des § 2 Abs. 3 Nr. 3 ZwStS (Innehaben einer Zweitwohnung aus beruflichen Gründen bei Verheirateten) nicht der Zweitwohnungsteuerpflicht. Nachdem ihr Ehemann am 26. Januar 2014 verstorben war, bat die Beklagte sie mit Schreiben vom 10. April 2014 und 30. Juli 2014 um die Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung zur Prüfung, ob nunmehr eine Zweitwohnungsteuerpflicht bestehe. Da dazu keine Rückmeldung erfolgte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2015 die Zweitwohnungsteuer gegenüber der Klägerin für das Jahr 2014 (Februar bis Dezember) auf 120 Euro und für das Jahr 2015 (Januar bis Dezember) auf 131 Euro fest. Die für diese Zeiträume festgesetzte Steuer wurde von der Klägerin entrichtet.
Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 teilte die Klägerin mit, sie habe mittlerweile erfahren, dass es seit 2009 eine Einkommensgrenze gebe und dass ihr Einkommen unter dieser Mindestgrenze liege. Sie beantrage daher die Rückerstattung der bezahlten Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2014 und 2015.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erstattung der Zweitwohnungsteuer für 2014 und 2015 ab. Es habe keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, über die seit 2009 geltende Befreiungsmöglichkeit zu informieren. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG müssten Befreiungsanträge bis spätestens 31. Januar des auf das Steuerjahr folgenden Jahres gestellt werden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 19. Juli 2016 Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden wurde. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 beantragte die Klägerin hinsichtlich ihres Befreiungsantrags für die Jahre 2014 und 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte dazu Kopien ihrer Einkommensteuerbescheide für 2012 und 2013 vor. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2017 ab und führte zur Begründung aus, die Frist aus Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht zulasse. Eine von der Rechtsprechung zugelassene Ausnahme sei hier nicht gegeben.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Ziel, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 22. Juni 2016 und 27. September 2017 zu verpflichten, der Klägerin Wiedereinsetzung in die Antragsfrist nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zu gewähren und sie gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 von der Zweitwohnungsteuerpflicht zu befreien sowie die bereits geleisteten Beträge in Höhe von 251 Euro zurückzuerstatten; hilfsweise die Nichtigkeit des Zweitwohnungsteuerbescheids vom 17. Februar 2015 festzustellen.
Mit Urteil vom 11. Oktober 2018 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Klägerin habe keinen fristgerechten Antrag im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bei der Beklagten gestellt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe ausdrücklich festgestellt, dass damit eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist normiert worden sei, deren Nichteinhaltung den Verlust der materiellen Rechtsposition zur Folge habe. Mit Ablauf der Frist könne der Rechtsanspruch grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Gesetzgeber gewählte Fristenregelung unzumutbar wäre. Der von der Klägerin erstmals mit Schreiben vom 17. Mai 2016 sinngemäß gestellte Befreiungsantrag sei in Bezug auf die Steuerjahre 2014 und 2015 verspätet gewesen, da er für 2014 bis Ende Januar 2015 und für 2015 bis Ende Januar 2016 hätte eingereicht werden müssen. Nach der klaren gesetzlichen Regelung könne die Beklagte nicht mehr über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG entscheiden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist. Da Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG nicht auf § 110 AO verweise, kommt eine Wiedereinsetzung allenfalls nach Art. 32 BayVwVfG in Betracht. Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG schließe jedoch die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in materiell-rechtliche Ausschlussfristen aus. Der Klägerin sei auch nicht ausnahmsweise im Wege einer sogenannten Nachsichtgewährung Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren. Eine solche Nachsicht kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, um besonderen Härtefällen Rechnung zu tragen. Dies sei anzunehmen, wenn die Säumnis auf höherer Gewalt beruhe oder wenn sie auf ein rechts- oder treuwidriges Verhalten der Behörde zurückgehe, etwa wenn die Behörde durch eine falsche oder irreführende Rechts(behelfs) belehrung die verspätete Antragstellung mitveranlasst habe. Allein mangelnde Rechtskenntnis gehe demgegenüber zu Lasten des Säumigen. Ein Sachverhalt, der ausnahmsweise eine Nachsichtgewährung rechtfertigen könnte, sei hier nicht gegeben. Insbesondere liege kein qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten darin, dass sie die Klägerin nicht rechtzeitig über die Möglichkeit einer Befreiung und die Fristbindung des Befreiungsantrags nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 7 KAG informiert habe. Den Gesetzesunterworfenen obliege es grundsätzlich selbst, sich über ihre Rechte und Pflichten zu informieren; dies gelte auch und insbesondere im Steuerrecht. Dass die Beklagte auf ihrer Homepage im Internet nicht nur die Vorschriften ihrer Zweitwohnungsteuersatzung erläutere, sondern auch auf die Möglichkeit einer Befreiung nach dem Kommunalabgabengesetz hinweise, stelle sich als ein Service dar, auf den die Normadressaten keinen Anspruch hätten. Insofern liege auch keine „Diskriminierung“ darin, dass sie diese Informationen den Zweitwohnungsteuerpflichtigen nicht (auch) in Papierform zukommen lasse. Der Vollständigkeit halber werde noch darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erlass der Zweitwohnungsteuer für 2014 und 2015 nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 227 Abs. 1 AO habe. Die Voraussetzungen für eine hier allein in Frage kommende Billigkeitsentscheidung aus sachlichen Gründen lägen nicht vor. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen habe, rechtfertige keine Billigkeitsmaßnahme. Auch die als Hilfsantrag gestellte Nichtigkeitsfeststellungsklage bleibe ohne Erfolg, da keine Nichtigkeitsgründe vorgetragen oder sonst ersichtlich seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 32 m.w.N.).
Die Klägerin trägt vor, es lägen die Voraussetzungen einer Nachsichtgewährung für die Wiedereinsetzung vor, da die Ausschlusswirkung in diesem Fall mit Treu und Glauben nicht vereinbar wäre. Zwar bestehe keine generelle Verpflichtung, über bestehende Ausnahmemöglichkeiten und Befreiungstatbestände zu informieren. Wenn darüber aber tatsächlich informiert werde, bestehe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, die Informationen zutreffend und vollständig zu erteilen. Dies sei hier nicht geschehen, da in den Formularen der Beklagten zur Zweitwohnungsteuer nur über Ausnahmetatbestände nach der Satzung, nicht aber über den weiteren Befreiungstatbestand informiert werde. Ein unbefangener Empfänger des Formulars müsse davon ausgehen, dass darin sämtliche entscheidungsrelevanten Tatsachen im Zusammenhang mit der Zweitwohnungsteuer abgefragt würden, zumal in den Erläuterungen noch ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Steuerbefreiung hingewiesen werde. Das Formular enthalte eine Auskunft über die tatsächlich gegebenen Befreiungstatbestände, die nach Art. 25 BayVwVfG vollständig und richtig zu erteilen sei. Das Weglassen entsprechender Fragestellungen hinsichtlich der Befreiungsmöglichkeit stelle damit einen eindeutigen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene juristische Unterscheidung zwischen Ausnahmetatbeständen aus der Satzung und Befreiungstatbeständen nach dem Kommunalabgabengesetz und die Trennung in zwei Verwaltungsakte seien für einen Laien nicht nachvollziehbar und könnten die Beklagte nicht von der Pflicht zur vollständigen und zutreffenden Information befreien. Die generelle Obliegenheit eines Steuerpflichtigen, sich selbst fachkundig zu informieren, sei hier durch die Ausgestaltung des Steuererklärungsformulars eingeschränkt.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin begehrte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG, bei der es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt (vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 B 16.1541 – juris Rn. 40), zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine sog. Nachsichtgewährung lagen nicht vor.
Nach herrschender Auffassung dürfen sich Behörden nach Treu und Glauben unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer rechtsvernichtenden Ausschlussfrist berufen. Außer in den Fällen höherer Gewalt kommt dies dann in Betracht, wenn die Versäumung der Frist auf ein staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und wenn durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt wird (BVerwG, U.v. 28.3.1996 – 7 C 28.95 – BVerwGE 101, 39/45; U.v. 10.11.2016 – 8 C 11.15 – NVwZ 2017, 876 Rn. 22). Zumindest von der erstgenannten Voraussetzung eines behördlichen Fehlverhaltens kann hier nicht ausgegangen werden.
Die Beklagte war rechtlich nicht verpflichtet, die Klägerin als Inhaberin einer im Stadtgebiet gelegenen Zweitwohnung unaufgefordert auf die gesetzliche Möglichkeit einer Befreiung von der Steuerpflicht nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 8 KAG hinzuweisen. Eine solche Verpflichtung ergab sich insbesondere nicht aus der über Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. cc Dreifachbuchst. ccc KAG anwendbaren Vorschrift des § 89 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Behörde die Stellung von Anträgen anregen soll, wenn diese offensichtlich aus Unkenntnis unterblieben sind. Eine entsprechende Beratungs- und Aufklärungspflicht bestand hier schon deshalb nicht, weil der Beklagten die für die streitgegenständlichen Steuerjahre maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Klägerin weder bekannt waren noch nach den Umständen bekannt sein mussten. Für die zuständigen Behördenmitarbeiter war daher jedenfalls nicht „offensichtlich“, dass die Klägerin aus Rechtsunkenntnis davon abgesehen hatte, einen Befreiungsantrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG zu stellen.
Auch in der (damaligen) Gestaltung des Formulars für die Zweitwohnungsteuererklärung lag kein behördliches Fehlverhalten, das zu einer Nachsichtgewährung in Form der Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist zwingen würde. Das der Klägerin übersandte Formblatt diente ersichtlich (nur) dazu, ihr die Erfüllung der satzungsrechtlichen Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung nach § 9 Abs. 1 und 2 ZwStS zu ermöglichen. Es bezog sich dementsprechend allein auf die nach der Zweitwohnungsteuersatzung im Rahmen des Festsetzungsverfahrens von Amts wegen zu erhebenden Daten über die steuerpflichtige Person (Abschnitt 1), über die Lage und das Innehaben der Wohnung (Abschnitt 2), über die in der Satzung vorgesehenen Ausnahmetatbestände (Abschnitt 3) und über die Bemessungsgrundlage (Abschnitt 4). Diese Datenabfrage konnte – auch aus der Sicht eines steuerrechtlich unerfahrenen Wohnungsinhabers – nicht zugleich als konkludente Rechtsauskunft dahingehend verstanden werden, dass außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens keine individuelle Befreiungsmöglichkeit bestehe. Ein diesbezüglicher Erklärungsgehalt ergab sich auch nicht aus den Erläuterungen zu den im Formblatt genannten Ausschlusstatbeständen. Es oblag demnach der Klägerin, sich weitere Informationen darüber zu verschaffen, ob und unter welchen Voraussetzungen sich ihr geringes Einkommen auf die Verpflichtung zur Zahlung der Zweitwohnungsteuer auswirken konnte. Für die antragsabhängige Freistellung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG, die durch gesonderten Bescheid zu erfolgen hat (BayVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 B 16.1541 – juris Rn. 46), gilt demnach nichts anderes als für den nachträglichen Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i. V. m. § 227 AO, auf dessen Voraussetzungen die steuererhebende Stelle ebenfalls nicht ohne besonderen Anlass von sich aus hinweisen muss (vgl. Rüsken in Klein, AO, 14. Auflage 2018, § 227 Rn. 51).
b) Da die Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung im Falle der Versäumung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt sind und der vorliegende Sachverhalt hiernach keiner weiteren Aufklärung bedarf, liegt auch der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht vor.
c) Die Berufung ist auch nicht wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann, zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Die Klägerin trägt insoweit vor, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht zutreffend ermittelt und erfasst, weil ihm mangels vollständig übermittelter Behördenakte die von der Beklagten verwendeten Formulare nicht vorgelegen hätten. Bei Berücksichtigung der nicht vollständig abgefragten Steuerbefreiungstatsachen sei von einer Entscheidung zugunsten der Klägerin auszugehen. Auch sei das rechtliche Gehör verletzt, da der diesbezügliche Sachvortrag der Klägerin nicht vollständig zur Kenntnis genommen worden sei. Das Verwaltungsgericht gehe nur darauf ein, dass keine generelle Informationspflicht der Beklagten bestanden habe.
Mit diesem Vorbringen wird ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht dargetan. Es kann dahinstehen, ob dem Verwaltungsgericht die im Falle der Klägerin verwendeten Steuererklärungsformulare vorlagen bzw. anderweitig bekannt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich daraus keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist bei der Prüfung einer etwaigen Verpflichtung zur Nachsichtgewährung erklärtermaßen davon ausgegangen, dass die Beklagte die Informationen über die Befreiungsmöglichkeit nach dem Kommunalabgabengesetz den Steuerpflichtigen nicht in Papierform hat zukommen lassen. Es hat demnach den Vortrag der Klägerin bezüglich der Gestaltung der Erhebungsformulare nicht in Zweifel gezogen, sondern ist lediglich bei der rechtlichen Bewertung dieses Umstands zu einem anderen Ergebnis gelangt. Aus seiner Sicht bedurfte es daher keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Da es nach der (zutreffenden) Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts primär der Klägerin oblag, sich über die rechtlichen Voraussetzungen ihrer Zweitwohnungsteuerpflicht und insbesondere über die Möglichkeit eines unabhängig von der Steuerfestsetzung durchzuführenden Befreiungsverfahrens zu informieren, musste in der angegriffenen Entscheidung auch nicht näher auf den klägerischen Sachvortrag zu den fehlenden Informationen in den übersandten Formularen eingegangen werden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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