Verwaltungsrecht

Keine Privilegierung für weitergewanderte Drittstaatsangehörige

Aktenzeichen  10 CS 19.274

Datum:
12.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7301
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 11 Abs. 1, § 38a, § 53, § 54, § 55
RL 2003/109/EG

 

Leitsatz

Ein in die Bundesrepublik Deutschland weitergewanderter Drittstaatsangehöriger, der im ersten Mitgliedstaat ein Aufenthaltsrecht nach der Daueraufenthaltsrichtlinie erhalten hat, genießt für den Fall seiner Auseisung aus der Bundesrepublik Deutschland und Abschiebung in den ersten Mitgliedstaat nicht die Privilegierung nach § 53 Abs. 3 AufenthG.  (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 S 18.1919 2018-10-24 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO weiterverfolgt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. April 2018 u.a. erfolgte Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und Abschiebungsandrohung nach Italien anzuordnen, ist nicht begründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Der Antragsteller rügt mit seiner Beschwerde, dass das private Interesse, von Vollziehungsmaßnahmen verschont zu blieben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung überwiege, weil er im Bundesgebiet einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehe, mit der er seine im Kosovo lebende Familie unterstütze, wohingegen in Italien aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage damit zu rechnen sei, dass er keine Arbeit finden werde. Ihm stehe der besondere Ausweisungsschutz nach § 53 Abs. 3 AufenthG zu, dessen Voraussetzungen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aber nicht vorlägen. Ergänzend führt der Antragsteller aus, seit November 2018 an einer verkehrspsychologischen Beratung und Begleitung teilgenommen zu haben.
Diese Rügen greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass der Antragsteller eine Verlängerung der ihm zuletzt auf der Grundlage des § 38a AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis schon deswegen nicht beanspruchen kann, weil einer Erteilung die Vorschrift des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegensteht.
Die im streitbefangenen Bescheid unter Ziff. 1. zugleich verfügte Ausweisung begegnet keinen durchgreifend rechtlichen Bedenken, so dass vorliegend die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG greift. Die gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2, § 54 und § 55 AufenthG erfolgte Ausweisung erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht zutreffend aufgrund der zahlreichen vom Antragsteller innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsdelikte von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen. Hieran ändert auch die mittlerweile erfolgte Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung und Begleitung nichts, da mit dem Verwaltungsgericht angenommen werden kann, dass der Antragsteller, solange er kein positives Eignungsgutachten nach § 4 Abs. 10 StVG vorgelegt hat, ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist und (jedenfalls) bis dahin eine Wiederholungsgefahr besteht.
Soweit der Antragsteller meint, er genieße aufgrund seiner ihm in Italien im Juni 2010 unbefristet erteilten Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU einen erhöhten Ausweisungsschutz nach § 53 Abs. 3 AufenthG, trifft dies in der vorliegenden Konstellation der Verpflichtung zur Ausreise vom zweiten Mitgliedstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den ersten Mitgliedstaat (hier: Republik Italien) nicht zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insofern auf seine Ausführungen im Beschluss vom heutigen Tag im Berufungszulassungsverfahren (10 ZB 19.275).
Bestehen demgemäß nach summarischer Prüfung an der Rechtmäßigkeit des sofort vollziehbaren Verwaltungsakts offensichtlich keine Zweifel, ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 142; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 85; Gersdorf in Posser/Wolff BeckOK, VwGO, Stand 1.7.2018, § 80 Rn. 187). Von daher gehen die weiteren Ausführungen des Antragstellers zu der seiner Ansicht nach fehlerhaften Interessenabwägung von vornherein ins Leere. Im Übrigen wären jene, was bspw. seine fehlenden Erwerbsaussichten im Falle einer Rückkehr nach Italien betrifft, auch völlig spekulativ.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO).


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