Verwaltungsrecht

Keine Prüfung von Abweichgungsgesetzgebung der Länder am Maßstab des überlagerten Bundesrechts oder damit nicht zusammenhängendem bundesrechtlichem Fachrecht

Aktenzeichen  Vf. 8-VII-16

Datum:
29.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2018, 53
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 72 Abs. 3
WHG § 38, § 57
BV Art. 118 Abs. 1
VfGHG Art. 55 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 21

 

Leitsatz

1. Zur Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG. (Rn. 30 – 31)
2. Unzulässigkeit einer gegen Art. 21 BayWG (Gewässerrandstreifen) erhobenen Popularklage, weil eine Verletzung von Grundrechten nicht hinreichend substanziiert dargelegt wurde. (Rn. 32 – 45)
3. Das vom Landesgesetzgeber im Wege der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG erlassene Recht ist Landesrecht. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die systematische Konzeption der Abweichungsgesetzgebung schließt es aus, die abweichende landesgesetzliche Regelung an der überlagerten bundesgesetzlichen Regelung oder an systematisch damit nicht zusammenhängenden Regelungen des bundesrechtlichen Fachrechts zu messen, zu dem die überlagerte Vorschrift gehört. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Die Popularklage betrifft die Frage, ob Art. 21 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66, BayRS 753-1-U), das zuletzt durch Art. 9 a Abs. 12 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 458) geändert worden ist, gegen die Bayerische Verfassung verstößt.
Die Vorschrift regelt die Festlegung von Gewässerrandstreifen durch Verträge mit den Grundstückseigentümern sowie durch Anordnung im Einzelfall oder durch Rechtsverordnung der Kreisverwaltungsbehörde. Nach seiner gesetzlichen Überschrift weicht Art. 21 BayWG von § 38 Abs. 2 bis 5 des (Bundes-)Wasserhaus-haltsgesetzes (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585) ab, das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 4. August 2016 (BGBl I S. 1972) geändert worden ist.
§ 38 WHG trifft ebenfalls Regelungen über Gewässerrandstreifen.
Die sog. Abweichungsgesetzgebung wurde durch Art. 72 Abs. 3 GG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) eingeführt. Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder danach auf bestimmten Gebieten durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen.
Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG lässt solche abweichenden Regelungen u. a. auch für den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen) zu. Von dieser Befugnis hat der Freistaat Bayern mit Art. 21 BayWG Gebrauch gemacht; die angegriffene Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Art. 21 Gewässerrandstreifen (Abweichend von § 38 Abs. 2 bis 5 WHG)
(1) 1Gewässerrandstreifen können an Gewässern erster und zweiter Ordnung durch Verträge mit den Grundstückseigentümern festgelegt werden, soweit dies im Rahmen der Gewässerunterhaltungspflicht nach § 39 Abs. 1 Satz 1 WHG erforderlich ist. 2Diese Erforderlichkeit ist nicht gegeben, wenn die Fläche in eine Fördermaßnahme einbezogen ist, die auch dem Schutz des jeweiligen Gewässers dient. 3Bestehen zum Ende des zweiten Bewirtschaftungsplans gemäß § 83 WHG weder Verträge nach Satz 1 noch förderrechtliche Verpflichtungen nach Satz 2 oder sind zu diesem Zeitpunkt die Bewirtschaftungsziele nach §§ 27 bis 31 WHG nicht erreicht, können die Kreisverwaltungsbehörden Gewässerrandstreifen und deren Bewirtschaftung durch Anordnung im Einzelfall oder durch Rechtsverordnung festsetzen. 4Privatrechtliche Verpflichtungen der Grundstückseigentümer zum Gewässerschutz bleiben unberührt.
(2) An Gewässern dritter Ordnung können nach Ende des zweiten Bewirtschaftungsplans Gewässerrandstreifen durch Anordnung für den Einzelfall oder durch Rechtsverordnung von der Kreisverwaltungsbehörde im Einvernehmen mit den Trägern der Gewässerunterhaltung festgesetzt werden, wenn ohne eine Festsetzung von Gewässerrandstreifen und unter Berücksichtigung privatrechtlicher oder förderrechtlicher Verpflichtungen der Grundstückseigentümer oder Bewirtschafter die Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 WHG gefährdet ist.
§ 38 WHG lautet:
§ 38 Gewässerrandstreifen
(1) Gewässerrandstreifen dienen der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktionen oberirdischer Gewässer, der Wasserspeiche-rung, der Sicherung des Wasserabflusses sowie der Verminderung von Stoffeinträgen aus diffusen Quellen.
(2) 1Der Gewässerrandstreifen umfasst das Ufer und den Bereich, der an das Gewässer landseits der Linie des Mittelwasserstandes angrenzt. 2Der Gewässerrandstreifen bemisst sich ab der Linie des Mittelwasserstandes, bei Gewässern mit ausgeprägter Böschungsoberkante ab der Böschungsoberkante.
(3) 1Der Gewässerrandstreifen ist im Außenbereich fünf Meter breit. 2Die zuständige Behörde kann für Gewässer oder Gewässerabschnitte
1. Gewässerrandstreifen im Außenbereich aufheben,
2. im Außenbereich die Breite des Gewässerrandstreifens abweichend von Satz 1 festsetzen,
3. innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Gewässerrandstreifen mit einer angemessenen Breite festsetzen.
3Die Länder können von den Sätzen 1 und 2 abweichende Regelungen erlassen.
(4) “Eigentümer und Nutzungsberechtigte sollen Gewässerrandstreifen im Hinblick auf ihre Funktionen nach Absatz 1 erhalten. 2Im Gewässerrandstreifen ist verboten:
1. die Umwandlung von Grünland in Ackerland,
2. das Entfernen von standortgerechten Bäumen und Sträuchern, ausgenommen die Entnahme im Rahmen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, sowie das Neuanpflanzen von nicht standortgerechten Bäumen und Sträuchern,
3. der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, ausgenommen die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist, und der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in und im Zusammenhang mit zugelassenen Anlagen,
4. die nicht nur zeitweise Ablagerung von Gegenständen, die den Wasserabfluss behindern können oder die fortgeschwemmt werden können.
3Zulässig sind Maßnahmen, die zur Gefahrenabwehr notwendig sind. 4Satz 2 Nummer 1 und 2 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus sowie der Gewässer- und Deichunterhaltung.
(5) 1Die zuständige Behörde kann von einem Verbot nach Absatz 4 Satz 2 eine widerrufliche Befreiung erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Maßnahme erfordern oder das Verbot im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt. 2Die Befreiung kann aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, insbesondere um zu gewährleisten, dass der Gewässerrandstreifen die in Absatz 1 genannten Funktionen erfüllt.
II.
Der Antragsteller macht mit seiner – auf einem Deckblatt unterschriebenen -Popularklage geltend, gemäß bzw. entsprechend Art. 98 Satz 4 BV sei Art. 21 BayWG wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) für nichtig zu erklären und der Gesetzgeber zu verpflichten, binnen einer genau zu bestimmenden Frist eine Regelung zur Verhütung von Stoffeinträgen aus der Landbewirtschaftung in oberirdische Gewässer – auch über die Festsetzung von Uferrandstreifen hinaus – zu erlassen, die dem Gleichbehandlungs-grundsatz und den Anforderungen aus Art. 3 Abs. 2 sowie Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV entspreche.
Der Landesgesetzgeber hätte bei Erlass des Art. 21 BayWG über den Tellerrand des § 38 WHG blicken und dabei die für die Abwasserbeseitigung bestehenden Anforderungen des § 57 WHG in den Blick nehmen müssen. Aufgrund der neuen Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG bestehe ein Wettbewerb zwischen Bund und Land. Die inhaltlich weite Ausgestaltungsbefugnis, die aber durch Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 Abs. 1 Satz 4 BV begrenzt sei, habe der Landesgesetzgeber nicht ausgeschöpft. Im Rahmen der Gleichbehandlungspflicht hätte er im Uferbereich – bei den sog. Gewässerrandstreifen – zum Schutz vor Stoffeinträgen aus der Landbewirtschaftung das Immissions- und vor allem das Emissionsprinzip berücksichtigen und damit Maßnahmen anordnen müssen, die geeignet und auch praktisch erprobt seien. Art. 21 BayWG stelle deshalb keine sachgerechte Regelung dar.
Gewässerrandstreifen dienten der Verminderung von Stoffeinträgen aus diffusen Quellen. Dabei gehe es um Sande, Erden, Dünge- und Pflanzenschutzmittel aus der Landbewirtschaftung. Es bestehe Handlungsbedarf wegen der Nährstoffeinträge. Der daraus resultierende Belastungszustand der oberirdischen Gewässer in Bayern sei als mäßig bis unbefriedigend zu qualifizieren. Beispielsweise stammten im Einzugsgebiet der Donau 67 bis 80% der Phosphor- und Stickstoffeinträge aus derartigen diffusen Quellen. Die Einschätzung in der amtlichen Gesetzesbegründung zu Art. 21 BayWG, wonach viele Gewässerstrecken in Bayern durch die Uferbewirtschaftung oder durch diffuse Stoffeinträge nicht nachteilig beeinflusst würden, sei überholt. Genau genommen stelle Art. 21 BayWG keinerlei Anforderungen an die Landbewirtschaftung, weil er nur auf Fördermaßnahmen auf freiwilliger Basis und auf vertragliche Maßnahmen aufgrund von Vereinbarungen mit den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke setze. In diesem Zusammenhang sei daran zu erinnern, dass neun Zehntel der Gewässer in Bayern solche dritter Ordnung seien, für die Art. 21 Abs. 2 BayWG gelte.
Der Landesgesetzgeber bleibe bei den Anforderungen an die Minderung und Vermeidung von Stoffeinträgen aus der Landbewirtschaftung in oberirdische Gewässer hinter den Anforderungen an die Minderung und Vermeidung von Stoffeinträgen durch die Abwasserbeseitigung in oberirdische Gewässer, wie sie § 57 WHG vorgebe, zurück. Vergleichsmaßstab seien Stoffeinträge in oberirdische Gewässer, die es zu vermeiden oder zu mindern gelte, um den Gewässerzustand nicht zu verschlechtern. Die Ungleichbehandlung ergebe sich somit aus dem Vergleich zwischen Art. 21 BayWG, der auf Freiwilligkeit setze, und § 57 WHG, einer unverrückbaren, rigiden Vorschrift mit einzelnen Ge- und Verboten. Ein rechtfertigender Grund für die Ungleichbehandlung sei ersichtlich nicht gegeben.
Die Aufhebung des Art. 21 BayWG allein genüge nicht, um dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung zu tragen, weil auch die dann geltenden Absätze 2 bis 5 des § 38 WHG den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzten. § 38 WHG genüge dem Gleichheitssatz nicht, weil darin das Emissionsprinzip fehle und das Immissionsprinzip deutlich schwächer ausgeprägt sei als in § 57 WHG. Anforderungen an bestehende Ackerflächen in Gewässernähe würden nicht gestellt. Die Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln in Gewässernähe bleibe erlaubt, obwohl sie zu Stoffeinträgen führe. Ebenso bestehe die Möglichkeit, auf Gewässerrandstreifen zu verzichten oder ihre Ausdehnung zu verringern. § 38 Abs. 5 WHG enthalte außerdem eine Befreiungsmöglichkeit, um Stoffeinträge aus der Landbewirtschaftung zuzulassen. Ein rechtfertigender Grund für diese Ungleichbehandlung sei wiederum nicht ersichtlich.
Der Landesgesetzgeber sei verpflichtet, die Ungleichbehandlung zwischen den Anforderungen an die Minderung und Vermeidung von Stoffeinträgen aus der Abwasserbeseitigung (§ 57 WHG) einerseits und aus der Landbewirtschaftung (§ 38 WHG) andererseits auch über die Festsetzung von Uferrandstreifen hinaus zu vermeiden. Aufgrund der Bindung an die Grundrechte (Art. 98 BV) und der Abweichungskompetenz im Wasserrecht sei der Landesgesetzgeber nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, schärfere Regelungen zu treffen, als der Bundesgesetzgeber sie getroffen habe. Eine Vorlagepflicht an das Bundesverfassungsgericht bestehe insoweit nicht. Es gehe nicht um die Vereinbarkeit des Bundesrechts mit dem Grundgesetz, sondern mit Grundrechten der Bayerischen Verfassung. In der Abweichungsgesetzgebung breche Bundesrecht Landesrecht nicht mehr; also stünden die Landesgrundrechte als Prüfungsmaßstab für das Bundesrecht zur Verfügung.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unzulässig, zumindest aber für unbegründet.
Der Antrag sei bereits unzulässig, weil der Antragsteller die behauptete Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift nicht durch begründete Darstellung dargelegt und den Schriftsatz auch nicht eigenhändig unterschrieben habe. Der Antragsteller verkenne die unterschiedlichen Zielrichtungen und Vorgaben in Art. 21 BayWG und § 57 WHG. Art. 21 BayWG ziele im Gegensatz zu § 57 WHG nicht auf eine Gewässerbenutzung ab. Die Gesetzgebungsbefugnis des Freistaates Bayern folge aus Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG. Eine Verfassungswidrigkeit des § 38 WHG sei nicht gegeben. Seine Prüfung unterliege nicht der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Auf eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV könne eine Popularklage nicht gestützt werden. Der Hinweis auf den allgemeinen Gleichheitssatz sei ebenfalls nicht einschlägig und zudem unsubstanziiert. Der bayerische Gesetzgeber habe berücksichtigt, dass nach Art. 21 BayWG der Schutz der Oberflächengewässer zwar erfolge, dabei aber nicht zielgerichtet auf bestimmte Ursachen oder Verursacher zurückgegriffen werden könne. Landwirte, die Dünger ausbrächten, könnten nicht wissen, wohin die einzelnen Stoffe aus den Düngemitteln verbracht würden. Vorsorglich sei auch darauf hinzuweisen, dass der bayerische Gesetzgeber im Rahmen der Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Gewässerrandstreifen deutlich strengere Regelungen erlassen habe als der Bundesgesetzgeber in § 38 Abs. 2 bis 5 WHG. Nachdem der Landesgesetzgeber ein Übermaß an Reglementierung in der bundesrechtlichen Regelung erkannt habe, habe er einer zweckentsprechenden Bewirtschaftung durch freiwillige Maßnahmen den Vorzug gegeben.
2. Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, die Popularklage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
a) Die Zulässigkeit sei nicht gegeben, weil es an einer substanziierten Grundrechtsrüge, wie sie in Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG vorausgesetzt werde, fehle.
Auf den Schutz natürlicher Lebensgrundlagen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV) könne eine Popularklage nicht gestützt werden, weil es sich nur um Staatszielbestimmungen handle.
Der Gleichheitssatz binde nur den jeweiligen Kompetenzträger. Ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV könne nicht mit der Begründung geltend gemacht werden, auf Bundesebene oder in anderen Bundesländern würden andere Regelungen getroffen. Darüber hinaus habe § 57 WHG einen anderen Regelungsgegenstand als Art. 21 BayWG, sodass auch inhaltlich keine vergleichbaren Sachverhalte vorlägen.
b) Grundrechte der Bayerischen Verfassung, insbesondere Art. 118 Abs. 1 BV, seien nicht verletzt.
Eine rechtlich relevante Ungleichbehandlung scheide schon deshalb aus, weil die beiden vom Antragsteller angeführten Sachverhalte von zwei verschiedenen Kompetenzträgern normiert würden. § 57 WHG sei dem Kompetenzbereich des Bundes zuzuordnen, wohingegen Art. 21 BayWG der Gesetzgebungszuständigkeit des Freistaates Bayern unterfalle.
Darüber hinaus mangle es auch an der inhaltlich-gegenständlichen Vergleichbarkeit der Sachverhalte. § 57 WHG normiere spezielle Voraussetzungen für das Einleiten von Abwasser in ein oberirdisches Gewässer, mithin eine Gewässerbenutzung. Der Stoffeintrag erfolge dort zielgerichtet und aus einer bestimmten Quelle. Dagegen bezögen sich § 38 WHG und die davon nach Art. 72 Abs. 3 GG abweichende Landesvorschrift des Art. 21 BayWG auf die Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen. Düngen mit Wirtschaftsdünger wie Gülle oder Jauche oder die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in diesen Bereichen stellten regelmäßig keine Gewässerbenutzungstatbestände dar, da der Stoffeintrag aus diffusen Quellen und nicht zielgerichtet erfolge. Wegen dieser Unterschiede sei die ungleiche Behandlung von Sachverhalten, die unter § 57 WHG bzw. unter Art. 21 BayWG fielen, auch gerechtfertigt. Hinsichtlich der Gewässerrandstreifen gebe es zudem fachrechtliche Sonderbestimmungen, wie etwa die Düngeverordnung oder das Pflanzenschutzgesetz, die zusätzliche Vorgaben enthielten.
Es bestehe auch keine Pflicht des Gesetzgebers zum Erlass strengerer Regelungen. Insbesondere gebe es dafür keinen ausdrücklichen Verfassungsauftrag.Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV normierten kein subjektives Umweltgrundrecht, sondern enthielten Staatszielbestimmungen. Dem Landesgesetzgeber komme bei der Ausfüllung des Schutzauftrags im Einzelnen ein weiter politischer Gestaltungsspielraum zu. Er habe die Belange des Umweltschutzes im Rahmen der Gesetzgebung zu Art. 21 BayWG hinreichend berücksichtigt und sich hinsichtlich der Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen entschieden, diesen Belangen auf andere Weise Rechnung zu tragen als der Bundesgesetzgeber. Die pauschalen Anforderungen des § 38 WHG seien gemessen an den Verhältnissen in Bayern als überzogen angesehen worden. Mit Art. 21 BayWG habe der Landesgesetzgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum ersichtlich nicht überschritten.
IV.
Die Popularklage ist unzulässig. Der Antragsteller hat eine Verletzung von Grundrechten nicht hinreichend substanziiert dargelegt.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).
Dazu zählt Art. 21 BayWG. Dem steht nicht entgegen, dass Art. 21 BayWG im Weg der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG ergangen ist. Auch das vom Landesgesetzgeber gesetzte abweichende Recht ist Landesrecht (vgl. BVerwG vom 11.4.2016 UPR 2016, 532 Rn. 5; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 72 Rn. 101).
2. Der Vortrag des Antragstellers zu der von ihm behaupteten Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV) wird den Anforderungen an eine substanzi-ierte Grundrechtsrüge nicht gerecht (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).
a) Nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG gehört zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift das von ihm gerügte Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, dass die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen eine Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Verfassungsgerichtshof muss anhand von substanziiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen. Ist die geltend gemachte Verletzung einer Grundrechtsnorm nach Sachlage von vornherein ausgeschlossen, ist die Popularklage unzulässig (VerfGH vom 4.5.2012 VerfGHE 65, 73/81; vom 21.3.2016 BayVBl 2016, 743 Rn. 25).
Der Antragsteller beruft sich auf den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV), den der Gesetzgeber auch bei der förmlichen Gesetzgebung zu beachten hat (sog. Rechtsetzungsgleichheit). Dies betrifft das Verbot sowohl der Ungleichheit als auch der Willkür (VerfGH vom 21.4.1993 VerfGHE 46, 104/108 f.; vom 31.5.2006 VerfGHE 59, 109/114 f.; vom 23.10.2008 VerfGHE 61, 248/257; Schmidt am Busch in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 118 Rn. 34 ff.). Bei der Überprüfung von Normen hat der Verfassungsgerichtshof jedoch den weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung der einzelnen Regelungen zu berücksichtigen. Es bleibt grundsätzlich dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen zu entscheiden, in welcher Weise den allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Erst recht hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gefunden hat. Er darf nicht eigene Abwägungen oder Überlegungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Nur wenn die äußersten Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten sind, wenn jeder einleuchtende sachliche Grund für die getroffene Regelung fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (VerfGH vom 22.7.2008 VerfGHE 61, 172/180 f.; VerfGHE 61, 248/257; vom 13.9.2012 VerfGHE 65, 152/164 f.). Selbst Unebenheiten, Friktionen und Mängel, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund anführen lässt. Die Regelung darf lediglich nicht in einer Weise inkonsequent sein, dass ein darin zum Ausdruck gebrachtes System im Einzelnen willkürlich wieder durchbrochen würde (VerfGHE 46, 104/109; 65, 152/164 f.).
b) Aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich nicht, dass die vom Gesetzgeber in Bezug auf Art. 21 BayWG verfolgte Konzeption schlechterdings unvertretbar wäre.
aa) Die Regelungen des Art. 21 BayWG wurden im Rahmen der sog. Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034, sog. Föderalismusreform) getroffen; sie weichen von § 38 Abs. 2 bis 5 WHG ab. Rügen, der Landesgesetzgeber habe insoweit gegen Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG verstoßen, trägt der Antragsteller nicht vor.
bb) Der Haupteinwand des Antragstellers, der Gesetzgeber des Art. 21 BayWG hätte die Anforderungen des § 57 WHG in den Blick nehmen müssen, geht fehl. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber insoweit die Grenzen seines weitreichenden Ermessens überschritten hätte.
(1) Zum Wesen der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG gehört nach herrschender Meinung, dass die landesgesetzliche Norm im Verhältnis zur verdrängten bundesgesetzlichen Regelung ein minus, ein maius, ein aliud oder eine Mischform dieser Möglichkeiten darstellt. Die abweichende Regelung kann auch aus Änderungen bestehen, die nicht eindeutig als Verschärfung oder Abmilderung der bundesgesetzlichen Regelung einzustufen sind. Zudem ist die Abweichungsbefugnis nicht als Ausnahmeregelung zu verstehen, weil sie auf wechselseitige Verschränkung der Gesetzgebungsbefugnisse in den Bereichen der früheren Rahmengesetzgebung angelegt ist. Die Abweichungskompetenz nach Art. 72 Abs. 3 GG braucht daher auch nicht eng ausgelegt zu werden (vgl. zum Ganzen BVerwG UPR 2016, 532 Rn. 5; Degenhart, DÖV 2010, 422/425 f.; Haug, DÖV 2008, 851/854; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 72 Rn. 104; Kunig in von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 72 Rn. 29). Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des abweichenden Landesrechts ist der Landesgesetzgeber – abgesehen von der Pflicht zur Beachtung allgemeiner ver-fassungs-, völker- oder europarechtlicher Vorgaben – grundsätzlich frei und kann demgemäß abweichend von der Konzeption des Bundesgesetzgebers eine eigene Konzeption in Bezug auf die Fachmaterie verfolgen (BVerwG UPR 2016, 532 Rn. 5; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 72 Rn. 103; Uhle in Kluth, Förderalismusreformgesetz, 1. Aufl. 2007, Art. 72 GG Rn. 50). Die Abweichung führt nicht zur Ersetzung der bundesrechtlichen Regelung, sondern nur zu einer Überlagerung im Sinn eines verfassungsrechtlich angeordneten Anwendungsvorrangs (BVerwG UPR 2016, 532 Rn. 5; Haug, DÖV 2008, 851/854).
(2) Diese systematische Konzeption der Abweichungsgesetzgebung schließt es aus, die abweichende landesgesetzliche Regelung an der überlagerten bundesgesetzlichen Regelung oder an systematisch damit nicht zusammenhängenden Regelungen des bundesrechtlichen Fachrechts zu messen, zu dem die überlagerte Vorschrift gehört. Infolgedessen ergeben sich hier weder aus § 38 Abs. 2 bis 5 noch aus § 57 WHG Grenzen für die verfassungsrechtliche Prüfung, ob Art. 21 BayWG gegen den Gleichheitssatz verstößt.
Zu § 38 Abs. 2 bis 5 WHG, die der Antragsteller als nicht hinreichend strenge Regelungen einordnet, welche aus diesem Grund verfassungswidrig sein sollen, ist im Übrigen auf das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf förmliches Gesetzesrecht hinzuweisen (vgl. §§ 31, 78, 79, 95 Abs. 3 BVerfGG). Das im Rahmen der Kompetenzordnung des Grundgesetzes erlassene Bundesrecht beansprucht Geltung gegenüber jedermann, solange es nicht vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig festgestellt ist (BVerfG vom 27.10.1998 BVerfGE 98, 265/318). Für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das Bundesverfassungsgericht bestünde hier überdies keine Veranlassung. Die Frage wäre nach den obigen Darlegungen schon nicht entscheidungserheblich. Außerdem sind die Ausführungen des Antragstellers zur Verfassungswidrigkeit des § 38 Abs. 2 bis 5 WHG mit der Rüge, die Vorschrift sei unzureichend, sehr pauschal gehalten.
In Bezug auf § 57 WHG, auf den der Antragsteller in der Begründung seiner Popularklage maßgeblich abstellt, verkennt er, dass diese Regelung mit § 38 WHG und Art. 21 BayWG systematisch nicht zusammenhängt und deshalb die Verfassungsmäßigkeit des Art. 21 BayWG nicht infrage zu stellen vermag. § 57 WHG regelt eine Gewässerbenutzung im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG. Gewässerbenutzungen bedürfen nach § 8 Abs. 1 WHG einer behördlichen Gestattung, wobei sich aus den §§ 12 ff. WHG materielle Anforderungen ergeben. § 57 WHG stellt insoweit eine § 12 WHG ergänzende Spezialnorm dar (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 57 Rn. 2). Dagegen beziehen sich § 38 WHG und Art. 21 BayWG auf Handlungen, die keine Gewässerbenutzungen darstellen, weil Gewässerrandstreifen Naturbestandteile sind, der Stoffeintrag aus diffusen Quellen und nicht aus einer Anlage erfolgt und auch nicht zielgerichtet ist; solche Handlungen bedürfen auch keiner behördlichen Gestattung (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 5; LT-Drs. 16/2868 S. 42).
cc) Ebenso wenig zeigt der Antragsteller auf, inwiefern das vom Gesetzgeber in Art. 21 BayWG gewählte Regelungskonzept aus sonstigen Gründen nicht mehr vertretbar wäre.
(1) Die im Weg der Abweichungsgesetzgebung geschaffene Regelung des Art. 21 BayWG setzt insbesondere auf den Vorrang freiwilliger Maßnahmen. Bei Gewässern erster und zweiter Ordnung sollen nach Art. 21 Abs. 1 BayWG Gewässerrandstreifen vor allem durch Einzelverträge zwischen dem Freistaat Bayern als Träger der Unterhaltungslast (Art. 22 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayWG) und den Grundstückseigentümern festgelegt werden. Nur wenn zum Ende der Geltungsdauer des sog. zweiten Bewirtschaftungsplans (vgl. §§ 83, 84 WHG; Art. 51 BayWG; ein Bewirtschaftungsplan bezieht sich auf einen Zeitraum von sechs Jahren, wobei der zweite Bewirtschaftungsplan von 2016 bis 2021 gilt; vgl. http: …www.lfu.bayern.de/wasser/wrrl/bewirtschaftungsplaene_1621/index.htm) weder Verträge noch Verpflichtungen durch eine Einbeziehung in Fördermaßnahmen bestehen, kann auch eine Festsetzung durch behördliche Anordnung für den Einzelfall oder durch Rechtsverordnung erfolgen. Bei Gewässern dritter Ordnung ermächtigt Art. 21 Abs. 2 BayWG die Kreisverwaltungsbehörde, Gewässerrandstreifen bei Gefährdung bestimmter Bewirtschaftungsziele durch Anordnung für den Einzelfall oder durch Rechtsverordnung gegenüber den Grundstückseigentümern festzulegen, allerdings ebenfalls erst nach Ende der Geltungsdauer des sog. zweiten Bewirtschaftungsplans.
§ 38 Abs. 1 WHG, wonach Gewässerrandstreifen der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktionen oberirdischer Gewässer, der Wasserspeicherung, der Sicherung des Wasserabflusses sowie der Verminderung von Stoffeinträgen aus diffusen Quellen dienen, gilt unverändert auch in Bayern; Art. 21 BayWG betrifft nur die Absätze 2 bis 5 des § 38 WHG. Die bayerische Abweichungsregelung soll nach der Gesetzesbegründung eine allgemeine Einführung von Gewässerrandstreifen vermeiden. Durch den Vorrang freiwilliger Maßnahmen würden insbesondere die nach der bundesrechtlichen Regelung vorgesehenen Ausnahmeentscheidungen vermieden und zudem Entscheidungen über die Breite von Gewässerrandstreifen nicht erforderlich. Die bayerische Lösung reduziere den Aufwand des Staates und den Einsatz hoheitlicher Maßnahmen auf das unabdingbar Erforderliche (LT-Drs. 16/2868 S. 3). Der Landesgesetzgeber bedient sich damit eines Regelungstyps, der wegen seiner Anknüpfung an freiwillige Maßnahmen des betroffenen Eigentümers auch unter der Bezeichnung „Vertragsnaturschutz“ Eingang in die deutsche Rechtsordnung gefunden hat.
(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Vertragsnaturschutz ein anerkanntes Handlungsinstrumentarium für den Gesetzgeber, das durch das Koppelungsverbot des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG und des Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG nicht ausgeschlossen wird (vgl. BVerwG vom 18.7.1997 – 4 BN 5.97 – juris Rn. 9; vom 24.5.2007 NVwZ 2007, 1187). Seine einfachrechtliche Grenze findet der Vertragsnaturschutz dort, wo der fachgesetzliche Schutzzweck nicht mehr erfüllt werden kann (BVerwG vom 18.7.1997 – 4 BN 5.97 -juris Rn. 9). Für Handlungsformen, die sich nicht der Vertragsform (Art. 54 ff. BayVwVfG), sondern etwa der Antragstellung in Bezug auf Förderungsmaßnahmen (Art. 22 Satz 2 Nr. 2 BayVwVfG) bedienen, dürften dieselben Grundsätze gelten.
Aus der verfassungsrechtlichen Sicht des Art. 118 Abs. 1 BV liegt die Grenze für die Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens erst dort, wo für die Regelung jeder einleuchtende sachliche Grund fehlt und diese daher schlechterdings unvertretbar erscheint (s. oben a). In der Begründung seiner Popularklage zeigt der Antragsteller indes weder auf, wo in Bezug auf das Regelungsgefüge der wasserrechtlichen Normen eine solche Grenze liegen könnte, noch dass mit dem angegriffenen Art. 21 BayWG diese Grenze überschritten wäre. Stattdessen stützt er sich maßgeblich darauf, dass der Gesetzgeber den – systematisch nicht einschlägigen – § 57 WHG nicht beachtet habe, und macht darüber hinaus unerhebliche Ausführungen zu § 38 WHG (s. oben b) bb) (2).
(3) Der Vortrag des Antragstellers ist ferner insoweit unzureichend, als er die Möglichkeiten eines hoheitlichen Einschreitens durch die Kreisverwaltungsbehörden nach Ende der Geltungsdauer des sog. zweiten Bewirtschaftungsplans (Ende 2021) nicht näher in seine Begründung einbezieht.
Insbesondere kommt ein solches Einschreiten in den Fällen der Gewässer dritter Ordnung in Betracht, weil nach Art. 21 Abs. 2 BayWG (anders als in den Fällen des Absatzes 1) nicht öffentlich-rechtliche Verträge mit den Grundstückseigentümern im Vordergrund der gesetzlichen Regelung stehen. Vielmehr ist in Art. 21 Abs. 2 BayWG als Tatbestandsvoraussetzung nur von der Berücksichtigung privatrechtlicher oder förderrechtlicher Verpflichtungen die Rede. Aber auch in den Fällen des Art. 21 Abs. 1 BayWG (Gewässer erster und zweiter Ordnung) kommt nach dessen Satz 3 ein einseitiges Einschreiten der Kreisverwaltungsbehörde in Betracht. Ein solches Einschreiten durch die Kreisverwaltungsbehörde hängt davon ab, dass die Bewirtschaftungsziele der §§ 27 bis 31 WHG zum Ende des zweiten Bewirtschaftungszeitraums nicht erreicht werden (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 BayWG) oder ihre Erreichung gefährdet ist (Art. 21 Abs. 2 BayWG). Es ist damit im Hinblick auf den Vorrang freiwilliger Maßnahmen ultima ratio, aber jedenfalls nicht ausgeschlossen. In zeitlicher Hinsicht wird diese Option nur hinausgeschoben (bis zum Ablauf des Jahres 2021). Die Begründung des Antragstellers geht auf diese Thematik indes unzureichend ein.
dd) Die Darlegungen des Antragstellers zum Zustand der bayerischen Gewässer zeigen auch nicht auf, dass der Gesetzgeber in schlechterdings unvertretbarer Weise einen Handlungsbedarf für den Erlass wesentlich strengerer Vorschriften verkannt hätte. Zwar kann auch ein Unterlassen des Gesetzgebers Gegenstand einer Popularklage sein. Dies setzt jedoch voraus, dass in substanziierter Weise geltend gemacht wird, der Normgeber sei aufgrund einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet (VerfGH vom 25.2.2013 VerfGHE 66, 6/12 f.; vom 10.6.2013 VerfGHE 66, 61/64, jeweils m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Popularklage nicht gerecht. Es ist weder ersichtlich, welche konkrete Normierung verfassungsrechtlich geboten sein soll, noch reichen Angaben zur Gewässerökologie für die Begründung einer Pflicht des Gesetzgebers zur Normgebung aus.
3. Auf Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV kann die Popularklage ebenfalls nicht gestützt werden.
Diese Verfassungsbestimmungen enthalten Staatszielbestimmungen im Sinn objektiven Verfassungsrechts, nicht aber Grundrechte, auch wenn es sich insoweit um Fundamentalnormen handelt (VerfGH vom 27.9.1995 VerfGHE 48, 119/125 f.; vom 27.7.2011 VerfGHE 64, 113/119). Eine Grundrechtsrüge im Rahmen einer Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG kann damit nicht begründet werden. Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV können in einem Popularklageverfahren vielmehr nur dann als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, wenn aufgrund einer substanziierten Grundrechtsrüge die Popularklage zulässig und dem Verfassungsgerichtshof damit die (Begründet-heits-)Prüfung eröffnet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 6.12.2011 VerfGHE 64, 205/209 f.; vom 28.6.2013 VerfGHE 66, 101/110).
Darüber hinaus können Art. 3 Abs. 2 und/oder Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV im Rahmen einer Grundrechtsrüge nach Art. 118 Abs. 1 BV von Bedeutung sein, wenn die Popularklage beispielsweise gegen einen Bebauungsplan (§§ 8 ff. BauGB) gerichtet ist. Denn insoweit erfordert die bundesrechtliche Verpflichtung des § 1 Abs. 7 BauGB eine Abwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange. Auch Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BV gehören insoweit zum Abwägungsmaterial (vgl. VerfGH vom 31.5.2006 VerfGHE 59, 109/115; vom 3.12.2013 VerfGHE 66, 187/196 f.; BayVBl 2016, 743 Rn. 49).
Art. 72 Abs. 3 GG, der hier maßgeblich ist, hat keine § 1 Abs. 7 BauGB vergleichbare Funktion. Er räumt dem Landesgesetzgeber lediglich eine Gesetzgebungskompetenz ein, die dieser ansonsten nicht hätte. Eine Abwägungsverpflichtung wie § 1 Abs. 7 BauGB enthält Art. 72 Abs. 3 GG nicht.
V.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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