Verwaltungsrecht

Kostenerhebung für von Marktüberwachungsbehörde veranlasste Produktprüfung

Aktenzeichen  22 CE 18.545

Datum:
17.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8638
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ProdSG § 3 Abs. 1, § 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 6, Abs. 4, § 28 Abs. 1 S. 4
BayVwZVG Art. 21, Art. 23, Art. 24, Art. 25, Art. 28

 

Leitsatz

Die Erstattung der Kosten einer durchgeführten Produktprüfung stellt sich rechtlich nicht als Folge einer Untersagungsverfügung nach § 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 ProdSG dar; der Erstattungsanspruch ergibt sich vielmehr aus der eigenständige Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 S. 4 ProdSG. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 E 18.44 2018-02-14 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Änderung der Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. Februar 2018 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 2.250,69 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen die Vollstreckung eines Kostenanspruchs des Beklagten.
Mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken (Gewerbeaufsichtsamt) vom 17. April 2015 wurde die Antragstellerin verpflichtet, Heizgeräte eines bestimmten Typs ab sofort, spätestens “bei Bestandskraft des Bescheides“ solange nicht auf dem Markt bereitzustellen, bis der Nachweis erbracht wurde, dass die in einem Prüfbericht vom 25. Juli 2014 aufgeführten Mängel behoben wurden und von dem Produkt keine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Personen ausgeht (Ziffer 1 des Bescheides). Die Antragstellerin wurde weiter verpflichtet, die Kosten des Verfahrens in Höhe von 5.796,38 Euro zu tragen (Ziffer 2). Dabei wurden eine Gebühr von 1.300 Euro festgesetzt und Auslagen in Höhe von 4.496,38 Euro berücksichtigt.
Die Anordnung der Untersagung der Bereitstellung auf dem Markt wurde auf § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ProdSG gestützt. Das betreffende Heizgerät entspreche aufgrund der festgestellten Mängel nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen des ProdSG, sodass von ihm die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des hochrangigen Rechtsguts von Leben und Gesundheit der Benutzer ausgehe.
Am 22. Mai 2015 erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 17. April 2015 (Az. W 6 K 15.467). In der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2016 schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:
„I. Der Kläger [Antragstellerin im vorliegenden Verfahren] verpflichtet sich, der Regierung von Mittelfranken bis zum 31. Juli 2016 den Nachweis entsprechend der Regelung im Bescheid vom 17. April 2015, dort Nr. 1, zu erbringen.
II. Die Regierung von Mittelfranken sichert zu, aus dem Bescheid vom 17. April 2015 bis zum 31. Juli 2016 keine Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen und Nr. 3 des Bescheides vom 17. April 2015 bei fristgerechtem Nachweis dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Verfahrens nur noch in Höhe von 1.300,00 Euro zu tragen sind.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt ist.
V. Der Vergleich wird wirksam, wenn er nicht vom Beklagten [Antragsgegner im vorliegenden Verfahren] schriftlich bis zum 2. März 2016 widerrufen wird.“
Der Antragsgegner machte vom Widerrufsrecht nach Nr. V. des Vergleichs keinen Gebrauch.
Mit Schreiben vom 21. Juli 2016 teilte die Antragstellerin der Regierung von Mittelfranken mit, dass das streitgegenständliche Produkt nicht mehr hergestellt und verkauft werde. Ein Nachweis für entsprechende Anforderungen nach § 3 Abs. 1 ProdSG i.V.m. § 2 Abs. 1 der 1. ProdSV könne deshalb nicht mehr erbracht bzw. bescheinigt werden.
Die Regierung von Mittelfranken teilte daraufhin der Antragstellerin mit Schreiben vom 10. August 2016 mit, dass die Forderung nach einer Prüfung des Produkts, wie im Bescheid vom 17. April 2015 unter Punkt 1 gefordert, wegen der Einstellung des Vertriebs nicht mehr aufrecht erhalten werde. Mit der Einstellung des Inverkehrbringens werde jedoch der am 24. Februar 2016 geschlossene Vergleich bezüglich der Verfahrenskosten als nicht erfüllt angesehen. Voraussetzung für die Reduzierung der Verfahrenskosten, welche nach § 28 Abs. 1 Satz 4 ProdSG erhoben worden seien, sei die fristgerechte Übermittlung eines externen Prüfgutachtens gewesen, welches von der Antragstellerin hätte in Auftrag gegeben und gezahlt werden sollen. Die Antragstellerin werde daher aufgefordert, die dem Bescheid vom 17. April 2015 beiliegende Kostenrechnung in voller Höhe von 5.796,38 Euro bis zum 7. September 2016 zu begleichen.
Am 10. Januar 2018 erhob die Antragstellerin „Vollstreckungsabwehrklage“ mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 17. April 2015 für unzulässig zu erklären (Az. W 6 K 18.43). Gleichzeitig beantragte sie gemäß § 123 VwGO, die Zwangsvollstreckung aus diesem Bescheid bis zur Entscheidung über die Klage einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, mit ihrer Mitteilung, dass das streitgegenständliche Produkt nicht mehr hergestellt und verkauft werde, habe sich ein Nachweis entsprechend der Regelung im Bescheid vom 17. April 2015 erübrigt. Die Regierung von Mittelfranken sei mit Schreiben der Antragstellerin vom 23. Januar 2017 aufgefordert worden, gegenüber der Staatsoberkasse Landshut einen erteilten Vollstreckungsauftrag zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 habe die Staatsoberkasse Landshut mitgeteilt, dass der Betrag von 4.501,38 Euro zwangsweise eingezogen werde.
Der Antragsgegner entgegnete u.a., die Antragstellerin habe nicht aufforderungsgemäß mitgeteilt, dass sie eine freiwillige Prüfung des streitgegenständlichen Produkts veranlasst hätte. Daraufhin habe der Antragsgegner eine solche Prüfung veranlasst. Im betreffenden Prüfbericht seien diverse Produktmängel festgestellt worden. Mit Rechnung vom 28. Juli 2014 seien dem Antragsgegner für die Prüfung insgesamt 4.467,25 Euro in Rechnung gestellt worden. Im Vergleich vom 24. Februar 2016 sei eine Minderung der Kosten zugestanden worden, wenn die Antragstellerin ein selbst beauftragtes Gutachten vorgelegt hätte, welches die Konformität ihres Produkts mit den Anforderungen des Abschnittes 2 des ProdSG belegt hätte. Dass die Antragstellerin das betroffene Modell durch ein ähnliches mit neuer Produktbezeichnung ersetze und dieses weiterhin ohne Nachweis in Verkehr bringe, sei nicht im Sinne des Vergleichs. Daher werde der Vergleich als nicht erfüllt angesehen. Bei der Auslegung des Vergleichs vom 24. Februar 2016 sei zu berücksichtigen, dass dieser einen Verzicht auf die Erstattung von entstandenen Auslagen bedeute. Da bei der durchgeführten Prüfung ausweislich des Berichts vom 25. Juli 2014 Mängel festgestellt worden seien und das Produkt den Anforderungen nach Abschnitt 2 des ProdSG nicht erfülle, seien u.a. vom Produkthersteller die Prüfkosten gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 ProdSG zu erheben, ohne dass ein Ermessensspielraum bestehe. Ein Wille des Antragsgegners, auf den Erstattungsanspruch auch für den Fall zu verzichten, dass der Nachweis nicht wie vereinbart von der Antragstellerin erbracht werde, könne nicht angenommen werden. Auf diesen Nachweis sei es dem Antragsgegner insbesondere deshalb angekommen, da eine Internetrecherche am 13. April 2015 ergeben habe, dass im Internetshop der Antragstellerin nach wie vor das strittige Produkt angeboten worden sei. In der mündlichen Verhandlung habe sich die Antragstellerin nicht in der Lage gesehen, die Kosten für die Erbringung eines Nachweises zu tragen, wenn sie auch entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 4 ProdSG die Kosten des Prüfberichts hätte begleichen müssen.
Mit Beschluss vom 14. Februar 2018 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin gemäß § 123 VwGO ab. Zweifelhaft erscheine bereits, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sei. Es fehlten Gründe, weshalb es der Antragstellerin unzumutbar sein sollte, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Solche Gründe seien vor dem Hintergrund, dass eventuell zu Unrecht gezahlte oder vollstreckte Geldleistungen wieder zurückgezahlt werden könnten, veranlasst gewesen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie habe mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Anspruch auf (vorläufige) Einstellung der angekündigten Vollstreckung. Die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Vollstreckung des Kostenbescheides (Nr. 3 des Bescheides vom 17. April 2015) lägen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Abänderung des Kostenbescheides gemäß Nr. II des in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2016 geschlossen Vergleichs dergestalt, dass nur noch 1.300 Euro zu zahlen seien. Ausweislich des klaren Wortlauts des Vergleichs sei die dort gegebene Zusicherung des Gewerbeaufsichtsamts, Nr. 3 des Bescheides vom 17. April 2015 abzuändern, daran geknüpft, dass bis zum 31. Juli 2016 der Nachweis gemäß Nr. 1 des Bescheides erbracht werde. Was in dem Fall zu geschehen habe, dass das streitgegenständliche Produkt nicht mehr hergestellt und verkauft werde, womit sich ein Nachweis im Sinne von Nr. 1 des Bescheides erübrige, regle der Vergleich nicht. Der Ansicht der Antragstellerin, die Einstellung von Herstellung und Vertrieb des streitgegenständlichen Produkts erfülle ebenso die Voraussetzungen für die Reduzierung der Verfahrenskosten gemäß Nrn. I und II des Vergleichs bzw. gehe noch darüber hinaus, könne nach Wortlaut und Intention des Vergleichs vor dem Hintergrund der aus den beigezogenen Verfahrensakten erkennbaren Begleitumstände und des Vortrags des Antragsgegners nicht gefolgt werden. In seiner Antragserwiderung habe das Gewerbeaufsichtsamt unwidersprochen und in Übereinstimmung mit dem in der Behördenakte vorliegenden Schriftverkehr dargestellt, dass Ziel von Nr. 1 des Bescheides vom 17. April 2015 wie auch des Vergleichs gewesen sei, sicherzustellen, dass die Antragstellerin zeitnah den Nachweis durch eine geeignete Stelle erbringe, dass die bezüglich des streitgegenständlichen Produkts festgestellten Mängel behoben seien, sodass ein sicheres Produkt auf dem Markt bereitgestellt werde. Intention des Entgegenkommens gegenüber der Antragstellerin sei auch gewesen, dass die Erbringung des Nachweises durch eine geeignete Stelle die Antragstellerin neben den bereits eingeforderten Gebühren und Auslagen mit weiteren „nicht geringen Kosten“ belastet hätte und diese sich in der mündlichen Verhandlung nicht zur Tragung der Kosten in der Lage gesehen habe. Dieses Vorbringen erscheine nachvollziehbar und schlüssig. Hinzu komme, dass eine etwaige Erledigung von Nr. 1 des Bescheides vom 17. April 2015 infolge der Einstellung von Herstellung und Vertrieb des dort genannten Produkts keinen Einfluss auf die festgesetzten Bescheidkosten habe.
Dieser Beschluss wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 19. Februar 2018 zugestellt. Diese legten am 28. Februar 2018 Beschwerde ein. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 19. März 2018 (beim Verwaltungsgerichtshof am selben Tage eingegangen) im Wesentlichen ausgeführt, die Bedingungen des Bescheides vom 17. April 2015 seien erfüllt, nachdem das streitgegenständliche Produkt auf dem Markt nicht mehr zur Verfügung stehe. Der Vorlage eines Prüfgutachtens bedürfe es damit nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. Februar 2016 sei der Vergleich vor dem Hintergrund geschlossen worden, dass der Vorsitzende Richter infrage gestellt habe, ob im Rahmen der Verhältnismäßigkeits- und Ermessensprüfung die Größe der Gefahr berücksichtigt worden sei. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ProdSG seien die Voraussetzungen im Hinblick auf ein ernstes Risiko nicht gegeben gewesen. Der von der Kammer damals vorgeschlagene Vergleich habe die Kosten und die Bereitstellung des Produktes auf dem Markt geregelt. Das Verwaltungsgericht habe eine Kostentragungspflicht der Antragstellerin in Höhe von 1.300 Euro vorgeschlagen. Es könne sehr wohl davon ausgegangen werden, dass im Falle der Aufgabe von Herstellung und Vertrieb des streitgegenständlichen Produktes die Antragstellerin von Prüfkosten, soweit diese einen Betrag von 1.300 Euro übersteigen, freigestellt werden sollte. Das Gericht habe im damaligen Verfahren den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Beitragsermittlung berücksichtigt. Es liege nicht im Risikobereich der Antragstellerin, wenn das Produkt noch vereinzelt im Internet angeboten werde. Es werde weiter darauf hingewiesen, dass das streitgegenständliche Produkt keine Mängel habe und sicher sei. Aus den Feststellungen des vom Gewerbeaufsichtsamt vorgelegten Prüfberichtes würden sich lediglich äußerst minimale Beanstandungen ergeben. Es hätte von Anfang an der Klägerin das Recht eingeräumt werden müssen, selbst ein Gutachten in Auftrag zu geben. Wenn die Antragstellerin ähnliche Produkte auf dem Markt anbiete, so bestehe diesbezüglich keinerlei sachlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit dem Bescheid vom 17. April 2015. Ein Prüfgutachten beziehe sich immer nur auf das konkrete Produkt. Die Erstattungsfähigkeit der im Bescheid festgesetzten Kosten sei völlig fragwürdig und von Anfang an äußerst streitig gewesen. Auch vor diesem Hintergrund sei der Abschluss des Vergleichs mit der Kostenregelung erfolgt. Es sei für die Antragstellerin unzumutbar, dass durch den Antragsgegner Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt würden.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Der Umstand, dass sich der in Nr. 1 des Bescheides vom 17. April 2015 geforderte Nachweis gegebenenfalls zwischenzeitlich erübrigt habe, habe keinen Einfluss auf die bereits angefallenen und in Nr. 3 des Bescheides festgesetzten Kosten. Der Fall, dass die Beschwerdeführerin das streitgegenständliche Produkt nicht (mehr) auf dem Markt anbiete, sei in dem Vergleich vom 24. Februar 2016 nicht explizit geregelt. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe jedenfalls zur Schlussfolgerung, dass sich die Zusicherung des Antragsgegners in Nr. II. des Vergleichs nicht auf diesen Fall beziehe. Das ergebe sich bereits aus der im Wortlaut des Vergleichs angelegten Verknüpfung zwischen dem Erbringen des geforderten Nachweises und den hierfür anfallenden Kosten. Nachdem der in Nr. 3 des Bescheides in Rechnung gestellte Prüfbericht diverse Mängel festgestellt habe, habe die Antragstellerin nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen können, dass der Antragsgegner die Kostenfestsetzung abändern wollen würde, wenn der Nachweis der Produktsicherheit nur deshalb nicht weiter betrieben werde, weil die Antragstellerin das Produkt nicht auf dem Markt bereitstelle. Weshalb der Antragstellerin die Vollstreckungsmaßnahmen unzumutbar sein sollten, werde von ihr nicht substantiiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde zulässig ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO); es ist zweifelhaft, ob die Antragsbegründung der Anforderung, sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), hinreichend gerecht wird.
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Aus den in der Antragsbegründung vom 19. März 2018 dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich nicht, dass der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet wäre.
Es kann dahin stehen, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist. Jedenfalls wird die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurde (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), durch die Darlegungen der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Es spricht derzeit alles dafür, dass deren Einwendung (Art. 21 Satz 1 VwZVG) gegen den zu vollstreckenden Kostenanspruch aus Nr. 3 des Bescheides vom 17. April 2015, dieser sei auf 1.300 Euro zu begrenzen, nicht begründet ist. Entsprechend kann sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beanspruchen, dass die Vollstreckung eingestellt wird (Art. 22 VwZVG).
Der gerichtliche Vergleich vom 24. Februar 2016 sieht den von der Antragstellerin beanspruchten Verzicht auf eine Auslagenerstattung nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. II nur für den Fall vor, dass diese gemäß Nr. I. den Nachweis im Sinne von Nr. 1 des Bescheids vom 17. April 2015 fristgerecht erbringt. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss zudem ausführlich begründet, weshalb eine Zusage des Antragsgegners, auf eine Auslagenerstattung zu verzichten, auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung angenommen werden kann (Beschlussabdruck S. 18 bis 21). Die Antragstellerin hat sich mit dieser Begründung nicht konkret auseinandergesetzt und nicht im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegt, inwieweit diese unzutreffend wäre.
Der gerichtliche Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2016 (Niederschrift S. 2), dass die Voraussetzungen einer Maßnahme nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ProdSG hier möglicherweise nicht vorlagen, war offensichtlich zudem Hintergrund der gerichtlichen Empfehlung, bei einer vergleichsweisen Regelung auch hinsichtlich der Kosten einen Kompromiss zu finden. Dem wurde (auch) dadurch Rechnung getragen, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben wurden (Nr. III. des Vergleichs). Der Verzicht auf die Erhebung der Auslagen nach Nr. II des Vergleichs wurde dagegen nicht schon dafür eingeräumt, dass die Antragstellerin das betreffende Produkt nach Ablauf des 31. Juli 2016 ohne den geforderten Nachweis nicht mehr auf dem Markt bereitstellen darf (Nr. 1 des Bescheides vom 17. April 2015 i.V.m. Nrn. I. und II. des Vergleichs vom 24. Februar 2016). Gleichermaßen wurden Kosten nach Nr. 3 des Bescheides vom 17. April 2015 nicht bereits im Hinblick auf die strittige Erstattungsfähigkeit der Kosten des Prüfgutachtens ermäßigt; ansonsten wäre nicht einsichtig, weshalb diese Ermäßigung zusätzlich von der Vorlage eines Nachweises abhängig gemacht wurde. Vor diesem Hintergrund fehlt es nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien des gerichtlichen Vergleichs (§ 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB) ohne die Erbringung des Nachweises nach Nr. I. des Vergleichs an einer konkreten kostenträchtigen Leistung der Antragstellerin, die im Gegenzug nach dessen Nr. II den Verzicht auf eine Auslagenerstattung hätte rechtfertigen können.
Gegen eine voraussetzungslose Kostenermäßigung hätte auch gesprochen, dass sich die Erstattung der Kosten der durchgeführten Produktprüfung rechtlich nicht als Folge der Untersagungsverfügung nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ProdSG darstellt. Der Erstattungsanspruch wurde vielmehr auf die eigenständige Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 4 ProdSG mit gesonderten Tatbestandsvoraussetzungen gestützt. Der richterliche Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2016 bezog sich ausdrücklich auf die Maßnahme nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ProdSG, nicht dagegen auf die Erstattung der Gutachtenkosten nach § 28 Abs. 1 Satz 4 ProdSG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Da durch die von der Antragstellerin beantragte einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Hauptsache nicht vorweggenommen würde, erscheint eine Halbierung des für die Hauptsache anzusetzenden Streitwerts angemessen (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013), wobei in die Hauptsache auch die mittlerweile angefallene Mahngebühr einbezogen werden kann.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben