Verwaltungsrecht

Kürzung des Ruhegehalts wegen verschiedener Dienstpflichtverletzungen eines Kämmerers

Aktenzeichen  16a DZ 19.2003

Datum:
8.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4340
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 12
BeamtStG § 34 S. 1, S. 2, S. 3, § 35 Abs. 1 S. 1
BayKommHV-Kameralistik § 38 Abs. 1, Abs. 2
BayBG Art. 95 Abs. 1 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1.  Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes ist in besonderem Maße dann beeinträchtigt, wenn ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit, in der er von seinem Dienstherrn alimentiert wird, einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht  (Rn. 5). (redaktioneller Leitsatz)
2.  Es versteht sich von selbst, dass zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Dienstes das Vorhandensein von Alturlaubstagen nicht den Antritt von Gleitzeittagen ohne vorherige Genehmigung rechtfertigt (Rn. 18). (redaktioneller Leitsatz)
3.  Der Beamte ist zur Befolgung der Anordnungen seines Vorgesetzten verpflichtet, sofern diese im Anwendungs- und Aufgabenbereich der dienstlichen Weisungsbefugnis liegen und die grundrechtlich geschützte Sphäre des Beamten nicht verletzen (Rn. 21). (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens, dass der Beamte, der während der Krankschreibung Nebentätigkeiten ausübt, unabhängig von deren Öffentlichkeitswirksamkeit gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz verstößt, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern  (Rn. 28). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 19L DB 18.3451 2019-07-29 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 (grundsätzliche Bedeutung) und des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) – jeweils in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 BayDG – gestützt ist, bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger war bis zu seiner vorzeitigen Ruhestandsversetzung (1.7.2012) bei der Stadt M. als Kämmerer eingesetzt und bezieht Ruhestandsbezüge aus der Besoldungsgruppe A 13. Das Verwaltungsgericht hat auf seine Klage die Disziplinarverfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 16. Juli 2014 dahingehend abgeändert, dass die Ruhegehaltsbezüge des Klägers für die Dauer von sechs Monaten (statt der behördlich festgesetzten zwei Jahre) in Höhe von 1/10 gekürzt werden. Hintergrund der strittigen Disziplinarverfügung sind im Wesentlichen die Vorwürfe, der Kläger habe den ersten Bürgermeister bei dessen Amtsantritt über seine beratende Nebentätigkeit (Beratung von Kommunen bei der Gründung von Kommunalunternehmen) unzureichend informiert und seine genehmigte Vortragstätigkeit an der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS) trotz Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung an 16 Tagen innerhalb eines Zeitraums von fünf Monaten ausgeübt (1.1), als Kämmerer fünf Zahlungen in Höhe von insgesamt 420.000 Euro an die zwischenzeitlich insolvente M. Bioenergie GmbH unter Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften (unter Überschreitung seiner Anordnungsbefugnis, ohne Unterschrift des ersten Bürgermeisters und ohne Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit) angeordnet (1.2), als Finanzvorstand des Stadtunternehmens M. (im Folgenden Stadtunternehmen) für drei Jahre die Geltendmachung des Defizitausgleichs zum Betrieb des Freibads in Höhe von 475.000 Euro unterlassen (1.3), einen Darlehensvertrag über 1,2 Mio. Euro zwischen Stadt und dem oben genannten Stadtunternehmen ohne zeitnahe Gremienbeschlüsse abgeschlossen (1.4), zwei Gleittage ohne vorherige Genehmigung angetreten (1.5), für einen Seminarbesuch Dienstzeit unrichtig abgerechnet (1.6), unberechtigte Zeitgutschriften für zwei Stadtratssitzungen im Umfang von einer Stunde vorgenommen (1.7) und einen Parkplatz entgegen einer dienstlichen Weisung an acht Tagen weiter genutzt (1.8).
1.1 Das Verwaltungsgericht sieht zu Recht den Vorwurf als erwiesen an, der Kläger habe den ersten Bürgermeister bei dessen Amtsantritt nicht vollumfänglich über seine beratende Nebentätigkeit (Inhalt, zeitlicher Umfang sowie Verdiensthöhe) informiert und damit gegen die Bayerische Nebentätigkeitsverordnung und die Beratungspflicht (§ 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) verstoßen zu haben. Der Kläger durfte nicht davon ausgehen, dass dem ersten Bürgermeister bei einer ordnungsgemäßen Amtsübergabe durch dessen Vorgänger die Nebentätigkeit des Klägers bekannt geworden wäre oder diese ihm hätte bekannt sein müssen. Dem Kläger war bewusst, dass seine Nebentätigkeitserlaubnis durch den ehemaligen ersten Bürgermeister nur mündlich und insbesondere ohne Kenntnis über die Höhe des Verdiensts aus der Nebentätigkeit erteilt worden war. Bereits damals kam der Kläger seiner Anzeigepflicht gegenüber seinem Dienstvorgesetzten nicht vollständig nach, da er ihm die für die Prüfung der Ablieferungspflicht (§ 10 BayNV) notwendigen Informationen über die Höhe seines Verdienstes vorenthielt. Daher kann er sich nicht darauf berufen, er hätte mit seiner damaligen mündlichen Anzeige seinen insoweit bestehenden dienstlichen Pflichten Genüge getan. Der Kläger hatte zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass sein neuer Dienstvorgesetzter über seine Nebentätigkeit vollständig informiert sein könnte, zumal – wie er wusste – keine schriftlichen Unterlagen über Antrag und Genehmigung seiner Nebentätigkeit existierten. In Folge dieser offenkundigen Unvollständigkeit der klägerischen Angaben und der bestehenden Zweifel an einer vollumfassenden Kenntnis des damals neugewählten Ersten Bürgermeisters, oblag es dem Kläger, die Nebentätigkeit seinem neuen Dienstvorgesetzten anzuzeigen. Angesichts der dargestellten Pflichtenverteilung kann er sich nicht darauf berufen, der Erste Bürgermeister habe ihn nicht nach einer Nebentätigkeit gefragt.
Soweit der Kläger in Abrede stellt, gegen seine Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz nach § 34 Satz 1 BeamtStG und gegen das Gebot zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen zu haben, indem er an 16 Tagen eine Vortragstätigkeit während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst ausübte, dringt er nicht durch. Denn das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes ist in besonderem Maße dann beeinträchtigt, wenn ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit, in der er von seinem Dienstherrn alimentiert wird, einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht. Denn damit zeigt er nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1999 – 1 D 49.97 – juris Rn. 58; BayVGH, B.v. 15.5.2020 – 3 ZB 20.863 – juris Rn. 5; OVG NW, U.v. 23.10.2019 – 3d A 3489/18.O – juris Rn. 216) regelmäßig ein Verhalten, das auf Unverständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Gerade durch die Alimentierung auch während der Dienstunfähigkeit wird sichergestellt, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Wenn der Beamte ohne zwingende Notwendigkeit aus Eigennutz einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt er den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist, dass er also seine Dienstbezüge erhält, ohne zugleich seine wiederhergestellte Arbeitskraft seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen. Die klägerische Auffassung, die Öffentlichkeitswirksamkeit der Nebentätigkeit sei für die Rechtslage nicht bedeutsam, ist unzutreffend (vgl. dazu bereits BayVGH, B.v. 27.4.2020 – 3 CS 20.535 – juris Rn. 6). Dass mit seinem Verhalten ein Ansehensverlust des öffentlichen Dienstes verbunden war, steht außer Frage und kann nicht mit dem Hinweis darauf angezweifelt werden, dass der ehemalige Bürgermeister die Vortragstätigkeit – im dienstfähigen Zustand – als positiv für das Bild der Stadt M. erachtet habe. Vor diesem Hintergrund kann auf sich beruhen, ob der Kläger mit seiner Nebentätigkeit zusätzlich seine aus § 34 Satz 1 BeamtStG abzuleitende Pflicht zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit verletzt hat. Der mildernd berücksichtigte (UA Rn. 54) klägerische Einwand, die Vortragstätigkeit habe der Genesung des Klägers gedient (vgl. Bescheinigung PD Dr. M. v. 21.5.2012 und 20.3.2014; Disziplinarakte S. 950 ff., 1533) stellt damit den festgestellten Pflichtenverstoß (§ 34 Satz 3 BeamtStG) nicht infrage.
1.2 Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger in den Jahren 2003 und zwischen 2006 bis 2009 durch (alleinige Unterzeichnung von Auszahlungsanordnungen in Höhe von insgesamt 420.000 Euro (Disziplinarakte S. 185 ff.) an die M. Bioenergie GmbH unter Überschreitung seiner Anordnungsbefugnis für Ausgaben bis zu 25.000 Euro gegen haushaltsrechtliche Vorschriften verstoßen hat (§ 38 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KommHV-Kameralistik i.V.m. Nr. 2.1.2 der Dienstanweisung der Stadt M. für das Finanzund Kassenwesen v. 24.7.2003). Auf den Anordnungen fehle die Bescheinigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit (§ 41 Abs. 1 Satz 1 KommHV-Kameralistik), wobei nach § 38 Abs. 2 Satz 3 KommHV-Kameralistik Feststellung und Anordnungsbefugnis getrennt sein sollen. Außerdem habe der Kläger die Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH als sog. „Kassenbestandsverstärkungen“ und nicht als Darlehen mit den erforderlichen schriftlichen Verträgen abgewickelt. Der Verlauf der Inanspruchnahme und Tilgung der Mittel an die M. Bioenergie GmbH lasse den Schluss zu, dass es sich bei den sog. „Kassenbestandsverstärkungen“ nicht um die vorübergehende Bereitstellung von Zahlungsmitteln gehandelt habe, sondern um längerfristige Darlehen, die die finanzielle Handlungsfähigkeit der M. Bioenergie GmbH sicherstellen sollten. Eine Tilgung der Darlehen sei weder vereinbart noch bei der Finanzlage der M. Bioenergie GmbH möglich gewesen. Die sog. „Kassenbestandsverstärkungen“ für die M. Bioenergie GmbH seien im Sachbuch für Vorschüsse und Verwahrgelder (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 2 KommHV-Kammeralistik) auf der Haushaltsstelle 2.599.4001 „Sonstige durchlaufende Gelder (Sammelabwicklung)“ gebucht worden. Durchlaufende Gelder seien jedoch Beträge, die für einen Dritten lediglich vereinnahmt oder verausgabt werden (§ 87 Nr. 10 KommHV-Kammeralistik). Die getätigten Buchungen seien daher unrichtig und entsprechend dem Hinweis des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 30. Mai 2011 (Bericht über die Sonderprüfung der sog. „Kassenbestandsverstärkungen“ und Betätigung der Stadt M. bei der M. Bioenergie GmbH; Beiakte 2 S. 6 ff.) „insofern besonders kritisch [gewesen], da dieser Bereich neben dem Haushalt abgewickelt und daher vom Nachweis in der Jahresrechnung nicht erfasst“ worden sei. Die gesamte Abwicklung der Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH werde durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband moniert. Durch dieses Verhalten habe der Kläger gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und die Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) verstoßen. Außerdem habe er gegen § 9 Abs. 1 Buchst. b der Geschäftsordnung der Stadt vom 24. Juli 2002, gegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c der Geschäftsordnung der Stadt vom 22. Juli 2009, gegen Ziffern 2 und 3 der Dienstanweisung der Stadt für das Finanz- und Kassenwesen vom 24. Juli 2003 und haushaltsrechtliche Vorschriften verstoßen.
Der klägerische Einwand, ihm könne die unterlassene Einholung der zweiten Unterschrift des Bürgermeisters nicht vorgeworfen werden, weil das Kassenpersonal für die Ordnungsgemäßheit aller Unterschriften auf den Auszahlungsanordnungen zuständig gewesen sei und es keine klaren Regelungen der Arbeitsabläufe in der Finanzverwaltung gegeben habe, verfängt nicht. Denn der Kläger hätte als Kämmerer und Vorgesetzter des Kassenpersonals für die Einholung sämtlicher Unterschriften vor der Auszahlung der Beträge Sorge tragen müssen. Dies gilt unter besonderer Berücksichtigung der Höhe der über einen beträchtlichen Zeitraum geleisteten Zahlungen. Zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 20) lässt sich der Kläger nicht substantiiert ein. Der Kassenleiter gab im Rahmen seiner Vernehmung an, ein Unbehagen bei den Auszahlungsanordnungen gehabt und dieses schließlich gegenüber dem Bürgermeister artikuliert zu haben, der daraufhin die Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH eingestellt habe. Er habe die Auszahlungen jedoch geleistet, weil der Kläger ihm klargemacht habe, dass die M. Bioenergie GmbH Geld brauche (Aussage v. 17.10.2012; Strafakte S. 165; Sitzungsprotokoll v. 29.7.2019 S. 14). Auch der stellvertretende Kassenleiter bestätigte (Vernehmung v. 29.8.2012; Strafakte S. 221), dass die Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH hauptsächlich von dem Kläger abgerechnet worden seien, der sich immer auf die „Stadtratsabsichtserklärung“ aus dem Jahr 2002 berufen habe.
Die Einstellung des insoweit gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahrens steht einer Dienstpflichtverletzung nicht entgegen, da auch die nicht strafbewehrten Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften disziplinarisch geahndet werden können. Die insoweit angestrengte Schadensersatzklage der Stadt gegen den Kläger wurde auch nicht etwa, wie der Kläger meint, mangels schuldhaften Pflichtenverstoßes abgewiesen; vielmehr wurde die Frage, ob dem Beklagten ein schuldhafter Verstoß gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten vorgeworfen werden kann, ausdrücklich offengelassen (vgl. VG München, U.v. 24.4.2018 – M 5 K 15.977 – juris Rn. 20) und der Schadensersatzanspruch (nur) deshalb abgelehnt, weil die Stadt durch das Verhalten ihrer Organe (Stadtratsbeschlüsse) den Schaden wesentlich mit herbeigeführt hat. Mit der Unterzeichnung der Auszahlungsanordnung durch den Kläger wurde nicht etwa deren sachlich und rechnerische Richtigkeit bescheinigt, da das hierfür eigens vorgesehene Unterschriftenfeld eines weiteren Unterzeichners leer blieb (vgl. Bericht des BKPV v. 30.5.2011, S. 10).
Soweit der Kläger wiederholend in Abrede stellt, dass die Zahlungen als Darlehen und nicht als Kassenbestandsverstärkungen hätten abgewickelt werden müssen, dringt er nicht durch. Die auf den Bericht des BKPV (v. 30.5.2011 unter 6.4, S. 9) gestützten Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Verlauf der Inanspruchnahme und der Tilgung der Mittel den Schluss zulasse, dass es sich bei den „Kassenbestandsverstärkungen“ nicht um eine vorübergehende Bereitstellung von Zahlungsmittel handele, sondern um längerfristige Darlehen, die die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen sollten und größtenteils die Umschuldung der Kredite von den Banken auf die Stadt bewirkten, vermag der Kläger durch den Wortlaut des Stadtratsbeschlusses vom 10. Dezember 2002 nicht ernsthaft infrage zu stellen. Maßgeblich für die Beurteilung ist die tatsächliche Abwicklung der Zahlungen über viele Jahre hinweg und nicht die Bezeichnung eines – Jahre zuvor getroffenen – Stadtratsbeschlusses, der als reine Absichtserklärung (ohne Nennung eines konkreten Betrags) keine ausreichende Grundlage für die umfangreichen Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH darstellte. Dies musste dem Kläger aufgrund seiner Fachkenntnisse bewusst sein (vgl. UA S. 20), auch wenn ein allgemeiner Konsens zwischen dem Kläger und dem damaligen Bürgermeister bestanden haben mag, der Stadtratsbeschluss sei eine ausreichende Grundlage für den Defizitausgleich bei der M. Bioenergie GmbH gewesen (VG München, U.v. 24.4.2018 – M 5 K 15.977 – juris Rn. 22). Darüber hinaus deuten auch seine Einlassungen in der Zulassungsbegründung, wonach die Stadt „zu diesem Zeitpunkt bereits ‚pleite‘ war“ und mithin Darlehensverträge zwischen Stadt und M. Bioenergie GmbH „ausdrücklich nicht gewollt“ gewesen seien, darauf hin, dass ihm die an sich notwendige Abwicklung der Zahlungen an die M. Bioenergie GmbH über Darlehensverträge durchaus bewusst gewesen sein könnte.
1.3 Das Verwaltungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Finanzvorstand des Stadtunternehmens seine dienstlichen Pflichten (§ 34 Satz 1 und 3 BeamtStG) vernachlässigt hat, indem er es unterließ, für das Stadtunternehmen in den Jahren 2005 bis 2007 den Defizitausgleich für das Freibad in Höhe von insgesamt 475.000 Euro gegenüber der Stadt geltend zu machen.
Der Kläger wendet im Wesentlichen ein, nicht er, sondern der Geschäftsstellenleiter des Stadtunternehmens sei für den Defizitausgleich zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus dessen Einlassung in der mündlichen Verhandlung, für grundsätzliche und höherwertige Angelegenheiten sei der Vorstand zuständig gewesen, er „habe insoweit nur die Rechnung geschrieben“. „Rechnung schreiben“ bedeute insoweit nichts anderes, als die Forderung gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Mit der Erarbeitung eines Vorschlags für den Defizitausgleich ab 2005, den er in den zuständigen Gremien vorgestellt und für den er die satzungsmäßigen Änderungen veranlasst habe (Disziplinarakte S. 1024), sei der Kläger seiner Pflicht zur Erledigung seiner „höherwertigen“ Angelegenheiten als Vorstand längst nachgekommen.
Ernstliche Zweifel legt der Kläger damit nicht dar. Der Aussage des Geschäftsstellenleiters in der mündlichen Verhandlung lässt sich eine auf ihn übergegangene Zuständigkeit für den Defizitausgleich nicht entnehmen. Seine Ausführungen lassen vielmehr allein den Schluss zu, der Geschäftsstellenleiter habe hinsichtlich des Defizitausgleichs lediglich auf Veranlassung des Klägers gehandelt und diesen nur auf Zuruf des Finanzvorstands der Stadt „formal“ in Rechnung gestellt. Unmissverständlich brachte er im Rahmen seiner Aussage zum Ausdruck, dass „die Weisung zur Geltendmachung des Defizitausgleichs hätte vom Vorstand kommen müssen“, er selbst sei jedoch nur „für die laufenden Angelegenheiten zuständig, z.B. Zahlung wiederkehrender Rechnungen“ gewesen. „Der Defizitausgleich für das Freibad stellte so eine [grundsätzliche oder höherwertige] Angelegenheit dar, für diese war der Vorstand zuständig“ (Sitzungsprotokoll S. 16). Ein Übergang der Sachbearbeitung hinsichtlich der Geltendmachung des Defizitausgleichs vom Finanzvorstand auf den Leiter der Geschäftsstelle ist weder dokumentiert noch anderweitig bestätigt. Aufgrund der auch in den Jahren zuvor praktizierten Verfahrensweise und angesichts der nicht unerheblichen Summen liegt dies auch nicht nahe. Wenig überzeugend führte der Kläger zudem die angebliche (neue) Zuständigkeit des Geschäftsstellenleiters erst in seiner abschließenden Anhörung an, obwohl bereits im Rahmen der Beweisaufnahme (5.11.2012) und seinen bisherigen Einlassungen Gelegenheit hierzu bestanden hätte. Einen Grund für dieses verspätete Vorbringen wurde nicht dargelegt. Ungeachtet dessen, hätte der Kläger das vermeintliche Versäumnis des Geschäftsstellenleiters bemerken und korrigieren müssen. Schließlich musste ihm als Kämmerer der fehlende Vollzug der hierfür eingestellten Haushaltsansätze bewusst gewesen sein.
1.4 Nach zutreffender Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger darüber hinaus unter Überschreitung seiner Kompetenzen den Darlehensvertrag zwischen Stadtunternehmen und Stadt vom 27. April 2011 in Höhe von 1,2 Mio. Euro geschlossen (vgl. A. Abschnitt 1 Nr. 7 der Geschäft- und Vergütungsordnung v. 24.7.2003 und § 7 Abs. 2 Buchst. a der Unternehmenssatzung v. 27.10.1999, zuletzt geändert am 28.8.2008) und damit gegen seine Dienstpflichten verstoßen (§ 34 Satz 1 und 3 BeamtStG). Auf Seiten des Stadtunternehmens habe er den Vertrag als Finanzvorstand ohne die vorherige Einholung der erforderlichen Beschlüsse des Verwaltungsrates des Stadtunternehmens geschlossen. Gleichzeitig habe er als Kämmerer die im Amt befindliche zweite Bürgermeisterin dazu veranlasst, den Darlehensvertrag ohne vorherige Einholung des erforderlichen Stadtratsbeschlusses zu unterzeichnen, obwohl ihm die Kompetenzüberschreitung hätte bewusst sein müssen. Selbst wenn der erste Bürgermeister mit der Ausreichung des Darlehens grundsätzlich einverstanden gewesen sei und eine allgemeine Absprache hierzu mit dem Kläger existiert habe, hätten die zuständigen Gremien zwingend so zeitnah wie möglich eingeschaltet werden müssen.
Mit seiner Rüge, die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, eine anderslautende Weisung des ersten Bürgermeisters existiere nicht, kann der Kläger die Richtigkeit der Entscheidung ebenfalls nicht in Frage stellen. Denn der erste Bürgermeister hat zeitnah zu den Geschehnissen am 23. November 2012 mitgeteilt, dass die vom Kläger geschilderte Vorgehensweise (lediglich eine nachträgliche Information und Beschlussfassung in den Gremien anstelle einer sofortigen Beschlussfassung) nicht vereinbart worden sei (Disziplinarakte S. 1215 ff.). Wenn er sich nun nach weiteren sechs Jahren in der mündlichen Verhandlung nicht mehr an alle Details zu erinnern vermochte, führt dies nicht dazu, dass der Grundsatz der Beweiswürdigung vom Verwaltungsgericht verletzt worden wäre. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, sie muss also insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein solcher Verstoß wurde von Seiten des Klägers nicht aufgezeigt.
Entgegen der mit Schriftsatz vom 8. Januar 2020 außerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erhobenen Rüge, lassen sich dem Sitzungsprotokoll keine unbedingten Beweisanträge entnehmen, insbesondere nicht dahingehend, den dienstlichen Kalender des Ersten Bürgermeisters einzusehen, weil in diesem die Besprechung, in der er dem Kläger die Weisung zum Abschluss des Darlehensvertrags ohne Beteiligung der zuständigen Gremien erteilt habe, mutmaßlich vermerkt sei. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht sei diesen nicht nachgegangen, geht damit ins Leere. Das Zulassungsverfahren dient nicht dazu, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat. Dass ein Beweisantrag – wie vorliegend – nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (stRspr vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 – 6 B 47.10 – juris Rn. 12). Dies zeigt das Zulassungsvorbringen schon vor dem Hintergrund der fehlenden Entscheidungserheblichkeit – der Kalender selbst sagt nichts über den Inhalt eines darin eventuell vermerkten Gesprächs aus – nicht auf.
1.5 Das Verwaltungsgericht sah auch den Vorwurf als berechtigt an, der Kläger sei am 23. und 24. März 2011 ohne Genehmigung dem Dienst ferngeblieben (Art. 95 Abs. 1 Satz 1 BayBG, § 34 Satz 1 BeamtStG). Zu der Sitzung der Stadtratsarbeitsgruppe „Zukunft M.“ am 24. März 2011, sei der Kläger schriftlich am 16. März 2011 eingeladen worden. Der erste Bürgermeister habe in seinem Schreiben vom 17. August 2011 (Disziplinarakte S. 149) angegeben und in der mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2019 bestätigt, nach seinem Amtsantritt im Mai 2008 eine allgemeine Weisung an die Abteilungsleiter erteilt zu haben, an den Sitzungen der Arbeitsgruppe teilzunehmen oder in Absprache mit ihm einen Stellvertreter zu entsenden. Durch sein Fernbleiben habe der Kläger dieser Weisung zuwidergehandelt. Zudem sei er an diesen beiden Tagen nicht zum Dienst erschienen, obwohl sein Gleitzeitantrag (v. 22.3.2011 15:42 Uhr) nicht genehmigt worden sei. Die ablehnende Entscheidung über den Antrag habe den Kläger nicht mehr erreichen könne, weil er das Rathaus am 22. März 2011 bereits um 16.00 Uhr verlassen habe.
Der Kläger meint, der erste Bürgermeister habe erst auf Vorhalt der Landesanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2019 seine Angaben im Schreiben vom 17. August 2011 bestätigt, obwohl er zuvor abweichend hiervon angegeben habe, ihm sei nicht bekannt, „dass eine konkrete Aufforderung an einen Abteilungsleiter zur Teilnahme ergangen wäre“; „eine entsprechende Weisung“ habe er „nicht erteilt“ (Sitzungsprotokoll S. 9, VG-Akte S. 98). Soweit sich der Kläger zur Begründung der geltend gemachten ernstlichen Zweifel auch hinsichtlich dieses Gesichtspunktes in der Sache gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, gilt das unter 1.4 Gesagte. Auch insoweit liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vor, denn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind augenscheinlich nicht unzutreffend oder wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (BayVGH, B.v. 24.4.2015 – 15 ZB 13.1167 – juris Rn. 19). Dass im vorliegenden Fall einer der unter 1.4 genannten Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung zugrunde liegt, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die behaupteten Widersprüche in der Zeugenaussage liegen nicht vor. Aus dem Aussagezusammenhang wird deutlich, dass es nach Ansicht des ersten Bürgermeisters die geübte Verwaltungspraxis gab, dass die Abteilungsleiter an der Sitzung der Arbeitsgruppe teilnehmen, so dass es keiner „konkreten Aufforderung“ zur Sitzungsteilnahme bedurfte. Die Bezugnahme zur Aussage: „Eine entsprechende Weisung habe ich nicht erteilt“ (Sitzungsprotokoll S. 9) in der Zulassungsbegründung ist sinnentstellend und irreführend. Denn sie bezog sich schon nicht auf die Sitzung der Stadtratsarbeitsgruppe, sondern auf die erwartete Anwesenheit des Klägers in der Bürgerversammlung 2011.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei eine vorherige Information des ersten Bürgermeisters über die Absicht, die Gleittage zu nehmen, ebenso wenig erwiesen, wie die behauptete gängige Praxis, Gleit- oder Urlaubstage in der Regel und problemlos im Nachhinein zu genehmigen. Auch unter Berücksichtigung des Schreibens der Stadt vom 3. November 2011 (Disziplinarakte S. 534) führte der erste Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung an (Sitzungsprotokoll S. 10, VG-Akte S. 99), er könne nur wiederholen, dass die übliche Praxis in der Stadt nicht dahin gegangen sei, Gleitzeitanträge im Nachhinein zu genehmigen. Mit seiner erneuten Bezugnahme auf das eben erwähnte Schreiben der Stadt und seinen Hinweis, er habe auf Anweisung des Bürgermeisters jedes Jahr zusätzlich 25 Alturlaubstage abbauen müssen, vermag es der Kläger nicht, einen der vorgenannten Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung substantiiert aufzuzeigen. Es versteht sich von selbst, dass zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Dienstes das Vorhandensein von Alturlaubstagen nicht den Antritt von Gleitzeittagen ohne vorherige Genehmigung rechtfertigt. Zutreffend stellte das Verwaltungsgericht ferner fest (UA S. 30), dass die mit Schreiben des ersten Bürgermeisters am 25. März 2011 erteilte Rüge (Disziplinarakte S. 52), die weder eine Disziplinarmaßnahme (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDG) noch streitgegenständlich ist, die Berücksichtigung des Verhaltens als Dienstpflichtverletzung nicht hindere, so dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob vor Erteilung der Rüge die Schwerbehindertenvertretung hätte beteiligt werden müssen.
1.6 Das Verwaltungsgericht sieht weiter die unrichtige Buchung von drei vollen Arbeitstagen für die Teilnahme an einem Seminar vom 19. Juli (Beginn 13.30 Uhr, Anreise laut Kläger ab 10.00 Uhr) bis 21. Juli 2010 (Ende: 12.00 Uhr) als eine Dienstpflichtverletzung an. Laut Disziplinarverfügung vom 16. Juli 2014 sei der Kläger erst im Oktober 2010 – nach Bekanntwerden seiner am 21. Juli 2010 um 14.00 Uhr beginnenden Tätigkeit als nebenamtlicher Dozent – bereit gewesen, eine Änderung der Zeiterfassung zu veranlassen. Mit seinem bereits im verwaltungsgerichtlichem Verfahren vorgetragenem Einwand, den städtischen Bediensteten seien für mehrtägige Seminare immer volle Arbeitstage angerechnet worden, vermag der Kläger keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen. Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung in diesem Punkt auf die Aussage des ersten Bürgermeisters, in der Vergangenheit seien nur deshalb (wohl unberechtigt) drei Arbeitstage abgerechnet worden, weil der Kläger seinen Reisekostenabrechungen keine Seminarzeiten beigefügt habe. Mit seinem Vortrag gelingt es dem Kläger wiederum nicht, die richterliche Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach den oben dargestellten Maßgaben erfolgreich anzugreifen. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe unter Berücksichtigung des nach Fortbildungsende stattfindenden Erfahrungsaustausches und Abreisezeiten unberechtigt eine unrichtige Zeitbuchung in einem Umfang von „nahezu einem Arbeitstag“ unterstellt; dabei versäumt er es – ungeachtet der weiten Auslegungsmöglichkeit des Begriffs „nahezu“ – darzulegen, inwieweit dieser Umstand für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich gewesen sein soll, da der Einwand an dem erfolgten Pflichtenverstoßes nichts zu ändern vermag.
1.7 Die unberechtigten Zeitgutschriften für die Sitzungen des Stadtrats am 26. Oktober (ausgefallen) und 13. Dezember 2010 (Abwesenheit des Klägers), stellt der Kläger auch in der Zulassungsbegründung nicht in Abrede (Verstoß gegen die Dienstpflichten aus § 34 Satz 1 und 2 BeamtStG). Mit seiner Rüge, ein zweimaliges Versehen bei seinen Eintragungen auf den Korrekturbelegen könne vor dem Hintergrund der damals herrschenden außerordentlichen Arbeits- und Belastungssituation nicht als grob fahrlässiger Pflichtenverstoß angesehen werden, verkennt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht bei Festlegung seines Verschuldensmaßstabs (grob fahrlässig) nicht auf die Häufigkeit der Verstöße abgestellt hat, sondern darauf, dass ihm sein Versehen bei nochmaliger Prüfung hätte auffallen müssen. Durch das Ausfüllen der Korrekturbelege „auf Vorrat“ und ihre Einreichung ohne nochmalige Prüfung habe er nicht geleistete Arbeitszeit abgerechnet, deren ordnungsgemäße Erfassung jedoch zu den Kernpflichten eines Beamten gehöre.
1.8 Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vermag der Kläger auch nicht insoweit mit Erfolg geltend zu machen, als er beanstandet, das Verwaltungsgericht habe bei der Feststellung des in der Weiternutzung des Parkplatzes im Innenhof des Rathauses entgegen der dienstlichen Weisung des ersten Bürgermeisters (v. 19.7./18. und 29.8./12.9.2011) liegenden Gehorsamsverstoßes (§ 35 Abs. 2 BeamtStG) seine Schwerbehinderung nicht berücksichtigt. Als Schwerbehinderter sei er berechtigt gewesen, sich so lange der vom Dienstherrn getroffenen Maßnahme zu widersetzen, wie die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß angehört wurde. Zutreffend führt das Verwaltungsgericht aus (UA S. 36), dass die Weisungsgebundenheit selbst bei objektiv rechtswidrigen Weisungen bestehe, weil sonst ein effektives Arbeiten der Verwaltung nicht möglich und die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernsthaft gefährdet wäre. Der Beamte ist daher zur Befolgung der Anordnungen seines Vorgesetzten verpflichtet, sofern diese im Anwendungs- und Aufgabenbereich der dienstlichen Weisungsbefugnis liegen und die grundrechtlich geschützte Sphäre des Beamten nicht verletzen (stRspr, BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 C 24.13 – juris Rn. 31, 40 m.w.N.). Das ist hier durch die erst nachträgliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht der Fall. Laut Disziplinarverfügung (S. 59) sei die Zuweisung des Parkplatzes unmittelbar vor dem Rathaus sogar bei der Schwerbehindertenvertretung auf Vorbehalte gestoßen, da der Kläger keine Gehbehinderung habe. Im Hinblick auf den dem Kläger zugewiesenen allgemeinen Mitarbeiterparkplatz in ca. 90 m Entfernung vom Rathaus ist eine evident rechtsmissbräuchliche Weisung nicht erkennbar. Selbst unterstellt, dass ein täglicher Aktentransport von dem entfernteren Parkplatz für den Kläger angesichts seiner Schwerbehinderung (GdB von 60) unzumutbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, dass dem Beamten eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben nicht durch organisatorische Maßnahmen (z.B. Hol- und Bringdienst von umfangreichen Akten) hätte möglich gemacht werden können.
1.9 Der Kläger meint weiter (Zulassungsbegründung unter III.), dass es sich hinsichtlich der ihm als Finanzvorstand des Stadtunternehmens angelasteten Verfehlungen nicht um innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt habe. Mit Blick auf seine Funktion als Kämmerer hätten in einigen Belangen geradezu entgegengesetzte Interessen vorgelegen. Die Formulierung der Bestellungsbeschlüsse (v. 13.2.1996/16.11.1999 – Disziplinarakte S. 212 und Beiakte 2 S. 56) zeigten gerade die Trennung der Funktionen. Für eine außerdienstliche Tätigkeit spreche sowohl das Zugeständnis, die Aufgaben während der Dienstzeit wahrzunehmen, als auch die Übernahme der anteiligen Personalkosten durch das Stadtunternehmen. Damit dringt er jedoch nicht durch.
Die Frage, wann ein pflichtwidriges Verhalten als innerdienstliches oder als außerdienstliches Dienstvergehen anzusehen ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2018 – 2 B 5.18 – juris Rn. 21; Weiß GKÖD Band II, Stand Juli 2020, J 090). Die erforderliche Abgrenzung ist nicht bloß anhand einer formellen Dienstbezogenheit (zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang), sondern in erster Linie materiell danach vorzunehmen, wieweit sich das Fehlverhalten auf den Amtsbereich des Beamten ausgewirkt hat (materielle Dienstbezogenheit). Hiernach liegt ein Fehlverhalten außerhalb des Dienstes (nur dann) vor, wenn es weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 20.2.2001 – 1 D 55.99 – juris Rn. 57; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 10). Gemessen daran hat der Kläger auch hinsichtlich seiner ihm disziplinarisch zur Last gelegten Verfehlungen als Finanzvorstand ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Innerdienstlichkeit mit den Bestellungsbeschlüssen des Stadtrats begründet. Im Hinblick auf die Tätigkeit beim Stadtunternehmen lag eine Abordnung vor. Die Anknüpfung der erfolgten Bestellungen zum Geschäftsführer und Finanzvorstand an das Amt als Kämmerer und die Regelungen zur Einbindung in dieses zeigten, dass die Aufgabenübertragung untrennbar mit der dienstlichen Tätigkeit verbunden gewesen sei. Dass die Tätigkeiten während einer Abordnung in der Dienstzeit wahrgenommen werden dürfen und insoweit die anfallenden Personalkosten dem Kommunalunternehmen zu der ein Beamter abgeordnet wurde, in Rechnung gestellt werden, ist üblich.
1.10 Das Verwaltungsgericht hat die „hohe Belastung“ des Strafverfahrens und die sehr lange Dauer des Disziplinarverfahrens zu Gunsten des Klägers berücksichtigt (UA S. 40). Dabei kann offenbleiben, ob das Erstgericht in diesem Zusammenhang auch die vom Kläger geltend gemachten seelischen und gesundheitlichen Folgen, seine vorzeitige Ruhestandsversetzung und die von ihm empfundene Rufschädigung im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten berücksichtigt hat. Denn der Senat hält in Ausübung der ihm eröffneten eigenen Disziplinargewalt (BayVGH, B.v. 27.1.2010 – 16a DZ 07.3110 – juris Rn. 35) und in Anwendung der in Art. 14 Abs. 1 BayDG niedergelegten Grundsätze die Kürzung der Ruhegehaltsbezüge des Klägers für die Dauer von sechs Monaten in Höhe von 1/10 auch unter Einbeziehung dieser geltend gemachten Gesichtspunkte für angemessen. Angesichts der Schwere der Verfehlungen fallen diese Entlastungsgründe nicht ausschlaggebend ins Gewicht. Denn bei den angeführten Umständen handelt es sich um die Folgen der von dem Beamten begangenen vorsätzlichen Dienstvergehen. Sie sind diesem aufgrund vorwerfbaren Fehlverhaltens zurechenbar und führen daher nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme.
Fehl geht der Kläger schließlich in seiner Ansicht, es würde sich um eine unzulässige Zumessungserwägung handeln, wenn das Verwaltungsgericht ausführt, eine weitere Reduzierung des Zeitraums der Kürzung der Ruhegehaltsbezüge oder eine gänzliche Aufhebung der Disziplinarverfügung erscheine infolge der Unmöglichkeit, gegen den Kläger als Ruhestandsbeamten eine Geldbuße als nächstniedrigere Disziplinarmaßnahme auszusprechen, nicht gerechtfertigt. Der gänzliche Entfall einer Sanktion würde der Vielzahl der Dienstpflichtverletzungen nicht gerecht. Dabei geht der Kläger bereits von der fehlerhaften Vorstellung aus, das Verwaltungsgericht hätte eine mildere Maßnahme für sachgerecht erachten, diese aber nur wegen der gesetzlichen Regelung nicht verhängen können. Vielmehr hat es für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme auf die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium abgestellt und sich dabei im Weiteren an den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßgaben orientiert (UA S. 38). Die Einordnung erfolgte dabei unter Berücksichtigung der für einen Ruhestandsbeamten möglichen disziplinarischen Maßnahmen.
2. Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wurde bereits nicht den Anforderungen entsprechend dargelegt.
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob die Ausübung einer genehmigten Nebentätigkeit während der Dienstunfähigkeit ein Dienstvergehen darstellt, wenn diese Tätigkeit öffentlich wirksam ist“ (vgl. Zulassungsbegründung S. 5).
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens, dass der Beamte, der während der Krankschreibung Nebentätigkeiten ausübt, unabhängig von deren Öffentlichkeitswirksamkeit gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz verstößt, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern (stRspr; B.v. 17.7.2013 – 2 B 27.12 – juris Rn. 8; U.v. 12.2.1992 – 1 D 2.91 – juris Rn. 38; U.v. 1.6.1999 – 1 D 49.97 – juris Rn. 51; U.v. 14.11.2001 – 1 D 60.00 – juris jeweils m.w.N.). Ob derartiges angenommen werden kann, ist nach den jeweiligen Einzelfallumständen zu beantworten und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
3. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Hierzu wäre darzulegen gewesen, welcher Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird. Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung nicht, weil der Kläger lediglich ein Zitat aus einer Entscheidung des Senats aufgreift, ohne zu benennen, welche Abweichung im abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz im hier maßgeblichen erstinstanzlichen Urteil vorliegen soll. Im Übrigen hat der Senat sein Urteil vom 30. November 2005 (16b D 05.125 – juris) angesichts der einleitenden Formulierung (juris Rn. 34): “Nur am Rande ist folgendes anzumerken” erkennbar schon nicht tragend (hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 42) auf die klägerseits zitierte Passage (juris Rn. 35) gestützt.
4. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge aus Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Gerichtsgebühren werden nach Art. 73 Abs. 1 BayDG nicht erhoben.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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