Verwaltungsrecht

Pflichtverletzung eines bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten beim Abstellen eines Dienstfahrzeugs

Aktenzeichen  6 ZB 17.2324

Datum:
26.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3029
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 75 Abs. 1 S. 1
PostPersRG § 7 Abs. 2
StVO § 14 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Durch das Abstellen eines Zustellfahrzeugs ohne ausreichende Wegrollsicherung verletzt ein Beamter eines Postnachfolgeunternehmens die ihm obliegende Dienstpflicht grob fahrlässig. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 K 16.719 2017-09-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. September 2017 – AN 11 K 16.719 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 1.517,74 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Der innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltende gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/ 1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Der Kläger, ein bei der Deutschen Post AG beschäftigter Beamter, stellte im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit als Postzusteller sein Dienstfahrzeug ohne ausreichende Wegrollsicherung ab. Das Fahrzeug rollte daraufhin zurück und stieß gegen einen Laternenmast. Für den Schaden am Fahrzeug in Höhe von 1.517,74 € nahm die Deutsche Post AG den Kläger mit Leistungsbescheid vom 19. Februar 2016 in Regress, weil sein Verhalten als grob fahrlässig einzustufen sei und subjektive Entlastungsgründe nicht festgestellt werden könnten. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht für unbegründet erachtet abgewiesen.
Der Kläger zeigt keine Zweifel an dem erstinstanzlichen Urteil auf, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
Nach § 7 Abs. 2 PostPersRG in Verbindung mit § 75 Abs. 1 Satz 1 BBG haben die bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, dem Postnachfolgeunternehmen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger durch das Abstellen des Zustellfahrzeugs ohne ausreichende Wegrollsicherung die ihm obliegende, im Handbuch für Fahrer und Fahrerinnen der Deutschen Post AG konkretisierte Dienstpflicht grob fahrlässig verletzt hat.
Der Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten des Beamten. Dementsprechend muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände, d.h. der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Beamten beurteilt werden, ob und in welchem Maß das Verhalten fahrlässig war. Grobe Fahrlässigkeit erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich schwerem Maße verletzt und dabei Überlegungen unterlässt und Verhaltenspflichten missachtet, die ganz naheliegen und im gegebenen Fall jedem hätten einleuchten müssen (BVerwG, U.v. 2.2.2017 – 2 C 22.16 – juris Rn. 14; U.v. 29.4.2004 – 2 C 2.03 – BVerwGE 120, 370/374; BayVGH, B.v. 29.1.2014 – 6 ZB 12.1817 – juris Rn. 7; B.v. 1.6.2017 – 6 ZB 17.903 – juris Rn. 6).
Gemessen an diesem Maßstab hat sich der Kläger objektiv grob fahrlässig verhalten, was ihm auch subjektiv vorwerfbar ist.
Der Kläger hat – unstreitig – sein Fahrzeug abgestellt und zur Postzustellung verlassen, ohne die sowohl nach den einschlägigen Dienstvorschriften der Beklagten als auch gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 StVO erforderliche doppelte Sicherung des abgestellten Fahrzeugs mittels Handbremse und Einlegen eines Ganges vorzunehmen. Damit hat er die Verhaltenspflichten missachtet, die jedem Kraftfahrzeugführer beim Abstellen eines Fahrzeugs auch bei einem – wie hier – nur leichten Gefälle ohne weiteres einleuchten. Das gilt in gleicher Weise für Postzusteller, auch wenn sie solche Routinevorgänge während der Zustellung täglich in hoher Zahl durchführen müssen (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2014 – 6 ZB 12.1817 – juris Rn. 7). Besondere Umstände in der Person des Klägers, die den Grund des Versäumnisses erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Die mit dem Zulassungsantrag geltend gemachten Umstände, dass der Kläger sich unmittelbar vor dem Unfall vor einem großen Hund erschreckt und mit einer Kundin ein ihn belastendes Gespräch über zwei vermisste Pakete geführt hat, wirken sich nicht auf den Grad der Fahrlässigkeit aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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