Verwaltungsrecht

Streit um Bewilligung für Jungswuchspflege

Aktenzeichen  W 8 E 18.1580

Datum:
19.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36354
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75 S. 2, § 123

 

Leitsatz

Handelt es sich in der Hauptsache um eine Untätigkeitsklage, führt das Fehlen des Ablaufs von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts nach § 75 S. 2 VwGO, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist, zur Unzulässigkeit eines Eilantrags nach § 123 S. 1 VwGO, auch wenn dieser schon vor Klageerhebung statthaft ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Sohn des Antragstellers ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. 3268 und 3270 der Gemarkung L. und reichte beim Amt für … (im Folgenden: …) K. einen Antrag (ohne Datumsangabe) auf Förderung von waldbaulichen Maßnahmen nach der Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maßnahmen im Rahmen eines forstlichen Förderprogramms (WALDFÖPR 2018) des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein, eingegangen am 24. Oktober 2018. Der zuständige Revierleiter besichtigte mit dem Antragsteller die Flächen und stellte fest, dass aufgrund des noch geringen Alters und der noch geringen Differenzierung der Baumarten auf den Aufforstungsflächen eine Jungwuchspflege zum jetzigen Zeitpunkt forstfachlich noch nicht sinnvoll und erforderlich sei.
Der Antragsteller beantragte am 10. Dezember 2018,
das … zu verurteilen, die Bewilligung für die Jungwuchspflege für die Fl.Nrn. … und … zu erstellen.
Zur Begründung wurde vorgebracht, für die Flurstücke sei im Januar 2012 die Jungwuchspflege eingereicht worden. Der zuständige Förster habe den Antrag nach 18 Monaten, somit zu spät, weitergereicht. 2017 sei ein neuer Förster gekommen. Es seien der Pflegebeginn und die Antragstellung für Herbst 2018 abgesprochen worden sowie die vorzeitige Zaunentfernung. Erneut sei ein neuer Förster gekommen und habe die Flächen besichtigt. Da sich wochenlang niemand geregt habe, habe er das Ministerium eingeschaltet. Kurz hierauf habe der Förster erklärt, die Pflege sei nicht erforderlich, und habe somit seinem Vorgänger bzw. der Absprache widersprochen. Die Anlage sei ca. 20 Jahre alt und bedürfe der Pflege, da diese immer schwieriger würde und Wachstumsverlust eintrete.
Das … K., Außenstelle L., beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2018, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Im vorliegenden Fall gehe es dem Antragsteller darum, einen Bewilligungsbescheid für die finanzielle Förderung einer Jungbestandspflege für die Flurnummern 3268 und 3270 der Gemarkung L. zu erhalten. Hierzu sei festzustellen, dass sich die betreffenden Grundstücke nicht im Eigentum des Antragstellers, sondern im Eigentum seines Sohnes befänden, wie sich aus den beigefügten Auszügen aus dem ALB ergebe. Somit sei der Antragsteller gar nicht berechtigt, ohne Vollmacht seines Sohnes irgendwelche, diese beiden Grundstücke betreffenden Anträge an das Gericht zu stellen. Eine Förderung der Flächen widerspreche Ziffer 4.2.1 der Förderrichtlinie (Richtlinie für Zuwendungen zu waldbaulichen Maßnahmen im Rahmen eines forstlichen Förderprogramms (WALDFÖPR 2018), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. Januar 2018, Az. F2-7752.1-1/142). Der Sohn des Antragstellers habe daher zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf Förderung einer Jungwuchspflege auf diesen Flächen. Daraus sei auch ersichtlich, dass in dieser Sache keine Eilbedürftigkeit bestehe und ein Antrag nach § 123 VwGO der Grundlage entbehre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der als Antrag auf Bewilligung einer Förderung einer Jungwuchspflege für die Flurnummern 3268 und 3270 der Gemarkung L. ausgelegt wird (§ 88 VwGO), ist bereits unzulässig.
Der Antragsteller ist selbst nicht der Eigentümer der genannten Grundstücke und hat keinen Antrag auf Förderung der Jungwuchspflege gestellt. Die Klage wurde nicht im Namen des Eigentümers erhoben, eine Vollmacht des Eigentümers für den Antragsteller wurde nicht vorgelegt. Folglich fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers.
Zudem handelt es sich bei der zugrundeliegenden noch (nicht anhängigen) Hauptsache mangels förmlicher Entscheidung über den Antrag durch die Behörde um eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO. Nach § 75 Satz 2 VwGO kann die Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Vorliegend ging der Förderantrag des Eigentümers am 24. Oktober 2018 beim … K. ein, so dass die drei Monate zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt offensichtlich noch nicht abgelaufen sind. Anhaltspunkte für besondere Umstände, die eine kürzere Frist gebieten, wurden vorliegend nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Das Fehlen dieser Prozessvoraussetzung der Hauptsacheklage führt jedoch, auch wenn der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Satz 1 VwGO auch schon vor Klageerhebung statthaft ist, zur Unzulässigkeit des Eilantrags (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 123 Rn. 18).
Der Antrag ist im Übrigen auch unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Ein Antrag nach § 123 VwGO ist begründet, wenn der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht und durch eine entsprechende Anordnung die Hauptsache – im Regelfall – nicht vorweggenommen wird.
Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Bewilligung der angegebenen Maßnahmen im Wege der einstweiligen Anordnung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsachverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 13 f.).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Mangels einer besonderen Dringlichkeit ist schon kein Anordnungsgrund gegeben. Eine besondere Dringlichkeit hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Anhaltspunkte, die ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung unzumutbar erscheinen lassen, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. In der Antragsbegründung findet sich kein dahingehendes Vorbringen.
Des Weiteren ist es dem Antragsteller – ohne dass es hier noch darauf ankäme – auch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Unabhängig davon, dass der Antragsteller nicht der Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Flächen ist, sind nach Ansicht des Gerichts die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die begehrte Förderung im Übrigen nicht gegeben.
Gemäß Nr. 4.2.1 der einschlägigen Förderrichtlinie WALDFÖPR 2018 muss die Maßnahme forstfachlich notwendig und darauf ausgerichtet sein, standortgemäße, klimaangepasste Mischbestände zu schaffen. Dabei ist der vor Durchführung der Maßnahme festgestellte Laubholz-/Tannenanteil wenn möglich zu erhöhen. Gemäß Nr. 4.2.1 Satz 3 der WALDFÖPR 2018 trifft die Entscheidung über Notwendigkeit und Pflegeziel die Bewilligungsbehörde. Der Bewilligungsbehörde wird damit im Bewilligungsverfahren eine vorrangige Beurteilungskompetenz zugewiesen.
Nach dem Vorbringen des … K., Außenstelle L., im Schriftsatz vom 14. Dezember 2018 würde eine Förderung der verfahrensgegenständlichen Flächen der Nr. 4.2.1 der Förderrichtlinie widersprechen. Eine Jungwuchspflege zum jetzigen Zeitpunkt sei forstfachlich noch nicht sinnvoll und erforderlich.
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht damit nach summarischer Prüfung hinsichtlich der Grundstücke Fl.Nrn. … und … der Gemarkung L. kein Anspruch auf Bewilligung der Förderung einer Jungwuchspflege.
Nach alledem bleibt der Antrag im vorliegenden Eilverfahren unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 GKG. Der Antragsteller hat keine Angaben zur Höhe der von ihm begehrten Förderung gemacht. Das Gericht geht deshalb in Ermangelung weiterer Angaben von einem Hauptsachestreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR aus. Für das vorliegende Sofortverfahren war die Hälfte des Hauptsachestreitwertes zugrunde zu legen.


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