Verwaltungsrecht

Untersagung der Kampfhundehaltung ohne erforderliche Erlaubnis

Aktenzeichen  10 CS 19.180

Datum:
27.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3418
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5
LStVG Art. 1, Art. 7, Art. 37

 

Leitsatz

1. Die Haltung eines Kampfhundes ohne die erforderliche Erlaubnis erfüllt einen Ordnungswidrigkeitentatbestand, weswegen zur Verhütung oder Unterbindung dieser rechtswidrigen Taten die weitere Haltung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LVStVG untersagt werden kann. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Erweist sich eine Regelung aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht rechtswidrig. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anordnung eines Leinen- oder Maulkorbzwanges stellt im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr einer nicht erlaubten Kampfhundehaltung dar. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 S 18.2008 2019-01-08 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller den in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 weiter.
Der Antragsteller ist Halter des am 14. August 2017 geborenen Rottweilerrüden „Arni“. Auf seinen Antrag erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. Dezember 2017 ein bis 13. Februar 2019 befristetes „Negativzeugnis“, wonach festgestellt wird, dass „Arni“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist und demnach keine Erlaubnispflicht nach Art. 37 LStVG besteht. Nach Mitteilung eines Beißvorfalls vom 29. August 2018 verfügte die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. August 2018 einen Leinen- und Maulkorbzwang für „Arni“.
Nachdem der Antragsgegnerin weitere (Beiß-)Vorfälle mitgeteilt worden waren, erfolgte am 19. November 2018 beim Antragsteller eine angemeldete Überprüfung der Hundehaltung, bei der neben dem Antragsteller und Vertretern der Antragsgegnerin auch der Amtstierarzt des Landratsamtes Neumarkt i.d.Opf. – Veterinäramt – zugegen war. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, dass „Arni“ ein ausgeprägtes Revier- und Dominanzsowie nicht abschließend kontrollierbares Impulsverhalten habe, das der Antragsteller „nicht immer bändigen“ könne. Da dieser zudem zu erkennen gegeben habe, dass er die Anordnungen zur Gefahrenabwehr nicht in letzter Konsequenz befolge, könnten erneute Zwischenfälle nicht sicher ausgeschlossen werden. Daraufhin untersagte die Antragsgegnerin dem Antragssteller mit Bescheid vom 26. November 2018 die Haltung des Rottweilers „Arni“ (Nr. 1.), widerrief den Bescheid vom 6. Dezember 2017 (Nr. 2.), ordnete eine Abgabeverpflichtung an (Nr. 3.), drohte für den Fall der Zuwiderhandlung der Abgabeverpflichtung unmittelbaren Zwang an (Nr. 4) und ordnete den Sofortvollzug der Nrn. 1. bis 4. des Bescheids an (Nr. 5). Den Bescheid hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 28. November 2018 gegen Empfangsbestätigung persönlich ausgehändigt und dabei mündlich die Gründe für die Entscheidung nochmals erläutert. Der Antragsteller hat hierzu Stellung genommen.
Mit Beschluss vom 8. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. Dezember 2018 gegen Nr. 4 des Bescheids vom 26. November 2018 angeordnet und im Übrigen den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt. Das Verwaltungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden sei. Denn sie lasse erkennen, weshalb dem sofortigen Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin Vorrang eingeräumt werde. Dabei sei in zulässiger Weise auf die zur Haltungsuntersagung erfolgte Bescheidsbegründung Bezug genommen worden. Der Bescheid sei formell rechtmäßig ergangen, insbesondere sei der Antragsteller angehört worden. Nach Angaben der Antragsgegnerin sei bei dem Überprüfungstermin auch darauf hingewiesen worden, dass eine Haltungsuntersagung erwogen werde. Soweit der Antragsteller vorbringe, dass sich ihm der Sinn des Termins nicht erschlossen habe und er von der Entscheidung überrascht worden sei, habe er damit das Vorliegen einer wirksamen Anhörung nicht hinreichend bestritten. Im Übrigen erweise sich die Widerrufsentscheidung aufgrund der aktenkundigen Beiß- und weiteren Vorfälle als rechtmäßig. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs des Negativzeugnisses sei die Haltung des Hundes „Arni“ fortan als genehmigungspflichtige aber ungenehmigte Kampfhundehaltung zu erachten und erfülle demzufolge den Ordnungswidrigkeitstatbestand des Art. 37 Abs. 4 LStVG. Die formelle Illegalität einer Kampfhundehaltung stelle eine von der Sicherheitsbehörde zu unterbindende bzw. zu verhindernde Gefahr dar. Die Haltungsuntersagung erweise sich auch als verhältnismäßig, weil sich nicht sicher absehen lasse, dass sich die rechtswidrigen Zustände in Kürze änderten. Es gebe keine Hinweise auf eine erneute Erteilung eines Negativzeugnisses. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Die Abgabeverpflichtung erweise sich als Folgeanordnung der Haltungsuntersagung aus denselben Gründen als rechtmäßig. Hingegen sei der angedrohte unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme des Hundes unverhältnismäßig und daher rechtswidrig. Es bestünden keine ausreichenden Hinweise darauf, dass ein Zwangsgeld zur Durchsetzung der auferlegten Pflichten nicht erfolgversprechend sei.
Zur Begründung seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs nur formelhaft erfolgt sei. Soweit insofern auf die Gründe für den Bescheidserlass verwiesen worden sei, fehle es an einer klaren und hinsichtlich der jeweiligen Regelung differenzierten Bezugnahme in der Begründung. So sei beispielsweise in der Begründung des Sofortvollzugs von einer Haltung ohne erforderliche Erlaubnis überhaupt nicht die Rede. Die Haltungsuntersagung sei nur auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG und nicht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt worden. Entgegen der Annahme des Gerichts sei keine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt. Dies gehe weder aus dem Bescheid noch aus der Stellungnahme des Veterinäramts vom 21. November 2018 hervor. Der Antragsteller habe den Überprüfungstermin nicht als Anhörungstermin wahrgenommen und sei von der Entscheidung völlig überrascht worden. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin zur Begründung der Haltungsuntersagung nur auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG abgestellt, für die Annahme der Voraussetzungen dieser Vorschrift fehle es aber an der erforderlichen konkreten Gefahr. Demzufolge gingen auch die Ausführungen des Gerichts zur Verhältnismäßigkeit der Anordnung nicht mit denen im Bescheid konform. Da der Antragsteller die Durchführung eines Wesenstests veranlasst und die Erteilung eines Negativzeugnisses beantragt habe, sei davon auszugehen, dass sich der rechtswidrige Zustand, den die Antragsgegnerin ohnehin durch ihre Widerrufsentscheidung erst geschaffen habe, in Kürze ändern werde. Im Übrigen sei die Ermessensausübung nur formelhaft und daher unzureichend erfolgt. Schließlich erweise sich auch die Widerrufsentscheidung als rechtswidrig. Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin diese Entscheidung aufgrund der Beißvorfälle getroffen, ein Bezug zur amtstierärztlichen Stellungnahme sei indes nicht hergestellt worden. Darüber hinaus habe der Veterinär nicht die erforderliche fachliche Befähigung und Berechtigung, um eine Wesenseinschätzung vorzunehmen. Der Widerruf sei unverhältnismäßig, weil der Leinen- und Maulkorbzwang hierbei Berücksichtigung hätte finden müssen. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass „Arni“ nunmehr einen Wesenstest durchgeführt und bestanden habe und daher ein unbefristetes Negativzeugnis beantragt worden sei.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. Februar 2019 entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
Ergänzend wird auf die beigezogene Behördenakte sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der mit der Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen ergibt sich nicht, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen.
1. Soweit der Antragsteller die Anordnung des Sofortvollzugs für formell rechtswidrig erachtet, weil die Begründung nur formelhaft erfolgt sei, sich nicht mit den Besonderheiten des Einzelfalles befasse und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch keinen hinreichend klaren sowie differenzierten Bezug auf die Entscheidungsgründe erkennen lasse, kann er damit die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.
Zwar verlangt die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3; B.v. 15.2.2018 – 10 CS 18.98 – juris Rn. 6). Andererseits sind an dieses Begründungserfordernis inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr eine schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 14; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Auch kann in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. In diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2018, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 80 Rn. 247 f. m.w.N.).
Gemessen hieran erweist sich die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs als (noch) ausreichend. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Antragsgegnerin die widerstreitenden Intereressen erkannt und ihrer konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt hat. Die Antragsgegnerin hat zuerkennen gegeben, weswegen sie eine Anordnung des Sofortvollzugs des Verwaltungsakts für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2; B.v 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 19). Da die Haltungsuntersagung und Abgabepflicht in den Nrn. 1 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids vorliegend letztlich Konsequenz der unter Nr. 2 verfügten Widerrufsentscheidung sind, genügt es, wenn die Antragsgegnerin das besondere Vollziehbarkeitsinteresse „des Verwaltungsakts“ hierauf bezogen darlegt. Eine weitergehende Differenzierung ist hinsichtlich des Begründungserfordernisses nicht angezeigt (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 14). Auch ist nichts daran zu erinnern, dass bei einer (Teil-)Identität zwischen dem Erlassinteresse am Verwaltungsakt und dem besonderen Vollzugsinteresse auf die insofern zentralen Begründungselemente im Verwaltungsakt Bezug genommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 10 CS 18.98 – juris Rn. 7 m.w.N.). Dies hat die Antragsgegnerin durch die Wortwahl „wie oben ausgeführt“ ebenfalls hinreichend klar zum Ausdruck gebracht.
2. Hinsichtlich der summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass diese voraussichtlich erfolglos sein wird.
a) Soweit sich der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen gegen den unter Nr. 2 des streitbefangenen Bescheids ausgesprochenen Widerruf des Negativzeugnisses wendet, kann dieser nicht (mehr) zulässiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, nachdem er inzwischen durch Zeitablauf erledigt ist. Der Widerruf des bis 13. Februar 2019 befristeten Negativzeugnisses hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil es zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG; s. auch BayVGH, U.v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 – juris Rn. 16 für den Widerruf einer befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis). Nachteilige Rechtswirkungen für den abgelaufenen Zeitraum sind für den Adressaten nicht zu vergegenwärtigen, weil sich insofern keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angegriffenen Bescheid ergeben. Denn abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Nr. 4 des Bescheids die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat, hat die Antragsgegnerin bestätigt, dass bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes von einem Vollzug abgesehen wird.
b) Der streitbefangene Bescheid begegnet aber auch im Übrigen, soweit er noch anfechtbar ist, weder in formeller (aa)) noch in materieller (bb)) Hinsicht Bedenken.
aa) Soweit der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen die Durchführung einer ordnungsgemäßen Anhörung in Frage stellt, bedarf dies im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, weil ein eventueller Verstoß gegen die Verpflichtung der Antragstellerin zur Anhörung, der nicht nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich wäre, da eine Ermessensentscheidung in Streit steht, gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 12.5.2014 – 10 B 12.2084 – juris Rn. 29 m.w.N.). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Die Antragsgegnerin hat den streitgegenständlichen Bescheid im Rahmen eines „Gesprächstermins“ dem Antragsteller am 28. November 2018 ausgehändigt. Aus dem hierüber gefertigten Aktenvermerk geht hinreichend klar hervor, dass sich die Antragsgegnerin nicht darauf beschränkte, ihre getroffene Entscheidung lediglich zu erläutern, sondern das Vorbringen des Antragstellers zur Kenntnis genommen, aber auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände keinen Anlass gesehen hat, von der getroffenen Entscheidung Abstand zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – NVwZ-RR 2016, 449 = juris Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 20 ZB 16.587 – juris Rn. 5 ff.; U.v. 1.6.2017 – 20 B 16.2241 – juris Rn. 31; B.v. 13.11.2017 – 15 ZB 16.1885 – juris Rn. 9). Dessen ungeachtet spricht vorliegend auch viel dafür, dass wegen des dringenden Handlungsbedarfs die Anhörung des Antragstellers wegen Gefahr in Verzug als entbehrlich hätte erachtet werden können (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG).
bb) Das Verwaltungsgericht ist schließlich auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass unabhängig von einer Gefährdung anderer Tiere oder Menschen die Anordnung der Untersagung der Hundehaltung auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG gestützt werden kann. Mit Wirksamwerden des sofort vollziehbaren Widerrufs des Negativzeugnisses ist der Nachweis, wonach der Hund „Arni“ entgegen der Vermutung des § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit i.d.F. vom 4.9.2002 (KampfhundeVO) nicht gesteigert aggressiv oder gefährlich ist, nicht (mehr) erbracht, so dass die Haltung des Hundes einer Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bedarf. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Antragsgegnerin den Aspekt, dass bei einer Haltung eines Kampfhundes ohne die er erforderliche Erlaubnis der Ordnungswidrigkeitentatbestand nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 LStVG erfüllt wird und zur Verhütung oder Unterbindung dieser rechtswidrigen Taten nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG die weitere Haltung untersagt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2016 – 10 CS 15.2239 – juris Rn. 15, B.v. 30.1.2018 – 10 CS 17.2335 – juris Rn. 13; B.v. 19.10.2018 – 10 CS 18.280 – juris Rn. 13), zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen (s. Nr. II.3 2. Absatz). Die Ausführungen des Antragstellers, wonach die für Anwendung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG erforderliche konkrete Gefahr im vorliegenden Fall nicht vorliege, gehen daher schon deshalb ins Leere.
Darüber hinaus richtet sich die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U. v. 27.1.1982 – 8 C 12.81 – BVerwGE 64, 356; U.v. 19.8.1988 – BVerwG 8 C 29.87 – BVerwGE 80, 96/98; U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 1.2.2016 – 10 CS 15.2689 – juris Rn. 29). So liegt der Fall hier. Der Austausch beider Normen ließe den Tenor der Grundverfügung unberührt und würde auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Ermessenserwägungen erfordern. Den Bescheidsgründen ist bei sachgerechter Auslegung ohne weiteres zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Ermessenswege eine Einzelanordnung zur Unterbindung einer Ordnungswidrigkeit treffen wollte („kann deshalb nach pflichtgemäßen Ermessen nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zur Unterbindung dieser Ordnungswidrigkeit Anordnungen treffen“).
Ein Ermessensfehler liegt auch nicht deshalb vor, weil die Antragsgegnerin ein milderes Mittel (hier: Maulkorb- und Leinenzwang) als nicht ausreichend erachtet sowie in den Bescheidsgründen zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG keine weiteren Ausführungen hinsichtlich der Ermessensausübung gemacht habe. Zwar eröffnet Art. 7 Abs. 2 LStVG grundsätzlich einen Ermessenspielraum („können … Anordnungen … treffen“). Für die Beseitigung der Gefahr, die von Kampfhunden ausgeht, besteht jedoch im Hinblick auf die gesetzliche Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum. Der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Menschen genießt Vorrang vor allen anderen Interessen und setzt die Eingriffsschwelle für die Sicherheitsbehörde von vornherein herab (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.1996 – 24 CS 96.2724 – BeckRS 1996, 18146; B.v. 18.12.2000 – 24 ZS 00.3326 – juris Rn. 10). In der Regel ist es bei fehlendem berechtigten Interesse geboten, die unerlaubte Haltung eines Kampfhundes zu untersagen, da nur so der Gesetzeszweck verwirklicht werden kann (Art. 40 BayVwVfG) und die Sicherheitsbehörde es nicht hinnehmen kann, dass von einem Kampfhund eine Gefahr für Menschen oder Tiere ausgeht. Sie ist vielmehr gehalten, die Gefahr zu bekämpfen und gegen den Halter des Kampfhundes sicherheitsrechtlich einzuschreiten. Die Anordnung eines Leinen- oder Maulkorbzwangs stellt im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr einer nicht erlaubten Kampfhundehaltung dar (vgl. BayVGH, 9.5.1996 – 24 C 95.3302 – juris Rn. 20 ff.; B.v. 18.12.2000 – 24 ZS 00.3326 – juris Rn. 10). Das Ermessen der Sicherheitsbehörde, ob sie einschreitet und welche Maßnahmen sie trifft, ist in diesen Fällen grundsätzlich bis zur Reduzierung auf Null eingeschränkt (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2004 – 24 CS 04.3062 – juris Rn. 25; B.v. 18.12.2000 – 24 ZS 00.3326 – juris Rn. 10; Schwabenbauer, BeckOK, Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Art. 37 Rn. 121). Gesichtspunkte, die für den Antragsteller und gegen die Untersagung der Hundehaltung sprechen, mussten sich der Antragsgegnerin zum hier grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 106 m.w.N.; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 80 Rn. 418 f.) nicht aufdrängen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 25.10.1999 – 24 ZS 99.2904 – juris Rn. 9). Nachdem die Antragsgegnerin insbesondere aufgrund der dokumentierten (Beiß-)Vorfälle und unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Ortstermins das Negativzeugnis widerrufen hat, war bei der zugleich erfolgten Entscheidung über die Haltungsuntersagung auch nicht zu erwarten gewesen, dass sie für den Hund „Arni“ ein solches sogleich wieder ausstellen würde. Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, wonach damit zu rechnen gewesen war, dass sich der rechtswidrige Zustand in Kürze hätte ändern können (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 18; Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand August 2018, Art. 37 Rn. 73). Zwar hat der Antragsteller mittlerweile am 13. Februar 2019 ein „Sachverständigen Gutachten über Eignung und Verhalten des Rottweiler Rüden Arni im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und anderen Tieren“ (Wesenstest) vorgelegt. Die Entscheidung darüber, ob auf Grundlage dieses Gutachtens die gesetzliche Vermutung der Kampfhundeeigenschaft widerlegt ist, bleibt aber dem behördlichen Prüfverfahren vorenthalten und ist von der Gemeinde zu beurteilen (zu den Anforderungen vgl. Nr. 37.3.2 ff. VollzBekLStVG; s. auch Schwabenbauer a.a.O. Rn. 37 ff.).
Erweist sich die Untersagung der Hundehaltung voraussichtlich als rechtmäßig, durfte die Antragsgegnerin auch die Abgabeanordnung verfügen (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 20).
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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