Verwaltungsrecht

Verjährung unionsrechtlicher Urlaubsabgeltungsansprüche

Aktenzeichen  3 ZB 13.630

Datum:
8.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 48875
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2003/88/EG Art. 7 Abs. 2
BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 214
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1 Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt (§ 199 Abs. 1 BGB), also mit Eintritt des Beamten in den Ruhestand (BVerwG BeckRS 2016, 40933). Auf die Kenntnis der Urteils des EuGH vom 3.5.2012 (BeckRS 2012, 80798) kommt es nicht an. (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch die nicht fristgerechte Umsetzung der den Anspruch begründenden EU-Richtlinie in nationales Recht steht der Kenntnis nicht entgegen, weil die Richtlinie selbst die unmittelbare Anspruchsgrundlage für die Abgeltung des Urlaubs darstellt (BVerwG BeckRS 2013, 47871). Es war dem Beamten zumutbar, den Anspruch zur Verhinderung der Verjährung entgegen der bislang geltenden Rechtsprechung einzuklagen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist mit Unionsrecht vereinbar. Der Dienstherr ist auch wegen der fehlenden (rechtzeitigen) Umsetzung der Richtlinie nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht oder nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Verjährung zu berufen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 1 K 12.1801 2013-03-07 GeB VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 3.067,50 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung von 3.067,50 € zzgl. Zinsen ab Rechtshängigkeit zur Abgeltung des 2005 vom Kläger aus Krankheitsgründen nicht eingebrachten Erholungsurlaubs zu Recht abgewiesen. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung des mit Ablauf des 31. Dezember 2005 in den Ruhestand versetzten Klägers, der zuletzt als Steueroberinspektor (BesGr A 10) im Dienst des Beklagten stand, war im Zeitpunkt der Geltendmachung mit Schreiben vom 9. Mai 2012 bereits verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Der Beklagte kann sich auch auf den Eintritt der Verjährung berufen und die Leistung verweigern, ohne gegen die Fürsorgepflicht gemäß § 45 BeamtStG oder den Effektivitätsgrundsatz zu verstoßen. Deshalb kann im Ergebnis auch offen bleiben, ob der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht schon verfallen war (zum Verhältnis von Verfall und Verjährung bei Urlaubsansprüchen BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 95.13 – juris).
Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
1.1 Dem Kläger stand aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten bezahlten Mindesturlaubs von vier Wochen zu, den er 2005 krankheitsbedingt nicht genommen hat und den er aufgrund der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch seine Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Dezember 2005 auch nicht mehr einbringen konnte; einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX besaß er hingegen nicht (EuGH, U.v. 3.5.2012 – Rs. C-337/10 – juris Rn. 32, 37; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10.12 – juris Rn. 9).
1.2 Entgegen der Auffassung des Klägers war dieser Anspruch im Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 9. Mai 2012 verjährt. Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, § 199 Abs. 1 BGB (BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 28).
Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB begann vorliegend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Kläger in den Ruhestand versetzt worden ist, d. h. mit Ablauf des 31. Dezember 2005, und nicht erst mit dem Erlass des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (Rs. C-337/10) zu laufen (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2008 verjährt (OVG Lüneburg, B.v. 8.11.2013 – 5 LA 41/13 – juris Rn. 15), so dass der Beklagte die Leistung verweigern konnte (§ 214 Abs. 1 BGB). Die Verjährung wurde auch durch die schriftliche Geltendmachung mit Antrag vom 9. Mai 2012 nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt (BVerwG, U.v. 26.7.2012 – 2 C 29.11 – juris Rn. 44).
1.2.1 Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist mit Versetzung des Klägers in den Ruhestand i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden. Der Urlaubsabgeltungsanspruch knüpft sachlich an den im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehenden Urlaubsanspruch an (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 C 3.15 – juris Rn. 11). Die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (§ 21 Nr. 4 BeamtStG) ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses i. S. d. Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG (EuGH, U.v. 3.5.2012 a. a. O. Rn. 27; BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist bei Beamten der Ruhestandseintritt (BVerwG, U.v. 19.11.2015 a. a. O. Rn. 12). Da der Kläger hier mit Ablauf des 31. Dezember 2005 in den Ruhestand versetzt wurde, ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2005 deshalb mit Ablauf des Jahres 2005 entstanden.
1.2.2 Der Kläger kann diesbezüglich auch nicht einwenden, er habe erst mit Ergehen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (a. a. O.) Kenntnis davon erlangt, dass auch Beamten ein unmittelbarer Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG zustehe, so dass die Verjährung erst zu diesem Zeitpunkt begonnen habe und durch den Antrag vom 9. Mai 2012 gehemmt worden sei. Der Gläubiger hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn er die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen; dass er hieraus auch die richtigen Rechtsfolgerungen zieht, wird hingegen grundsätzlich nicht vorausgesetzt (BVerwG, U.v. 26.7.2012 a. a. O. Rn. 43; U.v. 17.9.2015 – 2 C 26.14 – juris Rn. 47). Da der Kläger die anspruchsbegründenden Umstände i. S. d. Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG (Nichteinbringung des Mindesterholungsurlaubs 2005 aus Krankheitsgründen bei Ruhestandseintritt) kannte, begann die Verjährung deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2005 zu laufen und endete demgemäß am 31. Dezember 2008.
Daran ändert auch nichts, dass der Europäische Gerichtshof erst mit Urteil vom 3. Mai 2012 (a. a. O. Rn. 32) Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG verbindlich dahingehend ausgelegt hat (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a) AEUV), dass auch Beamte bei Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand einen Urlaubsabgeltungsanspruch haben. Urteile des Gerichtshofs zur verbindlichen Auslegung von Rechtsvorschriften des Unionsrechts erfassen die ausgelegte Vorschrift regelmäßig bereits ab ihrem Inkrafttreten (hier: 2. August 2004, vgl. Art. 28 RL 2003/88/EG), sofern der Gerichtshof die Wirkungen des Urteils nicht zeitlich begrenzt (EuGH, U.v. 15.4.2010 – Rs. C-542/08 – juris Rn. 30).
Der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen steht auch nicht entgegen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch 2012 noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden war. EU-Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat der Einzelne jedoch das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (EuGH, U.v. 24.1.2012 – Rs. C-282/10 – juris Rn. 33; BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 31). Diese Voraussetzungen hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 3. Mai 2012 (a. a. O.) für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Diese Vorschrift räumt allen Beschäftigten, d. h. auch Beamten Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten umsetzen müssen. Solange dies nicht der Fall ist, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG deshalb die unmittelbare Anspruchsgrundlage für die Abgeltung des Mindesturlaubs dar (BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 32).
1.2.3 Der Kläger kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass ihm vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (a. a. O.) die Geltendmachung seines Urlaubsabgeltungsanspruchs für 2005 nicht zumutbar gewesen sei, weil vorher in der Rechtsprechung nicht geklärt gewesen sei, ob auch Beamten nach Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub zusteht. Zwar wurde vor dem o.g. Urteil ein Urlaubsabgeltungsanspruch in der Rechtsprechung verneint (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.1997 – 2 B 138.96 – juris). Gleichwohl wurden zu dieser Frage bereits früher auch verwaltungsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten geführt (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 4.10.2005 – 15 ZB 04.3386 – juris). Die Ungeklärtheit einer Rechtsfrage bzw. die Unvorhersehbarkeit einer Rechtsprechungsänderung führt deshalb nicht zur Hemmung der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 206 BGB. Der Berechtigte hat vielmehr angesichts einer ihm bekannten Sachlage seine möglichen Ansprüche auch gegen eine ständige Rechtsprechung zu verfolgen, um den Lauf der Verjährung zu hemmen (BAG, U.v. 6.12.1961 – 4 AZR 297/60 – juris Rn. 16; LAG Düsseldorf, U.v. 18.8.2010 – 12 Sa 650/10 – juris Rn. 39). Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind (EuGH, B.v. 14.7.2005 – Rs. C-52/04 – juris Rn. 57; BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 11).
Hiergegen kann der Kläger auch nicht anführen, die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) des Beklagten gebiete es, ihm kein solches Prozessrisiko aufzubürden, sondern ihm den nicht genommenen Erholungsurlaub auch ohne Antrag abzugelten. Der Beklagte durfte vielmehr erwarten, dass der Kläger sich um Angelegenheiten, die in seinem ureigenen Interesse liegen, vielmehr (rechtzeitig) selbst bemüht (BayVGH, B.v. 22.3.2016 – 3 ZB 13.804 – juris Rn. 9). Entgegen der Ansicht des Klägers können auch Bezüge wie Versorgungsbezüge, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht, verjähren, wenn sie nicht gezahlt werden und der betreffende Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht wird (BayVGH, B.v. 30.11.2015 – 3 B 15.1449 – juris Rn. 16).
1.2.4 Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht die Klageabweisung darauf stützt, dass der Kläger die Abgeltung des Urlaubs nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist beantragt hat. Zwar besteht für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG kein Antragserfordernis. Ein solches wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz nicht vereinbar (BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 27). Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen – hier Verjährung des unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruchs innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände – im Interesse der Rechtssicherheit ist hingegen mit Unionsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz (EuGH, U.v. 15.9.1998 – Rs. C-231/96 – juris Rn. 20; U.v. 24.3.2009 – Rs. C-445/06 – juris Rn. 48; BVerwG, U.v. 31.1.2013 a. a. O. Rn. 29).
1.2.5 Der Einrede der Verjährung gegenüber der Abgeltung des Urlaubsanspruchs steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte die anspruchsbegründende Richtlinie nicht (rechtzeitig) in nationales Recht umgesetzt hat. Das Unionsrecht verbietet es einem Mitgliedstaat nicht, einem Antrag eines Beamten auf Gewährung einer unter Verletzung von Vorschriften des Unionsrechts nicht bewilligten Zahlung wie der hier in Rede stehenden Urlaubsabgeltung eine Verjährungsfrist entgegenzuhalten, auch wenn der Mitgliedstaat die nationalen Bestimmungen nicht geändert hat, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen. Anders liegt es nur, wenn das Verhalten der nationalen Behörden in Verbindung mit der Existenz einer Verjährungsfrist zur Folge hatte, dass einer Person jede Möglichkeit genommen wird, ihre Rechte vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, U.v. 15.4.2010 – Rs. C-542/08 – juris Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung vor Ablauf der Verjährungsfrist gerichtlich hätte geltend machen können.
1.2.6 In der fehlenden (rechtzeitigen) Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG liegt auch keine Verletzung der Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG), die dazu führen würde, dass die Verjährung wegen höherer Gewalt nach § 206 BGB gehemmt wäre bzw. dass sich der Beklagte nach Treu und Glauben nicht gemäß § 214 Abs. 1 BGB auf den Eintritt der Verjährung berufen könnte. Grundsätzlich ist die Berufung des Dienstherrn auf die Verjährung auch unter Fürsorgegesichtspunkten zulässig und haushaltsrechtlich geboten. Sie kann unter besonderen Umständen des Einzelfalls allerdings als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässig sein (BayVGH, B.v. 22.3.2016 a. a. O. Rn. 7). Hierfür muss allerdings ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn vorliegen, das den Beamten veranlasst hat, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen. Ein solches wäre nur zu bejahen, wenn der Dienstherr den Beamten daran gehindert hätte, den Anspruch geltend zu machen (BayVGH, B.v. 22.3.2016 a. a. O. Rn. 8). Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung vor Ablauf der Verjährungsfrist gerichtlich hätte geltend machen können.
2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO behauptet, hat er diesen Zulassungsgrund schon nicht in einer den Vorgaben des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Im Übrigen ist nach dem unter 1. Ausgeführten in der Rechtsprechung geklärt, dass der Beklagte sich auf die Verjährung des unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruchs berufen kann, obwohl er Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nicht fristgerecht umgesetzt hat und sich der Anspruch des Klägers deshalb unmittelbar aus der Richtlinie ergab.
3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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