Verwaltungsrecht

Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  10 CS 16.2308

Datum:
18.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 101012
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Allein das formale Band der Ehe reicht für sich genommen nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zu entfalten. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 S 16.1319 2016-10-27 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, verfolgt mit seiner Beschwerde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Au 1 K 16.1318) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. August 2016 weiter, mit dem sein Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG abgelehnt (und der Antragsteller ausgewiesen) wurde.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat im Beschluss vom 27. Oktober 2016 zutreffend entschieden, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen ist, weil die in der Hauptsache erhobene Klage hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und der Abschiebungsandrohung in dem streitgegenständlichen Bescheid voraussichtlich erfolglos bleiben werde und im Rahmen der Interessenabwägung die öffentlichen Interessen die privaten Interessen des Antragstellers überwiegen würden. Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in Nr. 3 des Bescheids sei rechtmäßig, weil die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragsellers und seiner Ehefrau nicht mehr bestehe und kein Aufenthaltsrecht aus anderem Rechtsgrund bestehe.
Die vom Antragsteller zur Begründung seiner Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass allein das formale Band der Ehe für sich genommen nicht ausreicht, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zu entfalten. Erst der bei beiden Eheleuten bestehende Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet tatsächlich herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten, löst den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG aus; die Beweislast für das Bestehen dieses Herstellungswillens als einer inneren Tatsache trägt der Ausländer. Maßgeblich ist der nachweisbar betätigte Wille beider Ehepartner, mit dem jeweils anderen Ehepartner ein gemeinsames Leben zu führen; ob dieser Wille vorliegt und praktiziert wird, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles (vgl. BVerwG, B. v. 22.5.2013 – 1 B 25/12 – juris Rn. 4 mit weiteren Nachweisen). Auf dieser Grundlage kommt das Verwaltungsgericht unter Würdigung einer größeren Anzahl mündlicher und schriftlicher Äußerungen der Ehefrau gegenüber der Ausländerbehörde seit dem 12. Februar 2016 bis zum Zeitpunkt seines Beschlusses zu dem Ergebnis, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht besteht.
Der Antragsteller macht zur Begründung seiner Beschwerde zunächst geltend, dass die Ehefrau „immer wieder widersprüchliche Aussagen“ zu ihrer Trennung gemacht habe. Sie habe am 11. Februar 2016 bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde eingeräumt, vorher falsche Angaben gemacht zu haben, und in mehreren E-Mails vom 12. Februar 2016 dargelegt, dass sie und der Antragsteller tatsächlich nicht getrennt gewesen seien.
Damit kann der Antragsteller die Feststellungen des Verwaltungsgerichts jedoch nicht erschüttern. Zum einen geht es insoweit nur um Angaben der Ehefrau im Februar 2016, wohingegen das Verwaltungsgericht auch deren weitere Äußerungen bis zum Zeitpunkt seines Beschlusses in seine Würdigung einbezogen hat. Zum anderen können damit Umstände für eine eheliche Lebensgemeinschaft gerade nicht belegt werden. Die Ehefrau hatte mit E-Mail vom 7. Februar 2016 (Bl. 598 der Behördenakte) gegenüber der Ausländerbehörde eingeräumt, bezüglich des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft „Falschangaben“ gemacht zu haben; in Wahrheit habe diese bereits seit November 2014 nicht mehr bestanden. Sie war daraufhin bei der Vorsprache am 11. Februar 2016 (Bl. 605 der Behördenakten) mit möglichen strafrechtlichen Folgen dieser Falschangaben konfrontiert worden. Die verschiedenen E-Mails der Ehefrau vom 12. Februar 2016 (Bl. 606 ff. der Behördenakte) sind von dem erkennbaren Bemühen geprägt, den Vorwurf der Falschangaben zu entkräften oder zu relativieren, indem sie angibt, es habe damals möglicherweise doch kein Getrenntleben stattgefunden. Aber auch in diesen Äußerungen hält die Ehefrau daran fest, dass der Antragsteller nunmehr am 28. Januar 2016 „aufgrund unseres beiderseitigen Trennungswunsches ausgezogen“ sei (Bl. 607 der Behördenakte); und von eben diesem Datum ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen.
Die von der Beschwerdebegründung herangezogene E-Mail der Ehefrau vom 19. September 2016 (Bl. 687 der Behördenakten) lässt in keiner Weise erkennen, dass zu diesem Zeitpunkt eine eheliche Lebensgemeinschaft bestand oder wiederaufgenommen werden sollte, ebenso die weiteren Umstände wie etwa dass die Ehefrau keine steuerrechtliche Getrenntlebenserklärung abgegeben und noch kein Scheidungsverfahren eingeleitet hat. Gleiches gilt für angebliche, aber nicht realisierte Urlaubspläne und für den Vortrag, Bilder mit dem Antragsteller seien auf der Visitenkarte bzw. auf dem Internet-Auftritt des Gewerbebetriebs der Ehefrau enthalten gewesen.
Auch die Angaben über gemeinsame Unternehmungen des Antragstellers und seiner Ehefrau im September und Ende November 2016 belegen – die Wahrheit der Angaben unterstellt – keine Fortdauer oder Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft. Wie die hierfür vorgelegten Fotos zustande gekommen sind, hat die Ehefrau in ihrer E-Mail vom 20. Dezember 2016 an die Ausländerbehörde dargelegt. Sie hat dabei auch eindeutig erklärt, dass eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft weder stattgefunden hat noch von ihrer Seite beabsichtigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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