Verwaltungsrecht

Versagung der Studienzulassung eines ungeeigneten behinderten Studierenden

Aktenzeichen  7 CE 20.3072

Datum:
4.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2839
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12
BayHSchG Art. 43 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Ein Anordnungsgrund gem. § 123 VWGO liegt auch (noch) vor, wenn der konkrete Studienbeginn (hier WS 2020/2021) bereits vergangen ist (NJOZ 2012, 1547). Unter Beachtung des verfassungsrechtlich gewährleisten effektiven Rechtsschutzes, darf ein situationsabhängiges Recht nicht darunter leiden, dass sich die Verhältnisse während der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens zum Nachteil des Rechtssuchenden verschlechtern. Der Antrag ist daher entsprechend dem Interesse des Antragstellers auszulegen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die zugrundeliegende Fachprüfungs- und Studienordnung sowie die inkludierte Vorschrift zur Eignungsprüfung ist rechtmäßig. Der Zugang wird durch die Eignungsanforderungen nicht uneingeschränkt begrenzen und ist ausreichend bestimmt.(BeckRS 2014, 56736). Innerhalb dieses Rahmens steht der Hochschule ein weiter Gestaltungsspielraum offen (BeckRS 2020, 14715) der nicht überschritten wurde. (Rn. 19 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Entsprechend dem Gleichbehandlungsgebot sind behinderten Studierenden bzgl. der Vergabe eines Studienplatzes nicht besser zustellen, so dass im Regelfall bei einer Eignungsprüfung die Eignung entscheidet, es sei denn es liegt im Einzelfall ein besonderer Härtefall vor und dieser liegt neben die grundsätzliche Eignung vor. An die Härtefallgründe sind strenge Maßstäbe anzulegen (BeckRS 2019, 8693). Ein solcher liegt nicht vor, wenn der Bewerber andere, ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls zumutbaren Maßnahmen ergreifen kann. (Rn. 25 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Zulassungsanspruch eines behinderten Studienbewerbers ergibt sich ebenfalls nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG oder dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Zum einen da er aufgrund der Behinderung eine Besserstellung verlangt und zum anderen da das AGG kein allgemeines Benachteiligungsverbot enthält, das über den Schutz der Beschäftigten sowie den Schutz im Zivilrechtsverkehr hinausgehen würde (BeckRS 2019, 4373). (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 4 E 20.4829 2020-11-30 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der Technischen Universität München (TUM) zum Wintersemester 2020/2021.
Der Antragsteller, der seit seiner Geburt am P* …-Syndrom leidet, hat am 20. September 2019 den Bachelor Studiengang „Wirtschaftsingenieurwesen Fachrichtung elektrische Energietechnik“ an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) mit einer Abschlussnote von 3,1 nach sechs Semestern ohne Nachteilsausgleich abgeschlossen. Sein Antrag, zum o.g. Masterstudiengang bereits zum Wintersemester 2019/2020 zugelassen zu werden, wurde mit Bescheid vom 16. September 2019, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 25. Oktober 2019 abgelehnt. Der Antragsteller immatrikulierte sich zum Wintersemester 2019/2020 an der TUM im Zweitstudium für den Bachelorstudiengang „Physik“ und an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in den Bachelorstudiengang „Mathematik“.
Mit Antrag vom 2. April 2020 bewarb sich der Antragsteller erneut bei der TUM um die vorliegend streitige Zulassung zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ zum Wintersemester 2020/2021. Mit Schreiben vom 14. August 2020 stellte er einen Härtefallantrag für die Zulassung zum Masterstudiengang. Wegen seiner Erkrankung sei nach zahlreichen Eingriffen eine kieferorthopädische Behandlung nötig, welche in der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität München über einen Zeitraum von zwei Jahren durchgeführt werde. Daher stehe ihm die Masterzulassung an dem Ort zu, der ihm im Zusammenhang mit seiner Behinderung die wenigsten Umstände bereite. Zudem sei ein Härtefall wegen seiner Behinderung begründet, da er ohne diese einen besseren Notendurchschnitt erreicht hätte; einen Nachteilsausgleich habe er nicht in Anspruch genommen. Mit Bescheid vom 16. September 2020 wurde der Antrag abgelehnt, weil der Antragsteller im Eignungsverfahren nicht genügend Punkte erzielt habe.
Mit Beschluss vom 30. November 2020 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ zuzulassen. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er erfülle nicht die von der TUM rechtswirksam festgelegten Zugangsvoraussetzungen zum Masterstudiengang, da er das Eignungsverfahren nicht bestanden und somit nicht die erforderliche Qualifikation nachgewiesen habe. Die Regelungen in § 36 Abs. 1 Nr. 2 FPSO i.V.m. Anlage 6 seien rechtmäßig; die von der Universität festgelegten Eignungskriterien seien verhältnismäßig, insbesondere auch nicht unangemessen hoch. Das Eignungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, der Antragsteller habe eine schwerwiegende persönliche Ausnahmesituation weder glaubhaft gemacht noch sei diese ersichtlich.
Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde ein. Zur Begründung lässt er im Wesentlichen vortragen, die Regelungen in § 36 Abs. 1 Nr. 2 FPSO i.V.m. Anlage 6 seien rechtswidrig. Die konkrete Ausgestaltung des Eignungsverfahrens durch die TUM sei insbesondere deshalb unverhältnismäßig, da auch andere als die festgelegten Kriterien belegen könnten, dass die hinreichende Aussicht bestehe, das Studium im Hinblick auf die Anforderungen des Studiengangs erfolgreich abschließen zu können, so beispielsweise das erfolgreiche Absolvieren von Modulen des streitgegenständlichen Studiengangs, die Berücksichtigung der Studiendauer oder, ob der Bachelorabschluss an einer Fachhochschule oder an einer Universität erworben worden sei. Auch fehle eine entsprechende Härtefallregelung. Darüber hinaus sei das Eignungsverfahren nicht rechtmäßig durchgeführt worden, da das Fach „Statistik“ des Antragstellers nicht berücksichtigt worden sei. Insbesondere habe der Antragsteller aber einen Anspruch auf Zulassung als Härtefall. Der Studienort München sei aufgrund der Behinderung und der anstehenden medizinischen Behandlungen des Antragstellers zwingend notwendig und sinnvoll. Dabei sei ein Verweis auf vom Antragsteller nicht angestrebte Studienabschlüsse bzw. wegen des damit verbundenen Zeitverlusts auf nicht hinnehmbare Umwege unzulässig. Gegenstand der Härtefallprüfung sei allein die unmittelbare Zulassung zum begehrten Masterstudium. Auch ergebe sich ein Anspruch des Antragstellers aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 30. November 2020 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der TUM zum Wintersemester 2020/2021 zuzulassen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Anordnungsanspruch auf vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der TUM zum Wintersemester 2020/2021 glaubhaft gemacht. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:
I.
Die erforderliche Dringlichkeit und damit der Anordnungsgrund für den Erlass der beantragten einstweiligen Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ergeben sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller aufgrund des ergangenen Bescheids vom 16. September 2020 derzeit gehindert ist, das beabsichtigte Masterstudium aufzunehmen.
Ein Studienbeginn im Wintersemester 2020/2021 ist zwar nach dessen Ende ausgeschlossen, hierdurch ist die Dringlichkeit jedoch nicht entfallen (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2012 – 7 CE 11.3019 – BayVBl 2012, 533 Rn. 11 f.). Denn erkennbares Ziel des Antragstellers ist es, mit dem Studium zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beginnen. Für die Zulassung trotz des zwischenzeitlich abgeschlossenen Semesters spricht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die Erwägung, dass die effektive Durchsetzung eines verfassungsmäßig gewährleisteten, in seiner Verwirklichung aber situationsabhängigen Rechts nicht darunter leiden darf, dass sich die Verhältnisse während der unvermeidlichen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens zum Nachteil des Rechtssuchenden verschlechtern. Der Antragsteller hat den Umstand, dass er trotz frühzeitiger Beantragung der einstweiligen Anordnung an den Lehrveranstaltungen des Wintersemesters 2020/2021 nicht teilnehmen konnte, nicht zu vertreten. Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, zunächst das verwaltungsgerichtliche Verfahren in der Hauptsache durchzuführen, mit dessen Abschluss ohnehin erst nach einer längeren Prozessdauer gerechnet werden kann. Auch im Hinblick auf die bereits verlorene Zeit, die der Antragsteller im Falle der Zulassung zum begehrten Masterstudium für seine Ausbildung hätte nutzen können, ist die Dringlichkeit für die begehrte Entscheidung nach wie vor zu bejahen. Der Senat legt daher den Antrag dahingehend aus, dass der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der Technischen Universität München (TUM) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/2021 begehrt.
II.
Die Rüge, die Regelungen in § 36 Abs. 1 Nr. 2 der „Fachprüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang ‚Elektrotechnik und Informationstechnik‘ an der Technischen Universität München“ vom 20. Januar 2020 (in der hier anwendbaren Fassung der Sammeländerungssatzung vom 29. Juni 2020; im Folgenden FPSO) i.V.m. Anlage 6 seien rechtswidrig, greift nicht durch.
Gemäß Art. 43 Abs. 5 Satz 1 BayHSchG setzt der Zugang zu einem Masterstudiengang nach Art. 57 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayHSchG einen Hochschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss voraus. Nach Satz 2 der Vorschrift können die Hochschulen durch Satzung weitere Zugangsvoraussetzungen festlegen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung. Die Zugangsvoraussetzungen im Einzelnen richten sich nach dem jeweiligen Studiengang und können deshalb sinnvoll nur auf untergesetzlicher Ebene geregelt werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 12.7.2013 – Vf. 9-VII-12 – BayVBl 2014, 206/209 zu Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG). Eignungsverfahren dienen neben dem Interesse an der internationalen Reputation und der Akzeptanz der Masterabschlüsse durch den Arbeitsmarkt auch der Funktionsfähigkeit der Universitäten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium. Den Hochschulen steht nach Art. 5 Abs. 3 GG das Recht zu, ihren Studiengang nach eigenen wissenschaftlichen Kriterien zu prägen und dabei eigene Schwerpunkte zu setzen (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u.a. – BVerfGE 147, 253 Rn. 120).
Sie dürfen dabei Qualifikationsnachweise fordern, soweit diese sicherstellen, dass die Bewerber den Anforderungen des von den Hochschulen konzipierten Studiengangs gerecht werden und die hinreichende Aussicht besteht, dass die Bewerber das Studium im Hinblick auf die Anforderungen erfolgreich abschließen können. Allerdings dürfen die Hochschulen den Zugang durch Eignungsanforderungen nicht uneingeschränkt begrenzen und etwa trotz vorhandener Ausbildungskapazitäten ein „Wunschkandidatenprofil“ festlegen. Die Qualifikationsanforderungen, die die Hochschulen insoweit aufstellen dürfen, hängen vielmehr von den speziellen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs ab. Dabei müssen die Hochschulen sowohl die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Eignungsfeststellung als auch die inhaltlichen Kriterien, die für die Eignungsfeststellung maßgeblich sein sollen, sowie deren jeweilige Gewichtung hinreichend klar festlegen (BayVGH, B.v. 9.9.2014 – 7 CE 14.1059 – juris Rn. 20; B.v. 6.2.2014 – 7 CE 13.2222 – juris Rn. 14; B.v. 3.2.2014 – 7 CE 13.2131 – juris Rn. 14). Innerhalb dieses Rahmens steht ihnen ein weiter Gestaltungsspielraum offen (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 7 CE 20.406 – juris Rn. 21).
1. Mit seinem Beschwerdevorbringen, die Ausgestaltung des Eignungsverfahrens sei unverhältnismäßig, weil auch andere als die von der TUM festgelegten Kriterien (z.B. das anderweitige Absolvieren von Modulen des streitgegenständlichen Studiengangs, die Studiendauer, die Einhaltung der Regelstudienzeit, der Abschluss an einer Universität) berücksichtigt werden müssten, zeigt der Antragsteller gerade nicht auf, dass die TUM eine gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßende und über die Anforderungen des Studiengangs hinausgehende „Niveaupflege“ betreibt, indem sie – wofür im Übrigen auch nichts ersichtlich ist – Eignungsanforderungen verlangen würde, die über die Anforderungen des Studiengangs hinausgehen und daher nur bestens qualifizierte Kandidaten das Masterstudium überhaupt aufnehmen könnten (was der Antragsteller zwar auch pauschal behauptet, ohne aber hierfür auch nur ansatzweise Belege zu erbringen), vielmehr wendet er sich gegen die innerhalb des fachlichen Gestaltungsspielraums der Hochschule liegende Ausgestaltungsfreiheit des Eignungsverfahrens. Mit dem Einwand, auch die von ihm genannten Kriterien böten die Gewähr dafür, dass das angestrebte Studium erfolgreich abgeschlossen werden könnte, macht der Antragsteller keine Mängel geltend, die zur Rechtswidrigkeit der Regelung in § 36 Abs. 1 Nr. 2 FPSO i.V.m. Anlage 6 führen können.
2. Soweit der Antragsteller vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte die Frage, ob die Satzung auch ohne eine ausdrückliche Härtefallregelung verfassungsgemäß ist, nicht offenlassen dürfen, da es in einem so grundrechtsrelevanten Bereich wie dem vorliegenden nicht genüge, die Härtefallentscheidung allein „in die Einzelfallprüfung des Antragsgegners“ zu stellen, stellt er die Annahme des Gerichts nicht durchgreifend in Frage, dass nach der Rechtsprechung des Senats (BayVGH, B.v. 6.5.2019, 7 CE 18.2023 – juris Rn. 23) in jedem Einzelfall zu prüfen sei, ob die Nichtzulassung zum begehrten Masterstudium wegen der geltend gemachten Gründe eine außergewöhnliche Härte bedeute, so dass in jedem Fall die Berücksichtigung von Härtefallgründen gewährleistet und diese Frage auch im Übrigen nicht entscheidungserheblich sei. Der Antragsteller zeigt hierzu insbesondere nicht auf, inwieweit ihm allein aus dem Fehlen einer Härtefallregelung in der Satzung des Antragsgegners ein Anordnungsanspruch erwachsen kann.
Die Abgrenzung, ob ein materieller Satzungsmangel zur Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit einer Satzung führt, orientiert sich an dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz der Teilnichtigkeit zivilrechtlicher Willenserklärungen nach § 139 BGB (BayVGH, B.v. 26.11.2020 – 7 CE 20.2216 – juris Rn. 20; U.v. 1.3.2010 – 20 B 09.1890 – BayVBl 2010, 670). Sie hängt davon ab, ob – erstens – die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob – zweitens – hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 9 B 40.08 – juris Rn. 13 m.w.N.). Hierzu verhält sich der Antragsteller nicht. Er legt nicht dar, dass allein infolge des Fehlens einer Härtefallregelung und entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, auch ohne eine solche Satzungsregelung sei die Berücksichtigung von Härtegesichtspunkten in jedem Einzelfall gewährleistet, die gesamte Satzung des Antragsgegners keinen Bestand mehr haben kann, mit der Folge auch der Unwirksamkeit der eignungsspezifischen Zulassungsregelungen und eines unbeschränkten Zugangs des Antragstellers zum begehrten Masterstudium. Entsprechende Ausführungen wären vorliegend vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil sich der Senat hierzu im Beschluss vom 6. Mai 2019 – 7 CE 18.2023 – (juris Rn. 19) gerade nicht verhalten hat.
3. Zu der vom Antragsteller erhobenen Rüge, die Nichtzulassung zum Masterstudium begründe einen Verstoß gegen sein Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 GG, fehlt jeglicher substantiierte Vortrag, inwieweit die Feststellung des Verwaltungsgerichts unzutreffend ist, durch die Ablehnung der Zulassung wegen nicht nachgewiesener Qualifikation sei bereits nicht in den Schutzbereich des Grundrechts – auch nicht mittelbar – eingegriffen.
III.
Die Durchführung des Eignungsverfahrens begegnet im Hinblick auf die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe keinen Bedenken.
1. Soweit der Antragsteller rügt, das Fach „Statistik“ sei ihm nicht anerkannt worden, setzt er den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts, ein Bewertungsfehler sei unter Bezugnahme auf die plausible und schlüssige Begründung des Antragsgegners, insbesondere die Stellungnahme des Kommissionsmitglieds Prof. S. vom 18. November 2020 ausgeschlossen, inhaltlich nichts entgegen.
2. Nicht durchdringen kann der Antragsteller mit dem Vortrag, er habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Zulassung zum begehrten Masterstudium auf der Grundlage eines Härtefalls glaubhaft gemacht.
a. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch auf Zulassung bereits deshalb verneint, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, mit seinem im Bachelorstudium erzielten Ergebnis an einer anderen deutschen Universität einen Studienplatz im Masterstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ erhalten zu können. Dazu verweist es auf die Ausführungen des Antragsgegners, dass der Antragsteller für diesen Studiengang lediglich eine Zulassung für die Technische Universität Darmstadt und eine Zulassung für die RWTH Aachen jeweils unter Auflagen erhalten habe. Der Antragsteller wäre nach diesen Zulassungen verpflichtet gewesen, mehrere bestimmte Module bis zur Anmeldung der Masterarbeit bzw. bis zum Ende des Wintersemesters 2020/2021 zu absolvieren.
Nicht zielführend ist in diesem Zusammenhang die Kritik des Antragstellers, dem Beschluss des Senats vom 6. Mai 2019 – 7 CE 18.2023 – (juris Rn. 24) könne nicht entnommen werden, dass zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nicht auch eine Zulassung „mit Auflagen“ genüge. Denn durch den Hinweis des Senats auf das Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), wonach behinderte Studienbewerber wegen ihrer Behinderung grundsätzlich keine Besserstellung gegenüber nicht behinderten Bewerbern erfahren dürfen, wird zweifelsfrei deutlich, dass auch bei behinderten Bewerbern im Regelfall ausschließlich die Eignung über die Zulassung zum Masterstudium entscheidet und darüber hinaus – über das Korrektiv der Verhältnismäßigkeit – außergewöhnliche Härtegesichtspunkte nur ausnahmsweise im Einzelfall Berücksichtigung finden können, wobei eine Behinderung alleine in der Regel noch keinen besonderen Härtefall begründet und besondere Härtegesichtspunkte, die für die Zulassung zu einem Studium an einem ausgewählten Studienort sprechen, ausnahmsweise auch bei einem nichtbehinderten Bewerber vorliegen können (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2019, a.a.O. Rn. 23). Ist aber einem Bewerber der Zugang zu einem Studiengang in der Form, wie er ihn beantragt, mangels Eignung gänzlich verwehrt, wäre eine Zulassung allein wegen geltend gemachter Härtegesichtspunkte eine ungerechtfertigte Besserstellung und damit ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot.
b. Soweit der Antragsteller vorbringt, der Zulassung zum Masterstudium an der TUM stehe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entgegen, dass es sich bei dem Studienort München auch um den Wunschstudienort handele, entkräftet er damit nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Chronologie und entsprechende anfängliche Aussagen des Antragstellers gegenüber der Studienberatung sprächen gegen das Vorliegen einer besonders schwerwiegenden persönlichen Ausnahmesituation, da sich daraus ergebe, dass es dem Antragsteller in erster Linie um das Studium an einer Exzellenzuniversität in einer Stadt mit mehr als „überschaubarem“ Sozialleben gehe, die auch über eine gute medizinische Versorgungsinfrastruktur verfüge. Zudem sei die – behauptete – „zwingend erforderliche“ Weiterbehandlung an der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität München erst mit dem – gegenüber dem Schreiben des Universitätsklinikums Düsseldorf vom 7. November 2019, in dem eine Weiterbehandlung in München als „sinnvoll“ erachtet worden sei, „gesteigerten“ – Schreiben vom 8. April 2020 attestiert worden. Dazu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
c. Ebenfalls nicht durchdringen kann der Antragsteller mit seinem Vortrag, die von ihm geltend gemachten Härtegesichtspunkte begründeten einen Anspruch auf unmittelbaren Zugang zum begehrten Studiengang, ein Verweis auf andere, vom Antragsteller nicht angestrebte Studiengänge bzw. mittelbare Umwege (z.B. durch das Ableisten von Freimodulen) sei ihm schon wegen des damit verbundenen Zeitverlusts nicht zumutbar. Denn nach der Rechtsprechung des Senats sei im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Nichtzulassung des Bewerbers gerade zum begehrten Masterstudium wegen der geltend gemachten Gründe eine außergewöhnliche Härte bedeute. Damit gibt der Antragsteller die Ausführungen des Senats verkürzt wieder. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung, ob ein Härtefall vorliegt, ein strenger Maßstab angelegt werden müsse und der Bewerber keinen Anspruch darauf habe, dass von ihm keine weiteren Anstrengungen abverlangt werden (vgl. BayVGH, B.v. 6. Mai 2019 – 7 CE 18.2023 – juris Rn. 24, 26). Eine behauptete besonders schwerwiegende persönliche Ausnahmesituation kann mithin dann nicht zur begehrten Studienzulassung führen, wenn der Bewerber andere, ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls zumutbaren Maßnahmen nicht ergreift. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Antragsteller sich entgegen den Empfehlungen der Studienberatung vom August 2019 nicht für den Bachelorstudiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der TUM immatrikuliert bzw. zumindest Module aus diesem Studiengang im Freifach absolviert, sondern sich stattdessen an der LMU für den Bachelorstudiengang „Mathematik“ und an der TUM für den Bachelorstudiengang „Physik“ immatrikuliert habe. Der Antragsteller hat weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass es ihm in zeitlicher Hinsicht nicht zumutbar gewesen wäre, diesen Empfehlungen nachzukommen, er also sein Studium nicht mehr beenden könnte, wenn er nicht schon im Wintersemester 2020/2021 das Masterstudium aufnähme (vgl. zur Zumutbarkeit einer Verzögerung des Studienbeginns bei Geltendmachung einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des früheren § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 HZV BayVGH, B.v. 21.3.2011 – 7 CE 11.10068 – juris Rn. 11). Soweit der Antragsteller Bezug nimmt auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2018 – 6 C 19.15 – (juris Rn. 10) und meint, hierin einen Beleg dafür zu finden, dass ihm Umwege unzumutbar seien, verkennt er, dass sich die Entscheidung nicht mit der Frage befasst, ob ein Bewerber auf andere mögliche und zumutbare Wege verwiesen werden darf.
IV.
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass der Antragsteller keinen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG oder dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) glaubhaft gemacht hat.
1. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht, das ihn durch die Ablehnung seines Antrags auf Zulassung zum Masterstudiengang nicht wegen seiner Behinderung als benachteiligt ansehe, da die Ablehnung mangels nachgewiesener Qualifikation erfolgt sei, berücksichtige nicht, dass es ihm unmöglich gemacht werde, sich im Rahmen des angestrebten Masterstudiums zu entfalten, die gebotene Fördermaßnahme als Kompensation seiner Behinderung sei die Zulassung auf der Grundlage eines Härtefalls. Hierbei verkennt der Antragsteller, dass er mit seiner Forderung nach Kompensation keinen Ausgleich für einen Ausschluss von Teilhaberechten begehrt, sondern aufgrund seiner Behinderung eine Besserstellung verlangt, es jedoch grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, wie er eine auf die Behinderung bezogene konkrete Fördermaßnahme zur Kompensation ausgestaltet (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2018 – 6 C 48.16 – juris Rn. 34).
2. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ein Anspruch auf Zulassung auch nicht aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), da das AGG kein allgemeines Benachteiligungsverbot enthält, das hinsichtlich des Hochschulbereichs über den Schutz der Beschäftigten sowie den Schutz im Zivilrechtsverkehr hinausgehen würde (vgl. NdsOVG, U.v. 5.2.2019 – 2 LB 17/17 – juris Rn. 23 ff.).
Soweit er geltend macht, die Hochschule sei verpflichtet, einem abgelehnten Bewerber im Ablehnungsbescheid mitzuteilen, welche konkreten Module sie anerkenne, nach deren Absolvierung der Bewerber mit dem Bestehen des Eignungsverfahrens rechnen könne, wird bereits der Zusammenhang mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht deutlich. Zudem hat er die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass diese Frage nicht im Rahmen des vorliegenden Einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu klären sei, nicht entkräftet. Unbeschadet dessen ergibt sich aus einer unzulänglichen Beratung jedenfalls kein Anspruch auf Zulassung zum begehrten Studium.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Eyermann, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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